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Lang sollen sie leben!

Lesezeit: 10 Minuten

Jede vierte Sau im Betrieb von Henning Arndt hat bereits sechs oder mehr Würfe zur Welt gebracht. Im Schnitt setzt der Jungunternehmer 32 Ferkel pro Sau und Jahr ab. Nur 2,6% der Sauen rauschen um. top agrar hat er sein Erfolgsrezept verraten.


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Dass sie bereits 17 Würfe auf dem Buckel hat, sieht man der Sau mit der Nummer 3599 wahrlich nicht an. Zufrieden schaut sie in die Kamera, so als wäre sie schon tausendfach abgelichtet worden. Die mehr als sieben Jahre alte Diva steht im 300er-Sauenbestand von Henning Arndt und seinen Eltern Gisela und Hans-Hermann in Thedinghausen nahe Bremen in Niedersachsen.


Und sie befindet sich in guter Gesellschaft. Denn jede vierte Sau im Betrieb hat bereits sechs oder mehr Würfe zur Welt gebracht. Gut 5% der Sauen waren sogar schon zehnmal oder noch häufiger tragend (siehe Übersicht 1). Im Schnitt erreichen die Arndt‘schen Sauen 8,3 Würfe und 103,4 abgesetzte Ferkel, bevor sie den Bestand verlassen.


Im Stallalltag spielen diese Zahlen für Henning Arndt jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Hier achtet er vielmehr auf andere Produktionskennzahlen, wie z.B. die Umrausch- und Abferkelquote, die er mindestens einmal pro Woche am Sauenplaner auswertet. Auch diese beiden Werte können sich sehen lassen!


So liegt die Umrauschquote im aktuellen Wirtschaftsjahr bei durchschnittlich 2,6%. „Damit bin ich sehr zufrieden, denn weniger als 5% Umrauscher sind mein Ziel“, gibt der 33-Jährige die Richtung vor. Bei der Abferkelquote erreichte er im gleichen Zeitraum stolze 92,5%. Auch 14,4 lebend geborene und 12,9 abgesetzte Ferkel je Wurf sprechen eine deutliche Sprache. Bei 2,48 Würfen pro Sau und Jahr kann Henning Arndt also knapp 32 Ferkel je Sau absetzen.


Dass neben diesen klassischen Kennzahlen auch die Lebensleistung der Muttertiere top ist, zeigen die beiden neuen Parameter Verbleiberate und Ferkelindex Lebensleistung (siehe Kasten auf Seite S8). So erzielten zum Beispiel die im Jahr 2012 erstbesamten Jungsauen im Betrieb eine Verbleiberate im 5. Wurf von 79% und hatten bis dato knapp 6000 Ferkel lebend geboren.


Das waren laut Berechnungen der Beratungsorganisation VzF GmbH aus Uelzen, bei der Henning Arndt Mitglied ist, rund 1600 Ferkel mehr als der Durchschnitt aller ausgewerteten Betriebe, und sogar 4000 Ferkel mehr als der schlechteste Betrieb. Der Abstand ist deshalb so gewaltig, weil in vielen Betrieben die Sauen noch zu früh abgehen. Meist liegt es an Fruchtbarkeitsproblemen und schlechten Fundamenten. Die Jungsaueneingliederung, das Abferkel- und Belegmanagement weisen in diesen Betrieben häufig deutliche Schwächen auf.


Aufgaben klar verteilt:

Nicht so im Betrieb Arndt. Doch wie erreicht Henning Arndt solch gute Leistungen verbunden mit einer langen Nutzungsdauer seiner Sauen? Zunächst ist ihm eine klare Aufgabenverteilung sehr wichtig. Er selbst ist hauptverantwortlich für die 300er-Sauenherde, die im 2-Wochen-Rhythmus mit 21 Tagen Säugezeit gefahren wird. Rund 70% der Ferkel mästet er zudem selbst aus, überwiegend sind es die Eber. Bei der Stallarbeit unterstützt ihn ein fester Mitarbeiter.


Hennings Vater Hans-Hermann ist für den Ackerbau zuständig und füttert zudem täglich die Sauen im Abferkelstall per Hand. Gisela Arndt hilft bei den Abferkelungen mit. „Mir ist wichtig, dass alle wiederkehrenden Arbeiten so oft wie möglich von denselben Personen durchgeführt und konsequent abgearbeitet werden“, sagt Henning Arndt.


Auch auf eine ruhige Ansprache und einen behutsamen Umgang mit den Tieren legt er großen Wert. „Die Sauen merken, wenn wir Stress haben“, weiß der junge Unternehmer, dem seine Eltern einstimmig ein gutes und geschultes Auge für die Tiere bescheinigen. Neben diesen Grundvoraussetzungen sind folgende Bausteine ursächlich für die hohe Lebensleistung im Betrieb:


  • eine strikte Jungsaueneingliederung,
  • ein klares Beleg- und Abferkelmanagement,
  • eine gute Kondition der Sauen, hauptsächlich bedingt durch die dreiwöchige Säugezeit und das Füttern der säugenden Sauen nach Augenmaß,
  • ein stabiles Fundament,
  • die Verfütterung von hofeigenem Getreide.


