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Mit Bioferkeln durchstarten

Lesezeit: 6 Minuten

Wilhelm Schulte-Remmert hat eine Kehrtwende vollzogen. Er hat seinen Betrieb von konventioneller Ferkelproduktion auf Bioschweine umgestellt. Vor dem Umstieg hat er den Absatz seiner Ferkel geregelt.


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Wilhelm Schulte-Remmert aus dem westfälischen Lippstadt-Dedinghausen hatte ehrgeizige Pläne: Er wollte von 450 auf 800 Sauen aufstocken. „Unser Ziel war, Babyferkel zu produzieren und mit großen Partien zu punkten“, erinnert sich der 51-jährige Landwirt.


Bauchschmerzen bereitete ihm aber die Tatsache, dass er mindestens 65 ha Ackerfläche hätte pachten müssen. „Das ist fast unmöglich, zudem müssen 900 € Pacht erst einmal erwirtschaftet werden“, weist Schulte-Remmert auf die Gefahren hin, die eine Bestandsauf-stockung mit wenig eigener Gülle- und Futterfläche mit sich bringt.


Kehrtwende vollzogen:

Seine Bedenken diskutierte der Unternehmer intensiv mit seiner Familie, insbesondere mit Sohn Sebastian (22 Jahre), der den Betrieb übernehmen wird. Dieser brachte ihn am Ende auf die Idee, über Bioschweine nachzudenken. Mehrere Monate wurde mit Berater Georg Grundhoff von der Landwirtschaftskammer NRW diskutiert und gerechnet. Mitte 2012 stand die Entscheidung fest: Schulte-Remmerts steigen auf Bioschweine um. „Für uns war an dem Konzept verlockend, dass wir mit 30 ha Eigentumsfläche und 150 Biosauen das Familieneinkommen sichern können und keine teuren Gülle- und Futter-flächen zupachten müssen“, beschreibt der lippische Landwirt die Situation.


Bevor der Betrieb umgestellt wurde, kümmerten sich Vater und Sohn zuerst um die Vermarktung. Denn beiden war von vornherein klar, dass der Markt für Bioschweine ein Nischenmarkt ist und bleibt, deutschlandweit werden jedes Jahr nur 250 000 Bioschweine verkauft. „Der Ferkelabsatz muss deshalb im Vorfeld geklärt sein“, so der Tipp des Landwirts.


Zugute kam Vater und Sohn, dass der Ökoverband „Bioland“ Ferkel suchte. Bioland stellte auch die Kontakte zu Biomästern und Metzgern her. Es wurde vereinbart, dass etwa 2 500 Ferkel pro Jahr an zwei größere Mäster gehen. Gut 1 000 Ferkel erhalten vier bis fünf kleinere Mastbetriebe. Die Tiere werden über Metzgereien mit Biofleischtheke sowie den Erzeugerzusammenschluss „Biofleisch NRW“ vermarktet.


Ställe mit Auslauf:

Als der Absatz ge-regelt war, starteten die Stallbauplanungen. Familie Schulte-Remmert entschied sich, für die Sauen im Außen-bereich neu zu bauen. Die Altgebäude mitten im Ort sind alt und verwinkelt, zudem können Emissionen in Dorflage zu Problemen mit Nachbarn führen.


Am neuen Standort ca. 1,5 km von der Hofstelle entfernt baute der Landwirt 125 Deck-/Warteplätze, 20 Jungsauen- und 72 Abferkelplätze. Im Deck-/Wartestall liegen je fünf Sauen in Stroh eingestreuten Liegehütten, davor befindet sich ein ca. 3,5 m breiter, planbefestigter Mistgang. Zum Fressen nutzen die Sauen herkömmliche Fressliegebuchten.


Vor den Ständen hat Schulte-Remmert einen 3,5 m breiten, überdachten Futtertisch betoniert. Auf diesem stehen Rundballen aus Kleegrassilage, die die Sauen jeden Tag zu fressen bekommen. Später will der Landwirt einen Futtermischwagen kaufen, dann kann er verschiedene Grundfutter mischen und den Sauen automatisch vorlegen.


Im Abferkelstall ist das freie Abferkeln Pflicht. Hier sind Freilaufbuchten installiert, die bereits seit Jahren in der Schweiz in der Praxis erprobt sind. Innen ist jede Bucht 8 m2 groß, dazu kommen 5 m2 Außenauslauf. Der Stall ist als Kaltstall konzipiert, nur das Ferkelnest wird beheizt. Der Liege-bereich der Sau ist mit einem Holz-deckel versehen. „Das ist wichtig, weil die Sauen sich dann zum Abferkeln eher in ihr abgedunkeltes Nest zurückziehen“, erklärt der Biolandwirt.


Für die Ferkelaufzucht nutzt Wilhelm Schulte-Remmert Teile der Altgebäude im Ort. 600 Ferkelaufzuchtplätze mit beheizbaren Liegekisten und Außenauslauf wurden gebaut.


