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Fünf Wege zu günstigerem Strom

Lesezeit: 10 Minuten

Die Stromkosten steigen rasant. Wir zeigen Ihnen verschiedene Möglichkeiten, wie Sie Ihre Stromrechnung reduzieren können.


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Fünf Jahre lang hat Anton Ziesel so gut wie keinen Blick auf seine Stromrechnung geworfen. Denn der Schweinemäster aus dem oberschwäbischen Berkheim-Bonlanden (Baden-Württemberg) hatte einen extrem günstigen Stromtarif: Gerade einmal 17 Cent je Kilowattstunde (kWh) zahlte er im Durchschnitt.


Doch Mitte letzten Jahres lief der Stromtarif „Garant 60“ aus, die Vertragslaufzeit war beendet. „Seit Juli 2013 zahle ich 23 Cent für den Strom“, musste er feststellen. Bei 1 600 Mastplätzen und einem Stromverbrauch von knapp 80 000 kWh im Jahr sind das über 18 000 € pro Jahr und damit fast 5 000 € mehr als im Vorjahr. „In den letzten Jahren lag die Strompreissteigerung bei 8,5 % jährlich, im letzten Jahr ist sie mit 18 % deutlich höher ausgefallen“, erklärt Energieberater Christoph Gers-Grapperhaus von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Es gibt deutliche Signale, dass der Strompreis weiter steigt (siehe Kasten). Daher sind Strategien gefragt, um die Kosten zu reduzieren.


1. HT/NT-Zeiten prüfen:

„Die einfachste Alternative ist es, sich nach einem günstigeren Stromtarif umzusehen“, erklärt Elmar Brügger, Energieberater bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Das bedeutet aber nicht, dass man gleich den Stromanbieter wechseln muss. Es reicht oftmals, bei dem eigenen Anbieter nach einem günstigeren Tarif zu fragen.


Viele Stromtarife sind für Schweinehalter nicht nur wegen des gestiegenen Strompreises ungünstiger geworden, sondern auch, weil sich die Zeiten für den Zweitarif geändert haben. Bei diesem wird in teuren Hochtarif (HT) und günstigeren Niedertarif (NT) unterschieden. Das war auch im Fall von Landwirt Ziesel so: Bei seinem alten Tarif bis Juli 2012 lief die NT-Zeit von 18:30 Uhr bis 6:30 Uhr sowie samstags, sonntags und feiertags. Für NT-Strom musste er nur 15 ct/kWh bezahlen und damit 8 Cent weniger als für HT-Strom. Der Tarif war für ihn auch deshalb so günstig, weil zwei Drittel des Stromverbrauchs in der günstigen NT-Zeit lag. „Wir haben abends unser Getreide für die Schweinefütterung gemahlen und möglichst samstags die Ställe gereinigt“, erklärt er sein Lastmanagement. Damit hat er möglichst viele stromintensive Arbeiten in die NT-Zeit gelegt.


Der neue Tarif dagegen sieht eine NT-Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr vor, Unterschiede zwischen Wochentag und Wochenende sowie Feiertage gibt es nicht mehr. „Bei einem Anbieterwechsel reicht es also nicht, allein auf den reinen Strompreis zu achten. Der Landwirt sollte auch darauf achten, wie NT und HT verteilt sind“, rät Dr. Michael Buchholz, Energieberater beim Landesverband Baden-Württemberg für Leistungsprüfungen in der Tierzucht (LKV). Als Anhaltswert sollte ein Schweinehalter mindestens 40 bis 50 % seines Stromverbrauchs in die NT-Zeit legen können, ansonsten lohnt sich der Zweitarif nicht. Denn der teure HT-Preis würde den Mischtarif nach oben treiben.


Damit das klappt, müssen Landwirte bestimmte Arbeiten in die NT-Zeit verschieben können. Das ist aber nicht immer möglich. Beispiel Lüftung: Sie ist der größte Stromfresser im Schweinestall und muss gerade tagsüber laufen. „Anders ist das mit dem Güllemixer oder der Schrotmühle, die man auch nachts laufen lassen kann. Das geht aber auch nur, wenn das von den Nachbarn akzeptiert wird“, sagt hierzu Energieberater Brügger.


