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N-/P-reduziert: Augen auf beim Vermarkten!

Lesezeit: 9 Minuten

Wenn bei nährstoffreduzierter Fütterung die Indexpunkte sinken, muss das nicht an der Futterstrategie liegen. Fehler passieren häufig auch bei der Vermarktung.


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Der Nährstoffdruck ist besonders in den Veredlungsregionen hoch. Und daran dürfte sich vorerst auch wenig ändern, denn die Politik verschärft die Vorgaben weiter. Vor allem die nochmalige Verschärfung der Düngeverordnung zum 1. April 2020 setzt viele Schweinehalter unter Druck. Zahlreiche Betriebsleiter suchen nach Lösungen.


Eine kann die nährstoffreduzierte Fütterung der Sauen-, Ferkel- und Mastschweine sein. Denn mithilfe der N-/P-reduzierten Futterstrategie sinkt der Stickstoff- und Phosphoreintrag in die Gülle. In den letzten Jahren haben sich vier Intensitätsstufen etabliert:


  • N-/P-reduziert,
  • stark N-/P-reduziert,
  • sehr stark N-/P-reduziert,
  • extrem stark N-/P-reduziert.


Welche Rohprotein- und Phosphorobergrenzen bei starker bzw. sehr starker N-/P-Reduzierung einzuhalten sind, gibt das DLG-Merkblatt 418 vor (vergleiche Übersicht 1). Bei extrem starker Absenkung werden die Werte gegenüber der sehr starken Reduzierung weiter abgesenkt. Bei N-/P-reduziert sind die Vorgaben im Vergleich zum Universalfutter abgesenkt.


Viele Betriebsleiter haben inzwischen gute Erfahrungen mit der nährstoffreduzierten Fütterung gesammelt und konnten ihren Nährstoffanfall senken. In der Regel fahren die Landwirte die Nährstoffgehalte frühestens ab 70, 80 oder 90 kg Lebendgewicht (LG) zurück. Der Grund für die relativ späte Reduzierung ist, dass der Futterverbrauch und damit der Einspareffekt im letzten Mastabschnitt am höchsten ist. Zudem ist die Gefahr, dass sich die Mast- und Schlachtleistungen verschlechtern, relativ gering, je später man „auf den Punkt genau“ füttert. Denn die Schweine verzeihen kleinere Fütterungsfehler zu diesem späten Mastzeitpunkt relativ gut. Einen kurzfristigen Mangel gleichen sie durch ihr kompensatorisches Wachstum aus, sofern der Mangel zeitnah behoben wird.


Nährstoffe früher absenken


Insbesondere Betriebsleiter in den Veredlungsregionen, wo häufig rote Gebiete ausgewiesen sind, müssen aufgrund des immer weiter steigenden Nährstoffdrucks jedoch schon früher mit der Nährstoffabsenkung beginnen. Mitunter starten die Landwirte bereits zu Beginn der Ferkelaufzucht. Die Gefahr bei diesem Vorgehen ist, dass die Mastschweine nicht mehr die vollen Leistungen bringen. Denn wenn in der Aufzucht oder zu Mastbeginn zu wenig essenzielle Aminosäuren gefüttert werden, leidet das Fleischbildungsvermögen. Am Ende kostet das viel Geld, weil die Indexpunkte bei der AutoFOM-Klassifizierung in den Keller rauschen.


Drei Praxisbeispiele zeigen, welche Erfahrungen Mäster mit der frühen Nährstoffreduzierung gemacht haben und welche Schlüsse sie gezogen haben.


In Beispiel 1 kauft Mäster Müller Ferkel von zwei Sauenhaltern zu. Die Hälfte der Tiere sind Jungeber. Die Ferkel aus dem ersten Lieferbetrieb fressen in der Aufzucht ein nach Standardrichtwerten zusammengesetztes Futter, die Ferkel aus dem zweiten Betrieb bekommen bereits in der Ferkelaufzucht eine stark N-/P-reduzierte Futtermischung. Mäster Müller bietet allen Ferkeln direkt nach dem Einstallen für sieben Tage ein Begrüßungsfutter an, das dann in der zweiten Mastwoche mit dem Anfangsmastfutter nach und nach verschnitten wird. Insgesamt füttert der Unternehmer in vier Phasen stark N-/P-reduziert.


Die Tageszunahmen liegen in den letzten drei Mastdurchgängen mit 866 bis 892 g über dem NRW-Durchschnitt von 820 g. Die Futterverwertung fällt mit 1:2,52 bis 1:2,63 ebenfalls recht gut aus. Die Verlustrate ist mit 0,7 bis 1% sehr gering.


