Unser Experte
Prof. Wilhelm Pflanz, Hochschule Weihenstephan Triesdorf, Mitglied d. Arbeitsgruppe für die Erarbeitung der Vollzugshinweise
Bis vor drei Jahren waren in der TA Luft Umweltschutzziele absolut vorrangig bei der Genehmigung großer Stallanlagen. Außenklimaställe oberhalb der Grenzen des Bundesimmissonsschutzgesetzes (BImSchG) hatten einen schweren Stand. Das hat sich mit der Novelle der TA Luft grundlegend geändert. Erstmals spielt Tierwohl in der Verwaltungsvorschrift eine gleichberechtigte Rolle.
Die TA Luft unterscheidet bei der Befreiung von der Abluftreinigung zwei Bauarten von Ställen, unabhängig davon, ob es sich um kleine (V) oder große (G) BImSch-Anlagen handelt:
Schnell gelesen
Tierwohlgerechte Außenklimaställe müssen nicht mit einer Abluftreinigungsanlage nachgerüstet werden, auch wenn sie genehmigungspflichtig nach Bundesimmissionsschutzgesetz sind.
Die Ammoniakemissionen müssen im Vergleich zum Referenzwert dauerhaft um 33 % auf 1,95 kg NH3 je Platz gemindert werden.
Ein Loch in der Außenwand reicht nicht, um aus einem zwangsgelüfteten Warmstall einen Außenklimastall zu machen, der nach TA Luft privilegiert ist.
Die Länderarbeitsgruppe (LAI) hat konkrete Vollzugshinweise für Maße, Bodengestaltung, Einstreu, Entmistung usw. in einem Leitfaden veröffentlicht.
Außenklimaställe mit freier Lüftung, mit oder ohne Auslauf, sind bauartbedingt nicht geeignet für eine Abluftreinigung. Dennoch müssen sie über emissionsmindernde Maßnahmen wie beispielsweise eine Kot-Harn-Trennung oder häufige manuelle Reinigung den Ammoniakausstoß (NH3) um 33 % gegenüber dem Referenzwert reduzieren.
Geschlossene Ställe, die nachweislich dem Tierwohl dienen, bei denen die Nachrüstung einer Abluftreinigung nicht verhältnismäßig ist, müssen mind. 40 % der NH3-Emissionen einsparen.
Hat damit jeder Außenklimastall einen Bonus bei der Umsetzung der TA Luft? Die eindeutige Antwort: Nein! Grundbedingung ist, dass eine Abluftreinigung technisch nicht möglich ist. Zweitens muss er erhöhten Tierwohlstandards genügen. Drittens muss der Stall dauerhaft emissionsreduziert zu betreiben sein.
Das bedeutet: Die Ammoniakemissionen eines Außenklimastalls dürfen den Zielwert von 1,95 kg NH3 pro Tierplatz und Jahr in der Schweinemast nicht überschreiten. Für den geschlossenen Stall, der nachweislich dem Tierwohl dient, gilt ein Höchstwert von 1,74 kg NH3 je Tierplatz entsprechend der 40 %igen Minderung. Die TA Luft wird bei den Kriterien für „qualitätsgesicherte Haltungsverfahren, die dem Tierwohl dienen“ nicht konkret. Sie belässt es bei dem unbestimmten Rechtsbegriff.
Rechtssicher für Behörden
Das stellt die Genehmigungsbehörden vor Probleme. Sie müssen rechtssichere Entscheidungen treffen, die weder vom Tierhalter noch von Bürgern angefochten werden. Dazu brauchen sie konkrete, messbare, beurteilbare Vorgaben. Daher beauftragten die Umwelt- und Landwirtschaftsminister eine ad-hoc-Bund-/Länder-Arbeitsgruppe damit, Kriterien für eine rechtssichere Auslegung der TA Luft zu finden:
Was kennzeichnet Haltungsverfahren, die dem „Tierwohl dienen“?
Welche baulichen Anforderungen muss ein Außenklimastall erfüllen, welche ein geschlossener Stall mit Auslauf?
Kriterien für die Mast
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) hat daraufhin eine Vollzugshilfe für die Schweinemast veröffentlicht, der sowohl die Agrar- als auch die Umweltministerkonferenz zugestimmt haben. Sie orientiert sich an den fünf Haltungsformen des Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (THKG). Darin sind die Bedingungen beschrieben, die qualitätsgesicherte Haltungsverfahren erfüllen müssen, um eine Privilegierung nach TA Luft zu erhalten und die vorgegebenen Emissionsminderungen auch tatsächlich zu erreichen.