Jungsauen in Stroh-Arena:

Den Grundstock für die gute Fruchtbarkeit und Langlebigkeit seiner Sauen legt Henning Arndt bereits bei Jungsauenzukauf und -eingliederung. Alle sechs Wochen kauft er zwölf Jungsauen (db.Viktoria) zu. Durch diesen festen Rhythmus liegt seine Remontierungsrate bei 35%. Die Tiere stallt er in eine große Arena auf Tiefstreu ein. Morgens und abends füttert er sie in Fressständen per Hand, sodass sie sich nach und nach an ihn gewöhnen können.


Über die Strohmatratze in der Arena haben die Jungsauen indirekt auch Kontakt zu den Altsauen bzw. dem Keimmilieu der Herde. Denn die Altsauen kommen nach dem Absetzen für zweieinhalb Tage ebenfalls in die Arena – in dieser Zeit werden die Jungsauen in einer Gruppenbucht „zwischengeparkt“.


„Fünf bis sechs Tage nach der Anlieferung haben die Jungsauen meist einen „Durchhänger“ und fressen schlechter“, schildert Henning Arndt seine Beobachtungen. Dann setzen sie sich wohl intensiv mit den Bestandskeimen auseinander, so seine Vermutung.


Bei Ankunft sind die Tiere bereits gegen Parvo/Rotlauf, Circo und Glässer geimpft. Zehn bis zwölf Tage später impft sie Henning Arndt zudem noch gegen PRRS sowie etwas später gegen Influenza und das zweite Mal gegen Parvo/Rotlauf. Nach sechs Wochen, kurz bevor die Jungsauen ins Deckzentrum kommen, werden sie dann noch entwurmt. Und sechs sowie zwei Wochen vor der Abferkelung erhalten sie eine Coli-Schutzimpfung.


Sattfütterung im Deckzentrum:

Im Deckzentrum stallt Henning Arndt die Jungsauen in eine Gruppenbucht mit Sattfütterung. Bemerkt er eine rauschige Jungsau, setzt er sie für die Belegtage im Kastenstand fest. Derzeit beträgt das durchschnittliche Erstbelegealter 252 Tage.


Nach der Belegung stallt Arndt die Jungsauen zurück in die Gruppenbucht im Deckzentrum. Vier Wochen später, nach dem Scannen, kommen die Tiere dann in eine eigene Bucht im Wartestall. Um eine Kleingruppe aus acht Sauen bilden zu können, werden sie eventuell mit kleineren Altsauen zusammengestallt. Die Fütterung der tragenden Sauen erfolgt einmal am Tag über Volumendosierer mit Fressplatzteiler.


Das strikte Eingliederungskonzept danken die Jungsauen mit guten Leistungen im ersten Wurf. Im aktuellen Wirtschaftsjahr setzt Arndt im Schnitt 14,6 Ferkel je Jungsau ab, ohne dass die Tiere abmagern. „Für die Kondition der Jungsauen ist es sehr wichtig, dass sie im Deckzentrum nach dem Belegen vier Wochen lang ad libitum fressen können“, nennt er einen Erfolgsfaktor.


Der zweite: 21 Tage Säugezeit. „Drei Wochen Säugezeit sind meiner Ansicht nach für die Jung- und Altsauen viel besser als vier Wochen“, sagt Henning Arndt überzeugt. Entsprechend hat er auch keine Probleme mit abgemagerten Sauen, offenen Schultern oder schlechten Fundamenten.


Punkt und Strich zur Besamung:

Für die hervorragende Umrauschquote von im Schnitt 2,6% macht Henning Arndt sein striktes Belegmanagement und erneut die Stroh-Arena verantwortlich.


Nach dem Absetzen am Mittwoch stallt er die Sauen in die Arena ein, wo sie bis Freitagmittag bleiben. Danach gelangen sie ins Deckzentrum. Hier führt er am Samstagmorgen die erste Duldungskontrolle durch. Die vereinzelten Sauen, die bereits dulden, markiert er mit einem Punkt. So weiß er, dass er sie am Sonntagmorgen belegen muss. Nach der Kontrolle läuft von 8 bis 10.30 Uhr der Eber vor den Sauen.


Abends um 17 Uhr kontrolliert Henning Arndt die Sauen erneut. Tiere, die nun dulden, erhalten zwei Punkte auf dem Rücken. So ist klar, dass sie am Sonntagabend besamt werden müssen. Am Sonntag verfährt der Landwirt nach demselben Schema. Zudem besamt er die am Vortag markierten Sauen. Aus den Punkten auf dem Rücken der Tiere macht er dabei einen Strich. Zwölf Stunden später werden sie ein zweites Mal belegt. Dann wird aus dem Strich auf dem Rücken ein Kreuz.Durch dieses konsequente und nachvollziehbare Markieren der Sauen kommt er sogar ohne Sauenkarte im Deckzentrum aus.


