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Nährstoffreduzierung: Mit Phytase geht mehr

Lesezeit: 7 Minuten

Phosphorüberschüsse sind für viele Veredler ein Problem. Wie man mit Phytase mehr Phosphor aus dem Futter freisetzen kann und so den mineralischen P-Anteil zurückfährt, erklärt Dr. Manfred Weber, LLG Iden.


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Beim Thema Phosphor sträuben sich vielen Schweinehaltern die Nackenhaare. Insbesondere in den Veredlungshochburgen im Nordwesten und in Niederbayern bereitet der Nährstoff große Sorge, weil viele Böden zu hoch versorgt sind. Der Gesetzgeber versucht mit der neuen Düngeverordnung gegenzusteuern und hat die zulässigen Grenzwerte verschärft. Auch die Wasserversorger machen Druck und drängen auf schärfere Vorgaben.


Für viele Betriebe bedeuten die neuen Richtwerte, dass sie an der Nährstoffschraube drehen müssen, wenn sie ihren Tierbestand stabil halten wollen. Ein relativ großer Hebel für Nährstoff-einsparungen ist das Futter. Beispiel Phosphor: Heute sind Gehalte von unter 0,4% Phosphor im Schweinefutter möglich. Früher hätte man dafür jeden Berater vom Hof gejagt, der mit solchen Zahlen jongliert hat.


Wer mit solch niedrigen P-Werten arbeiten möchte, muss seine Futtermischungen anders konzipieren. Entscheidend ist, dass der Einsatz von mineralischem Phosphor weitestgehend zurückgefahren und der Phosphor aus den eingesetzten pflanzlichen Futterkomponenten besser verwertet wird.


Mehr P aus Pflanzen nutzen:

Doch das ist beim Schwein gar nicht so einfach. Denn der Phosphor in Pflanzen ist zum Großteil an der Phytinsäure gebunden. Schweine können diese Verbindungen im Gegensatz zu Wiederkäuern nicht spalten, da der Organismus die entsprechenden Enzyme nicht produziert. Welche Kapazitäten in Schweinefuttermitteln dadurch ungenutzt bleiben, verdeutlicht Übersicht 1. Je nach Futter-mittel liegt der vom Schwein zu verwertende Anteil an Phytatphosphor zwischen 36 und 84%.


Weil die Phosphorüberschüsse in Deutschland mittlerweile zu einem ernsthaften Problem geworden sind, versuchen Wissenschaft und Futtermittelindustrie in den letzten Jahren verstärkt, die Verdaulichkeit des pflanz-lichen Phosphors zu verbessern. Große Hoffnungen ruhten vor Jahren auf den mikrobiellen Phytasen, sozusagen der ersten Phytase-Generation. Hierbei handelt es sich um Enzyme, die in der Lage sind, die Phosphorreste vom Phytat (Salz der Phytinsäure) abzuspalten.


Pilze und Bakterien helfen:

Es stellte sich jedoch heraus, dass deren Wirkung sehr stark von den verwendeten Einzelfutterkomponenten abhängt. Außerdem sind die Produkte nicht hitzestabil. Bei der Wärmebehandlung von Futtermitteln, z.B. beim Pelletieren, werden sie zum Großteil zerstört. Und letztlich ist auch die Wirkung der pflanzlichen Enzyme im tierischen Organismus eher mangelhaft.


Anders sieht das bei den sogenannten „modernen“ Phytasen der zweiten Generation aus, die aus Pilzen wie zum Beispiel Aspergillus niger oder Bakterien wie beispielsweise E.coli gewonnen werden. Man unterscheidet dabei zwischen den sogenannten 3er- und 6er-Phytasen. Der Unterschied besteht darin, an welchem der sechs C-Atome der Phytinsäure die erste P-Abspaltung erfolgt. Über die Wirksamkeit sagt die Bezeichnung indes wenig aus, wobei man aber den 6er-Phytasen eher eine vollständige Ablösung aller sechs Phosphorreste nachsagt.


Ein weiterhin ungeklärtes Problem ist für Forscher die Frage, in welcher Einheit die Leistung der Phytasen gemessen werden und wie man die Angaben miteinander vergleichen kann. Bislang entspricht eine Phytaseaktivitäts-Einheit der Menge, die im Labor ein Micromol organischen Phosphors unter spezifischen Bedingungen freisetzt. Das Problem hierbei ist, dass die Labor-bedingungen den Bedingungen im Tier nur in den seltensten Fällen entsprechen. Außerdem gibt es produktspezifische Messmethoden, die sich in mehreren Details maßgeblich voneinander unterscheiden.


Ein Vergleich verschiedener Phytasen auf Basis der Aktivitätsangaben ist daher nicht sinnvoll. Besser geeignet sind Verdauungsversuche an Schweinen, mit denen der Anteil an freigesetztem Phosphor genauer bestimmt werden kann. Nur wenn das gelingt, können künftig Futterrationen konzipiert werden, deren Bruttophosphorgehalt niedrig ist, gleichzeitig aber ausreichend verdaulichen Phosphor ausweisen, um das Schwein bedarfsgerecht versorgen zu können.


