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Wie gehts weiter beim Kupierverzicht?

Lesezeit: 7 Minuten

Derzeit wird bewertet, wie gut der Aktionsplan Kupierverzicht in Deutschland umgesetzt wird. Fest steht, dass die EU-Kommission das Thema weiter fest im Blick behält. top agrar erläutert, worauf Schweinehalter jetzt achten müssen.


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Die überwiegende Zahl der konventionell gehaltenen Schweine wird in Deutschland und vielen weiteren EU-Ländern nach wie vor kupiert. Seit einigen Jahren verschärft die EU-Kommission jedoch den Druck auf die Mitgliedstaaten beim Thema Kupierverzicht. In Deutschland trat daraufhin im Sommer 2019 der Nationale Aktionsplan Kupierverzicht in Kraft. Ziel des Aktionsplans ist der schrittweise Verzicht auf das Kupieren der Ferkelschwänze. Kurz zusammengefasst haben Tierhalter seitdem zwei Optionen:


  • Option 1-Betriebe sind Schweinehalter, die aufgrund von plausiblen Gründen noch nicht auf das Schwanzkupieren verzichten können. Dazu müssen sie nachweisen, dass der Eingriff unerlässlich ist. Seit Juli 2019 müssen sie dafür eine jährliche Risikoanalyse durchführen. Zusätzlich sind Schwanz- und Ohrverletzungen mindestens zweimal jährlich zu erheben sowie geeignete Optimierungsmaßnahmen umzusetzen.
  • Option 2-Betriebe sind Schweinehalter, die in den Kupierverzicht einsteigen und eine Kontrollgruppe (mindestens 1% der Tierplätze) mit unkupierten Schweinen halten. Auch bei dieser Option müssen Verletzungen dokumentiert und Optimierungsmaßnahmen eingeleitet werden.


Die Angaben aus der Erhebung der Verletzungen und der Risikoanalyse münden dann für alle Schweinehalter in einer sogenannten Tierhaltererklärung, die zwölf Monate lang gültig ist und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorgelegt werden muss.


Maßnahmenpläne fällig


Grundsätzlich sieht der Aktionsplan vor, dass Schweinehalter die Haltungsbedingungen und das Betriebsmanagement durch geeignete Maßnahmen fortwährend so lange optimieren, bis im ganzen Bestand unkupierte Schweine gehalten werden können.


In den vergangenen beiden Jahren wurde den Schweinehaltern Zeit gegeben, sich an das Thema Kupierverzicht heranzutasten. Inzwischen ist diese Schonfrist vorbei. Betriebe, die in den letzten zwei Jahren die Unerlässlichkeit des Eingriffs immer wieder mit mehr als 2% Schwanzverletzungen begründet haben, müssen der zuständigen Behörde jetzt einen Maßnahmenplan mit weitergehenden Maßnahmen vorlegen. So sieht es der Ablauf des Aktionsplans vor.


Der Maßnahmenplan soll als Nachweis dienen, dass das Schwänzekürzen im Betrieb bzw. das Einstallen kupierter Tiere für den Betrieb weiterhin unerlässlich ist. Eine länderübergreifende Projektgruppe hat dazu Muster für Maßnahmenpläne in einer Kurz- und Langversion erarbeitet. Diese sind u.a. auf der Internetseite www.ringelschwanz.info veröffentlicht.


In dem schriftlichen Maßnahmenplan sollen die Risikoanalysen und eingeleiteten Optimierungsmaßnahmen der vergangenen beiden Jahre zusammengefasst und bewertet werden: Welche Maßnahmen wurden im Betrieb durchgeführt? Warum besteht trotz der Optimierungsmaßnahmen noch immer ein Beißproblem?


Eine Maßnahmentabelle soll die Tierhalter bei der Erstellung der Pläne unterstützen und Anregungen zu weitergehenden Optimierungsmaßnahmen liefern. Die Tabellen sind ähnlich wie die Risikoanalyse in die Parameter Beschäftigung, Stallklima, Gesundheit und Fitness, Wettbewerb um Ressourcen, Ernährung und Struktur sowie Sauberkeit in der Bucht aufgeteilt.


Im Plan müssen die weitergehenden Maßnahmen dann aufgelistet, nach Wichtigkeit sortiert und begründet werden. Die Risikofaktoren und die notwendigen Optimierungsmaßnahmen fallen jedoch betriebsindividuell sehr unterschiedlich aus. Deshalb ist es empfehlenswert, dass der Tierhalter die Risikoanalyse und den individuellen Maßnahmenplan gemeinsam mit einem Berater und/oder seinem Hoftierarzt erstellt.


Wichtig: Für jede Nutzungsgruppe, in der ab dem 1. Juli 2021 weiterhin Schwänze kupiert werden, muss ein separater Maßnahmenplan erstellt werden. Das gilt auch bei baulich stark voneinander abweichenden Stalleinheiten innerhalb eines Betriebes.


Da die Muster-Maßnahmenpläne erst Mitte Juli 2021 veröffentlicht wurden, ist davon auszugehen, dass die Behörden den Tierhaltern noch etwas Zeit zur Erstellung der Maßnahmenpläne einräumen werden. Bis wann die Maßnahmenpläne bei den zuständigen Behörden vorliegen müssen, hängt vom jeweiligen Bundesland bzw. den Landkreisen ab. Beispielsweise hat das niedersächsische Landwirtschaftsministerium die Veterinärämter aufgefordert, bis zum 1. Oktober 2021 entsprechende Maßnahmenpläne bei den Schweinehaltern einzufordern.


