Ohnmacht gegenüber den scheinbar willkürlichen EU-Entscheidungen, Verunsicherung und Frust, beinahe wöchentlich mit neuen Sperr- und Han-delsauflagen konfrontiert zu werden: Das ist es, was den betroffenen Landwirten und Tierärzten nach dem letzten Seuchenzug im westlichen Münsterland in Erinnerung geblieben ist. Denn weil eine Zeit lang immer wieder Sekundärausbrüche „nachkleckerten“, glaubte Brüssel, die Behörden vor Ort hätten das Pestgeschehen nicht im Griff. Erstmals wurden deshalb nicht nur die Bestände im 1 km-Radius gekeult, sondern vorsorglich alle Schweine im gesamten 3 km-Sperrbezirk.
Außerdem wurden weit über den Sperrbezirk und das Beobachtungsgebiet hinaus ganze Regierungsbezirke in „Sippenhaft“ genommen. Betriebe im weit entfernten Ostwestfalen waren von der Sperre ebenso betroffen wie Kollegen im benachbarten Wesel.
Dieser Frust soll sich nicht wiederholen. Deshalb will Brüssel die Pest-Sperrmaßnahmen transparenter machen und bereits im Vorfeld so genannte „Weitere Sperrzonen“ definieren. „Sobald absehbar ist, dass die ergriffenen Maßnahmen im Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet nicht greifen, wird auf Landkreis-, Bezirks- bzw. Landes-ebene eine so genannte „Weitere Sperrzone“ eingerichtet, in der die gleichen Verbringungsbeschränkungen und Untersuchungspflichten gelten wie derzeit in Wildschweinepest-gefährdeten Regionen“, stellt Dr. Klaus Depner von der EU-Kommission in Brüssel klar. Depner ist hier für die Gesetzgebung in Seuchenangelegenheiten zuständig.
Dabei ist Dr. Depner wichtig, dass die Grenzen dieser zusätzlichen Sperrzone nicht im EU-Alleingang definiert werden, sondern gemeinsam mit den Veterinärbehörden vor Ort. Oberstes Ziel ist, nicht ganze Bundesländer unter Quarantäne zu stellen, sondern nach Gefährdung zu regionalisieren.
Das ist auch das Anliegen der beiden Landesämter für Verbraucherschutz und Landwirtschaft in Nieder-sachsen (LAVES) und Nordrhein-Westfalen (LANUV). Sie haben deshalb für ihre Länder bereits regionale Sperrzonen entworfen. Das Entscheidende: Diese Tierseuchenzonen orientieren sich nicht nur an Kreisgrenzen, sondern berücksichtigen auch bestehende Handelsbeziehungen. Die Vorgaben für den Sperrbezirk und das Beobachtungsgebiet bleiben davon unbeeinflusst.
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In den zusätzlichen Tierseuchenzonen ist u. a. das Verbringen von Tieren und tierischen Erzeugnissen besonders geregelt. Aber auch für den Fahrzeugverkehr, das Ausbringen von Gülle und für Dienstleistungen wie tierärztliche Tätigkeiten oder den Scanner-Dienst gibt es extra Vorgaben. „Uns ist wichtig, die Verbreitung von hoch ansteckenden Erregern zu verhindern, allen Betroffenen gleichzeitig jedoch Handlungssicherheit zu gewähren und die Grenzen der Sperrzone selbst definieren zu können“, stellt Dr. Ursula Gerdes vom Laves in Oldenburg klar.
Der Entwurf dieser so genannten Kompartimentierung wurde von Niedersachsen und NRW inzwischen an den Bund weitergeleitet. Denn das Bundes-Landwirtschaftsministerium ist zurzeit dabei, das Tierseuchengesetz zu überarbeiten. In diesem Zusammenhang soll dann auch die Ermächtigung zur Zonierung in das Gesetz aufgenommen werden. H. Lehnert