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Jetzt auf Bio-Schweine umstellen?

Lesezeit: 7 Minuten

Für Bio-Schweine zahlen die Abnehmer Spitzenpreise. Einige konventionelle Schweinehalter stellen deshalb bereits um. Was dabei zu beachten ist und ob sich das rechnet, erklärt Christian Wucherpfennig, LWK Nordrhein-Westfalen.


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Für Bio-Ferkelerzeuger und Bio-Mäster läuft es wirtschaftlich derzeit klasse. Wie Übersicht 1 zeigt, bringen 25 kg schwere Bio-Ferkel über 135 € pro Tier, für Mastschweine zahlen die Abnehmer 3,50 bis 3,80 € je kg Schlachtgewicht.


Die schon seit längerer Zeit sehr guten Erlöse am Bio-Markt lassen auch konventionell wirtschaftende Schweinehalter aufhorchen. Einige Betriebs-leiter haben bereits Nägel mit Köpfen gemacht und auf Bio-Produktion umgestellt, andere denken ernsthaft darüber nach. Doch Vorsicht, die Umstellung des Betriebes will gut überlegt sein!


Kompletter Umbau nötig:

Wer auf Bio-Produktion umsteigen will, muss seine Ställe in der Regel komplett umbauen. Denn für ökologisch erzeugte Schweine gelten andere Haltungsvorgaben. Festflächen im Fußbodenbereich sind zwingend vorgeschrieben, gleichzeitig müssen für alle Schweine Außenausläufe geschaffen werden. Zudem se­hen die beiden EU-Bio-Verordnungen 834/2007 und 889/2008 deutlich mehr Platz vor (siehe Übersicht 2). Wer nur die vorhandenen Gebäude nutzen will, muss seinen Bestand fast halbieren.


Im Abferkelstall sind im Gebäude 7,5 m2 Fläche vorgeschrieben, die Säugezeit muss mindestens 40 Tage betragen. Man benötigt also mehr und auch wesentlich größere Abferkelbuchten, die zusätzlich über einen 2,5 m2 großen Auslauf verfügen müssen.


Wird der Auslauf außen an das Gebäude angeschleppt, lassen sich nur maximal 8 m breite Stallgebäude nutzen, in die nur zwei Reihen Abferkelbuchten eingebaut werden können. In breiteren Gebäuden muss ein Teil der Ausläufe im Stall errichtet werden. In diesem Fall muss das Dach zum Teil geöffnet werden. Die Öffnungen müssen dabei so groß sein, dass die Tiere mit den verschiedenen Umwelteinflüssen auch wirklich in Berührung kommen.


Darüber hinaus gilt für den Abferkelbereich: Allen laktierenden Sauen so­­-wie den Saugferkeln muss eine eingestreute Liegefläche zur Verfügung stehen. Im Bewegungs- und Auslaufbereich ist Wühlmaterial anzubieten.


Auch im Ferkelaufzuchtbereich liegen die Vorgaben der EU-Bio-Verordnung deutlich über denen der konven­tionellen Produktion. Vorgeschrieben sind 0,6 m² pro Ferkel im Gebäude plus 0,4 m² Auslauffläche. Die Flächenvorgaben gelten für den Gewichtsbereich bis 30 kg. Viele Praktiker und Berater sind speziell mit diesen Vorgaben nicht glücklich. Denn häufig koten die Ferkel nach dem Absetzen in den Stall. Auch im Ferkelaufzuchtbereich sind eingestreute Liegeflächen vorgeschrieben. Zudem muss den Tieren Wühlmaterial zur Verfügung gestellt werden.


In der ökologischen Mast gelten ebenfalls deutlich größere Platzvorgaben. Im Stall darf maximal die Hälfte der Fläche mit Spalten ausgelegt sein, eine eingestreute Liegefläche ist Pflicht. Im Auslauf sind Spalten unerwünscht, weil es sich mit dem Angebot von Wühlmaterial schlecht verträgt. Heuraufen sind vorgeschrieben.


