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Fermentation: Achten Sie auf die Futterstruktur!

Lesezeit: 9 Minuten

Bei der kontrollierten Futterfermentation steigen zwar die N- und P-Verdaulichkeit, das Futter verliert jedoch an Struktur. Für die Magengesundheit kann das ein Risiko sein. Das Problem ist aber beherrschbar, erklärt Dr. Sebastian Bunte.


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Die Zahl der Ferkelerzeuger und Schweinemäster, die ihr Futter fermentieren, lag jahrzehntelang auf einem relativ niedrigen Niveau. Nur wenige haben sich an die anspruchsvolle Futteraufbereitung herangewagt. Ein häufiges Problem war, dass die Futtersuppe „umkippen“ konnte, weil der Fermentationsprozess nicht intensiv genug überwacht wurde.


Seit etwa fünf Jahren wächst das Interesse der Landwirte aber deutlich. Das liegt u.a. daran, dass Futter heute in der Regel im sogenannten Batch-Verfahren fermentiert wird. Dabei wird immer ein Fermenter befüllt, der Inhalt fermentiert für mindestens 24 Stunden durch und wird dann komplett verfüttert. In der Zwischenzeit kann das Futter im zweiten Fermenter durchfermentieren. Übersicht 1 zeigt den Anlagenaufbau.


Auch die Stalleinrichter zeigen zusehends Interesse, etliche Firmen bieten mittlerweile technische Lösungen für die Fermentation an. Die Futtermittelfirmen haben das Thema ebenfalls für sich entdeckt. Mehrere Hersteller verkaufen Milchsäurebakterien, die für den Fermentationsprozess wichtig sind. Parallel dazu entwickeln die Futtermittelhersteller gezielt Sauen-, Ferkel- und Mastmischungen mit einem Teil Fermentat in der Gesamtration.


Fermentat ist gut fürs Tier:

In der Praxis sind die Erfahrungen unterschiedlich. Einige Landwirte sprechen von steigenden Leistungen, andere können das nicht bestätigen. Einig sind sich die Betriebsleiter aber allgemein darin, dass fermentiertes Futter gut für die Tiergesundheit ist. So verbessert sich z.B. die Darmgesundheit, denn im Fermentat findet man hohe Milchsäurebakterien- und Milchsäuregehalte sowie niedrige pH-Werte. Auch die Verdaulichkeit bei einigen Futterinhaltsstoffen steigt. Das ist insbesondere für Betriebe wichtig, die mit Nährstoffüberschüssen kämpfen und denen die neuen, schärferen Vorgaben der Düngeverordnung Probleme bereiten.


Unklar ist bislang aber, um wie viel Prozent die Verdaulichkeit der Futterkomponenten steigt, welchen Effekt fermentiertes Futter auf die Magen-Darm-Gesundheit beim Schwein hat und inwieweit krankmachende Keime wie z.B. Salmonellen durch den Fermentationsprozess abgetötet werden. Diesen Fragen ist man deshalb an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover am Institut für Tierernährung unter Leitung von Prof. Dr. Josef Kamphues nachgegangen.


Unter standardisierten Bedingungen wurden Schweine mit etwa 20 kg Lebendgewicht einzeln über vier Wochen im Institutsbetrieb aufgestallt. Alle Tie-re stammten aus einem Herkunftsbetrieb und waren gleich alt. Im ersten Versuch erhielten die Tiere fermentiertes Flüssigfutter, die Schweine der Kontrollgruppe identisches Flüssigfutter, das aber nicht fermentiert war. Aufgrund von positiven Erfahrungen aus verschiedenen Praxisbetrieben wurde dem Futter knapp 50% Roggen zugemischt. Als Eiweißkomponente kam Rapsextraktionsschrot (RES) zum Einsatz, der Mischungsanteil lag bei knapp 30%, wie Übersicht 2 zeigt.


Gemeinsam mit Warmwasser wurden zunächst das Getreide und der Proteinträger in die Fermenter gegeben. Nach der 24-stündigen Fermentation wurde das fertige Fermentat dann zusammen mit dem Mineralfutter und den restlichen Komponenten angemischt und als fertiges Flüssigfutter ausdosiert.


Hoher Phytin-Abbau bei Roggen:

Um die Einflüsse der Fermentation auf das Futter detaillierter bewerten zu können, wurden Analysen vor und nach dem Fermentationsprozess durchgeführt.


