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„Unser Pig Port 5 ist zukunftsfähig“

Lesezeit: 8 Minuten

Familie Muth-Köhne ist neu in die Mast eingestiegen. Anstatt einen konventionellen Maststall zu bauen, entschied sich Juniorchef Rainer für einen Pig Port mit Großgruppen und Einstreuroboter. Den Mist nutzt er für die Biogasanlage.


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Familie Muth-Köhne hat schon mehrfach Mut bewiesen: Bereits in den 1970er-Jahren stiegen sie in der stark von der Milchviehhaltung geprägten Region im sauerländischen Schmallenberg in die Sauenhaltung ein. Mittlerweile hält der Betrieb gut 1500 Sauen. Im Jahr 2011 bauten sie zusammen mit einem Nachbarbetrieb eine Biogasanlage mit gut 1100 kW Leistung und 2016 investierten Georg, Ursula und Juniorchef Rainer Muth-Köhne in die bis dato eher wenig verbreitete Futterfermentation. „Ein wenig gegen den Mainstream schwimmen und mal was Neues ausprobieren, das hat bei uns im Betrieb eigentlich immer gut funktioniert“, betont Seniorchef Georg Muth-Köhne.


Sohn Rainer steht seinem Vater in puncto Experimentierfreudigkeit in nichts nach. So hat sich der 25-jährige Landwirtschaftsmeister vor gut zwei Jahren dazu entschlossen, neu in die Schweinemast einzusteigen. „Wir können mit den 1500 Mastplätzen zwar nur einen Teil unserer eigenen Ferkel mästen. Es ist aber ein Anfang“, erklärt Rainer Muth-Köhne.


Außenklimastall mit Stroh


Beim Stallsystem hat sich die Familie bewusst gegen einen konventionellen Schweinemaststall mit Vollspaltenboden und Zwangslüftung entschieden. Entstanden ist stattdessen ein Außenklimastall mit Großgruppen, Stroheinstreu und komplett überdachtem Außenauslauf (vergleiche Übersicht 1 auf Seite S6). Belegt wurde dieser erstmals im Dezember 2020. „Wir wollten ein Haltungskonzept bauen, das zukunftsfähig ist, mit dem wir jederzeit auf Bioproduktion umsteigen können und das beim Verbraucher auf eine große Akzeptanz stößt“, begründet Betriebsleiter Rainer Muth-Köhne seine Entscheidung.


Ins kalte Wasser gesprungen ist der junge Betriebsleiter aber nicht. Bevor der Stallbau beantragt wurde, reiste er viel herum und schaute sich Außenklima-Stallkonzepte bei Berufskollegen in Deutschland, Schweden, Österreich und Dänemark an.


Am Ende fiel die Entscheidung für die Mast im Außenklimastall nach intensiver Beratung mit Pig Port-Erfinder Rudi Wiedmann ohne Gegenstimmen in der Familie. Und dann ging alles ganz schnell. Bereits nach gut einem Jahr lag die Baugenehmigung vor. Zugute kam dem Landwirt dabei, dass der Stall im bergigen Sauerland auf einer Anhöhe von 450 m über Normalnull steht.


Zudem bot Rainer Muth-Köhne der Gemeinde an, einen Wanderweg zum Stall zu bauen. So können die Touristen den Auslauf und die Tiere sehen. Dadurch schafft er einen touristischen Mehrwert für die Urlaubsregion. „Ich bin dankbar, dass wir schnell bauen durften. Denn wenn neue Bau- bzw. Haltungskonzepte auf den Markt kommen, kann man oft nur am Anfang Vermarktungsvorteile mitnehmen“, ist sich Rainer Muth-Köhne sicher. ▶


Der Stall besteht aus einer Halle mit Leimholzbindern und isolierten Trapezblechen als Dacheindeckung. Der Betonboden ist vollständig planbefestigt. An der nördlichen Wand des Stalles hängen elektrisch justierbare Doppelstegplatten, die Südseite ist offen. Hier liegt auch der komplett überdachte Außenauslauf. „Zur Überdachung gibt es bei gut 1100 mm Regen pro Jahr keine Alternative“, betont Rainer Muth-Köhne.


