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Weniger Antibiotika, weniger Resistenzen

Lesezeit: 5 Minuten

Top oder Flop? Fünf Jahre nach der Einführung des staatlichen Antibiotika-Monitorings hat das Bundeslandwirtschaftsministerium Bilanz gezogen, ob sich der Aufwand gelohnt hat.


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PD Dr. Andreas Palzer, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte


PD Dr. Andreas Palzer, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte


PD Dr. Andreas Palzer, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte


Seit fünf Jahren sind Schweinehalter mit mehr als 250 Mastferkeln oder 250 Mastschweinen gesetzlich verpflichtet, jeden Antibiotikaeinsatz bei ihren Tieren halbjährlich an die HIT-Datenbank zu melden. So schreibt es die im April 2014 in Kraft getretene Novellierung des Tierarzneimittelgesetzes vor. Aus den Daten wird dann die betriebliche Therapiehäufigkeit errechnet und dem Tierhalter mitgeteilt.


Bilanz nach fünf Jahren


Aus allen bundesweit eingegangenen Therapiehäufigkeiten errechnet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zwei Kennzahlen. Der Tierhalter muss den eigenen Wert mit diesen beiden Kennzahlen vergleichen. Liegt die eigene Therapiehäufigkeit über einem der beiden bundesweiten Werte, so ist der Tierhalter verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um den Antibiotikaeinsatz im Betrieb weiter zu reduzieren.


Mit der Antibiotika-Meldepflicht ver-folgte der Bund drei Ziele:


  • Antibiotikaverbrauch in der Nutztierhaltung senken;
  • verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika fördern;
  • Resistenzbildungen reduzieren.


Die Novellierung des Tierarzneimittelgesetzes sah außerdem vor, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium fünf Jahre nach Inkrafttreten der Novelle einen Bericht vorlegen muss, ob die geplanten Ziele erreicht wurden. Das ist im Sommer dieses Jahres geschehen. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse dieses Evaluierungsberichts.


Verbrauch gesunken


Zunächst zum Antibiotikaverbrauch: Die von der Pharmaindustrie an Tierärzte abgegebenen Antibiotikamengen, die in der DIMDI-Datenbank erfasst werden, sind in den letzten elf Jahren kontinuierlich gesunken – insgesamt um stolze 57%!


Dieser eindeutige Trend lässt sich auch bei den Therapiehäufigkeiten der Antibiotika-Datenbank erkennen. Die angestrebte Reduktion des Antibiotikaverbrauchs wurde bei allen sechs erfassten Nutztiergruppen (Masthühner, Mastputen, Mastferkel, Mastschweine, Mastkälber und Mastrinder) erreicht.


Am deutlichsten erfolgte der Rückgang bei Schweinen. Bei Mastferkeln reduzierte sich der Antibiotikaverbrauch in den letzten fünf Jahren um 46% von ehemals 87,5 t auf aktuell 47,2 t. Und bei Mastschweinen sank der Antibiotikaeinsatz im Beobachtungszeitraum um 43% von 115 t im Jahr 2014 auf aktuell 65,2 t (siehe Übersicht 1). Bei Mastkälbern (-4%), Masthühnern (-1%) und Mastputen (-4%) fiel der Verbrauchsrückgang allerdings geringer aus.


Reserve-Antibiotika konstant


Häufiger wurde der Verdacht geäußert, dass zwar der Antibiotikaverbrauch insgesamt reduziert wurde, Tierärzte und Landwirte dafür jedoch auf wirksamere Reserveantibiotika ausgewichen sind. Diese Vermutung wird durch die Auswertungen des BVL klar widerlegt. Der Verbrauch kritischer Antibiotika hat bei allen erfassten Nutztierarten nicht zugenommen. Es hat daher keine Verlagerung hin zu Reserveantibiotika stattgefunden!


Die Auswertung ergab zudem, dass die fünf kritischen Wirkstoffklassen, zu denen unter anderem Fluorchinolone, Cephalosporine der dritten und vierten Generation sowie Colistin gehören, bei Mastschweinen und Mastferkeln sowie Mastrindern und Mastkälbern nur etwa 10% des Gesamtverbrauchs ausmachen.


