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Isofluran-Narkose auf der Zielgeraden

Lesezeit: 7 Minuten

Die Isofluran-Narkose zur Ferkelkastration nimmt allmählich Fahrt auf. Die DLG hat mit der Prüfung der ersten Narkosegeräte begonnen und in Kürze starten die ersten Sachkundelehrgänge.


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Die Übergangsfrist für die betäubungslose Ferkelkastration endet in elf Monaten, pünktlich zum 31. Dezember 2020. Ferkelerzeuger, deren Kunden auch danach noch kastrierte Ferkel wünschen, müssen die Tiere dazu betäuben. Sie haben die Wahl zwischen zwei zugelassenen Betäubungsverfahren:


  • Injektionsnarkose mit einer Kombination aus Ketamin und Azaperon,
  • Inhalationsnarkose mit dem Narkosegas Isofluran.


In Bayern praktizieren zudem etwa 10% der Ferkelerzeuger gemeinsam mit ihrem Hoftierarzt die lokale Betäubung mit einer Kombination aus Meloxicam und Procain.


Sachkundeverordnung kommt


Die Injektionsnarkose ist mit einer langen Nachschlafphase verbunden. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass die Ferkel wichtige Säugezeiten verpassen, auskühlen und leichter von der Sau erdrückt werden. Deshalb scheidet die Vollnarkose per Spritze für die meisten Ferkelerzeuger aus.


Zudem dürfen Betäubungen bisher ausschließlich von Tierärzten durchgeführt werden. Es gilt der sogenannte Tierarztvorbehalt. Die Anwesenheitspflicht eines Tierarztes verteuert jedoch die Narkoseverfahren und macht die Arbeitsabläufe komplizierter.


Deshalb will die Bundesregierung zumindest bei der Inhalationsnarkose mit Isofluran eine Ausnahme machen. Sie soll künftig auch vom Landwirt oder seinen Mitarbeitern selbst durchgeführt werden dürfen. Voraussetzung ist, dass der Anwender zuvor einen Lehrgang mit abschließender Sachkundeprüfung absolviert. Die Details dazu sind in der Ferkelbetäubungssachkundeverordnung (FerkBetSachkV) geregelt, die zurzeit im Entwurf vorliegt. Nachdem der Bundesrat dem Verordnungsentwurf bereits am 20. September 2019 mit etlichen Änderungswünschen zugestimmt hat, lag der Ball zuletzt bei der EU. Am 31. Dezember 2019 endete jedoch die Stillhaltefrist für das Notifizierungsverfahren auf EU-Ebene.


Da weder die Kommission noch die Mitgliedsstaaten Einwände erhoben haben, kann die Verordnung jetzt zeitnah in Kraft treten. Das ist auch dringend nötig, denn die ersten Bildungsanbieter stehen in den Startlöchern und wollen mit den Schulungen für den Sachkundenachweis beginnen.


Schulungskonzept steht


Anfang Dezember 2019 trafen sich im nordrhein-westfälischen Versuchs- und Bildungszentrum Haus Düsse Vertreter von sechs landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen und fünf Schweinegesundheitsdiensten der für die Ferkelerzeugung wichtigsten Bundesländer, um ein Schulungskonzept für den Sachkundenachweis Ferkelbetäubung abzustimmen.


Der Leiter des Schweinegesundheitsdienstes NRW, Dr. Jürgen Harlizius, stellte ein Konzept vor, dass der Gesundheitsdienst im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums und im Rahmen des PraxiKaPIK/A-Projektes entwickelt hat. Es besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil sowie einer Prüfung:


  • Die theoretische Schulung soll laut Entwurf zwölf Stunden dauern. Hier erlernen die Teilnehmer unter anderem Grundlagen zur Anatomie der männlichen Geschlechtsorgane beim Ferkel, wie man beurteilt, ob ein Tier narkosefähig ist, die Narkoseüberwachung und was bei Narkosezwischenfällen zu tun ist. Außerdem erfahren sie, wie man mit Arzneimitteln umgeht und Reste ordnungsgemäß entsorgt. Die theoretische Schulung könnte in größeren Gruppen (30 Teilnehmer) und dezentral erfolgen.
  • Der praktische Teil folgt dann eine Woche später. Er könnte – so der bisherige Entwurf – zentral in einer landwirtschaftlichen Bildungseinrichtung in kleineren Gruppen mit maximal 15 Teilnehmern erfolgen. Im Verlauf von fünf Stunden werden die theoretischen Grundlagen vertieft. Und es wird der Aufbau, die Bedienung, die Reinigung sowie die Wartung verschiedener Isofluran-Narkosegeräte gezeigt.


Im Anschluss daran würde eine 1,5-stündige schriftliche (multiple choice) und mündliche Prüfung folgen. Und nach bestandener Prüfung würde die korrekte Durchführung der Isofluran-Narkose dann noch einmal in der Praxis gecheckt. Das kann im eigenen Betrieb erfolgen oder in einer Versuchseinrichtung wie z.B. Haus Düsse.


Soweit der Schulungs-Vorschlag des Schweinegesundheitsdienstes NRW. Die genauen Inhalte können jedoch erst festgelegt werden, wenn der endgültige Verordnungstext steht. Dr. Harlizius hofft, im März oder April mit den ersten Schulungen beginnen zu können. Die Kosten für den Landwirt schätzt er auf gut 300€.


