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TA-Luft: Jetzt auch kleine Betriebe im Visier

Lesezeit: 6 Minuten

Das Bundesumweltministerium hat seinen Referentenentwurf zur TA-Luft veröffentlicht. Sollte der Entwurf so durchgehen, würde das die gesamte Nutztierhaltung schwer treffen. Die Einzelheiten erklärt Peter Spandau, LWK Nordrhein-Westfalen.


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Bundesumweltministerin Barbara Hendricks will die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) ändern. Die Verwaltungsvorschrift enthält bundeseinheitliche Anforderungen zum Immissionsschutz für den Bau und den Betrieb von Stallanlagen. Aktuell liegt den zuständigen Ressorts ein Referentenentwurf zur Stellungnahme vor. Die Ministerin will die Neufassung der TA-Luft möglichst noch vor der Bundestagswahl im Herbst unter Dach und Fach bringen.


Mittlerweile sind die Einzelheiten der geplanten Neufassung bekannt und der Aufschrei unter Experten ist groß. Besonders die Vielzahl der geplanten Verschärfungen bereitet den Fachleuten Sorge. Sollte sich das Umweltministerium durchsetzen, sehen sie die Existenz der Tierhaltung akut gefährdet.


Baurechtliche Anlagen im Blick:

Erheblich eingeschränkt würde zum Beispiel die Entwicklungsfähigkeit vieler landwirtschaftlicher Betriebe mit Nutztierhaltung, weil strengere Irrelevanz- bzw. Bagatellgrenzen in Bezug auf die einzuhaltenden Abstände gegenüber der Wohnbebauung und empfindlichen Biotopen geplant sind. Viele Standorte könnten künftig nicht mehr erweitert werden und die Erschließung neuer Betriebsstandorte wird quasi ausgeschlossen.


Besonders kritisch zu beurteilen ist, dass künftig auch von baurechtlich genehmigten Anlagen mehr Vorsorge vor schädlichen Umwelteinwirkungen unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit verlangt werden könnte. Bisher ist das nur für nach BImSchG-genehmigte Anlagen verbindlich.


In der Vergangenheit wurden Bauvorhaben in der Regel genehmigt, wenn die Überschreitung der Geruchsbelastung nach Abschluss des Vorhabens durch Verbesserungen an den Altställen niedriger war als vorher. In Zukunft muss der Immissionswert innerhalb von zwölf Monaten nach der Genehmigung durch Maßnahmen an den eigenen und/oder den Anlagen Dritter eingehalten werden, was gegebenenfalls nur mit teuren Minderungsmaßnahmen möglich ist.


Der Entwurf sieht vor, dass der „Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen in empfind-lichen Ökosystemen“ (LAI-Leitfaden zu Stickstoffdepositionen) in die TA-Luft aufgenommen wird. Der Leitfaden soll künftig sowohl für nach BImSchG als auch für nach Baurecht genehmigte Anlagen gelten. Künftig wären dann alle Betriebe in viehintensiven Regionen betroffen, da hier die N-Vorbelastung häufig über den Beurteilungswerten (Critical Loads) liegt.


Die bisher mögliche Zusatzbelastung von 30% des Beurteilungswertes soll auf 10% gesenkt werden. Außerdem soll die bislang als irrelevant eingestufte N-Deposition von 5 kg auf 2 kg pro ha und Jahr sinken. Die Neuregelung trifft insbesondere Rindviehbetriebe aufgrund hoher Ammoniakemissionen und fehlender Minderungsmöglichkeiten bei Offenställen. Diese Betriebe hätten in Zukunft kaum noch Möglichkeiten zur Betriebserweiterung. Auf die Schweinehalter könnte jedoch ein ähnliches Problem zukommen, wenn in Zukunft mehr Schweine in Offenfrontställen stehen und zum Beispiel ein Biotop im näheren Umfeld liegt. Hinzu kommt, dass die Auswahl an geeigneten und mit verhältnismäßigem Aufwand zu erschließenden Alternativstandorten drastisch zurückgehen würde.


Deutlich weniger gravierend wird sich die Beurteilung von Bioaerosolen bemerkbar machen, sofern ausreichende Abstände zur nächsten Wohnbebauung vorhanden sind. Allerdings wird durch die Aufnahme des LAI-Leitfadens der Geltungsbereich auch auf die nach Baurecht genehmigten Anlagen erweitert.


