Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

Kastenstände vor dem Aus?

Lesezeit: 4 Minuten

Das „Kastenstand-Urteil“ des OVG Magdeburg verunsichert die Sauenhalter. Über die Folgen sprach top agrar mit Rechtsanwältin Dr. Daniela Schäfrich, Potsdam.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Was beanstandet das Oberverwaltungsgericht Magdeburg in einem der Betriebe von Ferkelerzeuger Adrianus Straathof?


Schäfrich: Das OVG beanstandet die Breite der eingebauten Kastenstände. Nach Auffassung der Richter müssen die Schweine in der Lage sein, ihre Gliedmaßen im Liegen von sich zu strecken, ohne hierbei an Hindernisse zu stoßen.


Nach Ansicht des OVG reicht es nicht, wenn die Schweine ihre Beine unter dem seitlichen Trenngitter hindurch in die Nachbarbucht strecken können. Ist das Ausstrecken innerhalb des eigenen Kastenstandes nicht möglich, müssten stattdessen die beiden benachbarten Kastenstände unbelegt bleiben.


Worauf bezieht sich das OVG dabei?


Schäfrich: In der Urteilsbegründung beruft sich das Gericht auf § 24 Abs. 4 Nr. 2 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV). Darin steht, dass Kastenstände so zu gestalten sind, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Das Problem ist, dass die Verordnung keine konkreten Vorgaben macht, wie der Begriff „ungehindert“ zu interpretieren ist.


Breitere Kastenstände erhöhen das Verletzungsrisiko für die Sauen. Ist das im Sinne des Tierschutzes?


Schäfrich: Natürlich nicht, denn in der TierSchNutztV steht auch, dass die Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass sich die Schweine nicht darin verletzen können.


Die TierSchNutztV soll der Ausführung des Tierschutzgesetzes dienen. Maßstab jedes Handelns von Tierhaltern und Behörden, aber auch Maßstab bei der Beurteilung durch Gerichte muss daher sein, dass den Tieren keine Leiden und Qualen zugefügt werden. Wie das OVG Magdeburg mit diesem Aspekt umgeht, können wir erst beurteilen, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Das war bis Redak-tionsschluss (11.12.15) aber nicht der Fall.


Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Richterspruch?


Schäfrich: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der betroffene Tierhalter hat die Möglichkeit, gegen das Urteil eine sogenannte Nichtzulassungs-beschwerde beim Bundesverwaltungs-gericht zu erheben. Möglicherweise hat das OVG Magdeburg aber auch von sich aus schon die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.


Grund für eine Zulassung der Revision kann z. B. die grundsätzliche Bedeutung des Richterspruchs sein. Denndie Frage, wie § 24 Abs. 4 Nr. 2 der TierSchNutztV auszulegen ist, ist für die Rechtsanwendung in der gesamten Bundesrepublik von erheblicher Bedeutung. Wird das Urteil des OVG Magdeburg rechtskräftig oder bestätigt das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil, müssen die Kastenstände in dem betroffenen Betrieb nach Vorgaben des Gerichtes angepasst werden.


Könnte das Urteil auch bundesweit Signalwirkung haben?


Schäfrich: Vermutlich ja, denn bisher gibt es noch keine obergerichtliche Rechtsprechung, wie Kastenstände bemessen sein müssen. Auch aus den amtlichen Materialien zur TierSchNutztV ergeben sich keine Hinweise. Deshalb werden die Veterinärämter vermutlich auf dieses Urteil zurückgreifen, wenn sie Stallanlagen prüfen oder wenn es um die Genehmigung neuer Schweinehaltungsanlagen geht. Rein rechtlich betrachtet hat das Urteil allerdings keine Bindungswirkung. Das Urteil gilt nur „inter partes“, das heißt zwischen dem Tierhalter und dem Veterinäramt, das die Verfügung erlassen hat.


Heißt das, dass andere Sauenhalter beruhigt aufatmen können?


Schäfrich: Leider nein. Veterinär-ämter, die sich in der Rechtsanwendung unsicher sind oder die aufgrund besonderer Beobachtung durch Tierschutzverbände unter Zugzwang geraten, werden sich vermutlich an dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg orientieren und die Vorgaben auch für andere Regionen Deutschlands fordern.


Was raten Sie Landwirten, die in nächster Zeit Post von ihrem Kreisveterinär bekommen?


Schäfrich: Sie sollten das Gespräch mit ihrem Veterinäramt suchen, um gemeinsam eine praktikable Lösung zu finden. Zumindest sollte abgewartet werden, wie das Bundesverwaltungs-gericht entscheidet, wenn es zu einer Revision des Urteils kommt.


Erhält der Tierhalter in der Zwischenzeit eine tierschutzrechtliche Verfügung, mit der ihm die Umrüstung seiner Kastenstände auferlegt wird, muss er dagegen auf jeden Fall Widerspruch einlegen. Denn sonst wird die Verfügung bestandskräftig, und das Veterinäramt kann die Umsetzung per Zwangsvollstreckung durchsetzen bzw. Zwangsgelder verhängen.-ar/lh-

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.