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Teilschäden können teuer werden

Lesezeit: 7 Minuten

Lassen Sie sich bei Teilschäden nicht von Ihrem Vermarkter über den Tisch ziehen! Welche unterschiedlichen Abrechnungsmodelle es gibt, erläutert Christa Niemann vom Deutschen Bauernverband.


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Da kann nur ein Irrtum vorliegen“, ist sich Schweinemäster Heinz Weege (Name geändert) sicher, als er die Abrechnung für die letzte Schlachtpartie überfliegt. Satte 41 € hat ihm sein Vermarkter für einen verworfenen Schinken vom Schlachterlös des betroffenen Tieres abgezogen. „Umgerechnet auf ein durchschnittliches Schinkengewicht (schier) von 9 kg macht das 4,56 € pro Kilogramm Schinken. Steckt sich da jemand auf meine Kosten die Taschen voll?“, fragte sich der Mäster empört. Hilfesuchend wendet sich Heinz Weege an den Deutschen Bauernverband (DBV), der die Schlachtabrechnung daraufhin genauer unter die Lupe nimmt. Weege hat die Schlachtpartie nach AutoFOM vermarktet, d.h. der Wert des Schlachtkörpers wird auf Basis der Teilstückgewichte von Lachs, Schinken, Schulter und Bauch berechnet.


Dreifacher Abzug bei AutoFom:

Das AutoFOM-Gerät ermittelt dazu zunächst für jedes Teilstück die sogenannten „Basiswerte“, die zusammen mit dem Schlachtgewicht in eine Formel eingesetzt werden. Und mit Hilfe dieser Formel werden dann die einzelnen Teilstückgewichte des Tieres berechnet.


Das Schwein, bei dem es die Beanstandung gab, weist ein Gesamtschlacht-gewicht von 90,7 kg auf. Im Verlauf des Schlachtprozesses stellt sich heraus, dass ein Schinken des Tieres eine Verletzung aufweist. Er ist dadurch nicht genuss-tauglich und wird deshalb mit den Knochen noch vor der Waage vom Schlachtkörper abgetrennt.


Das Schlachtgewicht (SG) reduziert sich dadurch deutlich – grob überschlagen um 11,5 kg. Denn erfahrungsgemäß beträgt das Schinkengewicht etwa 25% des Schlachtgewichts eines Schweines, in diesem Fall also 23 kg. Geteilt durch zwei Schinken vermindert sich das Gewicht also um etwa 11,5 kg.


Das Fatale daran: Bei der AutoFOM-Vermarktung wirkt sich das verminderte Schlachtgewicht auch negativ auf die Berechnung der übrigen Teilstückgewichte aus. Lachs, Schulter und Bauch werden ebenfalls leichter geschätzt, obwohl sie das gar nicht sind. Am Ende bekommt das Tier dadurch schlechtere Indexpunkte (IP). Das drückt den Erlös für das Schwein um etwa 28 €.


Doch damit nicht genug. Zusätzlich werden Weege vom Schlachthof für den zusätzlichen Aufwand noch für jedes Kilogramm Restschlachtgewicht 0,20 €Abzug in Rechnung gestellt. Bei 79,2 kg Restschlachtgewicht macht das im vorliegenden Beispiel noch einmal satte 15,84 € Abzug aus.


Und es geht noch weiter: Unterschreitet der Schlachtkörper nach Abzug des Schinkengewichts die Untergewichtsgrenze der Abrechnungsmaske, werden je nach Gewicht noch einmal 0,5 bis 1 Indexpunkt pro Kilo Gewichtsunterschreitung abgezogen. Beispiel: Bei 3 kg Gewichtsunterschreitung werden 1,5 bis 3 Indexpunkte abgezogen. Bei einem Basispreis von 1,60 €/kg SG gehen dem Landwirt dadurch noch einmal 2,40 bis 4,80 € vom Erlös flöten.


Im vorliegenden Beispiel summierte sich der Gesamtabzug auf 41 €. Nachvollziehbar ist der Betrag für den Landwirt aber meist nicht. Auf der Abrechnung findet er entweder den reduzierten Erlös, bei dem alle Abzüge bereits verrechnet wurden. Oder es werden der um die Indexpunkte sowie die Untergewichtsabzüge reduzierte Erlös und der Abzug je Kilogramm Restschlachtgewicht ausgewiesen. In keinem Fall aber erfährt der Landwirt, wie viele Indexpunkte ihn der verworfene Schinken tatsächlich gekostet hat.


Beileibe kein Einzelfall:

Das es sich bei dem aktuellen Fall von Heinz Weege nicht um einen Einzelfall handelt, sondern System hat, verdeutlicht die Übersicht. Hier wurde für die Schlachtgewichte von 70 bis 120 kg beispielhaft berechnet, wie hoch der Erlös für einen Schinken bei AutoFOM-Vermarktung wäre. Und parallel dazu wurde kalkuliert, welchen finanziellen Verlust der Mäster bei AutoFOM-Vermarktung erleidet, wenn einer der beiden Schinken des Tieres verworfen wird.


Beiden Berechnungen liegen die Schlachtdaten von mehr als 65000 Schweinen zugrunde, die im Frühjahr 2016 in einem größeren nordwestdeutschen Schlachthof geschlachtet und nach AutoFOM vermarktet wurden.


