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PRRS: Wie gefährlich ist der neue Acro-Stamm?

Lesezeit: 6 Minuten

Seit einiger Zeit kursiert in Österreich und in Nordwestdeutschland ein neuer, aggressiver Stamm des PRRS-Virus. Wie sich die Infektion äußert und wie gut die vorhandenen Impfstoffe schützen, erläutert Prof. Andrea Ladinig von der Universitätsklinik für Schweine in Wien.


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Seit mehr als einem Vierteljahrhundert macht das PRRS-Virus den Schweinehaltern weltweit zu schaffen. Die Schäden, die der Erreger verursacht, sind auch nach 25 Jahren noch enorm. Allein in der amerikanischen Schweinehaltung werden die Produktivitätsverluste durch PRRSV-Infektionen auf jährlich 664 Mio. US-Dollar geschätzt. Und in Deutschland geht man von einem Schaden von etwa 116 Mio. € pro Jahr aus.


Etwa 55% der Schäden, so schätzt man in den Vereinigten Staaten, entstehen in Aufzucht und Schweinemast. Und etwa 45% der wirtschaftlichen Verluste gehen auf das Konto von Fruchtbarkeitsstörungen.


In Sauenherden verlaufen die Infektionen häufig wellenförmig. Nach akuten Phasen mit erhöhten Totgeburten, Saugferkelverlusten und vermehrtem Umrauschen schwächen sich die Symptome häufig für sechs bis acht Monate wieder ab, um dann erneut aufzuflackern. Wobei die klinischen Symptome insgesamt davon abhängen, in welchen Stadium der Trächtigkeit die Sauen infiziert werden. Die schwerwiegendsten Auswirkungen haben Infektionen im letzten Drittel der Trächtigkeit.


Neuer, aggressiver Stamm:

Seit Frühjahr 2015 wird ein neuer, aggressiver PRRSV-Stamm beobachtet. Der erste Ausbruch ereignete sich in Niederösterreich, der Region rund um Wien. Aufgrund seiner regionalen Herkunft und Ähnlichkeit zu einem in Kroatien aufgetretenen Ableger wurde der neue Stamm mit der Bezeichnung „Acro“ (Austrian-Croatian) versehen. Die interne Bezeichnung der Veterinärmedizinischen Uni Wien lautet „AUT15-33“.


Die Symptome waren heftiger als alles, was in den Jahren zuvor beobachtet worden war. In einem Ferkelerzeugerbetrieb mit 80 Zuchtsauen, z.B. der vorher als PRRS-unverdächtig galt, ähnelten die ersten Symptome denen eines akuten Influenzaschubes. Die hochtragenden Sauen bekamen zunächst Fieber und wollten nicht fressen. Mehr war anfangs gar nicht zu sehen.


Zweieinhalb Wochen später, als die ersten Tiere abferkelten, zeigte sich dann das ganze Ausmaß der Infektion: Fast 70% der Ferkel der Abferkelgruppe wurden tot geboren. Und von den lebend geborenen Tieren waren die meisten lebensschwach. Viele starben in den ersten Lebenstagen. Unter dem Strich verendeten 90% aller Ferkel der Abferkelgruppe. Und im folgenden Durchgang traf es noch 60% der Tiere.


Auch im frühen Trächtigkeitsstadium hinterließ der Acro-Stamm seine Spuren. Bei den frisch belegten Sauen kletterte die Umrauschrate auf 40%, bei einer zweiten Abferkelgruppe sogar bis auf 60 % an. Es dauerte fast einen Monat, bis im Flatdeck die ersten Symptome sichtbar wurden. Sie reichten von verdickten Gelenken und Bindehaut-entzündung bis hin zu massivem Kümmern bei einigen Tieren.


Eine Ferkelgruppe war besonders stark betroffen. Alles in allem verendeten 40% der Ferkel dieser Aufzuchtgruppe. Erstaunlicherweise traf es jedoch nur diese eine Aufzuchtgruppe so hart. Bei den anderen beiden Altersgruppen, die sich zeitgleich im Flatdeck aufhielten, traten deutlich weniger klinische Symptome auf.


Rasante Ausbreitung:

Im Sommer 2015 beruhigte sich das Infektionsgeschehen mit steigenden Temperaturen zunächst wieder. Im Herbst flammte es dann jedoch erneut auf. Schnell breitete sich das Virus Richtung Oberösterreich und Steiermark aus.


