Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

Gute Betriebshygiene honorieren!

Lesezeit: 6 Minuten

Wer die Biosicherheit seines Betriebes verbessert, sollte weniger Tierseuchenkassen-Beiträge zahlen. Das schlagen Dr. Sophia Kluthe, Prof. Dr. Thomas Blaha und Dr. Albert Groeneveld vor.*


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Von großen Schweinebeständen geht eine höhere Seuchen- und Krankheitsgefahr aus als von kleineren Herden. Diese Denkweise hat jahrzehntelang die Seuchenvorsorge bestimmt. Deshalb schreibt die deutsche Schweinehaltungs-Hygieneverordnung (SchHaltHygV) vor, dass große Schweinebestände höhere Hygieneauflagen erfüllen müssen als kleinere. Zudem zahlen sie höhere Beiträge zur Tierseuchenkasse (TSK).


Beiträge nach Risiko staffeln?

Doch entspricht das dem wirklichen Risiko? Geht von großen Beständen wirklich eine größere Infektionsgefahr aus als von kleineren? Oder gibt es Möglichkeiten, die Biosicherheit eines Betriebes zu klassifizieren? Und wie könnte man die Tierhalter motivieren, mehr Energie in die Biosicherheit ihres Betriebes zu investieren?


Fakt ist: Von den Schutzmaßnahmen würden die Tierhalter nicht nur im Seuchenfall profitieren. Auch „normalen“ Krankheitserregern würde es schwer gemacht, im Bestand Fuß zu fassen. Dadurch sinkt der Erregerdruck, es werden weniger Antibiotika benötigt, die biologischen Leistungen steigen, und die Gruppen wachsen weniger auseinander.


Bevor man die Biosicherheit optimieren kann, muss man jedoch zunächst wissen, wo die größten Einschleppungsgefahren lauern. Auswertungen der letzten MKS- und Schweinepestausbrüche in Europa haben gezeigt, dass die Erreger am häufigsten (40 %) über den Zukauf unerkannt infizierter Tiere in den Bestand gelangen, wie Übersicht 1 verdeutlicht. Auf Rang zwei (20 %) folgen Personen- und Fahrzeugkontakte. Weitere Ursachen sind ungewollte Kontakte des Bestandes mit infizierten Wildtieren (15 %) und das unerlaubte Verfüttern unerhitzter Speisereste an die Schweine.


Das bestätigt die Vermutung, dass nicht die Größe eines Schweinebestandes seine Biosicherheit beeinflusst, sondern die Anzahl und Intensität seiner direkten und indirekten Kontakte zu anderen Tierhaltungen. Und diese Aspekte werden in der bisherigen Schweinehaltungs-Hygieneverordnung überhaupt nicht oder nur unzureichend berücksichtigt.


In Nordrhein-Westfalen und einigen anderen Ländern gibt es deshalb seit geraumer Zeit Überlegungen, wie sich die TSK-Beiträge risikoorientiert staffeln lassen. In NRW wurde nach den letzten Ausbrüchen der Klassischen Schweinepest z. B. ein 20 %-Bonus für Mäster eingeführt, die ihre Ferkel von maximal drei Ferkelerzeugern beziehen. So will man das Einschleppungsrisiko vermindern.


Alle Betriebe klassifizieren.

Mittlerweile erfüllen jedoch fast alle Mastbestände in NRW diese Vorgabe. Es ist deshalb an der Zeit, neue Anreize für die Tierhalter zu schaffen, die Biosicherheit ihrer Betriebe zu verbessern.


Denkbar ist z. B. eine Staffelung der TSK-Beiträge je nach Umsetzung der Biosicherheits-Maßnahmen im Betrieb.Das setzt allerdings voraus, dass alle Schweine haltenden Betriebe regelmäßig überprüft und in puncto Biosicherheit kategorisiert werden. Dazu fehlt den Veterinärbehörden jedoch das nötige Personal.


In NRW und Niedersachsen prüft man daher, ob sich nicht die von der Qualität und Sicherheit GmbH (QS) durchgeführten Kontrollen dafür nutzen lassen. Zumal dem QS-System inzwischen 95 % aller Mastbetriebe angeschlossen sind.


In einem Pilotprojekt der Tierseuchenkasse NRW, der QS GmbH und des Veterinäramtes Borken wurde zu diesem Zweck die Biosicherheit in 100 Schweine haltenden Betrieben im Landkreis Borken unter die Lupe genommen. Von den 100 Betrieben gehören 80 dem QS-System an. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von der Außenstelle Bakum der Tierärztlichen Hochschule Hannover.


Die Untersucher wählten zunächst aus dem QS-Auditbogen für Schweinehalter sieben Fragen aus, die mit dem Schutz des Betriebes vor Krankheits- und Seuchenerregern in direkter Verbindung stehen. Dazu gehören:


  • Bestandsaufzeichnungen,
  • Futtermittellagerung,
  • Hygiene von Gebäuden und Anlagen,
  • Betriebshygiene,
  • spezielle biosichernde Maßnahmen,
  • Reinigung und Desinfektion,
  • spezielle Hygieneanforderungen.