Anders dagegen bei Mastgeflügel. Hier entsprechen die fünf kritischen Wirkstoffklassen etwa 40% des Antibiotika-Gesamtverbrauchs. Und das hat auch seinen Grund, denn Colistin ist z.B. das einzige Antibiotikum, das für bestimmte Erkrankungen bei Puten und Hühnern eine Zulassung hat.


Übersicht 2 verdeutlicht am Beispiel der Polypeptid-Antibiotika, zu denen auch Colistin gehört, dass der Verbrauch bei Schweinen weiter reduziert werden konnte. Bei Masthühnern blieb er dagegen aufgrund fehlender Alternativen auf hohem Niveau beziehungsweise stieg weiter an.


Auffallend ist auch, dass es offensichtlich doch einen Zusammenhang zwischen der Betriebsgröße und dem Antibiotikaverbrauch gibt. Die Auswertung ergab, dass größere Betriebe tendenziell eine höhere Therapiehäufigkeit aufwiesen. Mit anderen Worten: Größere Betriebe setzten mehr Antibiotika ein. Auf der anderen Seite konnten die großen Betriebe in den vergangenen fünf Jahren aber auch die größten Einspareffekte realisieren.


Für den Mehrverbrauch der größeren Betriebe gibt es vermutlich mehrere Erklärungen. Eine davon könnte sein, dass große Mastbetriebe ihre Läufer häufig von mehreren Ferkelerzeugern beziehen, also mehrere Ferkelherkünfte beim Aufstallen mischen müssen. Mäster mit kleineren Beständen kommen dagegen häufig mit einer Ferkelherkunft aus. Das macht für das Krankheitsgeschehen im Bestand und damit für den Antibiotikaverbrauch einen großen Unterschied aus.


Lange Zeit wurde zudem befürchtet, dass Landwirte und Tierärzte, um die Therapiehäufigkeit zu senken, vermehrt auf One Shot- bzw. Langzeitpräparate ausgewichen sind. Doch auch dieser Verdacht wird durch die Auswertungen des BVL nicht bestätigt. In der Praxis wurden nicht mehr Langzeitpräparate eingesetzt als zuvor. Der Anteil dieser Präparate am gesamten Antibiotikaverbrauch bei Nutztieren beträgt nach wie vor weniger als 1%! Der Einfluss der Langzeitpräparate auf die Therapiehäufigkeit wurde bisher also möglicherweise überschätzt.


Resistenzen rückläufig


Hauptziel der Novellierung des Tierarzneimittelgesetzes ist, die Resistenzbildung der Erreger gegen Antibiotika zu verringern. Das Antibiotika-Monitoring dient daher eigentlich nur als Mittel zum Zweck.


Die Auswertung verschiedener Resistenzdaten ergab, dass sich bei allen sechs ausgewerteten Masttiergruppen ein Rückgang der Resistenzraten abzeichnet. Bei Mastkälbern, -schweinen, -hühnern und Mastputen traten bei den normalerweise im Darm vorkommenden Keimen (z.B. E.coli) weniger Resistenzen und Mehrfachresistenzen auf. Der Anteil der Bakterien, die auf alle eingesetzten Antibiotika sensibel reagieren, steigt wieder.


Übersicht 3 verdeutlicht, dass sich die Resistenzsituation für fast alle Wirkstoffe verbessert hat (grüne Punkte). Der Anteil von Mehrfachresistenzen ist gesunken. Nur bei einigen wenigen Wirkstoffen hat sich die Situation nicht verändert (graue Punkte). Und nur beim Einsatz von Fluorchinolonen bei Mastputen hat sich die Resistenzsituation in den letzten Jahren verschlechtert.


Hoher Erfassungsaufwand


Die bei den HIT-Meldungen durchgeführten Plausibilitätskontrollen haben gezeigt, dass die meisten von Landwirten bzw. Tierärzten eingegebenen Daten eine gute Qualität aufwiesen. Das untermauert die Aussagekraft der daraus errechneten Therapiehäufigkeiten.


Allerdings war die Datenerfassung mit einem erheblichen Aufwand verbunden – sowohl bei den Veterinärbehörden als auch bei den Tierärzten bzw. Landwirten. Deshalb sollte von den Verantwortlichen auch darüber nachgedacht werden, wie man die Datenerfassung und -eingabe vereinfachen kann.


henning.lehnert@topagrar.com

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