Demnach erfüllen die Haltungsform „Stall“ sowie „Stall+Platz“ – also gesetzlicher Standard und Initiative Tierwohl (ITW) – generell nicht die geforderten Kriterien. Bei Frischluft- und Auslaufstall sowie der Ökohaltung hängt es von der Ausgestaltung ab.
Dreh- und Angelpunkt für niedrige Ammoniakemissionen ist genügend Platz. 1,3 m2 je Tier sind das Minimum. Zudem schmale und lange Buchten, damit die Tiere die verschiedenen Funktionsbereiche Liegen, Fressen, Aktivität und Koten an einer Achse einrichten. Nur dann koten und harnen sie auf relativ kleiner Fläche. Dieser Bereich muss regelmäßig ober- und/oder unterflur gereinigt werden, damit die Emissionswerte eingehalten werden.
Je besser der Liegebereich angenommen und sauber gehalten wird, desto besser funktioniert auch der Kotbereich mit seiner gezielten Verschmutzung. Um das Abkotverhalten zu unterstützen, sollten Gitter den Kontakt zu Nachbarbuchten ermöglichen. Hilfreich sind kühlere Temperaturen. Ein intelligentes Zu- und Abluftsystem unterstützt die Herausbildung von Funktionsbereichen. Dabei gilt: Im Liegebereich muss die beste Luft sein, keinesfalls Zugluft. Ist der Boden im Kotbereich durchlässig, sollte er einen hohen Perforationsgrad haben wie beispielsweise Dreikantroste.
Frischluft: mindestens 1,3 m2
Der Frischluftstall entspricht Haltungsform 3. Das Außenklima hat durch die großen Öffnungsflächen wesentlichen Einfluss auf das Stallklima. Die Temperatur im Stall gleicht sich der Außentemperatur an. Die Schweine benötigen gedämmte Rückzugsorte – entweder großzügig eingestreute Flächen oder bevorzugt Ruhekisten.
„Dreh- und Angelpunktfür niedrige Emissionen ist genügend Platz.“
Die Mindestfläche im Gewichtsbereich von 50 bis 120 kg beträgt 1,3 m² je Tier. Davon sind 0,6 m² Liegebereich, entweder als schräge Liegefläche angelegt oder maximal zu 3 % perforiert, damit Flüssigkeit ablaufen kann. Möglichst weit davon entfernt befindet sich der Kotbereich.
Durch eine Kot-Harn-Trennung können die Emissionen stärker reduziert werden. Dazu müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Der Unterflurschieber wird vollautomatisch bis zu zwölfmal täglich gesteuert. Der Schiebebetrieb wird automatisch erfasst und aufgezeichnet.
Der Schieber ist dem Kanalprofil angepasst und räumt auch die Harnrinne.
Kot und Harn werden in eine abgedeckte Vorgrube geschoben.
Die Kanalsohle hat 5 bis 10 % Quergefälle zur Harnrinne,
Kanalsohle und Harnrinne haben 1 % Längsgefälle. Bei einem 50 m langen Stall entsteht ein Höhenunterschied von 50 cm zwischen beiden Enden.
Die Harnrinne hat 15 cm Durchmesser bei einer Schlitzweite von 0,5 cm.
Die Liegeflächen müssen ausreichend eingestreut werden. Stroh oder vergleichbares organisches Material dient als Einstreu und/oder als Beschäftigungsmaterial. Perforierte Böden, die mit Kot- oder Einstreuresten verstopft sind, müssen regelmäßig gereinigt werden, ebenso verschmutzte Oberflächen.
„Kritisch wird es bei einem Aufstallungsgebot im Seuchenfall.“
Ein Auslauf ist beim Frischluftstall nicht vorgeschrieben, kann aber optional ergänzt werden. Dieser sollte möglichst vollflächig überdacht sein, um Feuchtigkeit, Luftbewegung und Sonneneinstrahlung von der verschmutzten Oberfläche soweit wie möglich abzuhalten. Alle drei Faktoren begünstigen die Ammoniakbildung.
Es gibt drei Alternativen für die Bodengestaltung:
Perforiert mit Unterflurschieber, möglichst mit Kot-Harn-Trennung oder
planbefestigte Fläche mit Drainage oder Jaucherinne, um die Einstreu trocken und saugfähig zu halten. Diese muss den Boden bedecken und mindestens zweimal wöchentlich entmistet werden. Wird die Einstreu feucht, muss bis zu einmal täglich entmistet werden.
