Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

Gegen Absetzdurchfall schluckimpfen?

Lesezeit: 6 Minuten

Colibedingte Absetzdurchfälle werden bisher meistens antibiotisch behandelt. Über erste Erfahrungen mit dem neuen F4-Coliimpfstoff berichtet Dr. Thomas Nolte, Tierärztliche Gemeinschaftspraxis Büren, FGS GmbH.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Ferkelerzeuger Armin Gerber (Name geändert) war verzweifelt. Im Abferkelstall lief zwar alles rund. Im Schnitt konnte er bei seinen 350 Sauen stolze 29,5 Ferkel pro Sau und Jahr absetzen. Und die Ferkel sahen propper aus. Sobald die Tiere ins frisch gereinigte und desinfizierte Flatdeck umgestallt wurden, begannen aber die Probleme. Denn zwei bis drei Tage nach dem Absetzen bekamen immer wieder Ferkel wässrigen, gelblich-grau gefärbten Durchfall.


Die Tiere fraßen zwar noch, konnten das gute Starterfutter aber nicht mehr optimal verwerten. Das Haarkleid der erkrankten Ferkel wirkte stumpf, die Flanken fielen ein und die Tiere bekamen einen spitzen Rücken. Die Gruppen wuchsen zunehmend auseinander, gut 10% der Tiere kümmerten, und die Verlustrate kletterte bis auf 4%.


In Absprache mit seinem Tierarzt führte Gerber deshalb seit einiger Zeit im Flatdeck eine antibiotische Behandlung durch. Die Tiere bekamen nach dem Umstallen zunächst fünf Tage lang Colistin übers Futter. Ferkel, die nicht fressen wollten, wurden zusätzlich per Spritze mit Fluorchinolonen behandelt. Zur Darmstabilisierung waren meist wiederholte Behandlungen nötig.


Hohe Therapiehäufigkeit:

Alles in allem funktionierte diese Behandlung jedoch mehr schlecht als recht. Es gelang Armin Gerber zwar, die Verluste auf 3,5% zu drücken und die Zahl der Kümmerer deutlich zu verringern. Unter dem Strich wurden die Ferkel jedoch 25 Tage lang antibiotisch behandelt.


Das schlug sich in der einzelbetrieblichen Therapiehäufigkeit nieder, die im Rahmen des staatlichen Antibiotika-Monitorings erfasst wird. Mit einem Wert von über 30 lag Gerber bei den halbjährlichen Auswertungen jedes Mal deutlich über der Kennzahl 2, gehörte also zu den 25% Vielverbrauchern.


So konnte es nicht weitergehen! Nicht nur, dass Gerber wegen der hohen Therapiehäufigkeit gemeinsam mit seinem Tierarzt einen Maßnahmenplan erarbeiten musste, wie er den Antibiotikaverbrauch senken wollte. Die regelmäßigen antibiotischen Behandlungen waren auch extrem teuer und die Ferkelbetreuung arbeitsintensiv.


Zudem fragte sich Gerber, wie lange er Colistin überhaupt noch bei Schweinen einsetzen darf. Denn in der Zeitung hatte er gelesen, dass die EU-Kommission Colistin aufgrund zunehmender Resistenzen für die Behandlung von Darminfektionen beim Menschen reservieren und den Einsatz bei Nutztieren stark einschränken will.


Neuer F4Coli-Impfstoff:

Von seinem Tierarzt erfuhr Armin Gerber dann, dass es seit Mitte letzten Jahres auch die Möglichkeit gibt, die Absetzferkel gegen Colidurchfall zu impfen. Die Vakzine soll die Tiere in den kritischen drei Wochen nach dem Absetzen schützen. In Kanada ist der Impfstoff bereits seit 2008 im Einsatz. Der Haken: Die Impfung wirkt nur gegen E.coli-Stämme, die F4-Fimbrien ausbilden. Das sind feine Härchen, mit denen sich die Bakterien an die Dünndarmschleimhaut ihres Wirtstieres anheften. Daneben gibt es aber auch Coli-Typen, die andere Fimbrientypen aufweisen (z.B. F18) oder andere Gifte produzieren (siehe Kasten). Und vor denen schützt die neue Vakzine nicht.


