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Hohe Indexpunkte bei Improvac-Kastraten

Lesezeit: 5 Minuten

Der Ausstieg aus der betäubungslosen Kastration steht bevor. Die ersten Schlachtergebnisse der Initiative „100000 Improvac-Kastraten“ stellt Christa Niemann vom Deutschen Bauernverband vor.


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Die Ankündigung von Edeka Nord, für das hauseigene Gutfleisch-Programm ab dem 1. Januar 2021 keine unkastrierten oder mit Improvac geimpften Eber (I-Kastraten) mehr zu akzeptieren, ist für viele Ferkelerzeuger und Mäster ein Schlag ins Gesicht. Die Regionalgruppe von Deutschlands größter Lebensmittelkette begründet diese Entscheidung mit Nachteilen bei der Fleisch- bzw. Fettqualität und schert damit Jungeber und Improvac-Kastraten über einen Kamm.


Dabei belegen wissenschaftliche Untersuchungen und Erfahrungen aus der Praxis ganz klar, dass sich das Fleisch von männlichen Schweinen, die mit Improvac geimpft wurden, ohne Einschränkung zu Brüh- oder Rohwurst sowie Koch- bzw. Rohschinken verarbeiten lässt. Auch rein optisch bestehen keine Unterschiede zu Kastratenfleisch (s. top agrar 2/2020, Seite S22 ff.).


100000 Improvac-Kastraten


Um bestehende Vorbehalte auszuräumen und die Wirtschaftlichkeit, Praktikabilität sowie die Sicherheit der Immunokastration innerhalb der Fleisch erzeugenden Kette unter Beweis zu stellen, hat der „Arbeitskreis Sauenhalter Nordwestdeutschlands“ im Jahr 2019 das Projekt „100000 Improvac-Kastraten“ ins Leben gerufen. Der Arbeitskreis besteht aus Vertretern der Landesbauernverbände Niedersachsen (Landvolk), Nordrhein-Westfalen (WLV), Rheinland (RLV), Mecklenburg-Vorpommern sowie des Netzwerks Sauenhalter Schleswig-Holstein.


Ziel war es, Schlachtschweine zu erzeugen, die vom Markt akzeptiert und entsprechend ihrer Qualität nach Standardmaske bezahlt werden. Die männlichen Schweine sollten in den teilnehmenden Betrieben geimpft und wie chirurgisch kastrierte Tiere oder weibliche Mastschweine vermarktet werden. Impfstoffhersteller Zoetis hat das Projekt sowohl personell als auch finanziell unterstützt. Dort, wo es gewünscht war, führte das Impfteam von Zoetis die zweimalige Impfung durch (siehe Zusatzinfo auf Seite S28), übernahm die Erfolgskontrolle beim Mäster und begleitete die Partien bis zum Schlachthof.


Zusätzlich zahlte das Unternehmen den Landwirten für jedes mit Improvac geimpfte und bis zum 31. August geschlachtete Tier 1 €. Im Gegenzug erhielt Zoetis die Schlachtdaten. Das verschreibungspflichtige Impfpräparat und die Sicherheitsinjektoren inklusive Kanülen bezogen die Schweinehalter von ihren Hoftierärzten.


120 Betriebe mit im Boot


Mitte 2019 startete die Initiative mit etwa 40 Betrieben. Am Ende waren es 146 Betriebsstätten bzw. Standorte. Die geimpften Tiere wurden in mehr als zehn Schlachthöfen im Norden, Westen und Osten Deutschlands geschlachtet. Die Klassifizierung erfolgte überall per AutoFOM, abgerechnet wurde nach Indexpunkten. Das ermöglichte den direkten Vergleich mit chirurgisch kas-trierten Tieren, die entweder parallel oder zuvor im jeweiligen Betrieb gemästet wurden, und mit den weiblichen Mastschweinen.


Fast alle Schlachtungen erfolgten im Jahr 2020. Nur wenige herkömmliche Kastraten gingen bereits 2019 an den Haken. Die Schlachtdaten waren jedoch unverzichtbar, da in den betreffenden Betrieben im aktuellen Kalenderjahr keine Kastraten geschlachtet wurden.