Mit den Schlachtleistungen der drei ausgewerteten Mastgruppen ist Mäster Müller allerdings nicht zufrieden. Die Erlöse liegen 1,5 bis 2,4 Cent je kg Schlachtgewicht (SG) unter dem bei der Berechnung gültigen Basispreis von 1,80 € je kg SG. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Ein Problem sind die mit im Schnitt 13 mm konstant hohen Speckmaße der Jungeber. Da die leichten Eber zudem recht niedrige Fleischmaße erreichen, fallen deren Schinkengewichte (16,7 kg) und Bauchfleischanteile (58,4%) niedrig aus, wie Übersicht 2 zeigt. Das straft die Abrechnungsmaske mit geringen Indexpunkten ab.


Bei der Fehlersuche fallen Mäster Müller und seinem Berater folgende Punkte auf:


  • Das Futter enthielt mehr Energie als berechnet. Das war die Hauptursache für die hohen Speckmaße. Die hohen Tageszunahmen haben den Effekt zusätzlich begünstigt. Müller und sein Berater vermuten, dass die dem Futter zugesetzte Faser zusätzlich Energie geliefert hat. Das Problem sind vor allem Ballaststoffe, die im Dickdarm fermentiert werden. Die Darm-Mikroben bilden organische Säuren wie Essig- und Buttersäure, die energiereich sind.
  • Auf die in der Aufzucht unterschiedlich nährstoffreich gefütterten Ferkel aus den beiden Lieferbetrieben ist Müller in der Mast nicht konsequent genug eingegangen. Insbesondere die bereits in der Ferkelaufzucht sehr stark N-/P-reduziert versorgten Ferkel hatten in der Mast Probleme mit dem Knochenaufbau, bewegten sich wenig und fraßen daher weniger Futter. Müller hätte diesen Tieren mehr Phosphor und andere Mineralstoffe anbieten müssen. Denn gerade im Gewichtsbereich von 60 bis 70 kg brauchen die Tiere Phosphor für den Skelettaufbau.


Schlachthof gewechselt


Gemeinsam mit seinem Berater entschied sich Müller, umgehend Konsequenzen zu ziehen. Im ersten Schritt wechselte er den Schlachthof. Bei diesem neuen Abnehmer ist die Abrechnungsmaske weniger schinkenbetont, davon profitieren insbesondere die Tiere mit den etwas erhöhten Speckmaßen.


Gleichzeitig achtet der Mäster jetzt sorgfältig darauf, dass die Futterrationen noch besser auf den Bedarf der Tiere zugeschnitten werden. Die bereits in der Aufzucht sehr stark N-/P-reduziert gefütterten Tiere erhalten zu Mastbeginn im Vergleich zu den mit dem Standardfutter versorgten Aufzuchtferkeln etwas mehr Eiweiß und essenzielle Aminosäuren sowie Mineralstoffe. So will Müller das Fleischbildungsvermögen „ankurbeln“ und den Skelettaufbau fördern.


In Zukunft will der Landwirt das Futter regelmäßiger untersuchen lassen und er hat sich vorgenommen, die gesamte Fütterungstechnik zusammen mit seinem Berater zu überprüfen. Denn entscheidend ist, dass die Technik so genau wie möglich anmischt und ausdosiert. Fehler beim Wiegen der Einzelkomponenten können fatale Auswirkungen haben. Das gilt insbesondere für Kleinstmengen wie Mineralstoffe.


Mehr Sicherheit mit Fertigfutter?


In Beispiel 2 mästet Landwirt Meier niederländische Ferkel im Rein-Raus-Verfahren, die im Ferkelerzeugerbetrieb N-/P-reduziert gefüttert wurden. In der Mast füttert der Landwirt alle Tiere bis zum Verkauf sehr stark N-/P-reduziert. Etwa 20% der Tiere sind Jungeber.


Der Betriebsleiter füttert vom Start weg ein für seinen Betrieb speziell angemischtes Fertigfutter mit stark abgesenktem Nährstoffgehalt. Außerdem mischt ihm das Futterwerk für jeden Mastabschnitt gezielt Mineralstoffe und Vitamine ein, die das Wachstum der Schweine unterstützen sollen. Meier selbst achtet penibel darauf, dass die einzelnen Futter nicht miteinander verschnitten werden. So stellt er sicher, dass die Schweine die bei jeder Charge speziell zugemischten Zusatzstoffe immer zum richtigen Zeitpunkt erhalten.


Der Betriebsleiter fährt mit seiner Fertigfutterstrategie sehr gut. Die Tiere erreichen Tageszunahmen von bis zu 958 g. Die Futterverwertung ist mit 1:2,34 bis 1:2,62 sehr gut, die Verluste konnte Meier vom ersten bis zum dritten Durchgang glatt halbieren.


