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Tierwohl-Fleisch zum Schnäppchenpreis?

Lesezeit: 6 Minuten

Darum gehts: Kaufland bietet jetzt Wurstwaren der Haltungsformstufe 3 an, bei dem die Tiere u.a. Zugang zu Außenklima haben müssen. Der Kunde bezahlt aber den gleichen Preis wie für Ware aus Haltungsstufe 1. Ist das richtig? Oder erweckt Kaufland den Eindruck, Tierwohl gibts zum Nulltarif?


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Als Lebensmittelhändler tragen wir Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt. Wir engagieren uns für eine nachhaltige Verbesserung in der Tierhaltung und unterstützen die Initiative Tierwohl (ITW) seit der Gründung.


Wir sind überzeugt: Eine nachhaltige Verbesserung des Tierwohls kann nur gemeinsam gelingen und dazu gehört, dass möglichst viele Verbraucher das vierstufige System der Haltungsform kennen und die so gekennzeichneten Produkte gezielt kaufen. Als Händler ist es unsere Aufgabe, die Kunden über die Formen der Tierhaltung zu informieren und sie für den Kauf von Produkten aus verantwortungsvollerer Tierhaltung zu sensibilisieren.


Eine Veränderung des Verbraucherverhaltens braucht jedoch Zeit. Um diesen Prozess anzustoßen, haben wir ausgewählte Wurstwaren in der Selbstbedienung von Haltungsform Stufe 1 (Stallhaltung) auf Stufe 3 (Außenklima) umgestellt. Das betrifft Produkte unserer Eigenmarke „K-Classic“.


Die Schweine der Haltungsform Stufe 3 haben 40% mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, sie haben Zugang zu Außenklimabereichen und werden gentechnikfrei gefüttert. Zudem stehen ihnen Stroh sowie ein weiteres organisches Beschäftigungsmaterial zur Verfügung. Die Erzeugnisse vermarkten wir als Frischfleisch an unseren Bedientheken sowie als Fleisch- und Wurstwaren in Selbstbedienung.


Somit ist im Sinne der Ganztierverwertung sichergestellt, dass möglichst alle Teile der Tiere in die Produktion einfließen und durch die Kennzeichnung mit Haltungsform Stufe 3 wertgeschätzt werden. Das Angebot mit Erzeugnissen aus dieser Haltungsform werden wir nach und nach weiter ausbauen.


Als Kaufanreiz und um unseren Kunden die Produkte nahezubringen, haben wir die Verkaufspreise bei der Umstellung bewusst nicht erhöht. Der Kauf soll künftig zu einer Selbstverständlichkeit werden. Wir glauben auch nicht, dass wir damit ein falsches Signal setzen und dem Verbraucher suggerieren, Tierwohl-Fleisch lässt sich zu Kosten von konventioneller Ware produzieren.


Keine Frage, mehr Tierwohl bedeutet steigende Kosten und mehr Arbeit. Selbstverständlich honorieren wir den Mehraufwand, den die Landwirte durch die Umstellung in der Tierhaltung haben. Sie erhalten eine zusätzliche Vergütung pro Schwein in Form eines Tierwohl- sowie eines Futterbonus.


Unsere Verkaufspreise lassen also nicht automatisch Rückschlüsse auf unsere Einkaufspreise zu. Die Bildung unserer Verkaufspreise unterliegt vielmehr unterschiedlichen Faktoren, sie orientiert sich zudem an Angebot und Nachfrage sowie am Wettbewerb.


Wir stehen für eine faire, verlässliche und langfristige Partnerschaft mit unseren Lieferanten und Vertragslandwirten. Durch die Teilnahme an unserem Wertschätze-Qualitätsfleischprogramm ermöglichen wir ihnen sichere Absatzmärkte und ein qualitatives Wachstum über einen langen Zeitraum. Dabei liegt unser gemeinsamer Fokus auf einer verantwortungsvollen Tierhaltung. Als Handelsunternehmen bewegen wir uns dabei immer im Spannungsfeld zwischen Landwirten, Verbrauchern und Mitbewerbern.