Hohe Baukosten:

Die Neubaukosten liegen zwischen 8 000 und 9 000 € je Sauen- bzw. 1 000 € je Mastplatz. Die hohen Kosten entstehen vor allem durch die im Vergleich zur konventionellen Haltung mehr als doppelt so hohen Platzvorgaben. Die etwas einfachere Bauweise mit dem weitestgehenden Verzicht auf Spaltenboden, Wärmedämmung und Klimatechnik bringt kaum Kosteneinsparungen.


Wer seine vorhandenen Gebäude weiter nutzen möchte, muss mit Umbaukosten von etwa 2 500 € pro Sauenplatz und 200 € je Mastplatz kalkulieren.


Für den Bau von Öko-Schweineställen können Mittel aus dem Agrarin­vestitions-Förderungs-Programm (AFP) beantragt werden. Die Höhe der Förderung liegt in Abhängigkeit vom jeweiligen Bundesland zwischen 30 und 40 % der Investitionssumme bei einem maximalen Fördervolumen von zum Beispiel 750 000 € in NRW bzw. bis 1 Mio. € in Niedersachsen.


Baurechtlich werden Ökoställe nach den gleichen Vorschriften genehmigt wie konventionelle Ställe. Schwierigkeiten bereitet allerdings nach wie vor die Bewertung der Emissionen. Hier wird derzeit an Lösungen gearbeitet.


Bio-Futter ist knapp und teuer.

Für die Fütterung von Bio-Schweinen sind grundsätzlich ökologische Futtermittel vorgeschrieben. Getreide und verschiedene Körnerleguminosen bilden die Hauptkomponenten in den Rationen.


Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist die hundertprozentige Bio-Fütterung von Öko-Schweinen problemlos möglich. Bei einzelnen Komponenten müssen allerdings die Grenzen der Verträglichkeit (z. B. Anteil Polyensäuren in der Endmast) beachtet werden. Und ein bedarfsgerechtes Ferkelfutter, das gerne gefressen wird, lässt sich ohne teures Milchpulver kaum herstellen.


Probleme bereitet immer wieder das knappe Angebot an Bio-Futter, das treibt die Futterkosten in die Höhe. Bei Sauen und Mastschweinen z. B. muss ein großer Teil des Eiweißbedarfs über gentechnikfreien Sojakuchen gedeckt werden, der aus Österreich und Italien, aber auch aus Übersee importiert wird. Früh geschnittene Klee- und Luzernebestände, die zu Cobs gepresst werden, können den Sojakuchen nur teilweise ersetzen.


Aufgrund der Futterknappheit dürfen Bio-Betriebe laut EU-Bio-Verordnung noch bis Ende 2017 maximal 5 % konventionelle Futtermittel in der Jahres-ration einsetzen. Einige deutsche Bio-Verbände wie z. B. Demeter erlauben das allerdings gar nicht bzw. geben engere Obergrenzen als die EU-Bio-Verordnung vor. Bioland-Betriebe z. B. dürfen Kartoffeleiweiß nur bei Ferkel führenden Sauen und Mastschweinen bis 50 kg Lebendgewicht einsetzen.


Leicht an steigende Leistungen:

Die biologischen Leistungen sind im Öko-Bereich im Vergleich zur konven-tionellen Er­zeugung nur leicht gestiegen. Bei den Bio-Sauen auf Haus Düsse z. B. werden im Schnitt aktuell 21 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt, vor zehn Jahren waren es nur 0,5 Ferkel weniger. Die Saugferkelverluste schwanken um rund 20 %. Im Mastbereich liegen die Tageszunahmen bei etwa 800 g.


Etwas schlechter ist erwartungs­ge­mäß die Futterverwertung. Das liegt u. a. daran, dass die Tiere in der ökologischen Haltung mehr Bewegung haben und stärkeren Klimareizen (Kälte) ausgesetzt sind. Der Erhaltungsbedarf ist dadurch etwas höher. Die teilweise geringere Verdaulichkeit der Futtermittel ist ein weiterer Grund, warum die Futterverwertung meist über 1 : 3 liegt.


