Der PIC-Mutterkonzern Genus will in einigen Jahren Schweine anbieten, die gegen dasPRRS-Virus resistent sind. Über die Hintergründe sprach top agrar mit der Geschäftsführerin der PIC Deutschland GmbH, Dr. Kerstin Reiners.
Genus und die Universität von Missouri arbeiten an der Zucht PRRS-resistenter Schweine. Welche Bedeutung hat das für die Schweineproduktion?
Reiners
PRRS ist die Viruserkrankung, die weltweit den größten wirtschaftlichen Schaden verursacht. Der Erreger kann Fruchtbarkeitsstörungen, vermindertes Wachstum und eine erhöhte Sterblichkeit verursachen. Zudem ist er Wegbereiter für viele Folge-erkrankungen. Die Iowa State University schätzt den Schaden, der allein in den USA durch das PRRS-Virus verursacht wird, auf jährlich 664 Mio. US $. Für Europa geht man von mehr als 1,5 Mrd. € Schaden pro Jahr aus. Das verdeutlicht das ökonomische Potenzial, das eine Resistenz gegen das PRRS-Virus bietet. Für eine nachhaltige Produktion werden vorbeugende Maßnahmen immer wichtiger. Eine Resistenz bietet da mit Abstand den besten Schutz.
Wie funktioniert die PRRSV-Resistenz, sind die Schweine genverändert?
Reiners
Die PRRSV-Resistenz beruht auf dem Verfahren des „Gene-Editing“. Diese Art der Gen-Bearbeitung ermöglicht präzise Veränderungen am Genom eines Tieres, ohne genetisches Material von einem anderen Organismus einzubringen, wie das bei der Gen-Veränderung (Gene-Modification) der Fall ist. Bei den PRRSV-resistenten Schweinen wird ein bestimmtes Gen ausgeschaltet, das zur Produktion des Proteins CD163 nötig ist. Dieses Protein benötigt das PRRS-Virus, um eine Infektion auszulösen. Schweine, die dieses Eiweiß nicht bilden können, sind immun gegen PRRS.
Wird die Resistenz an die nächste Generation weitervererbt?
Reiners
Ja, wenn PRRSV-resistente Sauen mit Sperma von resistenten Ebern belegt werden. Sowohl auf der Vater- als auch auf der Mutterseite müssen Tiere eingesetzt werden, die gegen das PRRS-Virus resistent sind.
Werden die Wachstums- und Fruchtbarkeitsleistungen der Schweine durch die PRRSV-Resistenz negativ beeinflusst?
Reiners
Die Krankheit selbst beeinflusst die Wachstums- und Fruchtbarkeitsleistung negativ. Deshalb erwarten wir, dass die Resistenz einen positiven Einfluss auf diese Eigenschaften hat. Die ersten Ergebnisse hierzu sind positiv, beruhen allerdings nur auf einer kleinen Machbarkeitsstudie.
Besteht die Gefahr, dass die resistenten Schweine zwar selbst nicht mehr erkranken, den Erreger aber weitergeben?
Reiners
Die Forschungsergebnisse der Universität von Missouri konnten keinen Virustiter im Blut der genetisch-editierten Schweine nachweisen, nachdem sie mit dem Virus in Kontakt gekommen waren. Im Blut der nicht resistenten Schweine ließ sich der Erreger dagegen nach entsprechendem Viruskontakt sehr wohl nachweisen.
Wie schnell verliert sich die Resistenz, wenn sich das Virus weiterentwickelt?
Reiners
Die Resistenz bleibt vermutlich stabil. Denn den PRRSV-widerstandsfähigen Schweinen fehlt das Eiweiß CD163, das der Erreger benötigt, um in die Zellen der Schweine einzudringen. Das Virus muss also einen komplett neuen Weg finden, um die Resistenz zu umgehen und in die Zelle einzudringen.
Das Genom der resistenten Schweine wurde verändert. Werden diese Tiere in Europa überhaupt zugelassen?
Reiners
Wir sind guter Hoffnung. Noch ist es zu früh, eine Prognose abzugeben, wie sich die EU-Behörden positionieren. Denn weltweit gibt es derzeit eine rege Diskussion, wie mit Produkten umzugehen ist, die durch Gene-Editing entstanden sind.
Wann können Ferkelerzeuger die ersten PRRSV-resistenten Jungsauen kaufen?
Reiners
Noch befindet sich die Technologie im Entwicklungsstadium und die Ergebnisse basieren auf einer kleinen Machbarkeitsstudie. Um die Machbarkeit und die Wirksamkeit des Verfahrens zu prüfen, sind noch viele Untersuchungen erforderlich. Daher wird es noch mindestens fünf Jahre dauern, bis die ersten PRRSV-resistenten Schweine verfügbar sind.
Wie viel teurer werden sie sein als herkömmliche PIC-Jungsauen?
Reiners
Bis zur Vermarktungsreife liegen noch viele Herausforderungen vor uns. Deshalb ist es zu früh, um über Kosten und Preise zu sprechen. Für Genus und PIC hat die Wertschöpfung für unsere Kunden oberste Priorität. Wir wollen das wirtschaftliche Ergebnis unserer Kunden verbessern.Das Interview führte top agrar-Redakteur Henning Lehnert