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„Hier wird der Tierschutz mit Füßen getreten“

Lesezeit: 4 Minuten

Der Maststall der Averkamp KG liegt in Sperrzone III. Die Schweine wachsen aus den Abrechnungsmasken und es droht ein massives Tierschutzproblem. Doch Hilfe ist nicht in Sicht.


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Im Moment stehen in unseren Mastställen 1250 schlachtreife Schweine, die zwischen 170 und 180 kg auf die Waage bringen. Die Tiere sind bereits deutlich aus der Abrechnungsmaske gewachsen, doch wir haben keine Möglichkeit, die Schweine zu vermarkten. In den Buchten wird es immer enger, und es droht ein massives Tierschutzproblem, aber niemand will uns helfen. Hier wird der Tierschutz mit Füßen getreten“, beklagt Schweinemäster Matthias Averkamp aus Gusow-Platkow im brandenburgischen Landkreis Märkisch-Oderland.


Schweinemast und Biogas


Der 30-jährige Unternehmer ist Geschäftsführer der Averkamp KG, an der seine aus dem westlichen Münsterland stammende Familie Anteile hält. Die Kommanditgesellschaft betreibt in Brandenburg einen Schweinemastbetrieb mit 5000 Plätzen und angeschlossener 1,5 MW-Biogasanlage, die mit Schweinegülle, Silomais, Zuckerrübenblatt und Geflügelkot gespeist wird.


Die Mastläufer, eine Kreuzung aus dänischen Sauen und Piétrainebern, stammen aus dem elterlichen Betrieb in Velen. Und das Futter für die Schweine wird überwiegend auf den 500 ha Ackerflächen rund um den Betrieb angebaut, die sich zum Teil im Eigentum der KG befinden oder gepachtet sind.


Die Probleme begannen am 30. September 2020, als in rund 18 km Entfernung vom Mastbetrieb das erste ASP-positive Wildschwein im Landkreis Märkisch-Oderland gefunden wurde. „Unser Betrieb lag zunächst im Beobachtungsgebiet, gehörte dann kurzfristig zur Pufferzone, rutschte durch neue ASP-Funde Anfang 2021 wieder ins Beobachtungsgebiet und gehört aktuell zur Weißen Zone, die langfristig wildschweinfrei werden soll“, berichtet der junge Unternehmer. Die Grenze zum Kerngebiet ist zurzeit gerade mal 500 Meter Luftlinie vom Maststall entfernt.


„Mit den Vermarktungsauflagen für die Schweine, die sich dadurch ergaben, konnten wir noch leben. Bei jedem Schwein, das wir nicht mehr wie bisher nach Weißenfels oder Perleberg verkaufen konnten, sondern nur noch nach Kellinghusen in Schleswig-Holstein, fehlten uns aufgrund der Abzüge, des Transportaufschlags und der Untersuchungsgebühren zwar 20 bis 25 €. Aber wir konnten zumindest verkaufen und der Verlust war kalkulierbar“, bringt es Averkamp auf den Punkt.


Kein Abnehmer zu finden


Richtig kritisch wurde die Situation jedoch, als am 16. Juli 2021 in acht Kilometer Luftlinie die ersten ASP-Fälle bei Hausschweinen im Landkreis entdeckt wurden. Dadurch rutschte der Betrieb zusätzlich in die Sperrzone III. „Es herrscht zwar kein allgemeines Verbringungsverbot für die Schweine, aufgrund der hohen Auflagen beim Schlachten will unsere Tiere jedoch kein Schlachthof haben“, erläutert Averkamp.


Dadurch wurden die Schweine bis zu 150 kg schwer. „Zum Glück hat das Land Brandenburg die Auflagen für die Sperrzone III nach vier Wochen aufgehoben, sodass wir zumindest einen Teil der überschweren Schweine verkaufen konnten, wenn auch mit gehörigen Abzügen“, schildert Matthias Averkamp.


Das Glück währte allerdings nur zwei Wochen. Denn am 7. September widerrief die EU-Kommission die Aufhebung des Landes Brandenburg. Die Vermarktungsauflagen gelten also mindestens bis zum 25. Oktober weiter.


„Durch die kurzfristige Aufhebung hat es im Stall etwas Platz gegeben, sodass wir die Belegdichte in den Buchten vermindern konnten. Aktuell haben wir jedoch 1250 Schweine, die bis zu 180 kg wiegen. Und 500 weitere Tiere aus der nächsten Gruppe haben auch schon 150 kg auf den Rippen“, beklagt Matthias Averkamp. Das Problem: So schwere Schweine lassen sich nur noch nach Schlachtsauennotierung vermarkten. Und da betrug der Basispreis bei Redaktionsschluss gerade mal 55 Cent.


„Unter dem Strich machen wir an jedem Tag, an dem die Auflagen für die Sperrzone III gelten, rund 4000 € Verlust. Zudem haben wir ein Platz- und Tierschutzproblem“, schildert Averkamp. „Eigentlich müsste der Staat die schweren Schweine aufkaufen und schlachten oder keulen lassen! Davon will man aber weder in Potsdam noch in Berlin etwas wissen“, empört sich der junge Betriebsleiter, der sich von der Politik im Stich gelassen fühlt.


Schlachthöfe vergattern


Langfristig will Matthias Averkamp in der Anlage auf jeden Fall weiter Schweine mästen, allein schon wegen der Gülle für die Biogasanlage. Denn um in den Genuss des Güllebonus zu kommen, muss das Substrat für die Biogasanlage mindestens 30% Gülle enthalten. „Außerdem möchten wir Arbeitsplätze unserer Angestellten erhalten“, sagt Averkamp.


„Auf jeden Fall brauchen wir klare Regelungen, wie beim nächsten ASP-Ausbruch in einem Hausschweinebestand vorgegangen werden soll. Notfalls muss der Bund einen Schlachthof dazu vergattern, die schweren Schweine aus den Restriktionsgebieten abzunehmen, egal was es kostet. Denn das Problem wird die Wirtschaft allein und auf freiwilliger Basis nicht lösen können“, steht für Matthias Averkamp fest.-lh-

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