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Frei belüftete Ställe: Doch keine Klimakiller?

Lesezeit: 8 Minuten

Frei belüftete Schweineställe mit Außenklimareiz belasten die Umwelt nicht stärker als konventionelle Stallgebäude. Das zeigen Messungen der Lufa Nord-West. Durch gutes Management und bauliche Maßnahmen lassen sich die Emissionen sogar noch weiter senken.


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Lars Broer, Lufa Nord-West, Oldenburg


Lars Broer, Lufa Nord-West, Oldenburg


Lars Broer, Lufa Nord-West, Oldenburg


Die Nutztierhaltung in Deutschland wird in Zukunft anders aussehen als heute. Viele Verbraucher und Tierschützer fordern zum Beispiel Außenausläufe für Schweine und das Verbot des Vollspaltenbodens. Doch so einfach sind die Wünsche in der Praxis nicht umzusetzen. Ein Knackpunkt sind die steigenden Emissionen, wenn beim Stallbau das Tierwohl stärker in den Mittelpunkt rückt.


Insbesondere Ammoniakemissionen (NH3) können problematisch sein. Sie entstehen, wenn Kot und Harn nicht schnell genug voneinander getrennt werden und der Stallboden längere Zeit feucht bleibt. Auch Gerüche können kritisch werden. Das liegt u.a. daran, dass die Abluft bei frei belüfteten Ställen nicht zielgerichtet von Abluftventilatoren nach oben in die Atmosphäre abgeführt wird. Stallgerüche werden dann in der unmittelbaren Umgebung stärker wahrgenommen.


Messungen der Lufa


In vielen Fällen verweigern die Genehmigungsbehörden bauwilligen Landwirten, die in Außenklimaställe investieren wollen, nach wie vor die Neu- oder Umbaugenehmigung. Weil der Veränderungsdruck auf die Tierhalter jedoch groß ist, hat das Land Hessen auf Initiative der dortigen Tierschutzbeauftragten die Lufa Nord-West in Oldenburg mit Emissionsmessungen in unterschiedlich frei belüfteten Stallsystemen beauftragt. Neben Ammoniak wurden Werte für Stickoxide, Methan und Geruch ermittelt.


Die Messungen erfolgten in Anlehnung an das international anerkannte VERA-Prüfprotokoll für Tierhaltungssysteme. Zunächst wurde ein sogenanntes Tracergas bodennah in den Stall geleitet. Oberhalb der Einleitungsstelle wurde das Gas, das sich sehr gut mit der Stallluft vermischt, dann über Messdüsen abgesaugt und analysiert.


Vorversuche zusammen mit der Universität Kiel zeigten, dass die Methode auch in Schweineställen mit freier Lüftung funktioniert. Wichtig ist allerdings, dass das Gas kontinuierlich und direkt im Emissionsbereich einströmt und in 1,8 m Höhe von vier Entnahmesonden, die an einem Messmast hängen, abgesaugt wird. Gemäß des VERA-Protokolls erfolgten sechs Messperioden verteilt über ein Jahr. Jede Messung dauerte 24 Stunden.


Drei Stalltypen gemessen


Drei Ställe wurden untersucht. Sie unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Bauart und Ausstattung. Beim Stall A handelt es sich um einen ehemals geschlossenen Schweinemaststall, an den der Landwirt einen teilüberdachten Außenauslauf angebaut hat. Etwa 40% der äußeren Fläche sind überdacht.


Die Mastbuchten im Stallinnern sowie der Auslauf sind komplett planbefestigt und mit Stroh eingestreut. Am Rand des Auslaufs befindet sich eine Harnrinne im Boden, durch die Harn und Regenwasser abgeführt werden. Dreimal wöchentlich schiebt der Landwirt den Mist im Auslauf ab und streut frisches Stroh ein. Die Nutzfläche pro Mastschwein beträgt 2,3 m2, da die Schweine als Biotiere vermarktet werden. Die Mastschweine erhalten eine Eigenmischung, die nicht nährstoffreduziert ist (siehe Übersicht 1).


Bei Stall B handelt es sich um einen Außenklimastall mit Ruhekisten (PigPort Typ 2). Der Liegebereich ist planbefestigt, der Aktivitätsbereich komplett mit Vollspaltenboden ausgelegt. Beide Bereiche befinden sich im Stallinnern unter Dach. Zweimal pro Tag erfolgt die Tierkontrolle, dabei werden Kotreste von den Festflächen entfernt und auf den Spaltenboden geschoben. Der Güllekeller wird nach jedem Mastdurchgang geleert. Jedem Mastschwein steht 1 m2 Fläche zur Verfügung, gefüttert wird nach dem niedersächsischen RAM-Futterkonzept.


Stall C ist ein ehemals konventionell betriebener Maststall, der zu einem Offenfrontstall mit separaten Funktionszonen umgebaut wurde. Alle Bereiche liegen innerhalb des Gebäudes. An den Längsseiten hängen temperaturgesteuerte Windschutznetze, die je nach Wetterlage automatisch geöffnet oder geschlossen werden. Der Liegebereich ist mit absenkbaren Buchtendeckeln ausgestattet. ▶


Der Boden im Liege- und Aktivitätsbereich ist planbefestigt, im Kotbereich liegt ein Teilspaltenboden. Die an der Außenwand eingebaute Festfläche ist etwas geneigt, sodass Feuchtigkeit schneller in den Güllekanal abfließt. Einmal täglich wird die Festfläche per Hand gesäubert, im Güllekanal schiebt ein automatischer Unterflurschieber täglich Kot und Harn aus dem Gebäude. Die Nutzfläche beträgt 1,8 m2 pro Mastschwein, auch hier kommt das RAM-Futterkonzept zum Einsatz.