Fünf Geräte zur Auswahl


Bis dahin sollten auch alle dafür geeigneten Isofluran-Narkosegeräte fertig entwickelt und von der DLG geprüft worden sein. Das ist wichtig, damit die Schulung praxisnah erfolgen kann.


Zurzeit werden in Deutschland fünf Geräte angeboten:


  • „Anestacia“ von GDO BV,
  • „MS Pigsleeper“ von MS Schippers,
  • „PigletSnoozer“ von Pro Agri GmbH,
  • „PigNap 4.0“ von der BEG Schulze Bremer GmbH und
  • „Porc Anest 3000“ von Promatec.


Die ersten beiden Narkosegeräte stammen aus den Niederlanden, das PigNap aus Deutschland und die anderen beiden aus der Schweiz. Alle fünf Hersteller haben jedoch Vertriebspartner in Deutschland (s. Übersicht Seite S19).


Alle im Beitrag ab Seite S17 beschriebenen Geräte sind mobil, können also in den Abferkelstall hinter die Sauen gefahren werden und verfügen über drei bzw. vier Behandlungsplätze für Ferkel.


Darüber hinaus gibt es einige Mindestanforderungen, die die Narkosegeräte erfüllen müssen, damit sie als förderwürdig befunden werden. Dazu gehören unter anderem:


  • Eine aktive Gasrückführung aus den Narkosemasken (Absaugung);
  • Aktivkohlefilter, um die Freisetzung von Narkosegas in die Umgebungsluft zu vermeiden;
  • Das Gerät muss die Anzahl der durchgeführten Narkosen manipulationssicher aufzeichnen;
  • Bei geringem Isofluran-Füllstand ist eine Warnmeldung erforderlich;
  • Zudem überwacht das Gerät die Sättigung des Abluftfilters.


Darüber hinaus sollen die Geräte über eine eigene Überwachungsfunktion verfügen. Denn ein störungsfreier Betrieb ist nicht nur aus Sicht der innerbetrieblichen Abläufe wichtig, sondern auch aus Gründen des Tierschutzes. Deshalb muss jedes Narkosegerät über folgende Funktionen verfügen:


  • Anzeige der Betriebsbereitschaft und von Betriebsstörungen;
  • Kontrolle und Anzeige der Narkosedauer (Abwärtszähler für jede Station);
  • Registrierung und Anzeige der Anzahl kastrierter Ferkel (Aufwärtszähler). Jede Kastration muss mit Datumsstempel digital und auslesbar aufgezeichnet werden;
  • Kontrolle des Isofluranverbrauchs oder Anzeige der noch möglichen Anzahl von Kastrationen, bis ein Flaschenwechsel erforderlich wird (Abwärtszähler oder Warnleuchte);
  • Kontrolle und Anzeige des Sättigungsgrades des Abluftfilters oder Anzeige der noch möglichen Kastrationen bis zum Filterwechsel.


Zertifizierung durch die DLG


Ob die derzeit verfügbaren Isofluran-Narkosegeräte diese und weitere Anforderungen bzw. Auflagen erfüllen, überprüft die DLG zurzeit. Im Dezember hatten sich bereits die ersten beiden Gerätehersteller im DLG-Testzentrum in Groß Umstadt angemeldet. Die übrigen werden vermutlich zeitnah folgen.


„Wenn alles gut läuft, können wir die ersten Prüfungen in zwei bis drei Monaten abschließen“, bestätigte Susanne Gäckler von der DLG Testservice GmbH gegenüber top agrar. Das ist auch wichtig, denn einen staatlichen Zuschuss für die Anschaffung eines Isofluran-Narkosegerätes (siehe Zusatzinfo rechts) wird es nur für DLG-zertifizierte Fabrikate geben.


Die DLG-Prüfung deckt alle für den Praxiseinsatz relevanten Kriterien ab:


  • Sind die Geräte tiergerecht? Belastet das Einlegen und Handling die Ferkel nicht mehr als nötig?
  • Wird mit dem Gerät die gewünschte Narkosetiefe erreicht? Dazu überprüfen die Tester die Reflexe der Ferkel nach Ablauf der eingestellten Narkosedauer.
  • Fließt das Narkosegas zuverlässig? Gerade bei tiefen Temperaturen im Winter kann das zum Problem werden. Wenn jedoch der Gasfluss nicht funktioniert, werden die Ferkel nicht ausreichend betäubt.
  • Wie gut und mit welchem Aufwand lassen sich die Narkosegeräte reinigen und desinfizieren?
  • Wie steht es um die Anwendersicherheit? Wird die maximale Arbeitsplatzkonzentration eingehalten? Diese Messungen werden von einem akkreditierten Institut durchgeführt.
  • Gibt es eine deutschsprachige Betriebs- und Wartungsanleitung?


Von der DLG zertifizierte Narkosegeräte müssen nach 10000 Narkosedurchgängen neu kalibriert werden, um einen gleichmäßigen Gasfluss zu gewährleisten, spätestens jedoch nach zwei Jahren. Für bereits angeschaffte Altgeräte gilt ein Bestandsschutz. Sie müssen nicht nachgerüstet werden.


henning.lehnert@topagrar.com

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