Betriebe, die seit Juli 2020 weniger als 2% Verletzungen erfasst haben und in der Tierhaltererklärung 2021 als „2b“ (Betrieb in Lieferkette ohne Beißprobleme, bei dem Unerlässlichkeit jedoch durch einen vorgelagerten Fremdbetrieb nachgewiesen wurde) oder „3“ (Einstieg in Kupierverzicht) eingestuft sind, müssen keinen Maßnahmenplan vorlegen.


Kontrollgruppe vergrößern


Aber auch Betriebe, die bereits mit einer Ringelschwanz-Kontrollgruppe mit mindestens 1% der Tierplätze in den Kupierverzicht eingestiegen sind, müssen mit Änderungen rechnen. Der Aktionsplan schreibt vor, die Anzahl der Tiere mit intaktem Ringelschwanz bei mehrmals erfolgreicher Haltung schrittweise zu erhöhen. Bislang wurde die Größe der Kontrollgruppe von den zuständigen Behörden noch relativ tolerant gehandhabt. Wichtig ist, dass die Kontrollgruppe dauerhaft gekennzeichnet ist, z.B. über ein farbiges Dornteil der Ohrmarke und schrittweise vergrößert wird.


In Zukunft müssen Schweinehalter, die mehrfach erfolgreich unkupierte Tiere gehalten haben, mit einer strengeren Überwachung der Gruppengröße rechnen und den Anteil unkupierter Tiere entsprechend erhöhen.


Nach Abschluss eines kompletten Durchgangs können die Erfahrungen mit der Kontrollgruppe bewertet werden. Treten in der Kontrollgruppe vermehrt Verletzungen auf, sollten eine Risikoanalyse durchgeführt und entsprechende Optimierungsmaßnahmen eingeleitet werden. Traten keine oder nur wenige Verletzungen auf, muss der Schweinehalter die Kontrollgruppe im nächsten Durchgang entsprechend vergrößern. Somit sollte eine Bewertung und gegebenenfalls Vergrößerung der Kontrollgruppe in der Ferkelaufzucht etwa alle zehn Wochen und in der Mast etwa alle 16 Wochen erfolgen.


Einige Bundesländer haben bereits seit Beginn des Aktionsplans in den Ländererlassen konkrete Vorgaben zur schrittweisen Vergrößerung der Kontrollgruppe festgelegt. Brandenburg, Hessen und Sachsen etwa schreiben bei erfolgreicher Haltung von Langschwänzen eine Steigerung um 5% pro Durchgang vor. Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen hingegen haben in den Ländererlassen keine konkreten Vorgaben zur Steigerung gemacht.


Evaluierung steht an


Die Agrarministerkonferenz hat im September 2018 beschlossen, dass der Aktionsplan etwa zwei Jahre nach Inkrafttreten evaluiert, d.h. fachgerecht bewertet werden soll. Hierzu ist geplant, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) unter Beteiligung der Bundesländer, Verbände, Landwirtschaftskammern sowie der Tierärztekammern einen Bericht erstellt. Dieser soll zur Agrarministerkonferenz im Herbst 2021 fertig sein.


Parallel erfolgt aktuell eine grundlegende Bestandsaufnahme auf Länderebene. Dafür werden von März 2021 bis März 2022 Tierschutzkontrollen mit bundesweit abgestimmten Checklisten durchgeführt. Mit den Ergebnissen dieser Bestandsaufnahme wird in der zweiten Jahreshälfte 2022 gerechnet. Anhand der Ergebnisse kann der Aktionsplan angepasst werden. Im Rahmen der Evaluierung kann die EU zudem anordnen, den Aktionsplan Kupierverzicht weiter zu verschärfen.


Rückmeldung der Behörden


Bisherige Rückmeldungen der Veterinärämter offenbaren einige Knackpunkte bei der Umsetzung des Aktionsplans. Mitunter würden die von den Landwirten eingesandten Tierhaltererklärungen nicht plausibel ausgefüllt bzw. die Tierhaltererklärungen innerhalb der Lieferkette seien unvollständig, beklagen die zuständigen Behörden.


Bei den ersten risikoorientierten Vor-Ort-Kontrollen stellten die zuständigen Behörden zudem fest, dass die dokumentierten Risikoanalysen oft nicht mit den Gegebenheiten im Betrieb übereinstimmten. Häufig konnten die Kontrolleure vor Ort keine deutliche Erhöhung der Anzahl unkupierter Schweine feststellen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Unerlässlichkeit des Kupierens von einigen Betrieben nicht plausibel begründet wurde. Rückmeldungen aus der Praxis zeigen auch, dass viele Tierhalter noch immer nicht genau wissen, wie sie den Aktionsplan in der Praxis umsetzen müssen.


Kupierverzicht bleibt Thema


Fest steht allerdings, dass die EU-Kommission beim Thema Kupierverzicht nicht locker lassen wird und die „Schonfrist“ für die Betriebe demnächst enden wird. Das Halten von Schweinen mit intakten Ringelschwänzen stellt die Tierhalter jedoch vor enorme Herausforderungen und erfordert einen langen Lernprozess. Daher sollten Schweinehalter die Zeit jetzt nutzen, um rechtzeitig und behutsam Erfahrungen mit unkupierten Tieren zu sammeln.


caroline.juecker@topagrar.com

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