Überdurchschnittlich gut sind die Schlachtleistungen. Die Indexpunkte liegen im Mittel bei 1 Punkt je kg SG. Die Fleischmaße der weiblichen Tiere liegen im Mittel bei 73,1 mm, bei den Ebern sind es 69,3 mm, wie Übersicht 3 auf Seite S20 zeigt. Gleichzeitig fallen die Speckmaße mit 12,1 bzw. 11,7 mm sehr niedrig aus. Das kommt dem Schinkengewicht zugute. Mit 20 bzw. 19,3 kg liegen diese alle im optimalen Gewichtsbereich der Abrechnungsmaske. Der Erlös aller Tiere liegt allerdings nur knapp über dem Basispreis von 1,80 € je kg.


Bei der Analyse der Ergebnisse entdecken Meier und sein Berater die Schwachpunkte der Produktion sofort: Der trotz der guten Schlachtleistungen nur durchschnittliche Erlös läge höher, hätte Meier seine Tiere besser sortiert. Dann wären 2 bis 3 Cent je kg SG mehr drin gewesen, wie die Auswertungen ergeben. Das Ergebnis nach unten gezogen haben zum einen die Jungeber, jeweils etwa ein Viertel der Jungeber waren bei der Vermarktung zu leicht bzw. zu schwer (siehe Übersicht 3). Auch die weiblichen Schweine muss Müller besser sortieren. Rund 37% der Tiere waren bei der Ablieferung viel zu schwer, im Schnitt lag das Schlachtgewicht bei 104 kg.


Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass der Betrieb Meier keine Nachteile durch die frühe nährstoffreduzierte Fütterung hat. Vielmehr muss er sein Verkaufsmanagement dringend optimieren, Meier muss mehr auf optimale Schlachtgewichte achten.


Extrem stark absenken?


Beispiel 3: Mäster Schulze kämpft mit hohen Nährstoffüberschüssen, die überbetriebliche Gülleabgabe kostet ihn jährlich mehrere zehntausend Euro. Um die Verwertungskosten zu senken, setzt Schulze in der Mast auf die „extrem stark N-/P-reduzierte“ Fütterung. In der Aufzucht wird N-/P-reduziert gefüttert. Der Betrieb mästet nur weibliche Tiere und Kastrate.


Schulze setzt insgesamt sechs verschiedene Mastmischungen mit unterschiedlichen Sojaanteilen ein. In der Anfangsmast erhalten die Tiere 14% HP-Soja, danach sinkt der Sojaschrotanteil kontinuierlich bis auf 4% in der Endmastmischung ab. Ab 85 kg LG setzt Landwirt Schulze überhaupt kein Sojaschrot mehr ein.


Die Mastschweine von Schulze erreichen in allen drei Mastdurchgängen durchschnittliche Tageszunahmen von rund 850 g. Die Futterverwertung liegt im Schnitt bei 1:2,58. Die Verluste schwanken zwischen 1,5 und 3,6%. Ärgerlich sind für den Landwirt die Schlachtergebnisse, die Indexpunkte liegen häufig unter 1 Punkt. Der Erlös liegt mit im Schnitt 1,79 € ebenfalls unter dem Basispreis von 1,80 €.


Probleme bereiten Schulze vor allem die weiblichen Schweine, die er viel zu spät vermarktet. Jedes dritte weibliche Mastschwein war beim Verkauf eindeutig zu schwer, wie Übersicht 4 zeigt. Bei Schlachtgewichten von 102,6 kg wogen die Schinken 20,7 kg. Oberhalb von 20,5 kg honoriert die Abrechnungsmaske den Schinken aber nur noch mit 2,3 Indexpunkten. Das Gleiche gilt für den Lachs, allerdings sind die Auswirkungen hier nicht ganz so groß.


Bei den Kastraten lag das Problem in den hohen Speckmaßen von durchschnittlich 15,6 mm. Zudem waren 40% der Kastraten bei der Schlachtung viel zu schwer, sodass Schulze auch hier empfindliche finanzielle Abzüge hinnehmen musste.


Schulzes Berater empfiehlt dem Landwirt, die Vermarktung anzupassen und die Schweine eher anzumelden. In diesem Fall würde der Erlös um 2 bis 3 Cent je kg SG steigen, wie die Berechnungen des Beraters ergeben haben. Reduziert Schulze darüber hinaus bei den Kastraten den Energiegehalt im Futter leicht, sinkt das Speckmaß.


Auch bei Mäster Schulze wird deutlich, dass er mit der extrem stark N-/P-reduzierten Fütterung bereits ab der Ferkelaufzucht insgesamt gut zurechtkommt. Hauptgrund ist, dass er bei der Futterzusammenstellung sehr gewissenhaft arbeitet und die Mischungen sehr genau auf den Bedarf der Schweine abstimmt. Auch bei der Einstellung der Fütterungstechnik macht Schulze keine Kompromisse.


Dringend verbessern muss er die Vermarktung der Tiere. Er muss zuallererst den hohen Anteil von viel zu schweren Schweine reduzieren.


marcus.arden@topagrar.com


Unsere Autorin


Christa Niemann, Deutscher Bauernverband

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