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Schonendes Impfen ist angesagt

Lesezeit: 8 Minuten

Um den Schweinen unnötige Einstiche beim Impfen zu ersparen, gewinnen nadellose Verfahren und Kombi-Impfungen an Bedeutung. Wo das bereits heute funktioniert, erläutert Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.


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Vorbeugen ist besser als heilen. Deshalb haben Impfungen in der Schweinehaltung in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Seit Einführung der Antibiotika-Datenbanken hat sich diese Entwicklung noch einmal verstärkt. Der Trend geht dabei zu speziellen Impfprogrammen, die auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten sind. Die Industrie bietet mittlerweile für zahlreiche Erkrankungen maßgeschneiderte Lösungen an.


Jeder zusätzliche Impfeinstich mit der Nadel stresst jedoch die Schweine und erschwert die Arbeit des Tierhalters. Außerdem steigt mit jeder Injektion die Gefahr, dass über die Nadel unerwünschte Keime von Tier zu Tier verschleppt werden. Das belastet das Immunsystem und beeinträchtigt die Immunantwort auf die Impfung.


Impfstress reduzieren:

Ziel sollte es deshalb sein, die Schweine möglichst schonend zu impfen und Injektionen auf das nötige Maß zu beschränken. Auf der anderen Seite muss das Immunsystem optimal angesprochen werden, um den bestmöglichen Schutz für die Tiere zu erzielen. Die Pharmaindustrie verfolgt hier zurzeit drei Strategien:


  • Kombi-Impfstoffe und Baukastensysteme, um die Zahl der Injektionen zu vermindern;
  • Intradermal-Impfungen (nadellos);
  • Orale Impfungen (Schluckimpfung).


Alle drei Systeme bieten Vorteile, haben jedoch auch ihre Grenzen. Zunächst zu Kombi-Impfstoffen und Baukastensystemen. Während bei anderen Tierarten 5- bis 7-fach Impfungen Standard sind, scheint es beim Schwein ungleich schwerer zu sein, wirksame Impfstoffkombinationen zu entwickeln.


Das hat mehrere Gründe. Der Erste: Das Immunsystem wird von den Erregern auf unterschiedliche Weise angesprochen. Am einfachsten lässt sich das Prinzip der humoralen Immunität erklären. Hier bildet das Tier Antikörper im Blut, die den Erreger markieren, sodass er anschließend von Fresszellen beseitigt werden kann. Das funktioniert gut bei Viren, die in einer großen Anzahl im Blut vorkommen wie z.B. Circoviren (PCV2).


Anders funktioniert die zelluläre Immunität, die z.B. eine große Bedeutung bei Mykoplasmen hat. Hier wird der Schutz über sogenannte Lungenmakrophagen (andere Fresszellen) direkt in den Lungenalveolen aufgebaut.


Ein Kombi-Impfstoff gegen diese beiden Erreger muss das Immunsystem daher auf zwei unterschiedlichen Wegen ansprechen können. Das gilt für Ferkel- ebenso wie für kombinierte Sauenimpfungen wie z.B. gegen Parvo/Rotlauf oder Coli-/Clostridien-Impfstoffe. Die Impfstoffhersteller unternehmen große Anstrengungen, um die richtigen Kombinationen zu testen und die dazu passenden Hilfsstoffe zu finden, die die Vakzinen in ihrer Wirkung unterstützen, die sogenannten Adjuvantien.


Ein weiteres Problem von Kombi-Impfstoffen stellen die Impfzeitpunkte dar. Denn für jeden Erreger – egal ob Virus oder Bakterium – gibt es einen optimalen Impftermin. Dieser Zeitpunkt wird von der Dauer der mütterlichen (passiven) Immunität und dem Infektionszeitpunkt mit dem Erreger vorgegeben.


Zunächst zur maternalen Immunität: Ein vorhandener mütterlicher Schutz kann die Ausbildung der selbst erworbenen Immunität behindern. Die Dauer der maternalen Immunität und der Einfluss der mütterlichen Erreger auf die Impfung fallen von Erreger zu Erreger ganz unterschiedlich aus. Hinzu kommt die Wirkung der Adjuvantien, sodass sich für jeden Keim unterschiedliche, frühestmögliche Impftermine ergeben.