Investiert hat Schulte-Remmert ca. 1,3 Mio. €, auf 750 000 € erhielt er 35 % Förderung. Ein Darlehen für innova-tiven Stallbau der landwirtschaftlichen Rentenbank sichert ihm besonders günstige Zinsen bei einer garantierten Laufzeit von 20 Jahren.


Mit gut 8 100 € pro Sauenplatz liegt die Investition im für den Ökobereich üblichen Rahmen. Teuer ist vor allem der Abferkelstall. Das hat zwei Gründe: Zum einen sind die Buchten mehr als doppelt so groß wie bei konventioneller Haltungsweise. Dadurch muss mehr umbauter Raum geschaffen werden, die Wege für Futterketten und Wasserleitungen sind länger usw. Zum anderen muss der Landwirt aufgrund der sechswöchigen Säugezeit deutlich mehr Abferkelbuchten vorhalten.


Relativ teuer war auch die Erschließung des Standortes. Inklusive der Befestigung des Untergrundes mit Kalksteinschotter hat diese Baumaßnahme über 150 000 € gekostet. „Die Entscheidung, an einem neuen Standort neu zu bauen war trotz der höheren Kosten richtig. Denn wir wollten optimale Produktionsbedingungen haben“, stellt Wilhelm Schulte-Remmert klar.


Arbeit wandelt sich.

Bezugsfertig waren die Ställe im Juli 2014. Im September 2014 wurden die ersten eigenen Bioferkel geboren, seitdem hat sich die Arbeit des Landwirts grundlegend verändert:


  • Ein- bis zweimal pro Woche wird gemistet, da Stroh in allen Haltungsbereichen Pflicht ist. Dank des Hofladers lässt sich die Arbeit aber größtenteils maschinell erledigen. Hygiene wird auch in der Bioproduktion großgeschrieben: Der Mist z. B. wird nicht kreuz und quer über den Hof gefahren, sondern aus dem Stall direkt auf die Mistplatte geschoben.
  • Im Deck- und Wartebereich füttert der Landwirt Grundfutter. Täglich erhalten die Sauen Kleegrassilage aus eigenem Anbau. Im Abferkelstall wird ab Herbst Maissilage eingesetzt.
  • Besamt wird im Außenklimastall bei jedem Wind und Wetter. Die Sauen werden nur kurz festgesetzt, bis sie das Ebersperma aufgenommen haben.
  • Die Betreuung der Geburten beim freien Abferkeln kostet mehr Zeit, weil die Gefahr von Erdrückungsverlusten deutlich höher ist. Alle drei Wochen stehen Schulte-Remmerts bzw. Mitarbeiter Nikolaus Doktor für vier Nächte im Stall. Die Arbeit lohnt sich aber, denn jedes zusätzliche Ferkel bringt einen Grenzgewinn von 80 €.
  • Der Arbeitsaufwand im Sauenstall ist insgesamt gestiegen. Er liegt aktuell bei etwa 30 Stunden pro Sau und Jahr.


Überrascht hat Wilhelm Schulte-Remmert das Fressverhalten der Sauen. Im Abferkelstall nehmen die Tiere zum Teil über 10 kg Futter pro Tag auf. Der Landwirt führt das auf die Bewegung, Klimareize und den Grundfutterverzehr zurück. Gefressen wird im Abferkelbereich aus einem Trog. „Das hat Vorteile, denn die Sau gibt über ihren Speichel Enzyme an die Ferkel weiter. Dadurch haben wir keine Probleme mit Coli usw.“, hat der Landwirt festgestellt.


112 € pro Ferkel.

Finanziell sieht sich Wilhelm Schulte-Remmert auf dem richtigen Weg. Der Basispreis für ein 25 kg-Ferkel beträgt 112 €, die Preise sind dank der festen Vertragspartner relativ konstant. Auf den Basispreis erhält er Aufschläge für Übergewichte und Impfungen (Circo, Mykoplasmen). Dem gegenüber stehen Produktions-kosten in Höhe von gut 100 € pro Ferkel. Berücksichtigt sind die Direkt- und Lohnkosten sowie die Gebäude- und Unterhaltungskosten. Der Kapitaldienst ist nicht enthalten. Größter Kostenblock sind die Futterkosten, sie liegen bei 1 200 € pro Sau und Jahr bzw. 56 € pro Ferkel.


„Die Bäume wachsen auch bei der Produktion von Bioferkeln nicht in den Himmel. Mit 150 Biosauen und derzeit gut 22 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr können wir unser Familieneinkommen aber sichern. Der größte Vorteil ist jedoch, dass wir nicht mehr auf die Zupacht teurer Futter- und Gülle-flächen angewiesen“, erklärt der Unternehmer zufrieden.Marcus Arden

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