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topplus Afrikanische Schweinepest in Brandenburg und Sachsen

ASP: „Die Politik lässt uns im Stich!“

In den ASP-Restriktionsgebieten in Brandenburg und Sachsen stehen immer mehr Schweineställe leer. Es geht um Schadensbegrenzung, aber auch um fehlende Unterstützung.

Lesezeit: 6 Minuten

Unter den Folgen der Afrikanischen Schweinepest (ASP), zu denen auch der akute Preisverfall bei Schlachtschweinen und Ferkeln gehört, leiden alle Schweinehalter in Deutschland. Besonders hart trifft es jedoch die Veredler in den betroffenen Gebieten in Brandenburg und Sachsen. Zusätzlich zum allgemeinen Preisverfall müssen sie auch noch die Mehr­kosten für längere Transportwege zum Schlachthof nach Schleswig-Holstein und die vorgeschriebenen Veterinäruntersuchungen in Kauf nehmen. Inklusive der Abzüge für die separate Erfassung am Schlachthof, die fehlenden ­Zuschläge und der Einbußen für Übergewichte fehlen ihnen zusätzlich 20 bis 25 € bei jedem produziertem Mastschwein.

Massives Tierschutzproblem

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Noch frustrierender ist die Situation für die Schweinehalter in den Sperrzonen III, rund um die drei positiven ASP-Funde bei Hausschweinen. Denn sie werden ihre Tiere derzeit überhaupt nicht mehr los. Das führt dazu, dass die Ställe aus allen Nähten platzen, und inzwischen ein massives Tierschutzproblem droht. Zwar hat die Europäische Kommission die als Sperrzone III gelisteten ASP-Gebiete in Brandenburg zur Sperrzone II in der vergangenen Woche herabgestuft (top agrar berichtete).

Doch konkrete Hilfe ist bisher nicht in Sicht. Die von den Ländern gewährte Beihilfe von maximal 20.000 €, verteilt auf drei Jahre, reicht vorn und hinten nicht, um die immensen Verluste abzupuffern. Die ASP-gebeutelten Landwirte fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. top agrar sprach mit Mästern vor Ort über ihre Nöte.

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R E P O R T A G E

„Unser Stall steht seit sechs Monaten leer“

Der Maststall von Karsten Ilse liegt im ASP-gefährdeten Gebiet. Um die wirtschaftlichen Verluste zu begrenzen, hat er die Abteile seit elf Monaten schrittweise leergefahren.

Still ist es geworden im Maststall von Karsten Ilse, mucksmäuschenstill. Denn seit dem 19. April stehen die Abteile seines 1 500er-Maststalles im brandenburgischen Letschin leer. Um die finanziellen Verluste zu begrenzen, stallt der 47-Jährige schon seit elf Monaten keine neuen Mastferkel mehr auf. Doch die Kredite, die er für den Bau und die Modernisierung des Stalles aufgenommen hat, laufen weiter.

Neue Existenz im Osten

Nach dem Studium ist der Agraringenieur vor knapp 30 Jahren zusammen mit seinen Eltern von Paderborn in den Oderbruch gezogen, um sich hier, nur 10 km Luftlinie von der polnischen Grenze entfernt, eine neue Existenz aufzubauen. Er startete 1993 zunächst mit 160 ha Ackerbau und einer neuen Maschinenhalle. Vier Jahre später baute er dann einen Maststall und stockte den Ackerbau durch Flächenzukauf bzw. Zupacht auf heute 850 ha auf. Ursprünglich wollte er auch die Schweinemast weiter ausbauen. Zeitweise dachte er sogar über den Einstieg in die Ferkelerzeugung nach und liebäugelte mit einem geschlossenen System. Heute ist er froh, dass er sich stattdessen für den Ackerbau entschieden hat. Denn seitdem am 30. September 2020 im Landkreis Märkisch-Oderland das erste ASP-infizierte Wildschwein gefunden wurde, liegt der Hof von Karsten Ilse im Gefährdeten Gebiet.

