Damit Schweinehalter ihre Ställe tierwohlgerechter umbauen können, muss zuerst das Baugesetzbuch (BauGB) geändert werden. Ende letzter Woche kam Hoffnung auf, dass sich die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD im Rahmen des Gesetzesentwurfs zur „Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen“ endlich auf einen Kompromiss einigt.
Das Thema stand Mitte dieser Woche sogar auf der Agenda des Agrarausschusses, der mitberatend tätig ist. Der federführende Bauausschuss hat das Thema dann aber kurzfristig zurückgezogen.
Wie top agrar erfuhr, soll sich der Streit unter anderem um die Definition des Begriffs Tierwohl drehen. Die SPD möchte eine entsprechende Formulierung ins BauBG aufnehmen, CDU/CSU lehnen das vehement ab. Die Chance, noch vor der Bundestagswahl einen Kompromiss zu erzielen, wird damit immer kleiner.
Stallbaubremse bleibt angezogen
Insbesondere für Sauenhalter bleibt die Situation damit prekär. Denn Ferkelerzeuger müssen wegen der novellierten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ihre Sauenställe zeitnah umbauen und können dafür Fördermittel des Bundes in Anspruch nehmen, die aber nur zeitlich befristet zur Verfügung stehen. Im Deckzentrum zum Beispiel muss jeder Sau künftig 5 m2 Platz zur Verfügung stehen. Das geht nur, wenn neuer „Wohnraum“ für die zur Besamung anstehenden Sauen geschaffen wird. Zudem müssen die Betriebe künftig größere Abferkelbuchten (mindestens 6,5 m2) vorhalten, auch hierfür muss in vielen Betrieben neuer Platz geschaffen werden.
Der Plan: §245a BauGB wird ergänzt
Der in Berlin diskutierte Kompromiss sieht vor, dass §245a des Baugesetzbuches (BauGB) um einen Absatz 5 ergänzt wird. Demnach sollten Anlagen zur Tierhaltung, die aufgrund von §35, Absatz 1 Nummer 4 (Betriebe ohne ausreichende Futterfläche) vor dem 20. September 2013 genehmigt wurden, umgebaut oder gebäudemäßig erweitert werden dürfen, wenn sie dadurch die Tierwohl-Vorgaben der novellierten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erfüllen würden.
Für flächenlose Betriebe, die nach dem 20. September 2013 eine Neu- oder Umbaugenehmigung erhalten haben, sollte die Regelung nicht greifen. Für Betriebe mit eigener Futterfläche (§35, Absatz 1, Nummer 1) sollten die neuen Vorgaben wiederum gelten. In allen Fällen dürfte die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht und die Tierart nicht geändert werden.
Die fehlende Einigung ist für zahlreiche deutsche Sauenhalter finanziell ein Nackenschlag. Denn durch die weiterhin fehlende rechtliche Grundlange können die vom Bund zur Verfügung gestellten 300 Mio. € Fördermittel nach wie vor nicht abgerufen werden. Dabei drängt die Zeit. Denn die Zusage der Gelder ist zeitlich befristet, spätestens bis Ende 2022 muss das Geld verbaut sein.
Frust dürfte die offene Frage „tierwohlgerechter Umbau von Schweineställen“ auch bei den Mästern auslösen. Denn auch sie müssen weiter auf eine Lösung zum tierwohlgerechten Umbau in Mastställen warten.
Wie geht es jetzt weiter?
Die letzte Möglichkeit zur Kompromissfindung ist die letzte Sitzungswoche des Bundestages vom 21. bis 25. Juni 2021. Dann könnte ein Kompromiss in der zweiten und dritten Lesung im Plenum des Bundestages beraten werden. Der Bundesrat könnte das Paket auf seiner letzten regulären Sitzung am 25. Juni final beschließen. Eventuell aber auch auf einer Sondersitzung im September.
Grüne springen der Landwirtschaft bei
Derweil springen ausgerechnet die Grünen der Landwirtschaft bei. "Die Koalition kann sich bei der Frage von Tierwohlumbauten für Bestandställe nicht zusammenraufen. Es ist einfach unglaubwürdig, überall den tierwohlgerechten Umbau zu fordern, aber die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu schaffen“, sagte Friedrich Ostendorff, Grüner Sprecher für Agrarpolitik. Wer einen alten Stall habe, sollte auch die Möglichkeit haben, den Stall tierwohlgerecht umzubauen, forderte er. Die amtierende Große Koalition müsse Reden und Handeln vor dem Ende der Legislatur endlich zusammen bringen. „Die Bäuerinnen und Bauern können das zu Recht erwarten“, sagte Ostendorff.