Selbst bis nach Süd- und Norddeutschland schaffte es das Virus, wie sich in einigen Fällen anhand der Bestimmung der Virusisolate belegen ließ (siehe Interview auf Seite S 12 bis 13). Wie das Virus dort hingelangt war, ist bis heute unklar. Erwiesen ist nur, dass der Erreger sehr aggressiv ist und sich aufgrund der hohen Ausscheidungsrate schnell verbreitet bzw. schnell in andere Bestände verschleppt werden kann.


Der Nachweis gelingt relativ einfach. Am besten beprobt man dazu kranke Sauen mit erhöhter Temperatur oder Tiere, die abortiert haben. Als Probenmaterial eignen sich der Thymus der ab-ortierten Feten sowie Blut- und Speichelproben von den Sauen.


Erreger ist hartnäckig:

Eine Besonderheit des Virusstammes „Acro“ ist zudem, dass sich der Erreger sehr hartnäckig in den infizierten Beständen hält. Ein österreichischer Betrieb, in dem bereits im Frühjahr 2015 massive Aborte bei den Sauen aufgetreten waren, durchlebte im Herbst des gleichen Jahres eine zweite Abortwelle. Das Virus nistet sich dabei in den Lymphknoten der Tiere ein. Der Nachweis ist jedoch schwierig, da der Erreger aus dem Blut längst wieder verschwunden ist.


In Österreich wurden auch erste Sanierungsversuche unternommen. In einem Bestand mit 350 Zuchtsauen wurde die Herde dazu komplett geschlossen. Zuvor wurden noch PRRSV-negative Jungsauen zugekauft. Alle Absetzferkel wurden aus dem Betrieb entfernt und die Sauen bzw. Jungsauen zweimal im Abstand von vier Wochen mit einer herkömmlichen PRRSV-Lebendvakzine geimpft.


Zur Erfolgskontrolle wurden ab zwölf Wochen nach der zweiten Bestandsimpfung Blutproben von Absetzferkeln entnommen und mittels PCR auf das Vorhandensein von PRRSV untersucht. Es dauerte insgesamt 31 Wochen, also mehr als ein halbes Jahr, bis im Bestand nach dem Schließen der Herde und Impfen kein PRRSV-positives Absetzferkel mehr zu finden war!


Bleibt die Frage, wie gut die vorhandenen PRRSV-Impfstoffe vor den wirtschaftlichen Schäden einer Infektion mit dem Acro-Stamm schützen. Die Universitätsklinik für Schweine in Wien hat dazu Impfversuche an Jungsauen durchgeführt. Die Tiere wurden dreimal mit einer EU-Lebendvakzine geimpft: Zweimal im Abstand von vier Wochen vor dem Belegen und ein drittes Mal am 53. Trächtigkeitstag.


Verglichen wurden sechs Versuchsgruppen mit jeweils vier Tieren. Zwei Kontrollgruppen, eine geimpft und eine ungeimpft, blieben uninfiziert. Zwei weitere Gruppen wurden am 84. Trächtigkeitstag mit dem Acro-Stamm und zwei Versuchsgruppen mit dem sogenannten Herberting-Stamm des PRRS-Virus infiziert. Von beiden Versuchsgruppen war zuvor jeweils eine Gruppe geimpft worden, während die zweite ungeimpft blieb.


Impfstoffe zeigen Wirkung:

Die Ergebnisse sind noch nicht komplett ausgewertet. Es zeigte sich jedoch, dass bei keiner Sauengruppe schwerwiegende, klinische Erscheinungen auftraten. Die ungeimpften Jungsauen wiesen allerdings eine deutlich höhere Körpertemperatur auf als die Tiere mit Impfschutz. Zudem nahmen die ungeimpft mit dem Acro-Stamm infizierten Sauen deutlich weniger zu. Sie wogen 23 Tage nach der Infektion zum Teil 40 kg weniger als die geimpften Sauen.


Deutliche Unterschiede gab es auch beim Erhaltungszustand der Feten. Bei den mit dem Acro-Stamm infizierten, nicht geimpften Sauen waren nur 56% aller Feten überlebensfähig, bei allen anderen Sauen dagegen 95% und mehr. Die geringere Gewichtszunahme der infizierten Sauen spiegelte sich hier eins zu eins im Gewicht der Feten wider. Die Ferkel der ungeimpft infizierten Sauen waren kleiner, leichter und hatten geringere Überlebenschancen.


Fazit: Durch die Impfung mit der EU-Lebendvakzine konnten die Überlebens-chancen der Ferkel bei einer Infektion der Sauen mit dem Acro-Stamm des PRRS-Virus deutlich verbessert werden. Und Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass auch andere PRRSV-Lebendvakzinen erfolgreich zur Bekämpfung von PRRSV-Acro eingesetzt werden können.-lh-

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