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Nicht zum Anbeißen!

Lesezeit: 7 Minuten

Die elektronische Managementhilfe „SchwIP“ soll helfen, Schwanzbeißen beim Schwein vorzubeugen. Hier die ersten Ergebnisse aus 213 Praxisbetrieben.*


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Schwanzbeißen kann zig verschiedene Ursachen haben. Deshalb bekommt man das Problem auch so schwer in den Griff. Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen und die Schweine zum Beißen bringt, kann von Betrieb zu Betrieb ganz unterschiedlich sein. In einem Betrieb ist es der Mangel an Beschäftigungsmaterial, in einem anderen macht Zugluft den Schweinen zu schaffen, und in einem dritten Stall ist es womöglich die Sonne, die den Schweinen durch die Stallfenster auf den „Pelz“ brennt.


Risiko-Analyse am Laptop:

Um die Suche nach den Auslösern zu erleichtern, erprobt das Institut für Tierschutz und Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) in Celle seit 2011 eine Software-gestützte Managementhilfe, das sogenannte Schwanzbeiß-Interventions-Programm, kurz SchwIP genannt. Das in England entwickelte Excel-Programm wurde an deutsche Bedürfnisse angepasst und in 213 konventionellen Schweinemastbetrieben erprobt.


Die Betriebe wurden dazu im Abstand von zwölf Monaten zweimal durch Mitarbeiter des FLI bzw. durch speziell geschulte Berater und Tierärzte aufgesucht und mithilfe des SchwIP analysiert (siehe Kasten).


Dabei wurden die in Übersicht 1 aufgelisteten elf Risikofaktoren am häufigsten gefunden. Wobei ein Risikofaktor bereits dann als vorhanden galt, wenn er sich in mindestens einer Bucht des Betriebes feststellen ließ. Die Risikofaktoren können folgenden fünf Bereichen zugeordnet werden:


  • Beschäftigung,
  • Komfort,
  • Futter und Wasser,
  • Tiergesundheit,
  • Stress.


Attraktive Beschäftigung:

Schweine haben ein starkes Bedürfnis, ihre Umgebung mit Rüssel und Maul zu erkunden. Nach bisherigen Erfahrungen erhöhen Stress und Unwohlsein dieses Bedürfnis. Deshalb sollte ihnen attraktives Beschäftigungsmaterial angeboten werden.


Doch ist die Beschäftigung für die Tiere attraktiv? Um diese Frage zu klären, gehört zur SchwIP-Analyse auch eine genaue Beobachtung des Tierverhaltens. Dazu stellt sich der Untersucher so vor die Bucht, dass er möglichst alles überblicken kann und bewertet die Aktivität der Tiere.


Zunächst wird der Anteil der aktiven Schweine gezählt, also die Tiere, die zum Beobachtungszeitpunkt sitzen, stehen oder laufen. Anschließend wird erfasst, wie viele aktive Schweine sich den angebotenen Beschäftigungsmaterialien widmen bzw. wie viele sich lieber am Boden, an der Buchteneinrichtung oder an ihren Buchtengenossen zu schaffen machen.


Ziel ist, dass möglichst viele Schweine Interesse für das Beschäftigungsmaterial zeigen. Die Beobachtungen im Rahmen des SchwIP haben gezeigt, dass dieses Ziel mit veränderbaren Materia-lien wie Stroh oder Heu eher erreicht wird als mit robusten Beschäftigungsgegenständen wie Kugeln, Beißsternen oder Holzstücken. In den Buchten, in denen den Schweinen Heu oder Stroh angeboten wurde, traten weniger Schwanzverletzungen auf. Die Auswertung ergab allerdings, dass Heu und Stroh nur von wenigen Betrieben eingesetzt werden. 90 % der teilnehmenden Mäster verzichten darauf, die meisten vermutlich aus Furcht vor verstopften Güllekanälen.


Viele Betriebsleiter verwenden stattdessen robuste Materialien wie Holzstücke, Kunstoffsterne oder Kunststoffbretter, die an beweglichen Ketten montiert sind, um die Schweine zu beschäftigen.


Diese Materialien werden ebenfalls gut von den Tieren angenommen, müssen jedoch häufiger gewechselt werden, um attraktiv zu bleiben. Das geschieht in der Praxis allerdings zu selten, wie die Auswertung zeigte. In 86 % aller besuchten Betriebe werden die Materialien höchstens einmal im Monat ausgetauscht, vielfach noch seltener.


Zu warm, zu sonnig:

Schwanzbeißen kann darüber hinaus ein Indiz dafür sein, dass sich die Tiere nicht wohlfühlen, weil die Haltungsbedingungen nicht stimmen. In 88 % aller untersuchten Betriebe war es im Liegebereich der Tiere zu warm. Hier sollte dringend das Stallklima gecheckt werden! An heißen Tagen kann zudem eine Kühlmöglichkeit für Entlastung sorgen, z. B. in Form einer Sprühkühlung oder Coolpads.


In einigen Ställen wurden die hohen Temperaturen zusätzlich durch ungehindert einfallendes Sonnenlicht verstärkt. Wenn die Schweine der Sonne nicht ausweichen können, empfinden sie die Strahlung als Stress. In diesen Fällen wäre es hilfreich, das Sonnenlicht durch Milchglasscheiben, aufgeklebte Diffusorfolien, Bepflanzung außen am Stall oder durch einen ausreichenden Dachüberstand abzumildern. Das gilt insbesondere für Stallfenster, die nach Süden oder Westen ausgerichtet sind.


Kritisch für das Komfort-Empfinden ist auch eine hohe Belegdichte. In 39 % aller ausgewerteten Betriebe stand den Tieren in mindestens einer Bucht zu wenig Platz zur Verfügung. Ausschlaggebend waren dabei die Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Häufig waren gleichzeitig andere Buchten unterbelegt.


Nachteilig auswirken kann sich auch, wenn die Buchten ungünstig strukturiert sind. Beispiel: In 58 % aller Betriebe mussten Schweine auf dem Weg zur Tränke oder zum Trog den Liegebereich ihrer Buchtengenossen durchqueren. Dadurch wurden die dort liegenden Schweine gestört, und es entstand Unruhe in der Bucht. In solchen Betrieben sollte man deshalb unter Umständen darüber nachdenken, die Tränken zu verlegen.


Zu wenig Wasser:

Auch Mängel bei der Wasserversorgung darf man als Stressfaktor nicht unterschätzen. In vielen Betrieben (71 %) reichte die Durchflussrate der schwächsten Tränke in mindestens einer Bucht nicht aus, um den Wasserbedarf der Tiere zu decken. In anderen Betrieben (70 %) war die Durchflussrate der stärksten Tränke dagegen so hoch, dass der Wasserstrahl die Tiere eher abschreckte.


Oftmals reicht es bereits aus, den Druckminderer herunterzuregeln, auszutauschen oder den kompletten Tränkenippel zu ersetzen. Viele Tierhalter, die an der FLI-Studie teilgenommen haben, nehmen die gewonnenen Erkenntnisse zum Anlass, die Funktion und die Durchflussrate der Tränken künftig vor jedem neuen Einstallen zu überprüfen.


Kranke Tiere sind anfälliger.

Auch die Gesundheit der Tiere hat großen Einfluss auf ihr Wohlbefinden und da-mit auf die Schwanzbeiß-Problema-tik. Erfasst wurden im Rahmen der SchwIP-Analyse unter anderem die Rate verworfener Lebern, der Impfstatus der Tiere, das Einhalten des Rein-Raus-Prinzips, das Auseinanderwachsen der Schweine, Hautveränderungen, der An- teil kümmernder Tiere, erkennbarer Juckreiz sowie erste Anzeichen von Atemwegserkrankungen und Durchfall.


Bei der Auswertung zeigte sich, dass Defizite im Bereich Tiergesundheit die Wahrscheinlichkeit für Schwanzverletzungen um das 2,5-fache erhöhen können. Verbesserungen und vorbeugende Maßnahmen im Bereich Tiergesundheit zahlen sich daher gleich in doppelter Hinsicht aus.


Ein wichtiger Ansatz dafür ist die Bekämpfung von Atemwegsinfektionen. Denn in 60 % aller ausgewerteten SchwIP-Betriebe konnte man Symptome wie Niesen, Nasenausfluss, Husten und Atemnot bei den Schweinen beobachten. Tiere, die unter Atemwegsinfektionen leiden, sind allgemein ge-schwächt. Dadurch sind sie dann auch schneller von anderen Einflüssen überfordert, die zusätzlich auf sie einwirken.


Zum Vorbeugen von Schwanzbeißen sollte dem Gesundheitsmanagement und dem Stallklima deshalb besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.


Umgruppierungs-Stress:

In zwei Drittel (66 %) aller untersuchten Bestände wurden die Schweine auf Transporten vermischt und neu gruppiert, z. B. während des Transports vom Aufzucht- zum Maststall. Auch das kann das berühmte Fass zum Überlaufen bringen und die Tiere zum Schwanzbeißen verleiten. Denn durch die Kombination aus Transport und Neugruppierung stehen die Tiere so unter Druck, dass sie für andere Störfaktoren noch anfälliger werden.


Programm hilft.

Während des zweiten Betriebsbesuches füllten alle Teilnehmer des SchwIP-Projektes einen anonymen Fragebogen aus, in dem sie zu ihren Erfahrungen befragt wurden. Das Feedback fiel überwiegend positiv aus. Die meisten Landwirte gaben an, durch die Auswertungen neue Er-kenntnisse gewonnen zu ha-ben, wodurch das Schwanzbeißen ausgelöst werden kann und wie man noch gezielter vorbeugen kann (siehe Übersicht 2). Viele beobachten ihre Schweine jetzt noch intensiver. Besonders die Gesamtauswertung mit den farbig dargestellten Stärken und Schwächen des Betriebes kam gut bei den Landwirten an.


Die Schweinehalter wurden auch gefragt, wie viel Geld sie investieren würden, um dem Schwanzbeißen effektiv vorzubeugen (siehe Übersicht 3). Die meisten Teilnehmer nannten dabei mindestens 2 € je Mastplatz. 10 % würden sogar mehr als 10 € investieren.


Zurzeit werden noch weitere Daten der Betriebserhebungen ausgewertet. An-schließend wird die Software anhand dieser Ergebnisse noch einmal angepasst. Ziel ist, dass die Gesamtergebnisse und die Software zum Abschluss des Projektes im August 2014 auf der Homepage des FLI für Landwirte, Berater und Tierärzte zum Herunterladen kostenlos zur Verfügung stehen.


Vielen Dank! Das SchwIP-Team bedankt sich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Beteiligten für das große Inte-resse sowie die Teilnahmebereitschaft aller Tierhalter und Schulungsteilnehmer!

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