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topplus ISN-Mitgliederversammlung

BMEL-Staatssekretärin Bender: „Wir müssen unseren Fleischkonsum halbieren“

Auf der ISN-Mitgliederversammlung übermittelte Staatssekretärin Silvia Bender den Schweinehaltern eine klare Botschaft: Das Agrarministerium wolle eine pflanzenbasierte Ernährung etablieren.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Pläne der Bundesregierung für die künftige Schweinehaltung stellte die Staatsekretärin des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Silvia Bender, auf der gestrigen Mitgliederversammlung der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e.V. (ISN) in Osnabrück vor. „Wir wollen weniger Tiere besser halten“, machte Bender den rund 250 anwesenden Schweinehaltern und weiteren Branchenvertretern deutlich. Auf den Betrieben solle mehr Wertschöpfung generiert werden, sodass die Landwirte wieder Geld verdienen können.

Das Leitbild der Bundesregierung bestehe aus vier Komponenten:

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  • Einer Haltungskennzeichnung,
  • besseren Regeln für den Tierschutz,
  • Änderungen im Bau- und Genehmigungsrecht sowie
  • einem Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung.
Wir wollen weniger Tiere besser halten" - Silvia Bender

Dabei ließ die Staatssekretärin keinen Zweifel daran, dass aus ihrer Sicht der Fleischkonsum insgesamt reduziert werden müsse. „Wir essen doppelt so viel Fleisch, als uns gesundheitlich gut tut. Wir müssen unseren Fleischkonsum deshalb halbieren“, mahnte Bender. Die Folgen des Fleischkonsums würden die Staatskasse stark belasten. Diese Finanzlast müsse endlich reduziert werden. Nicht zuletzt schade der Fleischkonsum auch dem Klima und der Umwelt, so Bender weiter. Ein „Fleisch-Bashing“ seitens der Bundesregierung dementierte sie. Dafür erntete die Staatsekretärin Widerspruch und Buh-Rufe aus dem Publikum.

Betriebsaufgaben von Familienbetrieben verhindern

ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack mahnte hingegen: „Die Betriebsaufgabewelle rollt. Wir haben in Deutschland bereits den niedrigsten Schweinebestand seit 25 Jahren. Von 2011 bis 2021 haben fast 40 % der Schweinebetriebe aufgegeben“. Erste Ergebnisse der Mai-Viehzählung würden bereits weitere, zweistellige Rückgänge zeigen. „Das paradoxe ist, dass die Politik mit aller Gewalt die Tierbestände reduzieren will und dabei genau jene Familienbetriebe unwiederbringlich zum Ausstieg treibt, die sie eigentlich für die Weiterentwicklung der Tierhaltung behalten will“, legte der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes den Finger in die Wunde.

Von 2011 bis 2021 haben fast 40 % der Schweinebetriebe aufgegeben“ - Dr. Torsten Staack

Silvia Bender erwiderte darauf, dass es auch aus ihrer Sicht höchste Zeit sei, zu handeln. Kurzfristig solle es für die Landwirte rund 180 Mio. € Hilfsgelder im Rahmen des Ukraine Hilfspakets geben. Diese sollen nach Aussagen der Staatssekretärin auch Veredelungsbetrieben zustehen, die von der Ukraine-Krise durch die gestiegenen Produktionskosten stark betroffen seien.

Der Plan sei, allen Betrieben, die die Greening Auflagen erfüllen, Hilfsgeldern als Gutschrift auf der Rechnung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) auszuzahlen. Dies sei eine Regelung auf Maßgabe der EU, nur nachhaltig wirtschaftende Betriebe zu fördern. Allen andern Betrieben versprach sie ein schmales Antragsverfahren. Diese Hilfsgelder sollen pro Betrieb auf 15.000 € gedeckelt sein und richten sich unter anderem nach der Anzahl der ha. „Mir ist jedoch klar, dass dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist“, gab Bender zu.

Förderprogramm für tiergerechte Haltung

Für Betriebe mit „tiergerechten Haltungssystemen“ stellte sie ein Förderprogramm für 2023 in Aussicht. Dies soll langfristige Fördervereinbarungen enthalten. Dazu erklärte sie: „Die Förderzeiträume werden länger sein, als die drei Jahre, welche die Initiative Tierwohl Ihnen verspricht.“ Damit wolle sie den Schweinehaltern Mut machen noch eine Weile durchzuhalten. Von einem 20 Jahre-Förderzeitraum, der aus Sicht der Schweinehalter nötig wäre, könne sie den Finanzminister jedoch wohl kaum überzeugen. Langfristig hoffe sie, dass der Markt die Mehrkosten trage.