Das Ergebnis: Von 70 bis 78 kg SG fällt der Abzug für den beanstandeten Schinken deutlich geringer aus als der potenzielle Erlös. Von 79 bis 96 kg SG hingegen sieht die Situation ganz anders aus. Hier übersteigt der vom Schlachthof vorgenommene Abzug deutlich den Erlös eines gesunden, vermarktungsfähigen Schinkens. Erst bei den schwereren Schlachtkörpern wendet sich die Situation wieder zum Guten.


Im Klartext heißt das: Wird bei Schweinen mit einem Schlachtgewicht zwischen 79 bis 96 kg ein Schinken verworfen, muss der Landwirt dafür eine höhere „Strafe“ zahlen, als der Schinken ihm bei normaler Vermarktung jemals einbringen würde. Ist das gerecht?


Sonderfall Hälften-Vermarkter:

Noch extremer fällt der Schaden aus, wenn die Schweine an einen Schlachthof mit Hälften-Vermarktung gehen. Zusätzlich zu den niedrigeren Indexpunkten und eventuellen Abzügen für eine Gewichtsunterschreitung werden den Mästern hier oftmals nicht nur 0,20 € je Kilogramm Restschlachtgewicht abgezogen, sondern bis zu 0,35 € oder mehr.


Der Grund: Im Gegensatz zu Zerlegeschlachthöfen verfügen die Hälftenvermarkter nicht über eine eigene Zerlegung. Sie sind darauf angewiesen, die komplette Schlachthälfte möglichst gewinnbringend an den Mann zu bringen. Und um eine Schlachthälfte, bei der das wertvolle Teilstück Schinken fehlt, reißt sich kaum ein Abnehmer.


Es gibt aber auch noch andere Abrechnungsmodelle für Teilschäden. Bei einem anderen Schlachthof zum Beispiel, von dem ebenfalls zahlreiche Schlachtabrechnungen mit Teilschäden vorliegen, bleibt der beschädigte Schinken bis zur Waage am Schlachtkörper. Das Schlachtgewicht (SG) wird also inklusive beschädigtem Schinken bestimmt. Das ist auf den ersten Blick gerechter, da die Berechnung der anderen Teilstückgewichte dadurch nicht negativ beeinflusst wird.


Feste Schinken-Abzüge:

Auf der Abrechnung findet der Landwirt dann die Angabe des verworfenen Teilstücks sowie das Teilstück-Gewicht mitsamt des Knochens. Hier wird dann vom Vermarkter „nur“ ein fester Abzug (€/kg) für das verworfene Teilstück vorgenommen. Beispiel: Bei einem Schwein mit 90,7 kg Schlachtgewicht werden 11,5 kg Schinken beanstandet. Bei Abzug eines Festbetrages von 3 € je Kilogramm Schinken ergibt sich ein Gesamtabzug von 34,50 €, fertig aus.


Doch auch bei diesem Abrechnungsmodell sollte man die Angaben genau prüfen. Beispiel: In einer dem DBV vorliegenden Abrechnung wurden bei einem Schwein mit 90 kg SG stolze 26 kg für einen Schinken in Rechnung gestellt – wohlgemerkt einen Schinken!


Hier kann etwas nicht stimmen. Wenn, dann könnten die 26 kg allerhöchstens dem Gewicht von beiden Schinken entsprechen. Aber selbst dann wären 26 kg sehr hoch angesetzt. Denn das Schinkengewicht würde 29% des Schlachtgewichts ausmachen. Realistisch sind aufgrund von Erfahrungswerten aber nur etwa 25%.


Außerdem ist es unglaubwürdig, wie es ein Schwein mit zwei verletzten Schinken auf den Viehtransporter geschafft haben soll. Hier ist es ratsam, dass sich der Mäster mit dem Schlachthof in Verbindung setzt und ihn um Klärung bittet.


Festpreis bei Teilschäden:

Daneben gibt es noch eine weitere Variante der Teilschäden-Verrechnung. Einige Viehhandelsunternehmen ziehen bei Teilschäden einen Festpreis je Kilogramm Schlachtgewicht ab, unabhängig vom jeweiligen Basispreis. Beispiel: Statt des aktuellen Basispreises von 1,60 €/kg SG zahlt der Viehhändler nur 1,28 € je Kilogramm SG. Das Mastschwein mit dem beschädigten Schinken und einem Schlachtgewicht von 90,70 kg SG würde dann aufgrund des Schinkenschadens etwa 29 € weniger erlösen.


Doch Vorsicht! Halbwegs gerecht ist dieser Abzug allenfalls bei niedrigen Basispreisen und geringen Schlachtgewichten. Je höher der Basispreis und je schwerer das Schwein ist, desto größer ist der Verlust, den die Mäster bei diesem Abrechnungsmodell machen.


Beispiel: Ein Tier mit 95 kg Schlachtgewicht und einem Schinkenschaden erreicht bei einem Basispreis von 1,60 € je Kilogramm Schlachtgewicht normalerweise einen Erlös von 133 € (152 € Bruttoerlös minus 19 € für den beschädigten Schinken). Wenn das Viehhandelsunternehmen ihm aber nur einen Festpreis von 1,18 €/kg SG zahlt, sinkt der Erlös für das gleiche Tier auf 112,10 €. Hier fehlen dem Mäster satte 22,90 € auf der Abrechnung!-lh-

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