Kombination aus perforiertem und planbefestigtem Boden mit dem Prinzip der Fest-Flüssig-Trennung.
Mit Auslauf 1,5 m2/Tier
Wenn im Frischluftstall ein Auslauf jederzeit zur Verfügung steht, reicht im Tierhaltungskennzeichnungsgesetz eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von nur 1,1 m²/Tier – soweit Gründe des Tierschutzes nicht entgegenstehen. Diese Mindestvorgabe ist dem LAI zu klein und zu undifferenziert. Die Strukturierung der Bucht in Funktionsbereiche ist nicht zu erwarten. Dadurch besteht die Gefahr einer starken Verschmutzung, die höhere Ammoniak- und Geruchsemissionen zur Folge hat.
Alternativ fordern die Vollzugshinweise für einen Frischluftstall mit Auslauf 1,5 m²/Tier im Gewichtsbereich von 50 bis 120 kg. Davon sollten 1,0 m²/Tier innerhalb des Stall liegen, im Auslauf weitere 0,5 m²/Tier.
Wenn der Kotbereich im Auslauf vollperforiert ist, müssen Kot und Harn durch einen Unterflurschieber getrennt werden. Bei planbefestigtem Auslauf ist eine tägliche Reinigung vorgeschrieben.
Kritisch wird es bei einem Aufstallungsgebot im Seuchenfall. Dann steht der Auslauf den Tieren nicht zur Verfügung. Für diesen Fall muss der Landwirt mit einem verbindlichen Konzept vorsorgen. Entweder wird spätestens nach vier Monaten der Tierbestand reduziert, um bei Neueinstallung eine nutzbare Bruttobuchtenfläche von 1,3 m²/Tier einzuhalten. Andernfalls muss der Stall mit einer Innenfläche von 1,3 m²/Tier gebaut werden.
Warmstall mit Auslauf
Unter Haltungsform 4 „Auslauf/Weide“ listet das THKG zwei Formen auf: Zum einen die reine Weidehaltung ohne feste Gebäude, die per se keine Abluftreinigung zulässt. Zum anderen die Mast in einem festen Gebäude mit jederzeit verfügbarem Auslauf. Dabei kann das Gebäude auch ein konventioneller, wärmegedämmter Stall mit Zwangslüftung sein, der um einen Auslauf erweitert wird. Dieser kann unter das TA Luft-Privileg fallen, wenn der Auslauf permanent zugänglich ist und weitere qualitätsgesicherte Maßnahmen eingehalten werden, die dem Tierwohl dienen.
Voraussetzung ist zudem, dass eine Abluftreinigung technisch nicht möglich oder unverhältnismäßig wäre. Nach LAI-Leitfaden gilt auch hierbei das dauerhafte Emissionsminderungsziel von 33 %, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Luftführung im Innenbereich muss gegenüber der im Auslauf durch selbstschließende Türe getrennt sein.
Mindestens 1,5 m²/Tier uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche im Gewichtsabschnitt 50 bis 120 kg, davon 0,5 m² planbefestigter Auslauf,
mindestens 0,6 m² planbefestigte Liegefläche im Stall mit maximal 3 % Perforation oder mit Schräge. Die Liegefläche muss eingestreut oder weich verformbar sein. Bei hohen Temperaturen kann die Strohmenge reduziert werden.
Kot- und Harnbereich im Stall müssen regelmäßig gereinigt werden. Falls eine Kot-Harn-Trennung eingebaut wird, gelten für diese die gleichen Bedingungen wie im Frischluftstall.
Jedoch gehen die Experten davon aus, dass die Tiere Kot und Harn überwiegend im Auslauf absetzen, sodass dort 80 bis 90 % der Emissionen entstehen. Daher ist eine Drainage bzw. Jaucherinne erforderlich und eine bodendeckende Einstreu mit mindestens zweimal wöchentlicher Entmistung ist vorgeschrieben. Ist der Auslauf nicht oder nur teilweise überdacht, muss bei feuchter Witterung täglich entmistet werden. Der Auslauf sollte soweit wie möglich überdacht sein sowie Wind- und Sonnenschutz haben.
Ein verbindliches Konzept für den Fall eines Aufstallungsgebots muss vorliegen. Wird der Auslauf gesperrt, muss im Stall ein sauberer und trockener Kot- und Harnbereich vorhanden sein. Sinnvoll ist auch eine nutzbare Mistachse im Gebäude. Hier können die Tiere bei Aufstallungsgebot oder schlechtem Wetter, einen Kotbereich anlegen, der arbeitseffizient entmistet werden kann.