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Saure Gülle, weniger Emissionen

Lesezeit: 6 Minuten

Durch das Ansäuern von Gülle lassen sich die Ammoniak-Emissionen deutlich reduzieren. Wie das Verfahren funktioniert und was Landwirte davon halten, beschreibt Susanne Höcherl von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft auf Basis einer Online-Umfrage.


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Ammoniakemissionen (NH3) min-dern nicht nur die Düngewirkung der Gülle, sondern belasten auch die Umwelt. Um schädliche Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und empfindliche Ökosysteme zu verringern, müssen die NH3-Emissionen Deutschlands deshalb bis 2030 im Vergleich zum Referenzjahr 2005 um 29% reduziert werden. So gibt es die neue NEC-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/2284) vor.


Tatsache ist, dass NH3-Emissionen größtenteils in der Landwirtschaft entstehen, vor allem bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern. In der Schweinehaltung treten NH3-​Verluste vor allem im Stallbereich auf.


Um die ehrgeizige Zielvorgabe der neuen NEC-Richtlinie zu erreichen, sind besonders wirksame Verfahren zur NH3-Minderung nötig. In Dänemark setzt man dabei unter anderem auf die Ansäuerung der Gülle.


Das Verfahren scheint vielversprechend. Im Rahmen einer dänisch-niederländisch-deutschen Kooperation zur Überprüfung von Umwelttechnologien in der Landwirtschaft (VERA) konnte gezeigt werden, dass die Ammoniak-​Emissionen in Mastschweineställen allein durch das Ansäuern der Gülle um bis zu 64% verringert werden können.


Gülle-pH wird abgesenkt:

Wie funktioniert das Verfahren? In organischen Düngern liegt ein Gleichgewicht zwischen Ammonium (NH4+) und Ammoniak (NH3) vor. Mit steigendem pH-Wert verschiebt sich dieses Gleichgewicht immer mehr Richtung NH3. Dadurch treten vermehrt Stickstoffverluste auf, weil Ammoniak flüchtig ist und an die Umwelt abgegeben wird.


Durch die Zugabe von Säure kann der pH-Wert der Gülle auf pH 5 bis 6 gesenkt und die Ammoniakausgasung reduziert werden. Das kann im Stall, während der Lagerung oder beim Ausbringen der Gülle geschehen. In Dänemark wird dazu häufig konzentrierte Schwefelsäure verwendet, denn sie ist kostengünstig und leicht verfügbar.


Der Säuretransport und die Wartung der Anlagen werden dort von Firmen mit geschultem Personal übernommen. Auf diese Weise kommt der Landwirt mit der hoch ätzenden Schwefelsäure gar nicht in Kontakt. Die Säure wird außerhalb des Stalles in einem doppelwandigen Behälter mit Betonfundament und Anfahrschutz gelagert, um zu verhindern, dass der Behälter beschädigt wird und Säure austritt.


Bei der Ansäuerung im Stall wird die Gülle zunächst aus dem Stall in einen Mischtank umgepumpt. Der Tank befindet sich außerhalb des Stalles. Dort erfolgt dann unter ständigem Rühren die Säurezugabe.


Anschließend wird ein Teil der angesäuerten Gülle zurück in den Stall gepumpt und der andere Teil ins Güllelager. Das hat den Vorteil, dass die tierischen Ausscheidungen unter den Spalten sofort mit dem angesäuerten Substrat in Berührung kommen und die NH3-Ausgasung von Anfang an reduziert ist.


Noch viele offene Fragen:

Nach allen bisherigen Erkenntnissen lassen sich die Stickstoffverluste in Wirtschaftsdüngern mit dieser Technologie deutlich reduzieren. In der überarbeiteten Düngeverordnung ist allerdings nicht definiert, ob dieses Verfahren auch in Deutschland als emissionsmindernde Maßnahme anerkannt wird.


Klar ist, dass der Kalkbedarf der Böden zunimmt, wenn Gülle mit niedrigerem pH-Wert ausgebracht wird. Zu den Auswirkungen im Stallbereich besteht jedoch noch reichlich Forschungsbedarf. Bislang ist noch wenig darüber bekannt, wie stark der Säurezusatz den Beton in Güllebehältern, Güllekanälen und -kellern angreift. Die dänischen Anlagen werden dazu alle zehn Jahre inspiziert. Dabei stellen die Hersteller besondere Anforderungen an die Betonqualität – auch im Stall. Unklar ist zudem, wie groß das Interesse und die Akzeptanz für diese neue Technologie in Deutschland ist.