Nur mit Ringelschwanz.

Um die Tiergesundheit abzusichern, setzen auch Öko-Betriebe auf Impfungen. Besonders in Regionen mit hoher Schweinedichte sind die üblichen Impfungen von Sauen und Ferkeln notwendig. Hierzu zählen Mykoplasmen, PRRS, Circo usw.


Mastschweine dürfen nur dann ökologisch vermarktet werden, wenn sie höchstens einmal im Leben mit Antibiotika behandelt wurden. Eine zweite Behandlung führt dazu, dass die Tiere entweder die sechsmonatige Umstellungszeit durchlaufen oder konventionell vermarktet werden müssen.


Was das Thema „Eingriffe am Tier“ betrifft, gelten folgende Regelungen:


  • Das Kupieren des Ringelschwanzes ist verboten.
  • Die Kastration mit Schmerzausschaltung ist zulässig, viele Betriebe betäuben ihre Ferkel aber auch vor dem Eingriff.
  • Das Schleifen der Zähne ist nur im Einzelfall erlaubt. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Ferkel mit ihren spitzen Zähnen das Gesäuge der Sau verletzen.


Das Thema Seuchenschutz spielt im Öko-Bereich genauso eine wichtige Rolle wie in der konventionellen Produktion. Um Kontakt mit Wildschweinen zu verhindern, müssen z. B. alle Ausläufe von einem weiteren Zaun umgeben sein.


Ruhige Genetik wichtig:

Bio-Sauen ferkeln frei ab, eine kurzzeitige Fixierung ist nur bei Einzeltieren erlaubt. Bio-Ferkelerzeuger sollten deshalb nur mit ruhigen, mütterlichen Sauen arbeiten. Zudem sollten die Tiere die Geburten möglichst selbstständig bewerkstelligen können, denn Eingriffe des Menschen während und nach der Geburt sind aufgrund der Bewegungsmöglichkeit der Sau nur eingeschränkt möglich.


Gute Erfolge erzielen Öko-Betriebe mit aus der Schweiz und aus Norwegen stammenden Tieren. Denn in diesen beiden Ländern ist das Fixieren der Sauen auch bei konventioneller Erzeugung schon seit Jahrzehnten nicht mehr zulässig. Die dortigen Züchter berücksichtigen die „Mütterlichkeit“ daher schon seit Jahren im Zuchtindex.


Hohe Preise nötig:

Auch in der ökologischen Schweinehaltung sind gute biologische Leistungen nötig, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.


Wie sich die Wirtschaftlichkeit der Öko-Ferkelerzeugung bei unterschiedlichen Leistungen und verschiedenen Ferkelpreisen darstellt, ist in Übersicht 3 zu sehen. Betriebe mit 18 aufgezogenen Ferkeln schreiben selbst bei den derzeit sehr guten Ferkelpreisen von 135 € rote Zahlen. Erst ab 20 und mehr aufgezogenen Ferkeln wird Geld verdient. Sinken die Ferkelpreise auf 110 bis 115 €, die im langjährigen Mittel erzielt wurden, ist die Öko-Ferkelerzeugung selbst bei 22 aufgezogenen Ferkeln pro Sau und Jahr unrentabel.


Kostentreiber sind neben dem Futter vor allem die hohen Arbeitskosten, die insbesondere durch den Stroheinsatz entstehen. Auch die längere Säugezeit sowie die Raufuttergabe mit Heu oder Silage bindet Arbeitszeit. Pro Sau und Jahr wird mit 30 Stunden kalkuliert.


Ähnlich sieht die Situation in der Schweinemast aus. Erst bei einem Auszahlungspreis von über 3,50 € je kg Schlachtgewicht verzeichnen Bio-Schweinemäster Gewinne (siehe Übersicht 4). Sinkt die Futterverwertung auf 1 : 3,3 ab, reicht selbst dieser Preis nicht mehr aus. -ar-

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