Landwirte wollen mehr Tierwohl umsetzen - scheitern aber am Baurecht. Meint der politische Wille zu mehr Tierwohl gleichzeitig gar den Abbau der Tierbestände?
Du sollst nicht lügen. Steht in den Zehn Geboten. Jetzt gibt es zwar zwischen „lügen“ und „nicht die ganze Wahrheit sagen“ einen Unterschied. Aber die Folge ist gleich: Vertrauensverlust. Genau diesen Vertrauensverlust quittieren viele Landwirte gerade der Bundesregierung, vor allem die Tierhalter.
Scheitern am Baurecht
Sie sollen mehr Tierwohl in die Ställe bringen – durch Um- oder Neubau. Das fordern Teile der Gesellschaft und erzwingen Gerichtsurteile. Die Regierung reagiert mit verschärftem Ordnungsrecht wie der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Und will mit dem staatlichen Umbau der Nutztierhaltung der Borchert-Kommission vor die Welle kommen. Das Widersinnige: Tierhalter bekommen oft gar keine Baugenehmigung zum Um- oder Neubau. Sie scheitern am Baurecht. Und eine Änderung des Baurechts verhindern genau die Politiker, die Tierwohl fordern.
Baulandmobilisierungsgesetz ohne Tierwohlställe
Das zeigte sich beim Baulandmobilisierungsgesetz. Zum Bau von Tierwohlställen steht nichts drin – konnte auch nicht: Denn im Sommer 2020 hatten CDU/CSU und SPD das Thema herausgenommen und in das „Gesetz zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen“ überführt. Damit es schneller geht. Was aber nicht geklappt hat. Denn über das Gesetz für Tierwohlställe stritt die Koalition bei Redaktionsschluss immer noch.
Eine weitreichende Einigung in den letzten Tagen der aktuellen Regierung ist fraglich. Auf Antrag von NRW hat der Bundesrat die Regierung beauftragt, bei der nächsten Änderung des Baugesetzbuches den Bau von Tierwohlställen zu ermöglichen – weil es jetzt kaum möglich ist. Eine klare Schelte an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze.
Mehr Tierwohl? Praktisch nicht möglich!
Dieser Schwebezustand ist für bauwillige Tierhalter unerträglich. Sie wollen mehr Tierwohl umsetzen, können es aber nicht. Denn niemand gießt jetzt Betonfundamente und verschraubt Stahlträger mit der Gefahr, dass in wenigen Jahren bei neuen politischen Vorgaben die Tierplätze wenige Zentimeter zu klein sind.
Die dringend nötige Planungssicherheit kann sich aber noch hinziehen. Denn im September ist Bundestagswahl. Alle Parteien kündigen Veränderungen in der Tierhaltung an, je nach Farbe in unterschiedlicher Ausprägung. Diese fortlaufende Verunsicherung zermürbt. Und treibt Tierhalter in die Betriebsaufgabe.
Da stellt sich mancher die Frage: Ist womöglich genau das politisch gewollt? Sagen Politiker nicht die ganze Wahrheit und wollen mit dem Umbau zu mehr Tierwohl gleichzeitig den Abbau der Tierbestände? Weil sich dann ihrer Meinung nach viele Umwelt- sowie Klimaprobleme lösen? Und der ohnehin zu hohe Fleischkonsum der Verbraucher sinkt?
Offen spricht das niemand aus. Aber Landwirte sollten die Bundestagsabgeordneten damit konfrontieren. Und auch direkt fragen, wie diese die gewünschte regionale Landwirtschaft stärken wollen. Wie sie Tier-, Umwelt- und Klimaschutzstandards kontrollieren wollen, wenn Deutschland mehr Nahrungsmittel importieren muss. Wie sie die Kulturlandschaft flächendeckend in Deutschland erhalten wollen. Wie sie ein Ausbluten des ländlichen Raums verhindern wollen. Und vieles mehr. Bei den Antworten sollten sie die Abgeordneten an die Zehn Gebote erinnern.
