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Irlands Farmer kämpfen für heimische Produkte

Lesezeit: 6 Minuten

Rund 300 Landwirte erzeugen in Irland professionell Schweine. Um heimisches Schweinefleisch vor ausländischer Importware zu schützen, haben die Farmer ein besonderes Programm entwickelt. Prof. Martin Ziron, FH Soest, berichtet.


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Saftige grüne Wiesen, grasende Kühe, Steinmauern, Kerrygold-Butter – diese Bilder leuchten bestimmt auch vor Ihrem inneren Auge auf, wenn Sie an Irland denken. Ja, in puncto Milchproduktion geben die Iren mächtig Gas. Bis 2020 wollen sie die Milcherzeugung um 50% auf 7,5 Mio. t ausdehnen. Aktuell sind sie mit ihrem ehrgeizigen Plan voll im Soll.


Doch auch in der Schweineproduktion muss sich die grüne Insel nicht verstecken! Bereits seit neun Jahren hält sich der Schweinebestand konstant bei rund 1,5 Millionen Tieren. Insgesamt halten rund 8300 Betriebe Schweine, darunter befinden sich aber etliche mit nur einigen wenigen Tieren.


Professionelle Farmen gibt es ca. 300. Bei einer durchschnittlichen Bestandsgröße von etwa 540 Sauen kommen sie insgesamt auf etwa 150000 Sauen. Im Gegensatz zu den Durchschnittswerten in Deutschland werden also in Irland im Mittel deutlich mehr Sauen pro Betrieb gehalten. Das weist auf einen hohen Anteil an Großbetrieben mit mehr als 1000 Sauen hin. Mehr als 80% der Sauenhalter produzieren im Geschlossenen System.


Für die eigene Schweinezucht stehen auf der grünen Insel knapp 9000 Sauen in 21 Zuchtbetrieben zur Verfügung. Die in Irland am meisten eingesetzten Sauengenetiken sind Hermitage, PIC und Elite.


Die Säugezeit beträgt 28 Tage. Eine Sau erreicht im Schnitt 2,27 Würfe pro Jahr und gebärt je Wurf 12,86 Ferkel lebend. Bei rund 15% Saugferkelverlusten können jährlich 24,8 Ferkel je Sau abgesetzt werden. Sie erreichen ein mittleres Absetzgewicht von 7 kg.


Als zusätzliche Leistungskennzahl berechnen die Iren das von einer Sau jährlich erzeugte Lebendgewicht. Das heißt das Gewicht, das ihre Nachkommen bis zum Mastende erreicht haben. 2015 betrug es im Schnitt 2,05 t pro Sau.


1,53 €/kg SG Produktionskosten:

Die Mastschweine erreichen tägliche Zunahmen von 694 g und eine Futterverwertung von 1:2,43. Dass sich beide Werte stark von den deutschen Durchschnittswerten unterscheiden, hängt mit dem niedrigen Schlachtgewicht der irischen Tiere von durchschnittlich 83 kg zusammen, bei einer Ausschlachtung von 76,4%. Die Produktionskosten beziffern Irlands Schweinehalter auf 1,53 €/kg Schlachtgewicht (SG).


Im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen geben die irischen Farmer ca. 0,15 €/kg SG mehr für Futter aus. Das liegt daran, dass auf der grünen Insel verhältnismäßig wenig Ackerfläche zur Verfügung steht. Von den jährlich benötigten 5 Mio. t Futtergetreide müssen die Landwirte die Hälfte importieren. Allein die Schweinehalter verbrauchen davon 1 Mio. t.


In Irland werden wöchentlich etwa 65000 Mastschweine geschlachtet, mehr als die Hälfte davon beim Schlachtunternehmen Rosderra. Damit trägt die grüne Insel knapp zwei Prozent zur gesamten europäischen Schweinefleischproduktion bei.


Da die männlichen Tiere nicht kastriert werden, kommen neben Sauschweinen ausschließlich Masteber zur Schlachtung. Um die Gefahr von „Stinkern“ zu minimieren, werden die Schweine leichter als in Deutschland geschlachtet.


Mästen für die „Golden Box“:

Aber nicht nur wegen der Stinker-Problematik werden die Tiere früher geschlachtet; der Hauptgrund für das niedrige Schlachtgewicht liegt in der Verwertung der Schlachtkörper. Der Bauch wird zusammen mit den Kotelettstücken zu Bacon verarbeitet, den die Iren und auch Briten traditionell zum Frühstück essen. Bei höheren Schlachtgewichten würde der Bacon zu groß und zu fett werden.


