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Schlachten und Zerlegen: Zu hart für Verbraucher?

Lesezeit: 6 Minuten

Landwirten und Fleischindustrie wird vorgeworfen, hinter verschlossenen Türen zu produzieren. Die Vion traut sich jetzt aus der Deckung. Das Unternehmen zeigt ganz offen, wie man Fleisch produziert. top agrar sprach mit Dr. Gereon Schulze Althoff.


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Anfang November 2016 haben Sie bei Vion die Transparenzinitiative gestartet. Warum die neue Offenheit?


Schulze Althoff: Die Gesellschaft fordert von den Unternehmen der Lebensmittelbranche mehr Trans-parenz. Die Leute wollen wissen, wo und wie ihr Essen hergestellt wird. Diesem Wunsch möchten wir nachkommen und bieten deshalb auf der Internetseite www.vion-transparenz.de umfangreiche Informationen über unsere Produk-tionsmethoden und -prozesse an.


Zeigen Sie wirklich alles?


Schulze Althoff: Wir zeigen im Detail wie wir arbeiten, wir gewähren Einblicke in unsere Produktionsme-thoden und stellen Daten zur Verfügung. Auf unserer Internetseite haben wir z.B. Fotos hochgeladen, die Tiere im Brühkessel und im Flammofen zeigen. Wir zeigen auch offene Schlachthälften und zerlegte Teilstücke.


Unser Ziel ist ganz klar die Versachlichung des Themas Fleischproduktion in der Landwirtschaft und Lebens-mittelindustrie. Ich hoffe, dass unsere Transparenzinitiative dazu beiträgt, dass wir in Zukunft wieder sachlicher und faktenbasiert mit allen Interes-sierten diskutieren können.


Was heißt faktenbasiert?


Schulze Althoff: Für uns heißt das, dass wir die Fakten sprechen lassen. Wir bilden auf der Webseite den Produktionsprozess in der Schlachtung und Zerlegung ganz realistisch ab. Dazu gehören neben Fotos auch Filme und erklärende Texte. Darüber hinaus dokumentieren wir in Diagrammen fortlaufend echte Kontrollergebnisse und veröffentlichen Auditberichte von allen deutschen Vion-Standorten. Die einzelnen Schlachtbetriebe weisen zusätzlich auf gesonderten Karten aus, aus welcher Region die Tiere geliefert wurden. Und im Forum können interessierte Besucher Fragen zu den Themen Tierschutz und Hygiene stellen.


Ganz bewusst verzichten wir auf eine Bewertung, ob etwas „gut“ oder „schlecht“ ist. Jeder, der unsere Seite besucht, soll sich selbst ein Bild machen können und sich seine eigene Meinung bilden.


Die Darstellung der Arbeit in einem Schlachthof „schmeckt“ nicht jedermann. Warum ist die schonungslose Darstellung des Schlachtprozesses trotzdem sinnvoll und notwendig?


Schulze Althoff: Wer Fleisch essen will, darf ruhig wissen, dass dafür ein Tier aufgezogen und geschlachtet wurde. Früher wusste jedes Kind, wie man Hühner und Schweine schlachtet. Wir geben nun jedem Verbraucher wieder die Möglichkeit, sich darüber zu informieren. Unser Ziel ist: Wir erklären und dokumentieren absolut offen, sachlich und ehrlich. Dazu gehört auch, die blutigen Arbeitsschritte, die zur Schlachtung nun mal dazu-gehören, zu zeigen.


Über welche Medienkanäle laufen die Informationen?


Schulze Althoff: Verbraucher und das Fachpublikum aus der lebensmittelproduzierenden Branche, der Politik und NGOs können sich gezielt auf der Webseite informieren. Darüber hinaus haben wir heute vor allem die im SB-Bereich üblichen Produktauszeichnungen in der Fleischtheke (fTrace und mynetfair) direkt mit der Webseite verknüpft. So erfährt der Verbraucher vom gekauften Stück Fleisch nicht nur wo es produziert wurde, mit einem Klick erkennt er auch, wie es produziert wurde. Wir freuen uns, dass unsere Webseite auch in den sozialen Medien wie Facebook und WhatsApp von vielen Menschen verbreitet wird.


Wie haben die Medien reagiert?