Auf der anderen Seite muss das Tier über einen belastbaren Impfschutz verfügen, wenn es das erste Mal mit dem Erreger in Kontakt kommt. Daraus ergibt sich der spätestmögliche Impfzeitpunkt. Beides muss bei der Kombination von Impfstoffen berücksichtigt werden. Die Entwicklung von Baukastensystemen und Kombi-Impfungen ist daher ein schwieriges Unterfangen. In den Übersichten 1 und 2 ist aufgelistet, welche Kombi-Impfstoffe bzw. Baukastensysteme die Industrie zurzeit für Ferkel- und Sauenimpfungen anbietet. Allerdings sollte man beachten, dass die zum Mischen zugelassenen Impfstoffe nach dem Mixen nur begrenzte Zeit haltbar sind. Deshalb ist es ratsam, die angemischten Impfstoffe möglichst direkt zu verbrauchen.


Impfen per Doppelinjektor:

Spritzenhersteller Henke-Sass, Wolf (Halle 02, Stand B19) geht einen anderen Weg. Um Arbeitsschritte zu sparen und die Stresssituationen für die Schweine zu reduzieren, bietet das Unternehmen für Ferkelimpfungen einen Doppelinjektor an, die „Eco-Matic Twin“. Bei diesem System sind zwei Nadeln in einem bestimmten Abstand nebeneinander auf einem gemeinsamen Injektor montiert, und es können zwei Impfstoffflaschen aufgesattelt werden. Alternativ kann der Impfstoff auch über ein Schlauch-system angesaugt werden.


Auf diese Weise werden den Ferkeln von oben zeitgleich zwei verschiedene Vakzinen verabreicht – eine in den linken und einen in den rechten Nackenmuskel. Die Impfung erfolgt somit zeitgleich, aber ortsgetrennt. Je nach Tiergröße kann der Nadelabstand variiert werden. Der Abstand der beiden Impfdepots soll ausreichend groß sein, um eine Beeinträchtigung der beiden Impfstoffe untereinander zu vermindern.


Per Druckluft in die Haut:

Echte Alternativen zur Impfung per Nadel bieten die Pharmaunternehmen MSD (Halle 02, Stand A13) und Hipra (Halle 02, Stand D04) sowie die Agro Verhen GmbH (Halle 16, Stand H13) mit ihren intradermalen Impfsystemen an. Hier werden die Impfstoffe per Druckluft in die Haut „geschossen“ – ohne Nadel.


Die Druckluftverabreichung bietet mehrere Vorteile:


  • Es gibt keinen Einstich, daher können mit der Nadel auch keine Erreger von Tier zu Tier verschleppt werden;
  • Die Druckluft-Verabreichung ist weniger schmerzhaft für das Tier;
  • Die Haut ist ein wichtiges Immunorgan. Untersuchungen mit Intradermal-Applikatoren zeigen bei bestimmten Impfstoffen einen schnelleren Eintritt der Immunreaktion als bei Injektion des gleichen Impfstoffs in den Muskel. Das liegt vermutlich daran, dass der Impfstoff bei der intradermalen Verabreichung nicht tropfenförmig im Muskel deponiert wird, sondern wie ein Netz in der Haut liegt. Dadurch können die Immunzellen schneller angreifen.


Die Impfstoffhersteller MSD und Hipra bieten eigene Impfsysteme zur intradermalen Impfung an. Bei MSD ist das der „IDAL“-Injektor und bei Hipra der „Hipradermic“. Die Geräte wurden speziell für die Verabreichung der Impfstoffe des jeweiligen Unternehmens entwickelt. Und auch die Impfstoffe sind speziell für dieses Impfverfahren zugelassen. Genau hier liegt aber auch das Problem: Die Zulassung ist langwierig und kostenintensiv für die Unternehmen. Deshalb gibt es bislang auch nur wenige Impfstoffe (siehe Übersicht 3) für die beiden Applikatoren.


