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Tierwohlstandards

Bedauern und Erleichterung über Scheitern des staatlichen Tierwohlkennzeichens

Mit dem gescheiterten Tierwohllabel sei die Chance vertan worden, den Landwirten Planungssicherheit zu geben, bedauert Helmut Dammann-Tamke. Joachim Rukwied wirft der SPD Blockade beim Tierwohl vor.

Lesezeit: 5 Minuten

Das Scheitern des von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner angestrebten Tierwohlkennzeichnungsgesetzes im Bundestag hat beim stellvertretenden Vorsitzenden der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Helmut Dammann-Tamke, Bedauern ausgelöst.

„Ich bin enttäuscht, dass es den Koalitionären auf Bundesebene nicht gelungen ist, eine Einigung zum Tierwohllabel herbeizuführen“, erklärte der CDU-Politiker in Hannover. Die Gelegenheit, die Vorschläge der Borchert-Kommission durch eine freiwillige Kennzeichnung kurzfristig umzusetzen und den Landwirten Planungssicherheit zu geben, sei vertan worden. Eine freiwillige Kennzeichnung wäre ein erster Schritt gewesen, um den Einstieg in eine EU-konforme Regelung zu erreichen; sie sei auch von den Verbraucherschutzverbänden gefordert worden.

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„Es wurde die Chance verpasst, über den größten Absatzmarkt innerhalb der Europäischen Union Druck aufzubauen, um EU-weite verbindliche Tierwohlstandards einzuführen“, so Dammann-Tamke. Stattdessen blickten die Verbraucher weiterhin auf ein unübersichtliches Feld aus unterschiedlichen Kennzeichen, und auch die landwirtschaftlichen Betriebe hätten keine Planungssicherheit.

Rukwied wirft SPD Blockade beim Tierwohl vor

Bauernpräsident Joachim Rukwied macht für das Scheitern vor allem die SPD verantwortlich. Sie blockiere eine bessere Tierhaltung in Deutschland, sagte er im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"Die SPD hat sich in Sachen zukunftsfähiger Landwirtschaft zur Blockade-Partei entwickelt. Sie stellt sich positiven Entwicklungen entgegen." Mit den Grünen sei eine konstruktivere Agrarpolitik möglich. Es sei ein "Armutszeugnis", so Rukwied, dass in dieser Legislaturperiode in Sachen Tierwohl nichts mehr zu erwarten sei. "Nach der Wahl muss das die neue Bundesregierung als Erstes angehen. Egal, wer dann regiert", forderte Rukwied.

Die Bauern seien willens, ihre Ställe umzubauen, wenn die Finanzierung und Vorgaben geklärt seien. "Vier Milliarden Euro wird bessere Tierhaltung pro Jahr kosten", sagte der Verbandschef. Er drängte die Politik bei der Umsetzung zur Eile, viele Landwirte stünden vor der Entscheidung, ob sie die Ställe schlössen.

"Ich mache mir echte Sorgen um die Tierhaltung und den Erhalt der Tierhaltung in Deutschland", sagte Rukwied. In der derzeit politisch unklaren Lage zögerten viele Bauern. "Selbst zukunftsfähige Betriebe stellen sich die Frage, ob es noch richtig ist, weiter Tiere zu halten. Das macht mir Sorge."

Bioland: Fehler bereits im Ansatz

Dass die Regierungsfraktionen im Bundestag ihre Zustimmung verweigerten, hält Gerald Wehde, Politikleiter bei Bioland, für richtig. Es sei falsch gewesen, das Labelkonzept auf Freiwilligkeit aufzubauen. Zudem bot es seiner Ansicht nach wenig Tierwohl, grenzte Ökobetriebe aus und bezog sich vorerst nur auf Schweine. Laut Wehde umfasste es auch viele Kriterien, die besser gesetzlich für alle Tiere zu regeln wären.