Kein Dach, mehr Emissionen


Wie Übersicht 2 zeigt, war der Emissionswert für NH3 im umgebauten Maststall inklusive Auslauf mit 10 kg pro Tierplatz und Jahr recht hoch. Der Wert errechnet sich aus der gemessenen Ammoniakfracht von 1,3 g pro Stunde und Tierplatz sowie der Belegzeit des Stalles von 7728 Stunden jährlich.


Bei der Interpretation der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass die Tiere bei allen Messungen zwischen 70 und 100 kg schwer waren. Ideal wäre es gewesen, wenn auch Messungen mit leichteren Schweinen möglich gewesen wären. Einschränkend kommt hinzu, dass die Wintertemperaturen während der Messphasen relativ hoch waren, im Mittel lagen sie zwischen 3,3 und 4,3°C. Auch der planbefestigte Auslauf dürfte zu der hohen Ammoniakfracht beigetragen haben. Die Fläche war besonders im Winter und Frühjahr länger nass und stark verschmutzt. Alle drei Faktoren haben den Emissionswert negativ beeinflusst.


Zu berücksichtigen ist auch, dass die Temperaturen während der Sommermessungen über dem statistischen Mittel lagen. Dadurch trockneten die Außenflächen zu dieser Jahreszeit schneller ab. Das dürfte den Emissionswert wiederum positiv beeinflusst haben.


Der Emissionswert für Geruch war mit 105 GE pro GV/s (Geruchseinheit pro Großvieheinheit und Sekunde) ebenfalls sehr hoch. Auch hierfür sind in erster Linie die stark verschmutzten Ausläufe im nicht überdachten Bereich des Stalles verantwortlich. Erschwerend hinzu kommt, dass die Harnrinne am Rand des Auslaufs nicht funktionierte und die Fläche deshalb längere Zeit sehr feucht war.


Top Werte im Außenklimastall


Deutlich besser waren die Emissionswerte im PigPort-Stall. Die Ammoniakfracht betrug hier nur 0,17 g pro Stunde und Tierplatz. Das sind gerade mal 1,3 kg pro Tierplatz und Jahr. Die niedrigen Werte haben unterschiedliche Ursachen:


  • Während der Messungen in den Übergangs- und Wintermonaten waren eher kleine Schweine mit einem mittleren Tiergewicht von 53 bis 64 kg eingestallt. Höhere Tiergewichte hätten zu höheren Emissionen geführt. Das bestätigte sich bei den Sommermessungen. Bei 105 kg Lebendgewicht stieg die Ammoniakfracht auf 0,32 g pro Stunde und Tierplatz an.
  • Die Belegdichte war deutlich höher als im Stall A mit Außenauslauf. Die spezifische Emissionsfläche pro Tier war dadurch wesentlich kleiner.
  • Der Güllekeller war mit 1,33 m sehr tief. Dadurch fand nur ein sehr geringer Austausch der Gasphase statt.
  • Die planbefestigten Oberflächen im Stall waren überwiegend trocken. Ein Grund hierfür ist, dass alle Funktionsbereiche überdacht sind.
  • Die NH3-Werte könnten noch niedriger ausfallen, wenn weniger Kot auf den Spaltenböden gelegen hätte. Dies erklärt auch die relativ hohen Emissionswerte für Geruch in Höhe von 132 GE pro GV und Sekunde.


Offenfrontstall überzeugt


Ähnlich gute Emissionswerte wurden im Offenfrontstall gemessen. Mit nur 2,3 kg Ammoniak pro Tierplatz und Jahr war das Ergebnis top. Das durchschnittliche Lebendgewicht während der Messungen betrug 70 kg, die Temperaturen lagen während der Emissionsmessungen ebenfalls im statistischen Mittel. Auch die Tatsache, dass alle Funktionsbereiche komplett überdacht waren, hat zu den niedrigen Emissionswerten geführt.


Sehr gut fielen auch die Geruchsmessungen aus. Der Wert lag bei nur 54 GV pro GE und Sekunde. Vermutlich wären die NH3- und Geruchswerte noch besser ausgefallen, wenn im kompletten Kotbereich Spaltenboden gelegen hätte. Denn viele Schweine haben ihren Kot und Urin auf den Festflächen abgesetzt, die an den Außenseiten des Gebäudes liegen.


Bei der Auswertung der Messergebnisse zeigte sich deutlich, dass an allen drei Standorten die meisten Emissionen durch das Absetzen von Kot und Harn entstehen. Um die Umweltbelastung gering zu halten, ist daher entscheidend, dass die Schweine „ihr Geschäft“ auf einer möglichst kleinen Fläche erledigen. Zudem muss der Kotbereich trocken sein. Denn je trockener der Emissionsbereich ist, desto weniger Ammoniak entsteht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Ställe mit Außenauslauf komplett überdacht sind.


Darüber hinaus lassen sich die Emissionen in frei belüfteten Schweineställen durch geeignete Management- und Baumaßnahmen weiter reduzieren:


  • Durch den Einsatz der Multiphasenfütterung können die Tiere auch in diesem Haltungssystem noch bedarfsgerechter mit Nährstoffen versorgt werden.
  • Hilfreich ist, wenn die planbefestigten Kotflächen täglich automatisch abgeschoben werden.
  • Der Einbau von automatisch ausfahrbaren Regenschutzdächern führt dazu, dass Außenausläufe bei Regen oder Schnee trockener bleiben.
  • Darf der Landwirt Spaltenböden mit größeren Schlitzmaßen im Kotbereich einbauen, erhöht sich der Kotdurchsatz.
  • Positiv wirkt sich der Einsatz eines Ureasehemmers im planbefestigten Bereich der Buchten aus. ▶


marcus.arden@topagrar.com

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