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Mobiler Sauenplaner Marke Eigenbau

Lesezeit: 9 Minuten

Die bekannten Sauenplaner konnten zwei Landwirtssöhne aus Schleswig-Holstein nicht überzeugen. Deshalb haben sie kurzerhand eine eigene Anwendung programmiert. top agrar hat sich die App „Pigtastic“ zeigen lassen.


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Sauenplaner bieten mittlerweile eine Fülle von Eingabe- und Auswertungsmöglichkeiten. Den beiden Brüdern Ruben und Adrian Soth aus Lockstedt in Schleswig-Holstein waren die am Markt verfügbaren Managementprogramme für den elterlichen Nebenerwerbsbetrieb mit 85 Sauen im geschlossenen System jedoch zu umfangreich und unübersichtlich.


„Während meines Agrarstudiums habe ich Praktika in anderen Sauenbetrieben absolviert und dabei verschiedene Varianten von Sauenplanern ausprobiert. Die Arbeit mit den Programmen machte oft keinen Spaß, sodass die Dokumentation von wichtigen Kennzahlen vernachlässigt wurde“, erklärt der 21-jährige Hofnachfolger Ruben Soth.


Entwicklung am heimischen PC


Gemeinsam mit seinem Bruder Adrian entschied sich Ruben Soth, einen eigenen Sauenplaner zu entwickeln. Den Anstoß zur Entwicklung einer App gaben zwei Faktoren: Bruder Adrian Soth ist Wirtschaftsinformatiker und arbeitet bei einer Softwarefirma in Hamburg. Eigentlich wollte der 25-Jährige nur seine Programmierfähigkeiten etwas trainieren. „Ruben meinte dann: Wieso machst Du nicht was Sinnvolles für den Betrieb“, berichtet Adrian Soth.


Seine Anforderungen an einen Sauenplaner stellte der Landwirt in einem Lastenheft zusammen. Nach Feierabend programmierte sein Bruder Adrian am heimischen Computer dann Schritt für Schritt die App.


Später folgte der erste Praxistest im Stall. „Einige Fehler fielen erst auf, als wir mit der App im Stall gearbeitet haben. Derzeit verbessern wir die Bedienung immer noch laufend“, berichtet Ruben Soth über den andauernden Entwicklungsprozess.


Einsatz über Robustes Tablet


Im Stall nutzt Ruben Soth die App auf einem Tablet mit einer extra robusten und wasserdichten Hülle. Dank des zugehörigen Tragegurtes kann der Landwirt es um die Schulter hängen und Daten an jedem Ort im Stall eingeben. Die Daten werden in einer Cloud gespeichert und sind so von überall abrufbar. „Wir wollten mit dem Sauenplaner mobil sein, daher haben wir uns gegen ein stationäres Programm auf dem Stallcomputer entschieden“, erklärt Ruben Soth die Vorzüge des Tablets. Das Gerät nimmt der Landwirt auch zu Beratungsgesprächen mit. Dadurch spart er sich das vorherige Ausdrucken von Leistungsübersichten.


Permanenten Internetzugang benötigt die App nicht. Sie kann im Stall „offline“ genutzt werden und es genügt, die Daten etwa einmal täglich in die Cloud hochzuladen. Das kann beispielsweise im WLAN des Stallbüros erfolgen.


Sauen mit Name und Foto


Wenn Ruben Soth die App Pigtastic öffnet, erhält er zunächst eine Gesamtübersicht über alle produktiven Sauen. Dank einer Filterfunktion kann er alle Tiere in den jeweiligen Produktionsbereichen oder Einzeltiere über die Eingabe der Ohrmarkennummer schnell finden. Eine Kurzübersicht liefert ihm zudem wichtige Infos zu den einzelnen Sauen. Dazu gehören neben dem Alter auch die Leistungskennzahlen sowie wichtige Termine, wie z.B. das nächste Abferkeldatum.


Eine Besonderheit der App ist, dass die Sauen zusätzlich zur Sauennummer auch noch einen Namen tragen. Den generiert das System automatisch aus einer Namensliste, sobald der Landwirt die Sau im Programm neu anlegt. „Im Gegensatz zur Rinderhaltung, wo jede Kuh einen Namen trägt, ist die Namensvergabe bei Sauen sicherlich unüblich. Wir wollten den Sauenplaner damit aber etwas persönlicher gestalten. Vielleicht haben ja gerade junge Landwirte künftig Spaß daran, ihren Sauen Namen zu vergeben. Denn das stärkt die Bindung zu den Tieren“, glauben die beiden Tüftler.


