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Fermentation: Neue Konzepte und Rezepte

Lesezeit: 9 Minuten

Steigende Leistungen und eine bessere Tiergesundheit. Das versprechen sich Ferkelerzeuger und Mäster von der Futterfermentation. top agrar zeigt, was die Firmen zur diesjährigen EuroTier „ausgebrütet“ haben.


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Ferkelerzeuger und Mäster, die flüssig füttern, sind gegenüber den „Trockenfütterern“ klar im Vorteil. Sie können nicht nur flüssige, breiförmige und trockene Futterkomponenten einsetzen. Sie haben auch die Möglichkeit, ihre Flüssigfütterung um eine Fermentations-Anlage zu erweitern.


Weniger N und P nötig:

Tierernährer sehen in der Fermentation von Futter großes Potenzial. Die Nährstoffe werden durch den Fermentierungsprozess besser aufgeschlossen und sind damit für das Tier besser verfügbar. Die Verdaulichkeit steigt ebenfalls. Beides führt zu sinkenden Nährstoffausscheidungen. Fachleute berichten von ca. 15 bis 20% geringeren N- und P-Ausscheidungen.


Tierärzte bescheinigen dem Verfahren zudem einen positiven Einfluss auf die Magen-Darm-Gesundheit. Setzen sich die Milchsäurebakterien rasch durch, sinkt der pH-Wert umgehend ab. Das hemmt die Vermehrung unerwünschter Mikroorganismen wie z.B. Salmonellen, Coli-Bakterien und Hefen. Die bessere Tiergesundheit bietet somit die Chance, den Antibiotikaverbrauch weiter zu reduzieren. Auf den Einsatz von teuren Futtersäuren kann man dann ebenfalls verzichten.


Geteilter Meinung sind die Fachleute nach wie vor darüber, ob durch die Fermentation auch die Leistungen steigen. Einige Praktiker berichten zwar von einer um bis zu 0,2 Punkte besseren Futterverwertung und höheren Tageszunahmen, andere Schweinehalter bestätigen das allerdings nicht.


War das Thema Fermentation auf der Eurotier 2014 eher ein Randthema, präsentieren in diesem Jahr gleich mehrere Aussteller neue Anlagenkonzepte, Softwarelösungen und Rezepte für Milchsäurebakterien. Wohin der Trend geht, haben wir für Sie zusammengefasst.


Prinzip Einbahnstraße ideal:

Wer in eine Fermentationsanlage investiert, kann diese auf unterschiedlichen Wegen mit seiner vorhandenen Flüssigfütterung koppeln. Die Übersicht zeigt drei Möglichkeiten.


Im linken Schaubild dosiert die Fütterung im ersten Arbeitsschritt die zu fermentierenden Komponenten, das Heiß- und Kaltwasser sowie die Milchsäurebakterien in den Anmischbehälter der Flüssigfütterung ein. Die Mischung wird dann in die Fermenter umgepumpt und ca. 24 Stunden „durchgegoren“. Im zweiten Arbeitsschritt pumpt die Anlage die Fermentvormischung wieder in den Anmischbehälter zurück und dosiert die restliche Getreidemenge sowie den Ergänzer zu. Im dritten Schritt wird das Futter ausdosiert.


Wichtig ist bei diesem Konzept, dass der Anmischbehälter immer 100%ig sauber ist. Denn ältere Futterreste, die in den Fermenter gelangen, stören den Fermentationsprozess. Im schlimmsten Fall kippt die Mischung um, weil Hefen oder Pilze die Milchsäurebakterien verdrängen. Das Anlagenkonzept bietet sich für Betriebe mit 2000 bis 3000 Mastplätzen an, da die Fermenter ohne größere Umbaumaßnahmen relativ einfach mit der Flüssigfütterung kombiniert werden können.


Deutlich mehr Sicherheit bietet die Fermentation, wenn die Technik wie im mittleren Schaubild dargestellt aufgebaut ist. Hier erfolgt die Fermentation quasi im Einbahnstraßen-Prinzip, denn es fließt kein Futter vom Anmischbehälter in den Fermenter zurück. Bei diesem Aufbau werden die zu fermentierenden Getreide- und Eiweißkomponenten sowie die Milchsäurebakterien von den Silos direkt per Schnecke in die Fermenter gefüllt. Nach der Fermentation gelangt das Futter in den Anmischbehälter und wird ausdosiert. Das Konzept bietet sich ebenfalls für Betriebe mit mehr als 2000 Mastplätzen an.


Im rechten Schaubild steht ein extra Ferment-Sammelbehälter zur Verfügung, in den alle zu fermentierenden Einzelkomponenten zuerst eindosiert werden. Ist die Vormischung komplett, pumpt die Anlage das Futter in die Fermenter um. 24 Stunden später gelangt das Futter in den Anmischbehälter der Flüssigfütterung, dann wird es auf die Tröge verteilt.