Um diese Frage zu klären, untersucht die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft in einem aktuellen Projekt die emissionsmindernde Wirkung von Ansäuerungsverfahren. Und sie überprüft, ob diese Technologie auch unter deutschen, insbesondere bayerischen Strukturbedingungen und Betriebsverhältnissen einsetzbar ist.


Online-Umfrage zur Akzeptanz:

Um das Interesse und die Akzeptanz zu bestimmen, wurde eine Onlineumfrage durchgeführt, an der sich 277 Personen beteiligten. Bei den Teilnehmern handelte es sich hauptsächlich um Landwirte (61%) und Studenten (19%). Der überwiegende Teil (79%) hat einen direkten praktischen Bezug zur Landwirtschaft bzw. einen eigenen Hof. 83% der Betriebe werden im Haupterwerb bewirtschaftet und 95% konventionell.


Knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer (n = 107) wenden bereits andere emissionsmindernde Maßnahmen in ihrem Betrieb an. Am häufigsten (88%) wurde dabei die bodennahe Ausbringung über Schleppschlauchverteiler oder die Schlitztechnik genannt, wie Übersicht 1 verdeutlicht.


39% der Teilnehmer verfügen über eine Abdeckung des Güllebehälters und 28% füttern ihre Tiere bereits stickstoffreduziert. Weitere 17% der Umfrageteilnehmer schieben regelmäßig die Lauf​flächen ab. Und 16% der Befragten separieren die Gülle.


Vom Verfahren der Gülle-Ansäuerung hatten vor der Umfrage nur knapp die Hälfte der Teilnehmer etwas gehört. Die meisten (80%) hatten in Fachzeitschriften darüber gelesen, 18% hatten sich auf Informationsveranstaltungen dazu informiert. Das Verfahren tatsächlich angewendet haben dagegen erst 3% der Umfrage-Teilnehmer.


Anschließend wurde die Akzeptanz des Themas abgefragt. Die Teilnehmer konnten zwischen verschiedenen Beurteilungen wählen, die von „Ich befürworte das Verfahren sehr“ bis zu „Ich lehne das Verfahren stark ab“ reichten. 86% der Befragten hatten eine positive bis neutrale Einstellung gegenüber der Gülle-Ansäuerung (s. Übersicht 2).


Die Befürwortung erfolgte unabhängig vom Alter und der Betriebsstruktur. 40% der im Nebenerwerb tätigen Landwirte und 35% der Haupterwerbsbetriebe befürworteten das Verfahren der Gülle-Ansäuerung. Mehr als die Hälfte der Haupterwerbler ist der neuen Technologie gegenüber neutral eingestellt.


Korrosion und Sicherheit:

Es gibt aber auch Unsicherheiten. Bedenken wurden in erster Linie wegen der möglichen Korrosionsgefahr bei Verwendung konzentrierter Säuren geäußert. 80% der Teilnehmer werteten diesen Aspekt als sehr oder ziemlich bedeutend (s. Übersicht 3). Auf Platz zwei (65%) folgte der bauliche Aufwand, wenn die Säure im absetzigen Verfahren zugemischt wird.


Am dritthäufigsten (52%) wurde der zusätzliche Investionsaufwand genannt. Und erst an vierter Stelle (51%) folgte dann die Befürchtung, dass die Arbeitssicherheit beeinträchtigt sein könnte, wenn chemische Substanzen wie Schwefelsäure zum Einsatz kommen.


Die Hälfte der Ablehner gab an, dass sie das Verfahren weniger kritisch beurteilen würden, wenn statt Schwefelsäure eine leicht abbaubare Substanz wie z.B. Milchsäure zum Einsatz käme. Die Übernahme der Wartungsarbeiten und des Säuretransportes durch eine Fachfirma mit geschultem Personal, würde die Befragten hingegen nicht umstimmen können.


Effizienter düngen:

Als Vorteile der Gülleansäuerung wurden neben der Minderung der Ammoniak-Emissionen auch die verbesserte Düngeeffizienz genannt (s. Übersicht 4). Denn die gasförmigen Stickstoffverluste werden reduziert. Dadurch kann der Güllestickstoff noch effektiver genutzt werden.


Unter dem Strich waren sich die Teilnehmer der Umfrage einig, dass die für den Bau der Anlage nötigen Fixkosten und die laufenden Kosten für den Säure-einkauf und den Strombedarf so gering wie möglich gehalten werden sollten. Die Investitionskosten sollten laut Umfrage maximal 25000 € und die jährlichen variablen Kosten höchstens 2000 € betragen. Wobei die größeren Betriebe tendenziell bereit waren, auch höhere jährliche Kosten zu tragen.


Kontakt:


henning.lehnert@topagrar.com

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