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Du sollst nicht lügen. Steht in den Zehn Geboten. Jetzt gibt es zwar zwischen „lügen“ und „nicht die ganze Wahrheit sagen“ einen Unterschied. Aber die Folge ist gleich: Vertrauensverlust. Genau diesen Vertrauensverlust quittieren viele Landwirte gerade der Bundesregierung, vor allem die Tierhalter.
Scheitern am Baurecht
Sie sollen mehr Tierwohl in die Ställe bringen – durch Um- oder Neubau. Das fordern Teile der Gesellschaft und erzwingen Gerichtsurteile. Die Regierung reagiert mit verschärftem Ordnungsrecht wie der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Und will mit dem staatlichen Umbau der Nutztierhaltung der Borchert-Kommission vor die Welle kommen. Das Widersinnige: Tierhalter bekommen oft gar keine Baugenehmigung zum Um- oder Neubau. Sie scheitern am Baurecht. Und eine Änderung des Baurechts verhindern genau die Politiker, die Tierwohl fordern.
Baulandmobilisierungsgesetz ohne Tierwohlställe
Das zeigte sich beim Baulandmobilisierungsgesetz. Zum Bau von Tierwohlställen steht nichts drin – konnte auch nicht: Denn im Sommer 2020 hatten CDU/CSU und SPD das Thema herausgenommen und in das „Gesetz zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen“ überführt. Damit es schneller geht. Was aber nicht geklappt hat. Denn über das Gesetz für Tierwohlställe stritt die Koalition bei Redaktionsschluss immer noch.
Eine weitreichende Einigung in den letzten Tagen der aktuellen Regierung ist fraglich. Auf Antrag von NRW hat der Bundesrat die Regierung beauftragt, bei der nächsten Änderung des Baugesetzbuches den Bau von Tierwohlställen zu ermöglichen – weil es jetzt kaum möglich ist. Eine klare Schelte an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze.
Mehr Tierwohl? Praktisch nicht möglich!
Dieser Schwebezustand ist für bauwillige Tierhalter unerträglich. Sie wollen mehr Tierwohl umsetzen, können es aber nicht. Denn niemand gießt jetzt Betonfundamente und verschraubt Stahlträger mit der Gefahr, dass in wenigen Jahren bei neuen politischen Vorgaben die Tierplätze wenige Zentimeter zu klein sind.
Die dringend nötige Planungssicherheit kann sich aber noch hinziehen. Denn im September ist Bundestagswahl. Alle Parteien kündigen Veränderungen in der Tierhaltung an, je nach Farbe in unterschiedlicher Ausprägung. Diese fortlaufende Verunsicherung zermürbt. Und treibt Tierhalter in die Betriebsaufgabe.
Da stellt sich mancher die Frage: Ist womöglich genau das politisch gewollt? Sagen Politiker nicht die ganze Wahrheit und wollen mit dem Umbau zu mehr Tierwohl gleichzeitig den Abbau der Tierbestände? Weil sich dann ihrer Meinung nach viele Umwelt- sowie Klimaprobleme lösen? Und der ohnehin zu hohe Fleischkonsum der Verbraucher sinkt?
Offen spricht das niemand aus. Aber Landwirte sollten die Bundestagsabgeordneten damit konfrontieren. Und auch direkt fragen, wie diese die gewünschte regionale Landwirtschaft stärken wollen. Wie sie Tier-, Umwelt- und Klimaschutzstandards kontrollieren wollen, wenn Deutschland mehr Nahrungsmittel importieren muss. Wie sie die Kulturlandschaft flächendeckend in Deutschland erhalten wollen. Wie sie ein Ausbluten des ländlichen Raums verhindern wollen. Und vieles mehr. Bei den Antworten sollten sie die Abgeordneten an die Zehn Gebote erinnern.