Schulze Althoff: Die Resonanz in der Publikums- und Wirtschaftspresse war ausgesprochen positiv. Ich denke, dass unser Angebot viele überrascht hat, obwohl es schon lange Forderungen nach mehr Transparenz gab.


Was sagt die Fachpresse?


Schulze Althoff: Die Fachpresse im Bereich Handel und Lebensmittel hat unsere Initiative für eine breite Berichterstattung genutzt: kommentierend und abwartend. Alle warten darauf, welche Erfahrungen wir machen.


Besonders gefreut hat uns auch die aufgeschlossene Reaktion der grünen Seite. Auch das Interesse in der landwirtschaftlichen Fachpresse ist groß.


Wie viele Leute haben sich die Webseite bislang angesehen?


Schulze Althoff: Wir haben die Webseite am 4. November 2016 freigeschaltet. Bis Mitte Januar 2017 haben sich 16000 Besucher die Seite angesehen, insgesamt wurden 50000 Seiten geladen. Wir freuen uns über diese hohe Zahl. Die Anzahl an Zugriffen ist für uns jedoch kein direkter Gradmesser, schließlich handelt es sich ja nicht um eine Werbeseite, sondern eine Plattform mit Fachinformationen.


Wie sehen die Verbraucher und die Bauern Ihre Aktion?


Schulze Althoff: Bisher sind wir mit den Rückmeldungen sehr zufrieden. Auf der Facebook-Seite des Bauernverbandes Schleswig-Holstein heißt es z.B.: „Dieser Schritt war notwendig und auch richtig. Vielen Dank dafür!“ Bei WhatsApp schrieb ein junger Leser: „Wirklich cool gemacht.“ Der Nutzer hat den Link zur Webseite sofort über seinen Klassenchat verteilt.


Was sagen Ihre Mitbewerber?


Schulze Althoff: Die Reaktionen in der Branche waren sehr offen und überwiegend anerkennend. Das hat sich deutlich auf dem Deutschen Fleischkongress Mitte November in Frankfurt gezeigt, als unser CEO Francis Kint die Initiative vorgestellt hat. Die spannenden Diskussionen in der Folge auf allen Ebenen – Fleischfachleute, NGOs, Politik – zeigen uns, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wer Vertrauen schaffen will, muss sich öffnen!


Wird die Transparenzoffensive weiter ausgebaut? Wenn ja, wie?


Schulze Althoff: Mit der neuen Offenheit betritt Vion absolutes Neuland. Wir haben dieses Projekt gerade erst begonnen und sammeln nun weiter Erfahrungen. Im nächsten Schritt werden wir fortlaufend Kontrollergebnisse und Auditberichte veröffentlichen. Darüber hinaus wollen wir aktuelle Meldungen einstellen und Anfragen von Dritten schnell und konkret beantworten. Das Ganze soll eine dynamische Plattform sein, die nicht stillsteht.


Bislang stellen Sie nur die Abläufe im Schlachthof dar. Warum findet man nichts zur Produktion in den Schweine haltenden Betrieben?


Schulze Althoff: Wir stellen auf dieser Webseite nur die Arbeitsprozesse dar, die Vion als Fleischproduzent direkt selbst verantwortet. Wir beginnen bei der Anlieferung der Tiere und enden bei der Auslieferung des Fleisches.


Aber Sie haben recht, auch ich sehe, dass auf der landwirtschaftlichen Seite Einblicke gewährt werden könnten. Erste Ansätze gibt es bereits, die wir aufmerksam beobachten. Und wir bekommen ja mit, dass das Interesse auf der grünen Seite groß ist. Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Initiative auf der Erzeugerseite schon bald eine Ergänzung erfährt.


Viele Bauern sind unsicher, ob sie ihre Produktion in allen Facetten zeigen sollen. Welche Tipps haben Sie für Schweinehalter, die mehr Offenheit wagen wollen?


Schulze Althoff: Ich möchte den Landwirten keine generellen Tipps geben. Beim Thema Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit muss jeder seinen eigenen Weg finden. Ich kann aber sagen, was unser Leitgedanke für unser Transparenzangebot ist: Wir wollen unsere Arbeit offen und ausführlich zeigen und die Dinge zugleich für jedermann leicht verständlich erklären.


Das Interview führte top agrar-Redakteur Marcus Arden

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