Die Kriterien für die Schweinhaltung wurden in drei Labelstufen festgelegt, die alle mehr Tierwohl garantieren sollten. Diesem Anspruch seien die Kriterien jedoch nie gerecht geworden. Vielmehr habe das geplante Label an Verbrauchertäuschung gegrenzt und hätte genau das, was es dem Namen nach versprach, nicht gebracht: mehr Tierwohl.

So sollte in der Einstiegsstufe des Labels das Schwänzekupieren der Schweine weiterhin erlaubt bleiben – obwohl es nach den Vorgaben der EU seit mehr als zehn Jahren verboten ist. Gleiches gilt für die Haltung der Schweine auf Beton-Vollspaltenböden, die in der Einstiegsstufe weiterhin möglich gewesen wären, erinnert der Bioland-Vertreter.

„Eine transparente Kennzeichnung von Fleisch funktioniert aber nur dann, wenn sie verpflichtend ist und Verbraucher beim Einkaufen höherwertiges Fleisch oder Biofleisch vom gesetzlichen Mindeststandard unterscheiden können“, erläutert Wehde weiter.

Der Ökoverband ist der Ansicht, dass die künftige Bundesregierung nun den Reset-Knopf drücken und ein stimmiges Gesamtkonzept zum Umbau der Tierhaltung umsetzen müsse. Gelingen könne dies nur durch einen Mix aus gesetzlichen Regelungen, einer klaren, verpflichtenden Kennzeichnung mit Bio als eigener Stufe und gezielter, verlässlicher Förderung von Betrieben, die den Tieren ein artgerechtes Leben ermöglichen. „Nur eine Anhebung des gesetzlichen Standards garantiert zudem, dass sie allen Tieren zugutekommt. Denn Tierwohl ist nicht optional, sondern Grundbedingung für eine ethische und verantwortungsvolle Landwirtschaft“, sagt Wehde.

Gesamtkonzept bedeutet seiner Meinung nach aber auch, den Blick nicht isoliert auf das Tierwohl zu richten. Anforderungen einer umwelt- und klimagerechten Landwirtschaft müssten von vorherein integriert werden. Dazu zählt er neben verschärften Auflagen, dass Fördergelder nur noch auf Betriebe mit flächengebundener Tierhaltung fließen. „Denn die Gülleflut und Überdüngung durch industrielle Tierhaltung muss eingeschränkt werden.“



Auch für den Um- und Neubau der Ställe und die Honorierung der Tierhalter mit hohen Tierwohlstandards brauche es viel Geld. Berechnungen gehen von jährlich 3-4 Mrd. € aus. Dafür schlägt Bioland ein Finanzierungssystem vor, welches Biofleisch nicht verteuert, sondern für Verbraucher günstiger macht.

„Beim Einkaufen muss zudem klar und deutlich erkennbar sein, welchem Tierwohlstandard das jeweilige Produkt unterliegt. Was die Kundinnen und Kunden mit 0-1-2-3 beim Ei gelernt haben, muss auf ein verpflichtendes Kennzeichnungssystem für Fleisch auf europäischer Ebene übertragen werden. Dabei muss Bio fester Teil der Kennzeichnung sein“, so Wehde.

Tierschutzbund fordert verpflichtende Kennzeichnung

Nicht überrascht zeigt sich auch der Deutsche Tierschutzbund. „Als verantwortliche Bundesministerin hat sie mit zu wenig Ehrgeiz ein Kennzeichen vorgelegt, das bis zuletzt völlig unausgegoren war und das aufgrund seiner unzureichenden Kriterien, speziell in der ersten Stufe, den Namen Tierschutz nicht verdient“, stellte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, fest.

Von Beginn an sei klar gewesen, dass dieses schwache freiwillige Label kein Vertrauen und keine Akzeptanz finde. Notwendige Fortschritte in der Tierhaltung hin zu mehr Tierschutz seien aber drängender denn je. Schröder kündigte an, dass sich der Deutsche Tierschutzbund in der kommenden Legislaturperiode weiterhin für die Einführung einer verpflichtenden Tierwohlkennzeichnung auf nationaler Ebene stark machen und die neue Bundesregierung diesbezüglich in die Pflicht nehmen werde.

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