Fleischmaß vergleichbar


Alle Schlachtdaten wurden in das Portal von IQ-Agrar eingepflegt und konnten dadurch einheitlich ausgewertet werden. Als erstes wurden die Fleisch- und Speckmaße der Tiere verglichen. Beide Werte sind vollkommen unabhängig von der Abrechungsmaske und eignen sich daher bestens als Vergleichsgrundlage. Sie sind zwar nicht direkt bezahlungsrelevant, aber ihr Einfluss auf die Teilstückgewichte und damit die Indexpunkte je Kilogramm Schlachtgewicht (IP/kg SG) ist groß.


Da die Projektphase in die Coronazeit fiel, mussten einige Partien geschoben und die Schweine schwerer verkauft werden. Für die vorliegende Auswertung wurden daher nur die Indexpunkte von Schweinen berücksichtigt, die im optimalen Gewichtsbereich verkauft werden konnten.


Die Ergebnisse wurden auch nicht um den Einfluss der Abrechnungsmasken bereinigt. Denn der betriebsindividuelle Einfluss des Futtermanagements, der Herkunft der Tiere und der Sortierung zur Schlachtung ist deutlich größer als der Maskeneinfluss.


Übersicht 1 zeigt die Fleisch- und Speckmaße von rund 15000 ausgewerteten Tieren. Um das Leistungsniveau zu verdeutlichen, wurden auch die Werte der weiblichen Mastschweine mit in die Tabelle aufgenommen. Die Spannbreite der Werte ist sowohl bei den Improvac-Tieren als auch bei den Kastraten und den weiblichen Mastschweinen groß. Wie erwartet wiesen die mit Improvac geimpften Schweine etwa gleich hohe Fleisch- und sogar etwas bessere Speckmaße auf als die chirurgisch kastrierten Tiere.


Hohe Indexpunkte


In Übersicht 2 sind die Spanne der beim Optimalgewicht erreichten Indexpunk-te (IP/kg SG) und die sich daraus ergebenden Erlösunterschiede dargestellt. Die Improvac-Kastraten erreichen im optimalen Gewichtsbereich 0,979 bis 1,022 IP/kg SG. Daraus errechnet sich bei einem Basispreis von 1,60 € und einem angenommenen Schlachtgewicht von 97 kg ein Erlösunterschied von 6,67 €/Tier zwischen den Betrieben mit den höchsten und den niedrigsten Indexpunkten.


Wie gut die mit Improvac geimpften Schweine in den ausgewerteten Betrieben abgeschnitten haben, zeigt der Vergleich mit den weiblichen Mastschweinen und den chirurgisch kastrierten Tieren.


Bei den Improvac-Kastraten fallen die Erlösunterschiede je Mastschwein mit 6,67 €/Tier deutlich geringer aus als bei den chirurgisch kastrierten Tieren (9,31 €/Tier). Bei den weiblichen Mastschweinen ist der Erlösunterschied zwar am geringsten, aber mit 5,90 €/Tier immer noch reichlich hoch. Die Sortierung der schlachtreifen Schweine hatte auf diese Auswertung keinen Einfluss, weil ja nur Tiere im optimalen Gewichtsbereich ausgewertet wurden.


I-Kastraten gezielt füttern


Die deutlich geringere Spanne bei den Improvac-Kastraten (I-Kastrate) ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Improvac-Tiere in der Regel abteilweise getrenntgeschlechtlich aufgestallt werden, was bei Kastraten häufig nicht der Fall ist. Dadurch können die I-Kastraten gezielter gefüttert werden.


Bis zur zweiten Impfung wachsen Improvac-Kastraten wie ganz normale Eber. Deshalb sollten sie im Idealfall eine hochwertige Ebermischung erhalten. Eine Futtermischung für Sauschweine sollte man nur dann einsetzen, wenn sie ausreichend essenzielle Aminosäuren enthält. Erst nach der zweiten Impfung verstärkt sich das Speckwachstum, sodass der Energiegehalt im Futter je nach Herkunft gesenkt wird, damit die Tiere nicht verfetten.


Für Mäster,dieN-/P-reduziertfüttern, ist zudem entscheidend, dass I-Kastraten nicht zu früh auf die letzte Futterphase umgestellt werden. Vorsicht ist bei Fütterungsanlagen geboten, bei denen die Rationen nach einer vorgegebenen Futterkurve oder einer bestimmten Mastdauer automatisch umgestellt werden. Schweine, die bis dahin nicht das vorgegebene Gewicht erreicht haben, brauchen die Aminosäuren dann für den Erhaltungsbedarf und können sie nicht für die Fleischbildung nutzen. ▶


henning.lehnert@topagrar.com

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