Die Politik lässt die Bauern beim Thema Kastration weiter im Stich. Dabei wissen alle nur zu gut, dass dringend Handlungsbedarf besteht. Denn die derzeit zugelassenen Alternativen zur betäubungslosen Kastration lassen sich nicht flächendeckend umsetzen. Dennoch will keiner den ersten Stein ins Wasser werfen. Anstatt noch vor der Sommerpause eine für die Sauenhalter akzeptable Lösung zu verabschieden, ducken sich die Verantwortlichen in Bund und Ländern weg. Bundesagrarministerin Julia Klöckner, die sich jetzt den Hut aufsetzen müsste, wartet auf einen „Auftrag“ des Bundesrates.
Auf Landesebene will sich aber niemand an dem „heißen Eisen“ Kastration die Finger verbrennen. Selbst ein alter SPD-Haudegen wie Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern ist extrem vorsichtig. Vermutlich liegt es am Druck der Bundes-SPD, diese fürchtet derzeit nichts mehr als den Wählerzorn.
Derweil rennt die Zeit unerbittlich weiter. Ein Blick in den Kalender genügt, um zu sehen, wie ernst die Lage ist. Mitte September, wenn die Abgeordneten aus Bundestag und Bundesrat aus der Sommerpause zurückkehren, muss eine Lösung her. Wie kann diese aussehen? Der kleinste gemeinsame Nenner wäre eine Fristverlängerung. Ein Wiener Weg „light“, das heißt zeitlich begrenzte Fristverlängerung um wenige Jahre, wäre für alle Beteiligten die Rettung: Mancher Sauenhalter wäre dann hoffentlich davon überzeugt, weiter in Deutschland Ferkel zu produzieren. Und die Politik könnte ihr Gesicht gegenüber dem Wahlvolk bewahren. Denn aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben!