Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Ödemkrankheit – die Impfung wirkt

Lesezeit: 5 Minuten

Wann ist es sinnvoll, gegen die Ödemkrankheit zu impfen und in welchem Alter? Tierarzt Dr. Andreas Palzer aus Scheidegg antwortet.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Zurzeit wird viel über die Ödemkrankheit bei Absetzferkeln berichtet. Nehmen die Probleme zu?


Dr. Palzer: Die Ödemkrankheit gehört weltweit zu den häufigsten Erkrankungen bei Ferkeln. Die Erkrankungsrate ist jedoch relativ stabil. In Deutschland können wir allenfalls eine leichte Zunahme beobachten. Es mag allerdings der Eindruck entstehen, dass die Probleme zunehmen. Denn die Sauenbestände werden größer. Deshalb sterben absolut gesehen pro Betrieb auch mehr Ferkel an den von den EDEC-­Darmbakterien gebildeten Toxinen.


Wie lässt sich die Ödemkrankheit von anderen Erkrankungen wie z. B. einer Streptokokken-Infektion unterscheiden?


Dr. Palzer: Typisch für die Ödemkrankheit sind die Wasseransamm-lungen auf dem Nasenrücken, dem Augenlid, der Lunge und dem Kehl­deckel der Ferkel, die sogenannten Ödeme. Die Schwellung auf dem Kehldeckel bewirkt, dass die Ferkel nicht mehr schreien können, sie wirkenheiser. Außerdem liegen Ödemferkel häufig in „Robbenhaltung“ in der Bucht, mit nach hinten ausgestreckten Vorder- und Hinterbeinen.


Mit Streptokokken infizierte Ferkel wirken dagegen schreckhaft, ihr Gang ist steif und sie halten den Kopf schief. Akut erkrankte Tiere liegen auf der Seite und führen mit ihren Beinen die typischen „Ruderbewegungen“ aus.


Die Symptome der Ödemkrankheit treten jedoch nicht immer auf. Bisweilen ist der Erreger so aggressiv bzw. die Toxinbildung so stark, dass die Tiere auch ohne Krankheitsanzeichen sterben. Sicherheit liefert daher erst eine diagnostische Abklärung im Labor.


Welche Proben eignen sich für den Nachweis, und was muss man bei der Probenahme beachten?


Dr. Palzer: Für den Labornachweis benötigt man Kotproben oder Darm­inhalt von frisch erkrankten bzw. frisch verendeten Ferkeln. Nach der Isolierung müssen die E. coli-Bakterien unbedingt auf ihre krank machenden Eigenschaften (Pathogenitätsfaktoren) untersucht werden. Blut- oder Organproben sind für den Nachweis dagegen nicht geeignet. Denn der Erreger selbst dringt in der Regel nicht in die Blutbahn ein. Und für das Bakteriengift, das Shigatoxin, gibt es noch keinen Test, der empfindlich genug ist.


Seit einiger Zeit kann man gegen die Ödemkrankheit impfen. Welche Erfahrungen liegen bislang vor?


Dr. Palzer: Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Toxoid-Impfstoff „Ecoporc Shiga“ sind sehr positiv. Die Auswertungen der Betriebe, die den Impfstoff mit Ausnahmegenehmigung nach § 17 c schon während des Zulassungsverfahrens einsetzen durften, zeigen, dass sich die Totalverluste in 179 ausgewerteten Betrieben von 8,5 auf 2,2 % verringert haben. Und der Anteil der Kümmerer konnte in 117 ausgewerteten Praxisbetrieben von 5,4 auf 1,9 % vermindert werden. Gleichzeitig erhöhten sich die Tages­zunahmen von durchschnittlich 390 auf 410 Gramm pro Tier und Tag.


In einem von mir direkt betreuten Betrieb fiel der Leistungsschub durch die Impfung sogar noch viel größer aus. Vermutlich lag das daran, dass die geimpften Ferkel fütterungsmäßig nicht mehr so stark gedrosselt werden mussten. Zudem waren vor der Impfung überwiegend die frohwüchsigen, guten Ferkel verendet.


Ein positiver Effekt zeigte sich auch beim Antibiotikaeinsatz. Betriebe, die vor der Impfung ausschließlich Ödemprobleme hatten, konnten auf eine Therapie mit Colistin ganz verzichten. Und in den Betrieben, die zusätzlich noch mit Ferkeldurchfällen zu kämpfen hatten, konnte der Colistineinsatz zumindest deutlich reduziert werden.


Wann ist der beste Impfzeitpunkt für die Ferkel?


Dr. Palzer: Bis ein ausreichender Impfschutz aufgebaut ist, vergehen nach der Vakzination drei Wochen. Deshalb sollten die Ferkel spätestens drei Wochen vor dem zu erwartenden Infektionszeitpunkt geimpft werden.


Der Impfstoffhersteller empfiehlt, die Impfung am vierten Lebenstag durchzuführen, zeitgleich mit der Eisengabe. Einige Tierärzte berichten jedoch, dass die Ferkel bei der frühen Impfung gegen die Ödemkrankheit mitunter einen Tag lang sehr schlapp wirken. Daher sollte das Impfschema betriebsindividuell angepasst werden. Bei 28 Tagen Säugedauer reicht es nach unseren bisherigen Erfahrungen daher auch durchaus aus, die Ferkel erst am zehnten Lebenstag zu impfen.


Ist es empfehlenswert, die Impfung gegen die Ödemkrankheit als Standard-Impfung einzuführen, ähnlich wie die Vakzination gegen Mykoplasmen?


Dr. Palzer: Nein. Die Impfung gegen die Ödemkrankheit macht nur in solchen Beständen Sinn, in denen sich die Shigatoxin bildenden Bakterien auch tatsächlich nachweisen lassen und definitiv Probleme bereiten. Denn gegen Durchfälle, die durch E. coli-Bakterien ausgelöst werden, zeigt die Impfung keine Wirkung. Als Routinemaßnahme wird sich die Impfung gegen die Ödemkrankheit daher nicht etablieren können.


Erste Erzeugergemeinschaften aus Süddeutschland denken jedoch darüber nach, die Shigatoxin-Vakzination als Pflichtimpfung für Babyferkelerzeuger einzuführen, die in einen Aufzuchtbetrieb liefern, in dem mehrere Ferkelherkünfte zusammenkommen, da dort die Wahrscheinlichkeit für Infektionen mit Shigatoxin bildenden E. coli durch das Mischen verschiedener Herkünfte deutlich höher ist.


Was lässt sich außer der Impfung noch vorbeugend gegen die Ödemkrankheit tun?


Dr. Palzer: Versuche haben gezeigt, dass man der Ödemkrankheit nach dem Absetzen durch drastisches Absenken des Rohproteingehaltes und gleichzeitiges Anheben des Rohfasergehaltes im Futter wirkungsvoll vorbeugen kann. Diese Maßnahmen gehen jedoch zulasten der Zunahmen.


Viele Landwirte schwören auf das Ansäuren des Futters oder den Zusatz von Probiotika bzw. Laktulose. In kon-trollierten Untersuchungen zeigten Probiotika und Laktulose allerdings nicht immer den erhofften Effekt.


In einigen Ländern wie z. B. Dänemark wird nach dem Absetzen vermehrt Zinkoxid ins Futter eingemischt. Zinkoxid hat zwar einen antibakteriellen und leistungsfördernden Effekt. Um gegen krank machende Darmkeime wirksam zu sein, müsste das Zinkoxid jedoch weitaus höher dosiert werden, als dies in der EU zulässig ist. Und das würde dazu führen, dass große Zinkmengen von den Schweinen ausgeschieden werden und sich im Boden anreichern.


Das Interview führte Henning Lehnert.

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.