Zum Stallinneren ist der Auslauf mit Windschutznetzen abgetrennt, die sich elektrisch hoch- und runterfahren lassen. Das passiert automatisch in Abhängigkeit von der Temperatur, der Windstärke und der Windrichtung. Die Fütterung arbeitet mit Trockenfutterautomaten, die automatisch befüllt werden.


Die Mastschweine stehen in 200er-Großgruppen, jedes Schwein hat 1,6 m2 Platz. Das schreibt der Vermarkter vor. Insbesondere das große Flächenangebot wirkt sich natürlich erheblich auf den Baupreis aus. Pro Mastplatz hat Familie Muth-Köhne deutlich über 1000 € investiert.


Der Einsatz von Stroh bedeutet, dass der Arbeitsaufwand steigt. Auch im Stall von Familie Muth-Köhne ist das so. Allerdings haben Vater und Sohn von Anfang an darauf geachtet, dass ihnen die Arbeit im neuen Stall nicht über den Kopf wächst bzw. sie nicht zu viel mit der Hand erledigen müssen.


Roboter streut Buchten ein


Neben der automatischen Airfeed-Fütterung haben sie sich deshalb auch für einen Einstreuroboter entschieden. Dieser fährt auf einer Hängeschiene ca. 3 m über den Buchten längs durch den Stall und wird automatisch befüllt. Rainer Muth-Köhne muss lediglich regelmäßig neue Quaderballen auf den Annahmetisch legen. „Die Einstreutechnik nimmt uns viel Arbeit ab. Diese freie Zeit können wir in die Tierbetreuung investieren“, berichtet der sauerländische Junglandwirt.


Der Roboter verfügt über verschiedene Abwurffunktionen. Er kann das Stroh auf einer Breite von bis zu 6 m im Stall verteilen oder es punktuell abwerfen. Wie oft der Roboter fährt, legt Rainer Muth-Köhne fest. Bislang orientiert er sich an der Jahreszeit und dem Gewicht der Schweine.


Momentan fährt der Roboter drei bis vier Mal pro Tag durch den Stall und ein Mal durch den Auslauf. Dabei werden knapp 500 g Stroh pro Tier und Tag gestreut. „Die Technik funktioniert wunderbar, hat aber auch ihren Preis. Rund 120000 € hat allein die Robotertechnik gekostet“, gibt Muth-Köhne ehrlich zu.


Als Nachteil erweist sich die hohe Staubbelastung durch die Stroheinstreu. Da die Schweine quasi ständig damit beschäftigt sind und das Stroh zerkleinern, entsteht laufend neuer Staub im Stall. Muth-Köhnes versuchen die Belastung zu reduzieren, in dem sie die Ventilatoren, die sie im First eingebaut haben, kontinuierlich laufen lassen. „Durch die aktive Lüftung bekommen wir einen Teil des Staubes aus dem Stall. Zudem helfen die festen Abluftpunkte bei der Genehmigungsfähigkeit von solchen Stallsystemen“, betont Rainer Muth-Köhne.


Ausmisten von zwei Seiten


Auch zum Thema Ausmisten haben sich Vater und Sohn vorab viele Gedanken gemacht. Denn diese Arbeit soll schnell und einfach erledigt sein. Entscheidend ist aus ihrer Sicht, dass man mit dem Teleskoplader überall rasch hinkommt und nicht mit der Hand Mist aus den Ecken schaufeln muss.


Muth-Köhnes haben die Buchten so gebaut, dass die Großgruppen von beiden Stirnseiten aus mit dem Teleskoplader befahren werden können. Der Kontrollgang wurde extra 5 m breit gebaut. „Dank der zwei Zufahrtsmöglichkeiten können wir den Mist sehr schnell aus den Großgruppen schieben“, erklärt Georg Muth-Köhne.