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Damit Schweinehalter ihre Ställe tierwohlgerechter umbauen können, muss zuerst das Baugesetzbuch (BauGB) geändert werden. Ende letzter Woche kam Hoffnung auf, dass sich die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD im Rahmen des Gesetzesentwurfs zur „Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen“ endlich auf einen Kompromiss einigt.
Das Thema stand Mitte dieser Woche sogar auf der Agenda des Agrarausschusses, der mitberatend tätig ist. Der federführende Bauausschuss hat das Thema dann aber kurzfristig zurückgezogen.
Wie top agrar erfuhr, soll sich der Streit unter anderem um die Definition des Begriffs Tierwohl drehen. Die SPD möchte eine entsprechende Formulierung ins BauBG aufnehmen, CDU/CSU lehnen das vehement ab. Die Chance, noch vor der Bundestagswahl einen Kompromiss zu erzielen, wird damit immer kleiner.
Stallbaubremse bleibt angezogen
Insbesondere für Sauenhalter bleibt die Situation damit prekär. Denn Ferkelerzeuger müssen wegen der novellierten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ihre Sauenställe zeitnah umbauen und können dafür Fördermittel des Bundes in Anspruch nehmen, die aber nur zeitlich befristet zur Verfügung stehen. Im Deckzentrum zum Beispiel muss jeder Sau künftig 5 m2 Platz zur Verfügung stehen. Das geht nur, wenn neuer „Wohnraum“ für die zur Besamung anstehenden Sauen geschaffen wird. Zudem müssen die Betriebe künftig größere Abferkelbuchten (mindestens 6,5 m2) vorhalten, auch hierfür muss in vielen Betrieben neuer Platz geschaffen werden.
Der Plan: §245a BauGB wird ergänzt
Der in Berlin diskutierte Kompromiss sieht vor, dass §245a des Baugesetzbuches (BauGB) um einen Absatz 5 ergänzt wird. Demnach sollten Anlagen zur Tierhaltung, die aufgrund von §35, Absatz 1 Nummer 4 (Betriebe ohne ausreichende Futterfläche) vor dem 20. September 2013 genehmigt wurden, umgebaut oder gebäudemäßig erweitert werden dürfen, wenn sie dadurch die Tierwohl-Vorgaben der novellierten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erfüllen würden.
Für flächenlose Betriebe, die nach dem 20. September 2013 eine Neu- oder Umbaugenehmigung erhalten haben, sollte die Regelung nicht greifen. Für Betriebe mit eigener Futterfläche (§35, Absatz 1, Nummer 1) sollten die neuen Vorgaben wiederum gelten. In allen Fällen dürfte die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht und die Tierart nicht geändert werden.
Die fehlende Einigung ist für zahlreiche deutsche Sauenhalter finanziell ein Nackenschlag. Denn durch die weiterhin fehlende rechtliche Grundlange können die vom Bund zur Verfügung gestellten 300 Mio. € Fördermittel nach wie vor nicht abgerufen werden. Dabei drängt die Zeit. Denn die Zusage der Gelder ist zeitlich befristet, spätestens bis Ende 2022 muss das Geld verbaut sein.
Frust dürfte die offene Frage „tierwohlgerechter Umbau von Schweineställen“ auch bei den Mästern auslösen. Denn auch sie müssen weiter auf eine Lösung zum tierwohlgerechten Umbau in Mastställen warten.
Wie geht es jetzt weiter?
Die letzte Möglichkeit zur Kompromissfindung ist die letzte Sitzungswoche des Bundestages vom 21. bis 25. Juni 2021. Dann könnte ein Kompromiss in der zweiten und dritten Lesung im Plenum des Bundestages beraten werden. Der Bundesrat könnte das Paket auf seiner letzten regulären Sitzung am 25. Juni final beschließen. Eventuell aber auch auf einer Sondersitzung im September.
Grüne springen der Landwirtschaft bei
Derweil springen ausgerechnet die Grünen der Landwirtschaft bei. "Die Koalition kann sich bei der Frage von Tierwohlumbauten für Bestandställe nicht zusammenraufen. Es ist einfach unglaubwürdig, überall den tierwohlgerechten Umbau zu fordern, aber die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu schaffen“, sagte Friedrich Ostendorff, Grüner Sprecher für Agrarpolitik. Wer einen alten Stall habe, sollte auch die Möglichkeit haben, den Stall tierwohlgerecht umzubauen, forderte er. Die amtierende Große Koalition müsse Reden und Handeln vor dem Ende der Legislatur endlich zusammen bringen. „Die Bäuerinnen und Bauern können das zu Recht erwarten“, sagte Ostendorff.