ASP-Vermarktungsstopp

„Von einem auf den anderen Tag nahmen die Schlachthöfe in Weißenfels und Perleberg, an die ich sonst geliefert habe, keine Mastschweine mehr aus dem gesamten Kreis Märkisch-Oderland ab“, erinnert sich der Landwirt. Damit die Tiere nicht zu schwer wurden, fütterte Ilse zunächst eine dünnere Futtersuppe. Trotzdem erreichten die schlachtreifen Schweine, die er dann einige Wochen später an den Schlachthof Kellinghusen in Schleswig-Holstein liefern konnte, locker 120 kg Schlachtgewicht (SG). Ilse entschied sich daher, seine Mastabteile schrittweise leerzufahren und die Schweinemast bis auf Weiteres einzustellen. Um den Ferkelerzeuger, von dem er seit Jahren seine Ferkel bezog, nicht hängen zu lassen, nahm er zwar noch einige Zeit Ferkel ab. Seit dem 19. April 2021 steht der Stall jedoch leer. „Und so wie ich haben sich die meisten meiner Mästerkollegen in den Restriktionsgebieten entschieden“, berichtet Ilse.

Kredite laufen weiter

Ilses Problem ist jedoch, dass die Kredite weiterlaufen. Offen sind noch ein Darlehen von der Investitionsbank Brandenburg über 180.000 €, die der Landwirt für den Stallbau aufge­nommen hat und ein Darlehen über 100.000 €, mit dem er vor drei Jahren die Modernisierung der Fütterungs-, Heizungs- und Wasseraufbereitungsanlage des Stalles finanzierte. „Hier schieße ich im Moment Geld aus dem Ackerbau zu“, sagt Ilse. Das Land Brandenburg erstattet zwar einen Teil der ASP-bedingten ­Untersuchungs- und Transportkosten. „Die 20.000 €, die wir aufgrund der De-minimis-Regelung der EU alle drei Jahre vom Land bekommen können, sind jedoch ein Witz. Für Landwirte, die von der Schweinehaltung leben müssen, ist das allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein“, beklagt Ilse, der ein Soforthilfeprogramm des Bundes für dringend erforderlich hält. Ansonsten sehe er schwarz für die Schweinehaltung in Brandenburg.

Bund ist gefordert

Der Bund zeigt hier aber bisher keine Bereitschaft. Das liegt nach Meinung von Karsten Ilse auch daran, dass in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen nur vergleichsweise wenig Schweine gehalten werden. Die Chance für ein Umdenken der Politik sieht er erst, wenn die Afrikanische Schweinepest auch veredelungsintensive Regionen in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen erreicht.

Eine weitere Ausbreitung der Seuche gen Westen müsse jedoch mit allen Mitteln verhindert werden. Deshalb fordert Ilse, der sich auch in der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Brandenburgs engagiert, dass die Nordsüd-Autobahnen A 4, A 10, A 11, A 13 A 15, A 17 und A 20 jetzt so schnell wie möglich wildschweinsicher eingezäunt und die Auf- und Abfahrten durch Weideroste gesichert werden, die die Schwarzkittel nicht überwinden können. „Wir brauchen dringend eine Wildschweinbarriere im Inland“, ist Ilse überzeugt. Darüber werde zwar seit Monaten diskutiert. Getan habe sich bisher aber wenig, so der Landwirt. Zudem müssen der doppelte Zaun sowie die Weiße Zone entlang der deutsch-polnischen Grenze so schnell wie möglich fertiggestellt werden, um ein weiteres Einwandern von ASP-infizierten Wildschweinen aus Polen zu verhindern. Und es muss endlich ein schlüssiges Konzept erarbeitet werden, wie die Weißen Zonen wildschweinfrei werden.

„Mit dem Bau des doppelten Zaunes hätte bereits 2019 begonnen werden müssen, als die Afrikanische Schweinepest Westpolen erreichte. Denn spätestens dann war Gefahr im Verzug und der Bund hätte die nötige Rechtsgrundlage für den Bau des Zaunes auf deutschem Hoheitsgebiet schaffen müssen. Hätte man rechtzeitig reagiert, wäre uns viel Leid erspart geblieben“, ist Karsten Ilse überzeugt.

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