Neben hohen Milchsäuregehalten von über 5% in der Trockensubstanz (TS) führte die Fermentation zu einem sehr starken Phytin-Abbau. Das ist umso bemerkenswerter, weil dem Futter gar keine Phytase zugesetzt wurde. Doch warum war der Effekt trotz des fehlenden Enzymzusatzes so stark ausgeprägt? Der Phytin-Abbau ist vermutlich auf die Aktivierung roggeneigener Phytasen während der Fermentation zurückführen. Im Roggen ist die Phytaseaktivität besonders hoch.


Anders ist das beim Rapsschrot, hier ist die Phytaseaktivität sehr gering. Zudem liefert RES viel phytingebundenen Phosphor, weshalb gerade flächenarme Betriebe vor dem Einsatz zurückschrecken. Doch die Angst ist unbegründet, wie die Untersuchungen zeigen, die in Zusammenarbeit mit der Uni Hohenheim durchgeführt wurden. Dank der 24-stündigen Fermentation war kein Phytin (IP-6) mehr im Fermentat nachweisbar. Um den Abbau des Phytins zu verbessern, bietet es sich bei der Fermentation also an, RES in Kombination mit Roggenschrot einzusetzen.


Höhere Verdaulichkeit:

Je besser das Futter vom Tier verdaut wird, desto weniger Nährstoffe müssen eingesetzt werden. Im Rahmen der Versuche an der TiHo Hannover erfolgte auch eine Verdaulichkeitsstudie. Dazu wurde der gesamte Kot der Schweine sieben Tage lang gesammelt und bilanziert. Auf den Zusatz von Phytase wurde verzichtet, um den reinen Effekt der Fermentation auf die P-Verdaulichkeit zu prüfen.


Ergebnis: Bei Schweinen, die das fermentierte Futter fraßen, lag die P-Verdaulichkeit um gut 18%-Punkte höher als in der Kontrollgruppe, wie die Übersicht 3 auf Seite S16 zeigt. Die Rohprotein-Verdaulichkeit stieg um knapp 5%-Punkte. Beide Ergebnisse waren statistisch abzusichern.


Vorsicht Strukturverluste:

Fermentiertes Futter ist bekanntermaßen sehr sämig und es fließt im Trog schnell und gleichmäßig auseinander. Schweinehalter sehen das als großen Vorteil, da jedes Tier gleiches Futter bekommt. Doch der Fermentationseffekt hat nicht nur Vorteile. Fermentat ist wesentlich struktur-ärmer als gewöhnliches Flüssigfutter.


Im Versuch zeigte sich, dass insbesondere der Feinanteil im Futter deutlich ansteigt. Die Fraktion der Partikelgröße mit unter 0,2 mm Durchmesser war nach der Fermentation deutlich höher. Im Kontrollfutter erreichte diese Fraktion einen Anteil von 32,8%, im Futter der Fermentatgruppe lag der Wert mit 65,5% mehr als doppelt so hoch (siehe Übersicht 4). Solch hohe Werte können massive Probleme hervorrufen, insbesondere die Magengesundheit wird dadurch erheblich gefährdet.


In den Untersuchungen bestätigte sich das. Am Ende des vierwöchigen Versuchs wurden im Rahmen einer Sektion die Schleimhäute am Magen-eingang makroskopisch untersucht und Proben des Magen-Darm-Inhalts entnommen. Alle Tiere der Fermentatgruppe wiesen zum Zeitpunkt der Sektion ein Magengeschwür (Ulkus) auf. Ganz anders das Bild in der Kontrollgruppe. Hier wurden bei keinem Tier derartige Veränderungen beobachtet.


Gequetschtes Getreide:

Aufgrund der ernüchternden Ergebnisse im Hinblick auf das Problem Magengeschwüre wurde in einem zweiten Fütterungsversuch nur noch ein Teil des Flüssigfutters fermentiert. In der sogenannten Teilfermentatgruppe wurde unmittelbar vor der Verfütterung gequetschtes, nichtfermentiertes Getreide in die Ration gegeben. Das gequetschte Getreide – Roggen, Weizen, Gerste – diente als Strukturkomponente (siehe Übersicht 5). Das trogfertige Mischfutter bestand schließlich aus 60% Fermentat und 40% gequetschtem Getreide.


Das Mineralfutter enthielt – im Gegensatz zum ersten Fütterungsversuch – Phytase. Im fertigen Mischfutter lag die Dosierung bei etwa 1000 FTU je kg. Das Mineralfutter wurde genauso wie im ersten Fütterungsversuch erst unmittelbar vor der Fütterung zugesetzt. Das ist wichtig, denn von der Fermentation des Mineralfutters wird generell abgeraten. Ein Grund ist, dass die Pufferkapazität unter Umständen den Fermentationsprozess stört und der Abbau von freien Aminosäuren verhindert werden soll. Zudem sind die Inhaltsstoffe des Mineralfutters in der Regel ohnehin schon hochverdaulich.