Um langfristig nachhaltige Erfolge zu erzielen, ist es wichtig, die Belange aller Beteiligten im Auge zu behalten. Wir werden auch zukünftig unsere Verantwortung wahrnehmen, um eine weitere Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung voranzubringen.


Kaufland ist derzeit im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) das Unternehmen, das beim Thema Tierwohl am mutigsten vorangeht. Darüber freue ich mich und hoffe, dass das Beispiel im LEH bald weitere Nachahmer finden wird.


Neben den Produkten in der Frischfleischtheke bietet Kaufland nun auch flächendeckend Wurstwaren aus der Haltungsstufe 3 an. Das ist konsequent und absolut lobenswert. Allerdings stört mich, dass diese Wurstwaren preislich auf Discounter-Niveau angeboten werden. Die Wurstwaren aus Haltungsstufe 3 kosten genauso viel wie zuvor die Wurst von Schweinen der Haltungsstufe 1. So suggeriert Kaufland dem Verbraucher, dass eine Schweinehaltung, die stärker auf das Tierwohl ausgerichtet ist, zum Nulltarif zu bekommen ist.


Mir ist durchaus bewusst, dass sich der Mehrwert bei Wurstwaren weitaus schwieriger darstellen lässt als beim Frischfleisch. Und mir ist auch klar, dass bislang Fleisch der Stufe 3, das nicht als Frischfleisch vermarktet werden konnte, in die Wurst der Einstiegsstufe gegangen ist. Nichtsdestotrotz hat ein Produkt, das von Schweinen der Haltungsstufe 3 stammt, einen höheren Wert als ein Produkt von Schweinen der Haltungsstufe 1. Und der muss sich eben auch im Preis bemerkbar machen.


Mir als Sauenhalterin blutet das Herz, wenn ich sehe, zu welchem Preis Kaufland Produkte von Schweinen aus Haltungsstufe 3 verschleudert. Es mag ja sein, dass es Betriebe gibt, die für einen Bonus in Höhe von 12 bis 14 Cent je kg Schlachtgewicht die höheren Auflagen der Haltungsstufe 3 auffangen können. Allerdings muss dann bedacht werden, dass die Schweine für Kaufland erst ab einem Gewicht von 30 kg existieren.


Sobald eine Nämlichkeit vom Ferkelerzeuger bis in die Kühltheke geschaffen werden soll – und nur das wäre dem Verbraucher gegenüber wirklich ehrlich – reicht dieser Mehrerlös nicht aus, um auch die Tierwohlkosten des Ferkelerzeugers mit abzudecken. Und wir alle wissen, wie schwierig es ist, einen niedrigen Preis wieder auf ein auskömmliches Niveau zu heben, wenn die Kosten steigen.


Wir müssen endlich dazu übergehen, die Kosten einer veränderten Haltung ehrlich zu kalkulieren – und zwar entlang der gesamten Kette. Das schließt für mich auch die Bereiche der Schlachtung und Verarbeitung mit ein.


Hierbei ist es wenig hilfreich, wenn ein Bundesinstitut in seiner Folgenabschätzung zum Borchertplan zu dem Schluss kommt, dass das Konzept umsetzbar ist und nichts kostet, zumindest nicht den Staat.


Ich möchte das einmal am Beispiel der Lohnkosten verdeutlichen. Es kann doch nicht sein, dass der Gesetzgeber immer qualifiziertere Tierbetreuer fordert, in der Studie des Thünen Instituts aber mit einem Lohnansatz von 21 € gerechnet wird. Warum wird bei der Produktion von Autos oder Maschinen mit höheren Löhnen kalkuliert als bei der Betreuung von Tieren bzw. bei der Produktion von Lebensmitteln?


Wir müssen endlich dazu übergehen, mit einem Lohnansatz zu rechnen, der in der Urproduktion mit der Verantwortung gegenüber dem Tier in Einklang steht und in der weiteren Produktion dem Wunsch nach Lebensmittelsicherheit gerecht wird!


Am Ende müssen die dadurch entstehenden Mehrkosten zum größtmöglichen Teil über den Marktpreis abgefangen werden. Aber genau das funktioniert nicht mit Ramschpreisen!


marcus.arden@topagrar.com


henning.lehnert@topagrar.com

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