Deshalb ist es wichtig, vor Impfbeginn genau untersuchen zu lassen, welche Erreger im Bestand für den Durchfall verantwortlich sind. Gerbers Hoftierarzt nahm dazu von fünf frisch erkrankten Absetzferkeln einer Absetzgruppe Kottupfer und ließ sie untersuchen. Wichtig ist, dass die Tiere zuvor kein Antibiotikum bekommen haben.


Die Anzüchtung des Erregers bestätigte den Verdacht, dass Colibakterien verantwortlich waren. Um den Coli-stamm zu bestimmen, wurde im Labor zusätzlich eine PCR-Untersuchung (Polymerase-Ketten-Reaktion) durchgeführt.


Impfung per Drencher:

Da tatsächlich der F4-Colityp nachgewiesen werden konnte, entschieden sich Landwirt und Tierarzt, probeweise zu impfen. Der Impfstoff lässt sich wahlweise drenchen oder über das Tränkewasser verabreichen. Da beim Wasser immer die Gefahr besteht, dass schwache Ferkel zu wenig saufen und daher nicht die volle Impfdosis erhalten, entschieden sich beide fürs Drenchen. Dazu werden pro Ferkel 2 ml Impfdosis mit einer Drenchpistole, die der Impfstoffhersteller anbietet, ins Maul der Tiere verabreicht.Der Lebendimpfstoff ist für die Anwendung ab dem 18. Lebenstag zugelassen. Da es etwa sieben Tage dauert, bis sich der Impfschutz einstellt, führte Gerber die Impfung exakt am 18. Lebenstag durch. „Auf diese Weise sind die Ferkel optimal geschützt, wenn wir sie dann mit 28 Tagen absetzen“, argumentiert der Sauenhalter.


Der Impfschutz hält nach Angaben des Herstellers drei Wochen. Das ist nicht lange, deckt aber die kritischen ersten Wochen nach dem Absetzen ab. Danach ist das Risiko von Coli-Infektionen erheblich geringer.


Ganz verzichten mochte Armin Gerber auf den Einsatz von Antibiotika allerdings zunächst nicht. In den ersten fünf Aufzuchttagen setzte er daher weiterhin Colistin ein. Den Gesamtverbrauch konnte er durch die Impfung aber zumindest halbieren.


Die Rechnung ging auf: Am Ende des ersten geimpften Flatdeck-Durchgangs waren die Verluste auf 1,5% gesunken, in der zweiten Impfgruppe sogar auf 0,6% (siehe Übersicht 2). Und die Rate der Kümmerer konnte mithilfe der Impfung auf weniger als 5% vermindert werden. Aufgrund der guten Erfahrungen entschieden Landwirt und Tierarzt daher, beim nächsten Durchgang ganz auf Antibiotika zu verzichten. Der Durchgang läuft zurzeit aber noch.


Kein Selbstläufer:

Die neue Coli-Impfung ist jedoch kein Selbstläufer, wie Gerbers Hoftierarzt feststellen musste. Denn in einem Aufzuchtbetrieb, an den Gerber aus Platzmangel Babyferkel verkauft, zeigte die Impfung nicht die erwünschte Wirkung. Die Aufzuchtverluste verharrten hier trotz Impfung bei 2% und auch der Anteil der Kümmerer stagnierte bei 10 bis 15%.


Beim Blick hinter die Kulissen stellte sich heraus, dass es im zweiten Betrieb einige Managementmängel gibt. Zum Beispiel werden die Abteile nicht so sorgfältig vorgeheizt, bevor die neuen Ferkel kommen. Außerdem lässt der Aufzüchter vor dem Einstallen nicht das Standwasser aus den Wasserleitungen. Dadurch ist der erste Schluck, den die Ferkel aufnehmen, häufig verkeimt.


Ein weiterer Lapsus: Die Breifutterautomaten werden unregelmäßig befüllt. Dadurch kommt es vor, dass die Ferkel zwischendurch auch mal hungern und sich die Bäuche vollschlagen, sobald wieder Futter im Automaten ist.


Mit anderen Worten: Im zweiten Betrieb ist das Management nicht optimal. Dadurch ergeben sich immer wieder Stresssituationen für die Ferkel, die das Entstehen von Absetzdurchfällen begünstigen. Und derartige Managementfehler lassen sich auch durch die Impfung nicht ausbügeln!-lh-

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.