Mehr Vorsorge geplant:

Ganz neu eingeführt werden soll eine Kontingen-tierungsregelung für Geruchsemissionen. Danach darf eine einzelne, nach BImSchG genehmigte, Anlage bei Neubau oder im Falle einer Änderung nur noch maximal 60% des Immissionswertes ausschöpfen. Für Neuanlagen ist zudem ein Verbot von Unterflurabsaugungen geplant. Die Betriebe sollen grundsätzlich nährstoffreduziert füttern und Mindestabstände von 100 m zur Wohnbebauung und 150 m zu N-empfindlichen Ökosystem einhalten müssen.


Der Gesetzgeber will erreichen, dass Güllebehälter künftig nahezu geschlossen abgedeckt werden. Im Referenten-entwurf wird eine Emissionsminderung von 90% gefordert, die nur mit Zeltdächern oder festen Abdeckungen zu realisieren ist. Eine Strohabdeckung wäre nicht mehr erlaubt. Bei nach BImSchG-genehmigten Anlagen wird die Abdeckung zum Stand der Technik erklärt, verbunden mit der Pflicht zur Nachrüstung von Altanlagen. Bei baurechtlich genehmigten Ställen könnte die Abdeckung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall ebenfalls gefordert werden.


Filter bald bundesweit:

Der größte Brocken bei den Vorsorgemaßnahmen trifft die Schweine- und Geflügelhalter. Zum einen soll die bereits in einigen Ländererlassen geforderte Abluftreinigung für große BImSchG-Anlagen der Spalte G der 4. BImSchV (größer als 2000 Mast-, 750 Sauen- und 40000 Hähnchenmastplätzen) bundesweit verbindlich werden. Zum anderen sollen in Zukunft auch die kleineren BImSchG-Anlagen der Spalte V (ab 1500 Mast-, 560 Sauen- und 30000 Hähnchenmastplätzen) ihre Ammoniakemissionen um 40% mindern müssen. Und damit nicht genug: Erschwerend kommt hinzu, dass die bisherigen 20%, die für die nährstoffangepasste Fütterung angesetzt werden konnten, künftig nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, da diese im Referentenentwurf ja grundsätzlich verlangt wird.


Bestehende große BImSchG-Anlagen (Spalte G) sollen innerhalb von fünf Jahren mit einer Abluftreinigung nachgerüstet werden müssen. Ist dies schon bei Neubauvorhaben nur in wenigen Fällen vertretbar, droht einzelnen Altanlagen künftig der Wegfall der Wirtschaftlichkeit. Zwar sieht die TA-Luft hier die Wahrung der Verhältnismäßigkeit vor. In der Praxis wird aber genau dieser schwammige Begriff zu einer hohen Zahl an gerichtlichen Auseinandersetzungen und Gutachten führen, die dann im Einzelfall zu klären wären.


Nicht weniger schwer wird die Ammoniakminderung um 40% bei kleinen BImSchG-Altanlagen (Spalte V) umzusetzen sein. Denn die vorgeschlagenen Minderungsmaßnahmen wie schräge Wände im Güllekanal oder die Kühlung der Gülle auf dauerhaft unter 10°C sind wenig ausgereift und gerade bei bestehenden Ställen kaum zu realisieren. Hier wird es vermutlich auf eine Teilstromfilterung der Abluft hinauslaufen müssen, die aber nicht billiger ist als eine vollständige Abluftreinigung.


Existenzgefährdend:

Sollte die Novellierung der TA-Luft dem jetzt vorliegenden Entwurf folgen, wird dies zu einer massiven Einschränkung bei Neu- bzw. Änderungsgenehmigungen führen, die nicht nur größere, nach BImSchG zu genehmigende Anlagen betreffen wird, sondern auch die nur nach Baurecht zu genehmigenden, kleineren Bauvorhaben einschränken. Die Rindviehhaltung wird dabei besonders stark betroffen sein.


Noch dramatischer würde die Situation für alle nach BImSchG genehmigten Bestandsanlagen werden. Durch die relativ zum Investitionsbedarf kurzen Übergangsfristen von nur fünf Jahren stünden insbesondere in der Schweinehaltung Betriebe vor der Frage: Nachrüsten, Abstocken oder Produktion einstellen? Zudem dürfte es auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Verhältnismäßigkeit kommen.


Die Auswirkungen für deutsche Tierhalter sind auch deshalb so gravierend, weil sich das Bundesumweltministerium im Hinblick auf die Abluftreinigung über die europäischen Empfehlungen hinwegsetzt und diese zum Stand der Technik erklärt.


Auch sind die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Ammoniakminderung unausgegoren, weil dazu kaum praktische Erfahrungen – auch im Hinblick auf die erreichbaren Minderungsraten – vorliegen und sie gerade bei der Nachrüstung von Bestandsanlagen kaum umsetzbar sind.-ar-

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