Gemistet wird im Auslauf zwei Mal pro Woche, im Stall alle vier bis sechs Wochen. Das Misten des Auslaufs schafft eine Person bequem alleine. Dazu wird zuerst das äußere Gitter mit dem Teleskoplader leicht angehoben, dann werden die Schweine damit in den Innenbereich zurückgedrängt. Beim Zurückfahren zieht Rainer Muth-Köhne den Mist raus, nimmt dabei das Gitter mit zurück und hängt es wieder ein. Sobald alle Ausläufe gemistet sind, schiebt er den Mist auf die Mistlagerplatte. „Während der gesamten Entmistung brauche ich in der Regel nicht ein einziges Mal abzusteigen“, ist der Schmallenberger Landwirt zufrieden.


Nach den ersten sechs Betriebsmonaten zeigt sich, dass sich die tägliche Arbeit nicht wesentlich von der Arbeit in einem konventionellen Stall unterscheidet. Mehr Arbeit machen aber die Stroherntekette sowie das Ein- und Ausmisten. Muth-Köhnes kalkulieren mit rund 1,3 bis 1,5 Stunden pro Mastplatz und Jahr. Das sind gut 50% mehr als in einem konventionellen Maststall.


Vermarktung als Stufe 4-Tiere


Mit ihrem Außenklimastall ist Familie Muth-Köhne trotz AFP-Förderung finanziell erheblich in Vorleistung gegangen. Denn beim Bau stand noch nicht fest, ob sie ihre Frischluft-Schweine am Ende auch höherpreisig vermarktet bekommen. „Viele Angebote kommen erst rein, sobald der Stall steht“, lautet die Erfahrung von Rainer Muth-Köhne. Er und sein Vater verkaufen die Schweine aktuell über das Schlachtunternehmen Horst und Nico Brand in Lohne bzw. das Projekt „Reinert Herzenssache“ als Tiere der Haltungsformstufe 4. Vorgabe hierbei ist, dass die Mastschweine im Offenfrontstall stehen, mindestens 1,5 m2 pro Tier zur Verfügung haben, keine Antibiotika erhalten, organisches Beschäftigungsmaterial zur Verfügung haben und GVO-freies Futter fressen.


Die zahlreichen Haltungsvorgaben und der teure Strohstall haben ihren Preis. Georg und Rainer Muth-Köhne betonen, dass sie als Ausgleich für die höheren Kosten mindestens 40 bis 50 Cent pro kg Schlachtgewicht mehr benötigen. „Die Tierwohl-Mast geht richtig ins Geld und wird sich nur durchsetzen, wenn die Abnehmer bereit sind, mindestens die Mehrkosten auszugleichen. Wir müssen mit unseren Tieren Geld verdienen, sonst ist die Investition auf Dauer nicht sinnvoll“, fordern Muth-Köhnes langfristige Perspektiven und Preiszusagen seitens der Schlachter und des Handels.


Rundes Gesamtkonzept


Auch wenn derzeit noch nicht abzusehen ist, wie stark sich die Strohmast im Außenklimastall in Zukunft durchsetzt, Familie Muth-Köhne ist sich sicher, auf das richtige Pferd bzw. Schwein gesetzt zu haben. „Wir glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind, denn die Tierwohl-Schweine sind nicht nur gefragt. Der Außenklimastall passt auch sehr gut in unser Betriebskonzept. Den Mist zum Beispiel verwerten wir zeitnah in unserer Biogasanlage. Dadurch konnten wir die sehr teure Mistlagerplatte wesentlich kleiner bauen als üblich“, erklärt Junglandwirt Rainer Muth-Köhne.


Und er ist sich sicher: „Die Nutztierhaltung in Deutschland bleibt künftig nur dann im Land erhalten, wenn sie sich vom Weltmarkt abhebt, transparenter wird und der Verbraucher sie wieder besser akzeptiert.“-ar-


Marie Hoffmann

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