Um die Übersicht zu verbessern, haben sich die zwei Jungunternehmer aus Schleswig-Holstein noch eine pfiffige Idee einfallen lassen. Jede Sau erhält in der App Pigtastic einen farbigen Sauenkopf als Symbol. Es gibt z.B. die rosafarbene, braune und schwarze Sauen-gruppe. „Durch die farbliche Zuordnung kann ich sofort erkennen, zu welcher Deck- oder Abferkelgruppe die jeweilige Sau gehört“, beschreibt Ruben Soth die Idee. Optional kann er auch direkt in der App ein Foto von der Sau schießen.


Ampel-Warnsystem hilft


Wählt der Tierhalter in der App eine Sau aus, erscheinen auf dem Bildschirm detaillierte Informationen zu den Leistungen. Um die Übersicht zu verbessern und schnell erkennen zu können, wie gut die Sau ist, haben sich die Brüder ein Ampelsystem überlegt. Gute Leistungen werden grün markiert, optimierungswürdige orange und schlechte Zahlen rot. „So kann ich auf den ersten Blick sehen, wo es hakt und was ich noch verbessern kann“, erklärt Ruben Soth den Nutzen. Das Ampelsystem findet sich auch in der Gesamtauswertung der Betriebsleistungen wieder. ▶


Ohnehin legen die beiden Brüder großen Wert auf eine gute Leistungskontrolle. So können sie über den Button „Reports“ den Verlauf des BodyCondition-Scores (BCS) und der Rückenspeckdicke der Sau kontinuierlich verfolgen. Beide Eingaben sind übrigens Pflichtfelder. „Wenn wir z.B. das Abferkeldatum eintragen, verlangt die App von mir auch die BCS-Benotung“, beschreibt Ruben Soth die Funktion. So gewährleistet der künftige Betriebsleiter nicht nur eine lückenlose Datenerhebung, sondern auch realistische Auswertungen.


Der Sauenplaner erstellt aus den einzelnen Messwerten zudem eine Grafik, an der der Junglandwirt z.B. die Konditionsfütterung laufend überprüfen kann. „Diese Übersicht habe ich auch schon im Gespräch mit der Futtermittelberaterin genutzt“, beschreibt Ruben Soth die Anwendungsmöglichkeit.


Einfache Datenerfassung


Dank der anwenderfreundlichen Programmierung hat die Datenerfassung im Betrieb seit Einsatz des selbst programmierten Sauenplaners erheblich zugenommen. Als Beispiel nennt Programmierspezialist Adrian Soth die genaue und lückenlose Dokumentation der zu- und weggesetzten Ferkel beim Wurfausgleich: „Diese Eingaben haben wir früher selten vollständig gemacht. Die Auswertungen waren deshalb nie aussagekräftig. Dank der App geht das jetzt schnell und einfach, deshalb sind unsere Auswertungen heute auch alle korrekt“, berichtet Soth zufrieden.


Wichtig war Sauenhalter Ruben Soth bei der Programmierung, dass er auch im Nachhinein immer weiß, warum eine Sau abgegangen ist. In einem Archiv erhält der Landwirt einen Überblick über alle Sauenabgänge. Hier kann der Landwirt nachträglich noch sehen, ob eine Sau verendet ist oder verkauft wurde. „Dank des Archivs können wir später noch Auswertungen zu den Abgangsursachen und der Remontierungsrate durchführen. Dadurch sehen wir sehr schnell, ob z.B. die Zahl der verendeten Sauen zu hoch liegt und können der Sache auf den Grund gehen“, beschreibt Ruben Soth die Nützlichkeit der Archivfunktion.


Die anstehenden Routinetermine wie z.B. das Abferkeln der Sauen oder das Impfen der Ferkel berechnet die App genauso wie die marktüblichen Sauenplaner vollautomatisch anhand des Beleg- oder Abferkeldatums. Für jeden Tag steht dem Landwirt nun ein Arbeitsplan mit allen anstehenden Aufgaben zur Verfügung. Auch andere Termine, wie z.B. der Tierarztbesuch oder ein Beratungsgespräch, können in die App eingepflegt werden. Jeder im Betrieb hat dadurch stets den Überblick und es kommt nicht zu Überschneidungen.


Damit kein Termin überraschend aufploppt, generiert die App am Vorabend eine Erinnerung mit den anstehenden Aufgaben für den nächsten Tag. Zusätzlich schickt das System am Morgen noch eine Erinnerung per E-Mail.


