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Baugesetzbuch: Änderungspläne laufen ins Leere

Die jetzt vorgestellten Änderungen beim Baugesetzbuch helfen den Betrieben nicht weiter. Auch die TA-Luft muss entsprechend geändert werden, sagt Peter Spandau, LWK NRW.

Lesezeit: 4 Minuten

Mit der geplanten Änderung des Baugesetzbuches will das Bundeskabinett erreichen, dass bestehende Schweineställe künftig leichter zu „Tierwohl-Ställen“ umgebaut werden können. Über die Einzelheiten sprach top agrar mit Peter Spandau von der Landwirtschaftskammer NRW.

Herr Spandau, der Umbau von konventionellen Schweineställen zu Ställen mit mehr Tierwohl stockt. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Baurecht?

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Spandau: Genehmigungsrechtlich stockt der Umbau von Schweineställen hin zu mehr Tierwohl derzeit in bestimmten Fällen aus planungsrechtlichen Gründen. Denn das aktuelle Baugesetzbuch (BauGB) besagt, dass Schweinehaltungsanlagen, denen eine Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImschG) zugrunde liegt, die planungsrechtlich nach §35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, also ohne ausreichende Futterfläche, geführt werden sowie vor der BauGB-Novelle vom 20. September 2013 nicht landwirtschaftlich genehmigt wurden, ihren Anspruch auf Änderung und Erweiterung verloren haben.

Die einzige Alternative für diese Betriebe besteht derzeit in der Aufstellung eines Bebauungsplanes zusammen mit der Gemeinde. Zu bedenken ist allerdings, dass hierauf kein Rechtsanspruch besteht. Der Landwirt kann also nur versuchen, die Kommune zu überzeugen und deren Einverständnis zu bekommen. Dazu muss der Bau- und Planungsausschuss des jeweiligen Stadt- oder Gemeinderates zustimmen.

Was ist mit Betrieben, die nach Baurecht genehmigt worden sind?

Spandau: Sogenannte Baurechtsbetriebe (< 1.500 Schweinemastplätze, < 560 Sauenplätze) oder die, die die Schwellenwerte des BImschG zwar überschreiten, aber über eine ausreichende Futterfläche verfügen (d.h. über 50 % des benötigten Futters selbst erzeugen können), waren nie von den Einschränkungen der 2013er Novelle betroffen! Diese Betriebe hätten planungsrechtlich auch jetzt schon die Möglichkeit, einen Änderungsantrag zu stellen.

Wie beurteilen Sie die jetzt vom Bundeslandwirtschafts- und Innenministerium vorgeschlagenen Änderungen im Baugesetzbuch?

Spandau: Eines muss man ganz klar sagen: Die jetzt geplante, neue Novelle des BauGB räumt nur den zuerst beschriebenen Schweinehaltungen wieder die planungsrechtliche Zulässigkeit ein. In diesem Zusammenhang muss man aber beachten, dass Gebäudeänderungen nur ohne Aufstockung des Bestandes erlaubt sind. Zudem müssen die baulichen Veränderungen zu mehr Tierwohl führen.

Sollten die geplanten Änderungen im Baugesetzbuch beschlossen werden, wären auch die in Frage 1 angesprochen Betriebe wieder in der Lage, einen Antrag auf Änderung der Schweinehaltung in Richtung mehr Tierwohl zu stellen.

Wir brauchen zur Lösung auch die Änderung der TA-Luft.

Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Ist es wirklich so einfach?

Spandau: Nein! Das große Problem bei Umbaumaßnahmen zu mehr Tierwohl – das betrifft unabhängig von der Größe und der planungsrechtlichen Zulässigkeit alle Schweinehaltungen – ist die Frage, ob insbesondere mit Blick auf die TA-Luft und deren geplante Novelle, das Vorhaben immissionsschutzrechtlich genehmigungsfähig ist.

Das Problem sind hierbei gar nicht so sehr die Emissionen der Anlage, sondern vielmehr deren Ausbreitungen und dadurch bedingt das Immissionsverhalten. Während zwangsgelüftete Ställe durch die sogenannte Abluftfahnenüberhöhung die Emissionen schnell in höhere Luftschichten befördern und damit insbesondere die Immissionen im Nahbereich mindern, führt die übliche bodennahe Querlüftung von Außenklimaställen zu erheblich höheren Immissionen im Nahbereich und damit zu einer höheren Belästigung.

Ich befürchte, dass viele geplante Tierwohlinitiativen von Schweinehaltern am Ende an den Immissionen scheitern werden. Die erneute Novelle des BauGB ist politisch daher so lange nur ein Feigenblatt und kein echter Schritt nach vorne, wie nicht auch die immissions- und emissionsschutzrechtlichen Fragen im Rahmen der TA-Luft geklärt sind.

Die geplante Novelle ist nur ein Feigenblatt.

Der Erhalt der Genehmigung ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass sich mehr Tierwohl auch rechnen muss. Wie beurteilen Sie die momentanen wirtschaftlichen Voraussetzungen für mehr Tierwohl, reichen z.B. die von der ITW ins Spiel gebrachten Boni?

Spandau: Über die Höhe von Bonuszahlungen wird man immer streiten können. Grundsätzlich ist aus meiner Sicht aber zu bemängeln, dass immer nur Bereitschaft besteht, äußerst knapp kalkulierte Mehrkosten auszugleichen. Über einen zusätzlichen Investitionsanreiz, der eine Initialzündung geben könnte, wird bis heute kein Wort verloren.

Schwerer wiegt meines Erachtens aber noch, dass es mittlerweile neben mir viele andere Fachleute gibt, die den Glauben daran verloren haben, dass die Mehrkosten von Tierwohl vom Verbraucher an der Ladentheke bezahlt werden. Selbst die Borchert-Kommission ist ja zu dieser Erkenntnis gekommen.

Auch der LEH zeigt nur halbherziges Engagement, den Verbraucher an die Preise von haltungsbedingt höherwertigem Fleisch zu gewöhnen. Nach wie vor ist billiges Fleisch in der Werbung das Lockmittel Nummer eins, um Kunden in den Markt zu lotsen. Tierwohl ist weiterhin zwingend auf eine flankierende Förderung angewiesen! Jeder Schweinehalter möge aus diesem Grund für sich selbst bewerten, ob, angesichts einer Rücklaufzeit der Stallbaukosten von 20 Jahren, sein Vertrauen in die Politik so groß ist, dass entsprechende Investitionen mit dem üblichen unternehmerischen Risiko gerechtfertigt sind.

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