Auch bei diesem Konzept ist die Gefahr von Verunreinigungen kleiner als bei der ersten Variante, weil die Fermenter immer aus einem sauberen Vormischtank befüllt werden. Der Aufbau bietet sich u.a. für Betriebe an, die mit Kurztrog-Sensor und mehreren Fresszeiten täglich arbeiten. Denn der zusätzliche Ferment-Sammelbehälter entlastet den Anmischtank der Flüssigfütterung.


Eins, zwei oder drei Fermenter?

Die meisten Hersteller bevorzugen Anlagen mit zwei Fermentern, die wechselseitig befüllt, entleert und gesäubert werden (Batch-Verfahren). Bei größeren Tierbeständen wird die Zahl der Fermenter entsprechend erhöht.


Die Größe der Fermenter entspricht der jeweiligen Tagesfermentmenge des Betriebes. Einzig BigDutchman setzt auf die Drei-Fermenter-Strategie, wenn die Anlage wie im linken Schaubild in der Übersicht aufgebaut ist. Beim Einsatz von drei Fermentern liegt das Volumen der einzelnen Behälter bewusst etwas unter der benötigten Tagesfermentmenge. BigDutchman will dadurch Restmengen vermeiden, weil zumindest ein Fermenter immer komplett entleert wird.


Tewe hat bereits Ein-Fermenter-Anlagen installiert, favorisiert aber grundsätzlich eher das Zwei-Fermenter-Prinzip. Bei nur einem Fermenter wird die durchfermentierte Mischung zuerst in Zwischenlagertanks umgepumpt. Das können z.B. betonierte Erdlagertanks sein. Aus diesen zieht sich die Flüssigfütterung dann die entsprechenden Tagesmengen heraus. Meyer-Lohne hat dieses Konzept bislang nicht umgesetzt.


Ohne Top-Hygiene im Fermenter läuft das Verfahren nicht rund. Das muss bei der Planung der Fermenter unbedingt berücksichtigt werden. Technikhersteller wie Weda, Tewe, Big Dutchman und Meyer-Lohne setzen deshalb auf rostfreie Edelstahlfermenter mit glatten Oberflächen auf der Behälterinnenseite. Der Edelstahl garantiert, dass Futterreste sauber ablaufen und der Behälter keinen Rost ansetzt.


Alle Fermenter haben an der Unterseite einen großen Auslauftrichter, der die restlose Entleerung garantieren soll. Selbst produzierte GFK-Fermenter hat kein Hersteller im Programm, auf Wunsch sind diese aber lieferbar. Die Größe der Fermentbehälter variiert zwischen 1000 und 50000 Litern.


Alle Anbieter rüsten ihre Fermenter mit automatischen Reinigungsdüsen aus. Die Wasserdüsen sitzen in der Regel direkt unter dem Fermenterdeckel und werden von der Steuerungssoftware automatisch angesteuert. Das sichert die Hygiene zusätzlich ab.


Fermentertürme sinnvoll:

Zu viel Luftkontakt stört den Gärprozess. Im Optimalfall sind die Fermenter daher turmförmig aufgebaut. Hier hat das Ferment weniger Kontakt zur Außenluft als bei flachen bzw. liegenden Fermentern. Auf Wunsch fertigen die Hersteller allerdings auch andere Behälterformen, z.B. wenn die Deckenhöhe in der Futterküche zu gering ist.


Beim Rühren der Futtersuppe gelangt immer Luft in den Futterbrei. Ziel muss sein, möglichst wenig Strudel im Ferment zu produzieren. Mit entsprechend ergonomisch geformten Rührpaddeln ist das möglich. Bewährt haben sich u.a. Paddel, deren Oberfläche wie bei einem Flugzeugflügel leicht abgerundet sind. Zudem muss das Rührwerk deutlich langsamer laufen als das im Anmischtank der Flüssigfütterung. Die Drehzahl sollte bei maximal 40 bis 50 Umdrehungen pro Minute liegen.


Zum Einfüllen der Milchsäurebak-terien greifen die Hersteller auf handelsübliche Medikamentendosierer zurück. Meyer-Lohne empfiehlt Dosiersysteme für flüssige Medien, da bei diesem Verfahren weniger Unge-nauigkeiten auftreten, teilt das Unternehmen mit. Bei Trockendosierern bestehe zudem die Gefahr, dass die Öffnung verklebt, weil Feuchtigkeit aus dem Behälter aufsteigt. Die anderen Hersteller sehen diese Gefahr nicht, sie haben sowohl Trocken- als auch Flüssigdosierer im Programm.


