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Lahme Schweine – häufig liegts am Futter

Lesezeit: 5 Minuten

Lahmheiten bei Schweinen nehmen zu. Oftmals ist ein fütterungsbedingter Phosphormangel die Ursache, wie der nachfolgende Praxisfall zeigt.


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Dr. Torsten Pabst, Tierarzt aus Dülmen-Buldern


Gesunde Ferkel, im Idealfall aus einem Herkunftsbetrieb, bilden den Grundstock für gute Leistungen in der Mast. Dessen ist sich Ingo Wernicke (Name geändert) bewusst. Deshalb bezieht der Mäster aus dem westlichen Münsterland die Ferkel für seine 3000 Mastplätze bereits seit sieben Jahren ausschließlich von einem einzigen Sauenhalter. Zudem pflegt er einen engen Draht zu seinem Ferkellieferanten. Probleme, Impfungen und notwendige Untersuchungen werden zeitnah miteinander besprochen.


Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wernickes BHZP-Kreuzungshybriden erreichen im Schnitt 900 g Tageszunahmen. Die Verluste liegen knapp unter 2%, und die Tiergesundheitskosten haben sich auf einem niedrigen Niveau eingependelt.


Angeschwollene Gelenke


In jüngster Zeit entdeckte Wernicke jedoch immer häufiger Tiere mit Fundamentproblemen. Einige Tiere wiesen bereits eine Woche nach dem Aufstallen dicke Gelenke bzw. eine Fehlstellung der Vordergliedmaßen auf oder standen mit aufgebogenem Rücken in der Bucht – ein deutliches Zeichen, dass ihnen das Stehen oder Gehen Schmerzen bereitet.Als sich die Probleme häuften, schaltete Ingo Wernicke seinen Tierarzt ein. Der nahm zunächst einmal die betroffenen Mastbuchten genauer unter die Lupe. Der Spaltenboden wies jedoch weder scharfe Kanten noch Beschädigungen auf. Es gab zudem keine gefährlichen Stolperkanten oder rutschige Bereiche, die die Fundamentprobleme der Schweine erklären könnten.


Auch an der Futterzuteilung schien es nicht zu liegen. Die Schweine werden zwar am Sensor gefüttert. Das Tier-Fressplatzverhältnis liegt mit 1:3 jedoch im grünen Bereich. Und nach jedem Futterblock findet man noch kleine Restmengen im Trog. Die Tiere bekommen also offensichtlich genug zu fressen. Damit schieden auch Rangkämpfe am Trog als Ursache für die Fundamentprobleme der Tiere aus.


Bakterielle Infektion?


Um abzuklären, ob die Lahmheiten möglicherweise durch einen bakteriellen Infekt ausgelöst wurden, führte der Tierarzt daraufhin bei mehreren Tieren mit geschwollenen Gelenken eine Punktion durch. Er narkotisierte die Schweine, reinigte und desinfizierte die Gelenke gründlich, führte eine schmale Kanüle in die Gelenkhöhle ein und entnahm etwas Flüssigkeit.


Bei der Laboruntersuchung ließen sich tatsächlich Mykoplasmen (M. hyosynoviae) in der Gelenkflüssigkeit nachweisen. Der Tierarzt entschied sich daher zu einer kombinierten Behandlung mit einem schmerzlindernden Mittel und einem Tiamulinpräparat. Die Behandlung wirkte auch, die betroffenen Tiere wirkten deutlich mobiler.


Vermutlich war der Erfolg jedoch hauptsächlich auf die schmerzlindernde Wirkung zurückzuführen. Denn bei zwei weiteren Punktionen, die der Tierarzt in den Folgewochen bei Problemtieren durchführte, bestätigte sich der Mykoplasmenverdacht nicht. Bei einem Tier wurden stattdessen alpha-hämolysierende Streptokokken nachgewiesen. Und bei einem dritten Schwein ergab die Untersuchung der Gelenkflüssigkeit überhaupt keinen Befund.