2. Anbieter wechseln:

„Bei uns melden sich viele Landwirte, für die sich ein Zweitarif nicht mehr lohnt und die einen günstigen Eintarif suchen“, ergänzt Corina Hofstetter vom Team LandEnergie der Maschinenringe Deutschland GmbH, die speziell für Landwirte Stromtarife anbietet. Wenn der bisherige Anbieter keinen günstigeren Tarif anbieten kann, bleibt nur der Wechsel zu einem anderen Lieferanten.


Auf dem Markt gibt es neben den etablierten Energieversorgern auch Dienstleister, die günstige Rahmenverträge mit Stromanbietern abgeschlossen haben. Dazu gehört der Bundesverband der Maschinenringe mit der „LandEnergie“, aber auch viele Landesbauernverbände. Eine weitere Möglichkeit sind Internetportale wie Verivox oder Billigstrom.de. „Schweinehalter können hier schriftlich nach landwirtschaftlichen Tarifen fragen. Die können unter Umständen günstiger sein als gewerbliche Tarife“, rät Brügger. Wer einen Zwei- oder Dreijahresvertrag hat, kann dagegen seinen Stromlieferanten nach einem günstigeren Tarif fragen.


Auch nach einem Wechsel sollten Landwirte wachsam bleiben. „Es lohnt sich, wie bei Mobilfunktarifen einmal im Jahr nach Alternativen zu schauen“, rät Markus Höner, Schweinemäster und Mitarbeiter beim Maschinenring Warendorf (Nordrhein-Westfalen).


Allerdings ist es nicht einfach, die Tarife untereinander zu vergleichen. Wie Energieberater Dirk Wietzke von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein beobachtet, steht in den Angeboten oft nur der Arbeitspreis je kWh. „Ein richtiger Vergleich ist aber nur möglich, wenn alle Kosten einschließlich Leistungspreis, Netznutzung, Gebühren und Abgaben berücksichtigt werden.“ Aufpassen heißt es auch bei Preisgarantien: Laut Wietzke beziehen sich diese meist nur auf den Arbeitspreis, nicht jedoch auf Abgaben, Umlagen usw.


Vor der Unterschrift bei einem neuen Anbieter gilt es, noch weitere Dinge zu beachten. Denn in der Vergangenheit haben einige Billigstromanbieter wie TelDaFax oder Flexstrom Insolvenz anmelden müssen. Daher gilt:


  • Auf keinen Fall Vorkasse akzeptieren! Bei Insolvenz des Anbieters ist das Geld verloren.
  • Nicht akzeptabel sind auch Mindestabnahmen oder begrenzte Liefermengen für einzuspeisenden Strom, beispielsweise von Photovoltaikanlagen oder Blockheizkraftwerken.
  • Vorsicht beim Neukundenrabatt: Er macht viele Angebote auf den ersten Blick lukrativ. Aber wenn der Strom nach einem Jahr deutlich teurer wird, ist dieser Vorteil schnell wieder „aufgefressen“.
  • Wenn Preise deutlich unter denen der Mitbewerber liegen, sollte man das Kleingedruckte lesen, ob dort nicht ein Hinweis auf Preiserhöhungen versteckt ist.
  • Die Kündigungsfrist sollte nicht länger als vier Wochen bis zum Ende der Vertragslaufzeit sein.


Beim Wechsel muss der Kunde auch die Verbrauchsstelle und die Vertragskontonummer angeben. Meist übernimmt der neue Versorger die Kündigung, sofern er eine Vollmacht dafür hat. „Ein Schreibfehler kann aber dazu führen, dass der bisherige Versorger die Kündigung ablehnt“, weiß Wietzke. Er rät daher dazu, dem neuen Versorger eine Kopie der ersten Seite der letzten Abrechnung zu schicken. Dann hat dieser die korrekten Daten.