Ein weiterer Vorteil der beiden Intradermal-Impfsysteme ist die Rückverfolgbarkeit, das sogenannte Tracing Back. Mithilfe eines Akkus und eines integrierten Chips zeichnen die Geräte Daten zur Impfung auf, z.B. die verimpften Dosen. Hipra hat sein System zudem mit dem Programm Hipra-Link gekoppelt. Hier wird sogar die Impfstoff-Charge erkannt, und es wird ein vollständiges Impfprotokoll erstellt.


Noch wenig Geräte im Einsatz:

Daneben bietet auch die Firma Agro Verhen (Halle 16, Stand H13) mit dem „Acu-Shot“ ein nadelloses Impfsystem an. Mit dem AcuShot kann nach Herstellerangaben sowohl intradermal und subkutan als auch intramuskulär geimpft werden. Das Gerät soll sich für alle Impfstoffe und Medikamente eignen. Bisher haben aber nur wenige Impfstoffhersteller für ihre Vakzinen eine Freigabe erteilt.


Nach Angaben der Hersteller befinden sich deutschlandweit derzeit rund 160 IDAL-, etwa 20 Hipradermic- und rund 70 AcuShot-Geräte im Einsatz. Bei Hipra sind es noch vergleichsweise wenig, weil das System noch nicht lange angeboten wird. MSD und Hipra stellen den Landwirten den Injektor kostenlos zur Verfügung. Das AcuShot-Gerät kostet in der mobilen Version 2850€ und in Kombination mit dem Agro Verhen-Behandlungswagen 2595€ (o. MwSt.).


Mehr Schluckimpfungen?

Eine andere Form der schonenden Vakzination ist die Schluckimpfung. Sie bietet sich vor allem für Erreger an, die im Magen-Darm-Trakt ihr Unwesen treiben. Das Problem bei der oralen Gabe ist allerdings der Magen. Die Impfstoffe müssen – egal, ob es sich um Lebend- oder Totimpfstoffe handelt – das saure Milieu im Magen überstehen. Und das ist schwierig und erklärt, warum es bislang nur wenige orale Impfstoffe gibt (siehe Übersicht 4). Es gibt zwei Möglichkeiten der Verabreichung oraler Impfstoffe: Den Drencher und die Impfung über das Tränkewasser. Zum Drenchen muss jedes Ferkel einzeln hochgehoben werden. Dann wird der Impfstoff mit einer Drenchpistole bis über den Zungengrund gebracht, sodass er vom Schwein abgeschluckt werden kann.


Die zweite Variante ist die Verabreichung über das Trinkwasser. Das klingt zunächst einfacher. Doch Vorsicht: Um keine Impflücken zu riskieren, ist es wichtig, dass alle Ferkel einer Gruppe den Impfstoff auch tatsächlich aufnehmen. Dazu muss man wissen, in welcher Zeit alle Ferkel getrunken haben und wieviel Wasser sie aufnehmen.


Das Ausdosieren kann per Gießkanne erfolgen oder vollautomatisch mit einem Medikamentendosierer. Unter Umständen ist es nötig, dem Wasser einen Stabilisator zuzufügen, z.B. Na-triumthiosulfat. Bei Lebendvakzinen wie dem Ileitis-Impfstoff dürfen zudem drei Tage vor und drei Tage nach der Impfung keine Antibiotika eingesetzt werden, da sonst der Impferreger Schaden nehmen könnte.


Sorgfalt bei der Schluckimpfung:

Die Verabreichung über das Trinkwasser ist auf den ersten Blick zwar mit weniger Arbeit verbunden. Die Gefahr, Fehler zu begehen und dadurch „Impfversager“ zu riskieren, ist jedoch wesentlich größer als beim Drenchen. Zudem müssen die Leitungen sauber sein. Denn Ablagerungen wie z.B. Eisenoxid können die Wirkung hemmen. Wer sich fürs Impfen über die Tränke interessiert, sollte sich daher im Vorfeld durch den Impfstoffhersteller schulen lassen. -lh-

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