Das Vergütungssystem setzt sich aus einem Basispreis mit Zu- oder Abschlägen beim Einhalten bzw. Unter- oder Überschreiten eines bestimmten Gewichtskorridors zusammen. Diesen Korridor bezeichnet man als „Golden Box“. Um darin zu liegen, müssen die Tiere ein Schlachtgewicht von 77 kg bis 87 kg einhalten – pro kg erhält man dann einen Zuschlag von 6 Cent. Fallen die Schlachtgewichte unter 65 kg bzw. steigen über 90 kg, erfolgt ein Abzug von 6 Cent pro kg. Ab 95 kg SG wird sogar auf den Schlachtsauenpreis heruntergestuft. Ziel jedes Mästers ist es, dass 60% seiner Schlachtschweine in der „Golden Box“ liegen.


Den Basispreis geben die Schlachtunternehmen wöchentlich vor. Feste Lieferbeziehungen zwischen den Farmern und Schlachtbetrieben gibt es nur wenige. Dennoch liefern die meisten Landwirte ihre Schweine kontinuierlich an dasselbe Schlachtunternehmen. Eine Ausnahme bildet der Norden Irlands: Hier gibt es auch vermehrt langfristige Kontrakte zwischen Schweinehaltern und Schlachtunternehmen.


Irlands Schweinefleischbranche erreicht aktuell einen Selbstversorgungsgrad von rund 155%. Entsprechend gehen 60% des produzierten Schweinefleisches – etwa 165000 t – in den Export. Hauptabnehmer ist Großbritannien. Aber auch China spielt zunehmend eine größere Rolle. Schätzungen zufolge werden in das Reich der Mitte im Jahr 2016 mehr als 60000 t Schweinefleisch ausgeführt.


Fett wird importiert.

Trotz der großen Eigenproduktion importieren die Iren jährlich noch ca. 100000 t Schweinefleisch, vornehmlich aus den Niederlanden, Dänemark und Deutschland. Darunter ist hauptsächlich Fett, das z.B. für die Produktion von Wurstwaren verwendet wird. Denn durch die niedrigen Schlachtgewichte und die wenigen Schlachtsauen mangelt es in Irland an Schweinefett. Weitere Importwaren sind Schinken- und Premiumprodukte. Um die heimischen Produzenten vor der importierten Ware zu schützen, haben Irlands Schweinefarmer ein pfiffiges Programm ins Leben gerufen.


Angefangen hat alles vor knapp zehn Jahren. Von 2007 bis 2010 fuhr der Ausschuss für Schweine der „Irish Farmers’ Association“, also der irischen Landwirte-Vereinigung, eine umfangreiche Kampagne. Man wollte die Verarbeiter und Lebensmittelhändler überzeugen, mehr irisches Schweinefleisch zu verarbeiten und zu verkaufen. So fanden beispielsweise direkt in den Supermärkten Proteste statt. Die Demonstranten wiesen ganz bewusst auf Schweinefleisch-Produkte hin, die fälschlicherweise als „irisch“ deklariert waren.


Um die Produkte rückverfolgen zu können, richtete man 2010 dann eine Datenbank ein, die sogenannte „DNA Database“. Darin sind die genetischen Daten aller Eber hinterlegt, die auf den irischen Besamungsstationen oder in den Betrieben standen bzw. stehen. Die Datenbank wird also laufend fortgeschrieben. Von neuen Ebern werden Gewebeproben eingeschickt.


Mithilfe der Datenbank können die Verantwortlichen überprüfen, ob Produkte, die irisches Schweinefleisch enthalten sollen, tatsächlich von irischen Schweinen stammen. So kommen sie Verbrauchertäuschungen auf die Schliche und entlarven importiertes Schweinefleisch, das als original-irisch gekennzeichnet ist.


2000 Produkte jährlich im Test:

Per Zufallsprinzip testen sie jährlich 1500 bis 2000 Schweinefleisch-Produkte von Verarbeitern, aus Supermärkten, Metzgereien, Hotels und aus Systemgastronomie. Die Ergebnisse werden monatlich veröffentlicht und damit schwarze Schafe an den Pranger gestellt. Finanziert wird das Programm über eine Abgabe der Schweinehalter.


Alles in allem hat es dazu beigetragen, die Lebensmittelhändler zu überzeugen, mehr qualitätsgeprüftes, irisches Schweinefleisch zu verkaufen. Und die verarbeitende Industrie denkt noch genauer darüber nach, woher sie ihre Rohwaren bezieht und wie sie die Produkte kennzeichnet. Zu guter Letzt stabilisiert es also die Schweineproduktion auf der grünen Insel.


Das kann aber nur funktionieren, wenn die Verbraucher einheimischer Ware beim Einkauf den Vorzug geben. In Irland ist das der Fall. Die irischen Label haben einen Bekanntheitsgrad von 93%. Dazu gehören das Standardlabel vom „Irish Food Board“ ebenso wie das Markenfleischprogramm „Truly Irish“, für das aktuell 32 Schweinefarmer produzieren. -ri-

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