Die Bewertung wurde anschließend zu einem sogenannten QS-Biosicherheitsindex (QS-BSI) zusammengefasst. Dieser Wert gibt an, welcher prozentuale Anteil der gesetzlichen Biosicherheitsvorgaben vom jeweiligen Betrieb erfüllt wird.


Freiwillige Zusatzmaßnahmen:

Viele Landwirte wenden darüber hinaus inzwischen noch strengere Schutzmaßnahmen an. So verfügen z. B. einige Betriebe über eine Hygieneschleuse, die streng nach dem Schwarz/Weiß-Prinzip aufgebaut ist. Besucher müssen generell einduschen und dürfen vor dem Betreten des Stalles mindestens 24 Stunden keinen anderen Stall aufgesucht haben (Karenzpflicht).


Biosicherheit bewerten:

Um diese zusätzlichen Schutzmaßnahmen be-werten zu können, entwickelte die Tierärztliche Hochschule zusätzlich einen eigenen Biosicherheits-Fragebogen. Er deckt nicht nur die gesetzlich vorgegebenen ab, sondern alle wissenschaftlich begründeten Risikofaktoren, den so genannten „Best Prac­tice“-Standard. Der Fragebogen enthielt insgesamt dreizehn Kriterien für die Biosicherheit eines Betriebes (siehe Übersicht 2).


Für jedes der dreizehn Kriterien gibt es zudem fünf Bewertungsstufen. Sie reichen vom Erfüllen der geringsten gesetzlichen Vorgaben (Stufe 1 a = grüne Farbe) nach der Schweinehaltungs-Hygieneverordnung bis hin zum Erfüllen der höchsten „Best Practice“-Ansprüche (Stufe 2 b = orange Farbe).


Diese abgestufte Bewertung ist in Übersicht 3 exemplarisch für die Bewertung der Hygieneschleuse dargestellt. Sie startet mit der grün hinterlegten Stufe 1 a, bei der saubere Schutzkleidung zur Verfügung gestellt wird. Diese Auflage gilt laut Schweinehaltungs-Hygieneverordnung (SchHaltHygV) be-reits für Kleinstbetriebe, die sogenannten Anlage 1-Betriebe.


Bei der Bewertungsstufe 1 b (blau) muss zusätzlich noch eine Umkleidemöglichkeit vorhanden sein. Und bei der grau hinterlegten Stufe 1 c muss die Hygieneschleuse darüber hinaus über eine getrennte Aufbewahrung für Straßen- und Stallkleidung sowie eine Möglichkeit zur Stiefelreinigung verfügen.


Die Stufe 1 b gilt für sogenannte Anlage 2-Betriebe der SchHaltHygV. Dazu gehören reine Ferkelerzeuger mit 3 bis 150 Sauen, Kombibetriebe mit maximal 100 Sauen sowie Mäster mit 20 bis 700 Mastplätzen. Und die Stufe 1 c gilt für Anlage 3-Betriebe. Dazu gehören reine Sauenhalter mit mehr als 150 Sauen, Kombibetriebe mit mehr als 100 Sauen und Mäster mit mehr als 700 Plätzen.


Etliche Betriebe verlangen darüber hinaus freiwillig noch eine 48-stündige Stallkarenz. Diese Betriebe würden in der orange markierten Stufe 2 a eingeordnet. Und wenn darüber hinaus auch noch das Einduschen in die Anlage Pflicht ist, würde die Einstufung in die Biosicherheitsstufe 2 b erfolgen.


Große Betriebe besser:

Die Auswertung der 100 besuchten Betriebe zeigt, dass die „amtliche“ Kontrolle durch Mitarbeiter des Kreisveterinäramtes unter dem Strich zu ähnlichen Ergebnissen kommt wie die Kontrolle durch die Qualität und Sicherheit GmbH. Zwar wurden von den Kreisveterinären unter dem Strich etwas weniger Punkte vergeben. Die Tendenz war bei beiden Kontrollen jedoch gleich.


Mit anderen Worten: Der Biosicherheitsindex von QS und damit die von QS durchgeführten Audits könnten für eine Klassifizierung der Betriebe im Rahmen eines Bonus-Systems der Tierseuchenkasse durchaus genutzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass neben den rein gesetzlichen Vorgaben zusätzlich auch der Risikobereich „Tierzugang“ mit bewertet wird.


Ein QS-Biosicherheitsindex von 100 Punkten deutet darauf hin, dass dieser Betrieb besser gegen Tierseuchen abgesichert ist als ein Betrieb mit geringerem BSI. Doch Vorsicht: Das Ergeb-nis darf nicht als absolu-ter Schutz vor Tierseuchen interpretiert werden!


Die Auswertung ergab zu- dem, dass die dem QS-System angeschlossenen Betriebe im Schnitt einen höheren Biosicherheitsindex erzielen als Nicht-QS-Betriebe.

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.