Intelligente Steuerungssoftware:

Der Erfolg beim Fermentieren hängt von vielen Faktoren ab. Die Temperatur im Fermenter muss zwischen 35 und 38 °C liegen, der pH-Wert muss in weniger als zehn Stunden auf unter pH4 sinken, und die Anlage muss nach jedem Gärprozess blitzblank sauber sein. Die Vorgaben lassen sich ohne intelligente Steuerungssoftware nicht einhalten.


Die Anlagenhersteller bieten für ihre Systeme entsprechende Zusatzmodule an. Meist können diese mit dem im Betrieb vorhandenen Fütterungsrechner gekoppelt werden. Bei älteren Rechnern könnte allerdings ein Komplettaustausch nötig werden, da alte und neue Software oft nicht kompatibel sind.


Große Unterschiede bestehen in puncto Einstellungs- und Auswertungsmöglichkeiten. Wichtige Funktionen wie z.B. die Voreinstellung des pH-Wertes, die Einstellung der Wassertemperatur, die Rezepturen-Zusammensetzung usw. bieten alle Hersteller an. Tewe lässt alle Funktionsabläufe vom Rechner protokollieren. Weda hat andere Zusatzfunktionen programmiert. Der Landwirt kann z.B. bestimmte Funktionen für einzelne Mitarbeiter freischalten oder sperren. Das erhöht die Sicherheit.


Auf der EuroTier präsentiert das Unternehmen zudem die gemeinsam mit dem Futtermittelunternehmen ForFarmers neu entwickelte Überwachungssoftware „FermIT“. Der Clou hierbei ist, dass das System täglich Prozessdaten wie z.B. die Ferment-Temperatur oder den pH-Wert per E-Mail an den Landwirt schickt. Passen die Werte nicht, wird der Landwirt vom System automatisch gewarnt. Wenn gewünscht, erhält der Futtermittelberater ebenfalls eine Warnmeldung. Der Experte kann dann in der Software den Fehler vom Büro aus genauer lokalisieren und dem Landwirt Hilfestellung geben.


Smartphones und Tablet-Computer werden immer leistungsstärker und die Auflösung der Bildschirme immer besser. Das nutzen die Anlagenhersteller aus. Die Steuerung und Überwachung der Fermentationsanlage per Handy ist mittlerweile bei allen Herstellern gang und gäbe. Maßstäbe in puncto Darstellung, Steuerung und Überwachung setzt Weda mit seiner Dashboardanzeige. Wer z.B. ein Tablet besitzt, kann sich die Temperaturen im Fermenter, die pH-Werte, die Füllstände der Silos, die Fresszeitabweichungen usw. grafisch darstellen lassen. BigDutchman wird zur EuroTier ein Fermentations-Tool für sein Stallmanagement-Programm BigFarmNet präsentieren. Bei Tewe passt sich die Software immer dem entsprechenden Endgerät an.


Bakterien-Philosophie:

Ohne Milchsäurebakterien „springt“ der Fermentationsprozess nicht an. Die Bakterien bilden massiv Milchsäure und sorgen so dafür, dass andere Keime wie z.B. Hefen unterdrückt werden und der pH-Wert in der Futtersuppe sinkt. Ziel bei der Fermentation ist, dass der pH-Wert in zehn Stunden auf unter pH4 sinkt.


Die Firma ForFarmers bietet ausschließlich flüssige Starterkulturen an. Dabei handelt es sich um einen einzigen homofermentativen Bakterienstamm, der in einem breiten pH-Spektrum sicher arbeiten soll. Laut ForFarmers haben flüssige Milchsäurebakterien zudem den Vorteil, dass sie ihre Arbeit schneller aufnehmen. Die sogenannte Latenzphase (Lag phase), in der sich die Milchsäurebakterien an das Medium Futter gewöhnen müssen, ist kürzer. Im Endeffekt soll dadurch der pH-Wert noch schneller sinken. Zudem sollen weniger unerwünschte Fermentations-Nebenprodukte gebildet werden, z.B. Essigsäure und Ethanol.


Die Firma Schaumann geht einen anderen Weg. Das Unternehmen favorisiert hochaktive Milchsäurebakterien in wasserlöslicher und granulierter Form. Flüssig angelieferte Milchsäurebak-terien sind aus Sicht des Unternehmens maximal fünf Tage haltbar und auch nicht aktiver.


Schaumann arbeitet grundsätzlich mit mehreren, hochdosierten Bakterienstämmen in der Starterkultur. So will man garantieren, dass die Milchsäurebakterien sowohl bei niedrigen als auch bei hohen pH-Werten ihre Arbeit sicher verrichten. Der Hersteller hält es zudem für wichtig, dass mindestens ein Stamm in der Lage ist, proteinreiche Produkte zu fermentieren. Dank dieser Strategie soll es möglich sein, bis zu 60% Rapsextraktionsschrot in einer Mischung mit Getreide sicher zu fermentieren.


Marcus Arden

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