Wenn der Stromanbieter nach dem Wechsel Insolvenz anmelden muss, gehen auf dem Betrieb nicht gleich die Lichter aus. „Der örtliche Grundversorger liefert dann den Strom automatisch“, verdeutlicht Franziska Materne vom bayerischen Beratungsnetzwerk CARMEN aus Straubing. Allerdings muss der Landwirt u. U. mit höheren Kosten rechnen, da der Tarif des Grundversorgers anders sein kann als der des insolventen Anbieters. „Meist sind das die teuersten Tarife, aber nach der Stromgrundversorgungs-Verordnung gilt hier eine Kündigungsfrist von einem Monat zu jedem Kalendertag“, ergänzt Energieberater Wietzke.


3. Leistungsmessung:

Wer mehr als 85 000 kWh Strom verbraucht, kann auf die „registrierende Leistungsmessung“ (RLM) umsteigen. Bei dieser erfasst der Netzbetreiber mit einem elektronischen Stromzähler nicht nur den Stromverbrauch in kWh, sondern misst auch alle Viertelstunde (in der Regel) die abgenommene Leistung. Verbraucht ein Betrieb in einer Viertelstunde 4 kWh, ergibt sich daraus ein Leistungswert von 16 kW (Rechengang: 4 kWh / 0,25 h = 16 kW). Den höchsten Leistungswert eines Jahres zieht der Strom-anbieter dann zur Berechnung des Stromtarifs heran.


Der Stromtarif bei der RLM setzt sich also aus drei Komponenten zusammen: Dem Grundpreis, in dem auch die Zählermiete enthalten ist, dem Arbeitspreis für die verbrauchten kWh sowie dem Leistungspreis. Dieser wird einmal pro Jahr gezahlt und liegt bei bis zu 60 € pro kW. Die genaue Höhe legt der Netzbetreiber fest.


Nach der Stromnetzzugangsverordnung ist der Netzbetreiber dazu verpflichtet, bei einem Stromverbrauch ab 100 000 kWh pro Jahr auf die Leistungsmessung umzustellen. „Doch das lohnt sich auch schon unter diesem Wert“, weiß Höner. Er selbst verbraucht in seinem Betrieb 90 000 kWh. Der Netzbetreiber hat bei ihm auf Anfrage den Stromzähler getauscht und die Abrechnung auf RLM umgestellt. Mit dem neuen Tarif spart er 3 ct/kWh gegenüber dem früheren Zweitarif ein. Er rät dazu, ein RLM-Angebot des örtlichen Netzbetreibers mit anderen Lieferanten zu vergleichen.


Die freiwillige Umstellung auf RLM lohnt sich jedoch nur, wenn der Stromverbrauch über das ganze Jahr gleichmäßig verteilt ist und sich keine großen Leistungsspitzen ergeben. Denn der Preis je kWh ist deutlich günstiger als bei der einfachen Strommessung. Aber schon eine einzige hohe Leistungsspitze kann diesen Vorteil schnell wieder zunichte machen. Wer im Sommer beispielsweise Getreide belüftet und damit an wenigen Tagen einen sehr hohen Stromverbrauch hat, zahlt einen entsprechend hohen Leistungspreis. „Für diesen Betrieb wäre die Leistungsmessung eher nachteilig“, meint Hofstetter.


Wie sich die RLM bei einem Verbrauch von 85 000 kWh im Vergleich zu einem herkömmlichen Stromtarif darstellt, zeigt die Übersicht 3 (Seite S 21). Der Strompreis bei der RLM setzt sich hierbei zusammen aus dem Arbeitspreis, dem Leistungspreis sowie dem Mess-preis (Grundgebühr).


Dazu kommen die Steuern und Abgaben, die bei allen anderen Stromtarifen auch anfallen. Insgesamt summieren sich die Kosten auf knapp 14 800 € pro Jahr (netto). Im Vergleich dazu würde der Betrieb bei gleichem Stromverbrauch 17 800 € ausgeben, wenn er einen herkömmlichen Tarif für Landwirte wählt. Mit der RLM spart er im Jahr also rund 3000 €.