Starker Knochenverschleiß


Der Tierarzt entschied sich daher zur Sektion eines lahmenden Schweines. Dabei stellte er krankhafte Veränderungen am Oberschenkelkopf des Tieres fest. Es hatte ein deutlicher Abbau von Knorpel- und Knochensubstanz stattgefunden. Experten sprechen von einer sogenannten Osteochondrose. Röntgenbilder, die der Tierarzt daraufhin mit einem mobilen Gerät von den Gliedmaßen zwei weiterer Schweine anfertigte, bestätigten den Befund.


Doch was war die Ursache für den Knochenabbau? Verschleiß konnte es nicht sein, dafür waren die Tiere zu jung. Der Tierarzt tippte deshalb auf ein gestörtes Knochenwachstum während der Aufzucht. Mögliche Ursachen dafür können ein zu schnelles Wachstum der Tiere, eine genetische Veranlagung oder Fütterungsfehler sein. Deshalb stellte sich die Frage, ob die Fundamentprobleme bei Wernickes Tieren womöglich fütterungsbedingt waren.


Wenn ja, dann mussten die Fütterungsfehler bereits während der Aufzucht passiert sein. Denn die Probleme traten bereits kurz nach dem Aufstallen in den Maststall auf. Wernicke nahm deshalb umgehend Kontakt mit seinem Ferkellieferanten auf. Der Sauenhalter füttert seine Schweine ausschließlich mit Fertigfutter. Zum Glück hatte er von den letzten beiden Futterchargen für das Flatdeck Rückstellmuster gezogen, die nun im Labor untersucht werden konnten.


Knochenabbau im Flatdeck


Die Laboranalyse (siehe Übersicht) ergab, dass die eine Futterlieferung (Charge 1) zwar ausreichend Kalzium enthielt, jedoch eindeutig zu wenig Phosphor. Und die zweite Charge beinhaltete rein rechnerisch zwar genügend Kalzium und Phosphor. Das Verhältnis von Kalzium zu Phosphor war mit 1,03:1 jedoch eindeutig zu eng. Empfohlen wird ein Verhältnis von 1,2 bis 1,6 zu 1.


Um zu klären, wie sich die Mineralstoffimbalance auf den Knochenbau der Tiere ausgewirkt hatte, ließ der Tierarzt den Knochenstoffwechsel der Schweine untersuchen. Dazu entnahm er von 20 Ferkeln am Ende der Aufzucht Blut, poolte jeweils fünf Proben und ließ sie vom niederländischen Tiergesundheitsdienst in Deventer (GD) untersuchen. Dort hat man sich auf die Anwendung des Verfahrens bei Tieren spezialisiert.


Anhand des Osteocalcinwertes, der als Marker für die Knochenneubildung dient, und des CTX-Wertes, der den Knochenabbau abbildet, wurde deutlich, dass während der Wachstumsphase ein Knochenabbau stattgefunden hatte. Gerade in dieser Phase ist jedoch ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen knochenaufbauenden und -abbauenden Prozessen wichtig. Die Phosphorunterversorgung bzw. Mineralstoffimbalance im Flatdeckfutter hatte im vorliegenden Fall zu verstärkten Abbauprozessen und dadurch zu den Fundamentproblemen geführt.


Futterlieferant gewechselt


Wernickes Ferkelerzeuger wechselte daraufhin den Futtermittellieferanten und das Aufzuchtfutter. Das neue Futter (siehe Übersicht) enthielt mehr Kalzium (7,5 g/kg) und wies ein weiteres Ca-/P-Verhältnis (1,32:1) auf. Zudem wurde der Vitamin D-Gehalt des Futters, der ebenfalls für die Knochenbildung wichtig ist, deutlich angehoben. Statt des bisher verwendeten Vit. D3 enthielt das neue Futter „High D-Vitamin“.


Der Effekt ließ nicht lange auf sich warten. Eine erneute Untersuchung des Knochenstoffwechsels drei Wochen nach der Futterumstellung bei zwölf Ferkeln zeigte, dass sich das Knochenwachstum der Tiere wieder normalisiert hatte. Und bereits bei den Ferkeln der nächsten Lieferung traten keine Lahmheiten mehr auf.


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henning.lehnert@topagrar.com

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