Phytasen stehen auf sauer:

Phytasen, die aus Pilzen oder Bakterien gewonnen wurden, brauchen möglichst optimale Arbeitsbedingungen. Wichtig ist ein saures Umfeld, nur dann können sie ihre volle Wirkung entfalten. Ein saures Milieu findet man beim Schwein vor allem im Magen und im vorderen Darmabschnitt. Dort liegen die pH-Werte in der Regel zwischen 2,5 und 5. Auf diesen pH-Wertbereich sind insbesondere neu entwickelte Phytasen abgestimmt. Zudem sind die neuen Phytase-Generationen in der Lage, mehr Phosphorreste abzuspalten als ältere Produkte.


Entscheidend ist, dass die Phytasen im gefüllten Magen und im ersten Dünndarmabschnitt optimal wirken können. Denn nur bei einem gefüllten Magen-Darm-Trakt finden sie die Substrate vor, von denen sie die Phosphatreste abspalten können. Bei einem leeren Magen-Darm-Trakt verpufft die Wirkung logischerweise.


Für den Landwirt zu beachten ist, dass nicht alle Phytasen gleich gut arbeiten. Übersicht 2 zeigt die sogenannte relative Aktivität verschiedener Phytasen. Im pH-Wertbereich von 2,5 bis 5 ist die relative Aktivität der Phytase-Produkte 1 und 3 höher als bei Phytase 2. Die Produkte Nr. 1 und 3 lösen also mehr Phosphat aus den pflanzlichen Bestandteilen heraus als Nr. 2.


Auf Calciumgehalt achten:

Soll Phytase im Schweinefutter eingesetzt werden, müssen in der Regel die Gehalte an Rohprotein, Calcium und verschiedenen Spurenelementen angepasst werden. Das liegt daran, dass deren Verdaulichkeit ebenfalls steigt bzw. sich das Verhältnis zueinander verändert. Werden die Werte nicht angepasst, kann das Verhältnis Calcium zu Phosphor schnell aus dem Ruder laufen.


Ob der Einsatz von Phytase auch eine leistungssteigernde Wirkung hat, ist bislang nicht 100%ig geklärt. Man geht aber davon aus, weil durch die Abspaltung der Phosphatreste vom sogenannten Inositolring, so nennt man die chemische Struktur, an dem der Phosphor beim Phytat gebunden ist, mehr Phosphat freigesetzt wird. Das zeigen zumindest Versuche mit hohen Phytasemengen im Futter. Inositol wurde früher auch als Muskelzucker bezeichnet und hat mit der Versorgung der Muskelzellen zu tun. Heute nutzen es Sportler als Nahrungsergänzungsmittel.


50% weniger P-Ausscheidung:

Beim Einsatz von Phytase im Schweinefutter setzt ab einer gewissen Grenze ein abnehmender Ertragszuwachs ein. Bei einer Erhöhung der Dosis steigt die P-Freisetzung also nicht im gleichen Maße an. Für sehr hohe Dosierungen von deutlich über 2000 FTU ist der Mehrertrag sogar sehr begrenzt, was auch daran liegt, dass nicht mehr ausreichend reaktives Phytat für das Enzym vorhanden ist. FTU bezeichnet in diesem Zusammenhang die Phytaseaktivität je kg Futter.


Für den Einsatz im Praxisbetrieb ist wichtig, dass man die produktspezifischen Empfehlungen einhält. Nur dann kann eine unwirtschaftliche Überdosierung vermieden werden. Verschiedene Forschungsergebnisse belegen mittlerweile, dass es Sinn macht, die Grenze von ca. 2000 FTU einzuhalten.


Für den praktischen Landwirt stellt sich nun die Frage, um wie viel Prozent er den Phosphorausschuss senken kann, wenn im Futter Phytase enthalten ist. Untersuchungsergebnisse aus den letzten drei bis vier Jahren zeigen, dass die Halbierung der tierischen Ausscheidungen möglich ist (siehe Übersicht 3). Während die Mastschweine in der Kontrollgruppe 1,8 g je Tier und Tag ausschieden, betrug der Wert bei einer Dosierung von 2000 FTU nur noch 0,8 g pro Tier und Tag.


Auffällig ist, dass die Ausscheidungen umso stärker sinken, je höher die Phytase im Schweinefutter dosiert wurde. Hauptursache für die besseren Ergebnisse bei höherer Dosierung war die steigende Phosphorverdaulichkeit. Sie stieg in diesem Versuch von knapp 50% auf fast 70% bei 2000 FTU an. Ähnlich sah das Bild beim Calcium und Rohprotein aus.


Dass die zuvor genannten Ergebnisse keine Eintagsfliege sind, belegen Versuchsergebnisse der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Durch die Verdopplung des Phytaseeinsatzes von 350 auf ca. 700 FTU bzw. 250 auf 500 FTU gingen die Phosphorausscheidungen bei Mastschweinen um rund 24% von 1,47 kg pro Tier auf 1,12 kg zurück (siehe Übersicht 4). Für den Versuch wurden die üblichen RAM-Vorgaben (P-Gehalt 0,50 bzw. 0,46%) nochmals reduziert. Die Gehalte lagen bei 0,42 bzw. 0,37%.


Wie Übersicht 4 zeigt, gingen die Ausscheidungen der Mastschweine sogar signifikant zurück. Leider litten aber auch die biologischen Leistungen. Aufgrund von geringeren Zunahmen in Verbindung mit einer schlechteren Futterverwertung stiegen die Futterkosten je 100 kg in der Versuchsgruppe um 2,39 € pro Tier an. Unklar ist, ob das Ergebnis eine Ausnahmen ist, denn in anderen Versuchen gab es solche Leistungsreduzierungen nicht.


Kontakt:


marcus.arden@topagrar.com

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