Entscheidend ist dabei jedoch, dass die Leistungsaufnahme einigermaßen konstant bleibt. Pro kW muss dieser Landwirt rund 30 € bezahlen. Wird der Wert von 24 kW überschritten, erhöht sich der Strompreis entsprechend.


4. Mittelspannungsstrom:

Wer seinen Strom nicht wie üblich aus dem Niederspannungsnetz, sondern von der Mittelspannungsebene bezieht, kann auch rund 2 ct/kWh sparen. Das versprechen zumindest einige Netzbetreiber und wollen Landwirte damit zum Umstieg bewegen. Denn das entlastet die Verteilnetze auf Niederspannungsebene. In der Tat fallen bei der Nutzung von Mittelspannungsstrom ein Teil der Netz-entgelte weg. „Aber der größte Effekt entsteht durch die Umstellung auf die registrierende Leistungsmessung, die beim Mittelspannungsstrom obligatorisch ist“, schränkt Höner ein.


Dazu kommt: Wer Mittelspannungsstrom nutzen will, muss einen Trafo installieren lassen. Dieser kostet mindestens 40 000 €. Diese Kosten müssen über den günstigen Stromtarif erst einmal mitfinanziert werden. „Das lohnt sich nur, wenn der Landwirt ohnehin für eine Photovoltaik- oder Biogasanlage einen Trafo aufgestellt hatte“, meint der Berater hierzu.


Wer dagegen erst nach 2009 eine Photovoltaikanlage installiert hat, kann wegen der stark gesunkenen Einspeisevergütung für Solarstrom über den Selbstverbrauch nachdenken. Denn in vielen Fällen ist es lukrativer, den Solarstrom im Betrieb zu verbrauchen und nur den Überschuss einzuspeisen.


Wer aber eine große Anlage gebaut hat, für die ein Trafo nötig ist, und den Strom selbst verbraucht, reduziert gleichzeitig seinen Stromverbrauch. „Wenn er damit unter 85 000 kWh Zukauf kommt, lohnt sich die registrierende Leistungsmessung und damit auch die Nutzung des Mittelspannungsstroms nicht mehr“, urteilt Höner. Das Fazit daraus: Wer heute noch keinen Trafo besitzt, muss genau kalkulieren, ob sich der Mittelspannungsstrom in Verbindung mit einer registrierenden Leistungsmessung für ihn lohnt.


5. Stromsteuer reduzieren:

Landwirte können beim Hauptzollamt rückwirkend für das Vorjahr eine Reduzierung der Stromsteuer beantragen. Die Stromsteuer macht immerhin 2,05 ct/kWh aus. Daher hört sich eine Reduzierung auf den ersten Blick attraktiv an. Pferdefuß: Der Entlastungssatz beträgt lediglich 0,513 ct/kWh. Außerdem wird die Entlastung erst dann gewährt, wenn der Stromsteuerbetrag, den der Landwirt zu zahlen hat, 250 €/Jahr übersteigt. Umgerechnet ist das bei einem Verbrauch von ca. 49 000 kWh der Fall. Die Entlastung wird dann nur für den Verbrauch gewährt, der oberhalb von 49 000 kWh liegt.


Ein Beispiel: Wenn ein Betrieb 60 000 kWh im Jahr verbraucht, wäre der Entlastungsbetrag 60 000 kWh x 0,513 ct = 307,80 €. Davon wird dann der Selbst-behalt von 250 € abzogen, der Betrieb würde dann 57,80 € zurückbekommen. Dafür ist aber ein großer bürokratischer Aufwand nötig. „Wenn diese Berechnung auch noch die Buchführungsgesellschaft abwickelt und ihre Arbeitszeit berechnet, bleibt unterm Strich für den Landwirt nichts übrig“, erklärt Höner. Nur wer weit mehr als 100 000 kWh pro Jahr verbraucht, könnte darüber nachdenken. Hinrich Neumann

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