Wie Übersicht 6 zeigt, war die P-Verdaulichkeit auch bei Teilfermentation signifikant höher. Während der Wert in der Kontrollgruppe bei 62,3% lag, waren es in der Versuchsgruppe knapp 67%. Beim Calcium und Rohprotein war die Verdaulichkeit tendenziell ebenfalls höher, die Unterschiede waren aber statistisch nicht mehr abzusichern.


Durch den Zusatz des gequetschten Getreides sank zudem der Anteil an Futterpartikeln mit weniger als 0,2 mm Durchmesser deutlich. Im Vergleich zum ersten Fütterungsversuch wiesen jetzt nur noch gut 40% der TS eine entsprechende Größe aus (vergleiche Übersicht 4). Gleichzeitig war der Anteil sehr grober Partikel (über 2 mm) im trogfertigen Futter deutlich höher (über 20% der TS). Dank der Strukturkomponenten konnten Magenulzera vermieden werden. Bei den Tieren der Teilfermentatgruppe waren zum Zeitpunkt der Sektion bei keinem einzigen Tier makroskopisch oberflächliche oder tiefer gehende Schleimhautveränderungen am Mageneingang festzustellen.


Mehr unverdaute Stärke:

Im Versuch zeigte sich, dass beim Einsatz von gequetschtem Getreide höhere Stärkeverluste auftreten können. Im Kot der Tiere, die teilfermentiertes Futter fraßen, wurde jedenfalls ein höherer Stärkegehalt gemessen. Das ist ein Indiz dafür, dass mehr unverdaute Stärke den Magen-Darm-Trakt passierte. Praktiker sollten also darauf achten, dass keine „halben Körner“ in den Futtertrog gelangen. Verhindern lässt sich das entweder durch eine intensivere Bearbeitung des gequetschten Getreides und/oder einen geringeren Mischungsanteil.


Im Feld sind gute Erfahrungen mit etwas weniger gequetschtem Getreide (10 bis 20% der trogfertigen Mischung) bzw. mit grob geschrotetem Getreide gemacht worden. Durch den Zusatz wurde zudem das Problem des Strukturverlustes im Futter weiter entschärft, was Untersuchungen am Schlachthof zur Magengesundheit bestätigen. Hinzu kommt, dass sich eine gröbere Futterstruktur positiv auf die Darmgesundheit auswirkt. So siedeln sich z.B. mehr Milchsäure- sowie Bifidobakterien im Darm an und die Butyrat-Produktion im Dickdarm steigt ebenfalls.


Setzt Salmonellen schachmatt:

Salmonellen sind immer wieder ein Problem in der Tierhaltung und besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich. Kontaminiertes Futter gilt als eine mögliche Eintragsquelle. Im Versuch sollte deshalb überprüft werden, ob sich die Salmonellengefahr durch die Fermentation des Futters reduzieren lässt. Dazu wurde das Flüssigfutter unter standardisierten Bedingungen experimentell mit Salmonella Typhimurium kontaminiert und einer 24-stündigen Fermentation ausgesetzt.


Das Versuchsergebnis fiel positiv aus. Am Ende der Fermentation konnten im Flüssigfutter kulturell keine Salmonellen mehr nachgewiesen werden. In der Kontrollgruppe ohne kontrollierte Fermentation und Inkubation bei Raum-temperatur vermehrten sich die Salmonellen hingegen.


Positive Ergebnisse gab es auch im Hinblick auf andere Krankheitserreger. Die Überlebensfähigkeit von Salmo-nella Typhimurium, Clostridium perfringens und E. coli war im fertigen Fermentat signifikant geringer als im nichtfermentierten Flüssigfutter.


Die positiven Effekte waren leider nicht für die Hefeart Candida krusei nachzuweisen. Diese vermehrte sich sowohl in den Kontroll- als auch in den Versuchsansätzen. Auch der Zusatz von Na-Benzoat zu Fermentationsbeginn konnte das Hefenproblem nicht lösen.


Landwirte sollten deshalb unbedingt die Gasbildung bei der Fermentation im Auge behalten und gegebenenfalls eine kulturelle Keimzahlbestimmung – u.U. mit Differenzierung der Hefeart – durchführen lassen. Auch der Alkoholgehalt im Fermentat sollte beobachtet werden. Er kann ein Indiz für eine hohe Hefeaktivität sein. Ganz entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Hygiene im Fütterungssystem passt.Kontakt


marcus.arden@topagrar.com

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