Dulden die Tiere zwölf Stunden später noch immer, werden sie ein drittes Mal besamt. Im Schnitt erreicht der Betrieb 2,7 Besamungen je Sau. Drei Wochen später führt der Ferkelerzeuger eine Umrauschkontrolle durch, nach 28 Tagen lässt er die Sauen zum ersten Mal scannen, 14 Tage später – dann bereits im Wartestall – ein weiteres Mal.


Sauen ferkeln tagsüber.

Knapp drei Monate später stallt Henning Arndt freitags die Sauen in den Abferkelstall ein. Das Gros der Tiere ferkelt dann am darauffolgenden Mittwoch und Donnerstag ab. Bei den Sauen, die bis dahin noch nicht abgeferkelt haben, leitet er die Geburt ein – außer bei den Jungsauen. „Wir wollen bis zum Wochenende die Geburten abgeschlossen haben“, erklärt er die Gründe.


Eine Geburtenkontrolle führen Arndts bis etwa 22 Uhr durch. Nachts ferkeln die Sauen dann alleine. Die meisten Sauen erledigen das aber sowieso tagsüber. „Das liegt an der fehlenden Abendfütterung“, betont Henning Arndt. Die Sauen wüssten, dass es abends nichts mehr gibt und sie Ruhe zum Abferkeln haben.


Denn Senior Hans-Hermann Arndt füttert die Sauen morgens „zweimal“ von Hand nach folgendem Schema: Er verteilt der Reihe nach von Sau 1 bis 60 Futter aus seinem Futterwagen. Dann wartet er eine Viertelstunde und füttert anschließend „rückwärts“ von Sau 60 bis 1. „Ich schaue mir dabei die Tiere genau an und bekomme so ein gutes Gefühl, wie es ihnen geht. Das ist mir wichtig“, begründet Hans-Hermann Arndt das für viele Berufskollegen bestimmt veraltete Fütterungssystem.


Die Futterkurve hat er dabei im Gefühl. Am Tag der Einstallung erhalten die Sauen etwa 4 kg Futter. Bis zur Geburt sinkt die Futtermenge auf minimal 2,5 kg, anschließend wird sie langsam um etwa 0,5 kg pro Tag gesteigert.


Nach acht bis zehn Tagen hat sie dann ihr Maximum von 6,5 bis 7 kg je Sau und Tag erreicht. Zusätzlich erhalten die Sauen jeden Morgen und Abend eine Extra-Wassergabe in ihren Trog. „Das ist sehr wichtig, besonders im Winter, wenn die Tiere wenig Durst haben“, sagt Hans-Hermann Arndt. MMA-Probleme oder gar Gebärmutterentzündungen sind dadurch im Bestand sehr selten.


Während die Fütterung der säugenden Sauen in seiner Hand liegt, ist Junior Henning für den Wurfausgleich zuständig, den er rund 18 bis 24 Stunden nach der Geburt durchführt. Und der Mitarbeiter kümmert sich um die Milch-Beifütterung vom 1. bis 12. Lebenstag und die anschließende Prestarter-Gabe.


Eigenmischer und Vitamin-Kur:

Ein ganz entscheidender Baustein für eine gute Lebensleistung ist auch die eigene Futtergrundlage. Gerste, Weizen und Roggen kommen von den betriebseigenen Feldern. Ergänzer und Fasermix kaufen Arndts zu. Im Laktationsfutter schwören sie zudem auf einen 2,5%igen Anteil an Fischmehl und 2% Sojaöl. Auch im Tragefutter ist zur Staubbindung noch 1% Sojaöl enthalten.


Um die Ration auf Basis des eigenen Getreides berechnen zu können, lassen Arndts eine Sammelprobe für jede Getreidesorte nach der Ernte untersuchen. Wichtig ist ihnen hierbei eine Ausweisung der enthaltenen Stärke und Aminosäuren. Das Getreide lagern sie mit 0,9 bis 1% Propionsäure ein.


Eine vitaminreiche Besonderheit erhalten die Sauen zudem jeden November und jeden Mai/Juni vor den ersten heißen Tagen. Zehn Tage lang mischt Henning Arndt dann eine Vitamin-Kur ins Futter. „Damit überstehen die Sauen das Sommerloch und die Winterzeit besser“, berichtet er von seinen Erfahrungen. So stieg die Umrauschquote im August 2015 zwar leicht an, lag mit 5,6% aber noch deutlich unter dem Schnitt vieler Betriebe. Und genau da will der ambitionierte Junglandwirt ja hin.


Regina Imhäuser

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