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Die Afrikanische Schweine­pest kommt näher!

Lesezeit: 6 Minuten

LKW-Fahrer und Saisonarbeiter können die Afrikanische Schweinepest jederzeit in die EU einschleppen. top agrar sprach mit Dr. Sandra Blome vom Friedrich-Loeffler-Institut.


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Beinahe wöchentlich hört man von neuen Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Russland. Müssen wir bald auch in Deutschland mit ersten Fällen rechnen?


Dr. Blome: Die Situation in Russland und im Kaukasus ist in höchstem Maße besorgniserregend. Seit der ersten Einschleppung im Jahr 2007 breitet sich das Virus jährlich um rund 350 km aus. Ursprünglich war nur der Süden Russlands betroffen. Inzwischen ist das Virus aber auch in Zentralrussland und unmittelbar an den EU-Außengrenzen angekommen. Die Gefahr, dass die Afrikanische Schweinepest auch nach Deutschland eingeschleppt werden könnte, ist dementsprechend hoch.


Was macht den Erreger der Afrikanischen Schweinepest so gefährlich?


Dr. Blome: Das Virus der ASP ist in der Umwelt außerordentlich stabil und daher schwer zu bekämpfen. In gekühl-tem Fleisch kann es etwa 15 Wochen überleben, in tiefgefrorenem Fleisch sogar jahrzehntelang.


Selbst bei pH-Werten unter 4 und über 12 bleibt der Erreger noch überlebensfähig. Zur Desinfektion eignen sich daher nur wenige Mittel. In der DVG-Liste ist ein einziges Mittel aufgelistet, das zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest zugelassen ist. Da das Virus so widerstandsfähig ist, ist es hier besonders wichtig, die vorgeschriebene Konzentration und Einwirkzeit einzuhalten. Zudem wird die Bekämpfung unter dem Gefrierpunkt schwierig.


Erschwerend kommt hinzu, dass der Erreger durch Lederzecken übertragen werden kann. Diese Vektoren haben bei den ASP-Ausbrüchen in Afrika, Portugal und Spanien eine wichtige Rolle ge-spielt. In Russland gibt es bislang keine Hinweise auf eine Beteiligung von Lederzecken am Ausbruchsgeschehen, ausschließen können wir es jedoch nicht.


Als einzige Bekämfungsmaßnahme bleibt uns bislang das Keulen der infizierten Schweine, da es noch keinen Impfstoff gegen den ASP-Erreger gibt. Die Forschung läuft zwar auf Hochtouren, ich gehe aber nicht davon aus, dass uns innerhalb der nächsten zehn Jahre ein kommerzieller Impfstoff zur Verfügung stehen wird.


Woran erkennt man die Afrikanische Schweinepest? Gibt es typische Symptome?


Dr. Blome: Leider nein. Die ASP ist klinisch nicht von der Klassischen Schweinepest zu unterscheiden. Es gibt eine Vielzahl von untypischen Symptomen wie hohes Fieber, eine erhöhte Atemfrequenz, Abgeschlagenheit und Fressunlust. Diese Krankheitsbilder kann man aber auch mit einer Vielzahl von anderen Erkrankungen in Verbindung bringen. Gewissheit erlangt man erst durch eine Laboruntersuchung.


Die Erfahrungen in Russland zeigen, dass sich nicht jedes Schwein infizieren muss. Jedes Tier, das sich angesteckt hat, verendet jedoch innerhalb einer guten Woche! Die Ausbreitung erfolgt in erster Linie über Blut bzw. bluthaltige Flüssigkeiten. Ohne Blutkontakt kann die Erkrankung durch den Bestand kriechen. Mit Blutkontakt erfolgt die Verbreitung dagegen rasend schnell.


Warum bekommen die russischen Veterinärbehörden das Seuchengeschehen nicht in den Griff?


Dr. Blome: Das hat mehrere Gründe. Erstens sind die Veterinärbehörden mit der Situation komplett überfordert. Sperr- und Kontrollmaßnahmen werden oftmals nur unzureichend umgesetzt. Das liegt unter anderem auch daran, dass in vielen Gebieten vor ein paar Jahren noch Krieg herrschte.


Zweitens ziehen nicht alle Schweinehalter bei der Bekämpfung mit, da die Entschädigungszahlungen nicht eindeutig geregelt sind. Im Süden waren zudem bislang hauptsächlich Kleinstbetriebe betroffen, in denen die Hygienestandards nicht sehr hoch sind.


Die Verschleppung über größere Distanzen erfolgt häufig über Angehörige des russischen Militärs. Zum Teil wurden bei Truppenbewegungen infizierte Schweine mit zum nächsten Standort genommen. Oftmals erhalten die Soldaten aber auch per Post aus der Heimat Wurst- bzw. Fleischwaren, die mit dem ASP-Erreger infiziert sind.