Ist die Arbeit erledigt, kann der Landwirt sie in der App abhaken. Dabei lässt sich auch direkt der Standort der Sau im System verändern, wenn diese z.B. umgestallt werden muss. Die Auswahl von mehreren Sauen für eine Aktion ist zurzeit noch nicht möglich. „Das haben wir als eine der nächsten Optimierungsmaßnahmen schon auf dem Plan. Für das Management von größeren Beständen wäre das eine große Erleichterung“, erklärt Adrian Soth.


Alle Generationen begeistert


Auch Vater Holger Soth (58), der zuvor einen Wandkalender genutzt hat, schätzt die neue App. Der hauptberufliche Forstwirt nutzt derzeit privat noch kein Smartphone und konnte sich lange nur schwer mit einer digitalen Lösung anfreunden. Doch das hat sich dank der anwenderfreundlichen Bedienung nach und nach geändert. „Unsere App ist so programmiert, dass beide Generationen sie auf dem Hof nutzen“, freuen sich die beiden Brüder Adrian und Ruben Soth.


Nach einer gewissen Einarbeitungsphase in die neue Technik will Holger Soth die App Pigtastic im Betrieb heute nicht mehr missen. „Unser Vater war letztendlich total überzeugt, nicht nur weil seine eigenen Söhne die App gebaut haben. Der Sauenplaner bringt einfach eine enorme Arbeitserleichterung und Zeitersparnis. Außerdem sind endlich auch Betriebsauswertungen möglich“, fasst Ruben Soth zusammen.


Direkter Draht zum Tierarzt


Aktuell tüfteln die beiden Brüder in der App an einer Schnittstelle zum Hoftierarzt. Per E-Mail gibt die App automatisch z.B. Impfstoffbestellungen auf. Das System weiß, dass ein Termin zum Impfen der Ferkel ansteht und bestellt selbstständig den Impfstoff. „Es meldet dem Tierarzt dabei anhand der Sauenkarteikarten direkt die genaue Ferkel- bzw. Sauenzahl, was dieser wiederum für das Ausstellen der Abgabebelege nutzen kann“, beschreibt Adrian Soth die große Arbeitserleichterung für beide Seiten. Der Landwirt muss den vorgefertigten Text in der E-Mail an den Tierarzt nur kurz bestätigen und schon ist die Bestellung erledigt.


„Bislang lief die Impfstoffbestellung ausschließlich per Telefon. Unser Tierarzt war zunächst überrascht von dem Vorschlag, aber auch sehr offen dafür“, beschreibt Ruben Soth die positive Reaktion seines Bestandsbetreuers. „Als Nebenerwerbslandwirt ist man nicht den ganzen Tag im Betrieb und übersieht schon mal Termine. So passiert es uns nun nicht mehr, dass wir am Impftag ohne Vakzin dastehen“, erklärt Ruben Soth die großen Vorteile im Betriebsablauf.


Bleiben bei Ferkelbehandlungen zum Beispiel Eisenampullen übrig, kann der Tierhalter sie in den Vorratsbestand einpflegen. Die App berücksichtigt diese dann automatisch bei der nächsten Bestellung und ordert entsprechend weniger vom Eisenpräparat.


Vertrieb in Zukunft denkbar


In nächster Zeit wollen Adrian und Ruben Soth die App Pigtastic weiter optimieren. Die Brüder könnten sich zukünftig eine Zusammenarbeit mit einem größeren „Pilotbetrieb“ vorstellen. So können sie Optimierungsansätze direkt aus der Praxis einpflegen. „Die Anwendung ist bislang auf unseren vergleichsweise kleinen Betrieb zugeschnitten. Für die Nutzung in großen Sauenbeständen müssen sicherlich einige Funktionen angepasst werden“, gibt Adrian Soth zu bedenken. Eine Idee ist, die App um eine Mitarbeiterkoordinierung zu ergänzen. Ebenso haben sie die Ausdehnung der Nutzung auf mehreren Geräten im Kopf.


Grundsätzlich schließen sie daher den Vertrieb der App in Zukunft nicht aus. Für die Brüder hat jedoch die Praxistauglichkeit im elterlichen Betrieb immer noch oberste Priorität. „Bei der noch laufenden Entwicklung der App steht für uns immer der Nutzen im eigenen Betrieb und nicht die Geschäftsidee im Vordergrund. Bei der Programmierung ist es wichtig, dass man den Kopf für praktische Ansätze frei hat. Nur so entstehen die besten Ideen“, ist Adrian Soth überzeugt.


anna.huettenschmidt@topagrar.com

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