Auf welchen Wegen könnte das Virus nach Deutschland gelangen?


Dr. Blome: Legale Fleisch- und Viehtransporte von Russland nach Deutschland sind derzeit nicht möglich. In der anderen Richtung gibt es pro Jahr jedoch rund 3 000 Zucht- und Schlachtviehtransporte von Deutschland nach Russland. Und wenn diese Fahrzeuge vor der Rückreise nicht sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden, stellen sie eine große Gefahr dar. Die Kontrolle der Desinfektion ist außerordentlich schwierig, gerade im Winter.


Hinzu kommt der Personenverkehr von Osteuropa gen Westen. Viele Touristen, Saisonarbeiter und russische LKW-Fahrer bringen aus ihrer Heimat Lebensmittel mit, die sie dann unterwegs verzehren. Autobahn-Raststätten stellen hier eine besondere Gefahr dar. Denn achtlos weggeworfene Speisereste können von Wildschweinen aufgenommen werden, die sich dann auf diese Weise infizieren.


Welche Rolle spielen Wildschweine bei der Übertragung?


Dr. Blome: Infektionsversuche haben gezeigt, dass Wildschweine genauso empfänglich für das ASP-Virus sind wie Hausschweine. Alle Altersklassen können betroffen sein. Vom Frischling bis zum zehn Jahre alten Keiler sterben die Tiere relativ schnell, nachdem sie mit dem Virus Kontakt hatten.


Sobald in einer Region gehäuft Wildschweine verenden, sollte man die Kadaver deshalb auch auf ASP untersuchen lassen. Angesichts der großen Wildschweinebestände in Deutschland und der fehlenden Impfoption wäre eine ASP-Infektion hier so ziemlich das Schlimmste, was uns passieren kann. Die Erfahrungen mit der Klassischen Schweinepest haben uns gezeigt, dass Infektionen im Schwarzwild nicht selten die Ursache für Ausbrüche bei den Hausschweinen waren.


Welche Maßnahmen würden bei uns im Falle eines ASP-Seuchenausbruchs ergriffen?


Dr. Blome: Die erforderlichen Schritte sind in der deutschen Schweinepest-verordnung geregelt. Die Sperrfristen für die Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete erstrecken sich über einen längeren Zeitraum als bei der Klassischen Schweinepest. Zudem würde noch umfangreicher gekeult, weil selbst für extreme Notfälle kein Impfstoff zur Verfügung steht.


Sind die deutschen Veterinärbehörden auf einen ASP-Seuchenzug vorbereitet?


Dr. Blome: Natürlich sind die deutschen Veterinärbehörden sensibilisiert. Die Untersuchungseinrichtungen der Länder wurden in den letzten Monaten mit der notwendigen PCR ausgestattet, um im Rahmen von Ausschlussuntersuchungen den ASP-Verdacht bestätigen oder ausschließen zu können. Alle Untersuchungseinrichtungen haben an einem Ringtest teilgenommen. Die Ergebnisse waren sehr gut.


Insofern habe ich keine Bedenken, dass im Rahmen der Ausschlussunter-suchungen ein ASP-Ausbruch über-sehen werden könnte. Voraussetzung ist allerdings, dass Landwirte und Tierärzte von den Ausschlussuntersuchungen auch wirklich Gebrauch machen. Zumal der Ausschluss kein Verdacht ist. Ausschlussuntersuchungen sind mit keinerlei Maßnahmen verbunden. Es geht hier wirklich nur darum, den Seucheneintrag so früh wie möglich zu erkennen.


Wie können Schweinehalter ihre Bestände vor einer Infektion mit dem ASP-Virus schützen?


Dr. Blome: Wichtig ist, dass sich Schweinehalter immer wieder die wichtigsten Hygieneregeln in Erinnerung rufen und dass sie diese Vorgaben bei der täglichen Arbeit auch tatsächlich leben. Stallbesuche sollten auf ein Minimum beschränkt werden und nur in Verbindung mit einem kompletten Kleiderwechsel erlaubt werden.


Ganz wichtig ist zudem, dass Wildschweine keinen Zugang zu Futtermitteln oder CCM-Silos haben. Denn sonst könnte der ASP-Erreger über infiziertes Futter in den Stall eingeschleppt werden.


Schweinehalter, die sich in ihrer Freizeit jagdlich betätigen, müssen besonders vorsichtig sein. Auf keinen Fall darf man mit den Gummistiefeln und der Jacke, mit denen man eben durch den Wald gestapft ist, im nächsten Moment durch den Schweinestall spazieren. Wild sollte niemals auf dem Hofgelände aufgebrochen werden. Und jeder Schweinehalter sollte es sich dreimal überlegen, ob er an einer Wildschweinejagd in Osteuropa teilnimmt und womöglich infizierte Jagdtrophäen mit nach Hause bringt!


Das Interview führte top agrar-Redakteur Henning Lehnert

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