Außerdem kündigte sie an, dass eine Förderung an die Haltung von unkupierten Schweinen gekoppelt sein werde. „Das Schwänzekupieren bei Schweinen ist in der EU verboten. Trotzdem praktizieren es 95 % der Betriebe. Das geht so nicht weiter“, sagte Bender. Die Bundesregierung verfolge einen ganzheitlichen Umbauansatz und wolle dazu auch die Flächenbindung in der Tierhaltung verstärken.

In vier Jahren – am Ende der Legislaturperiode – sollen die Landwirte wieder zuversichtlich nach vorne schauen können“ - Silvia Bender

„In vier Jahren – am Ende der Legislaturperiode – sollen die Landwirte wieder zuversichtlich nach vorne schauen können“, erklärte Bender. Daraufhin machte ein Schweinehalter aus dem Publikum seinem Ärger Luft: „Bis dahin kann ich bestimmt jedes Wochenende ausschlafen, weil ich keine Sauen mehr füttern muss.“

Herkunftskennzeichnung fehlt

Dass insbesondere die Sauenhalter sich momentan für die Betriebsaufgabe entscheiden, stellte auch Torsten Staack fest. „Sie haben durch die Haltungs-VO einen immensen Produktionsnachteil und müssen Vorgaben umsetzen, die das Baugesetz gar nicht zulässt“, ärgerte er sich über den Zielkonflikt. Daher sei es kaum verwunderlich, dass die 300 Mio. € Fördergelder von den Ferkelerzeugern nicht abgerufen werden würden.

In diesem Zusammenhang kritisierte er auch die kürzlich vorgestellten Pläne der Bundesregierung für eine Haltungskennzeichnung. „Die Ferkelerzeugung wird gänzlich ausgeklammert. Außerdem fehlt ein Herkunftsnachweis. Der Verbraucher muss deutsches Fleisch endlich von billiger Importware unterscheiden können“, mahnte Staack. Dem stimmte auch Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter bei Westfleisch, zu: „Der Verbraucher ist bereit mehr für Fleisch zu bezahlen, wenn er weiß, was er dafür bekommt.“ Silvia Bender erwiderte, dass die EU momentan an einer Kennzeichnung arbeite. Bis dahin wolle die Bundesregierung kein eigenes Konzept wie in Frankreich und Österreich ausarbeiten. Falls nötig, wolle man jedoch an der EU-Kennzeichnung nachbessern.

Köckler: "Schweine sind gute Resteverwerter"

Zuvor hatte der Vorstandsvorsitzende der Agravis, Dr. Dirk Köckler, in einem Impulsvortrag die aktuelle Lage auf dem Futtermittelmarkt beschrieben. Dabei griff er auch die aktuelle „Trog, Tank, Teller“-Debatte auf. „Wir müssen keinen Brotweizen mehr an unsere Tiere verfüttern“, stellte er als These auf. Jedoch seien die Weizenqualitäten in manchen Regionen nicht gut genug für die Humanernährung. Hier sei eine Verwertung als Tierfutter maßgeblich für eine nachhaltige Ressourcennutzung. Hinzu kämen Kulturen wie Gerste, Triticale und Roggen, die große Vorteile für die Fruchtfolge hätten, jedoch kaum genießbar für den Menschen sein.

Wir müssen keinen Brotweizen mehr an unsere Tiere verfüttern“ - Dr. Dirk Köckler

Gleichzeitig appellierte er die in der Lebensmittelproduktion anfallenden Koppelprodukte sinnvoll in der Tierernährung einzusetzen. „2021 sind 1,7 Mio. t Brotmehl als Backwaren in die Tonne gewandert. Das Schwein kann diese Reste gut verwerten“, stellte er die Vorzüge der Kreislaufwirtschaft heraus. Dem stimmte Qualbrink zu: „Wir müssen das Futter optimal zusammensetzen und die Futterverwertung steigern.“ Ein kompletter Verzicht auf Fleisch sei hingegen nicht zielführend. „Futtergetreide konkurriert nicht eins zu eins mit Brotgetreide. Dies wird dem Verbraucher gegenüber falsch dargestellt und führt zu falschen Handlungsschlüssen“, mahnte er.

Gibt es eine Zukunft für die junge Generation?

Mehrere Schweinehalter aus dem Publikum schilderten zudem die fehlende Perspektive für die Nachfolger auf den Höfen. „Unsere junge Generation ist bestens ausgebildet und hochmotiviert. Doch die hohen Auflagen blockieren eine Weiterentwicklung der Betriebe“, beklagte ein Schweinehalter. Hinzu kämen das schlechte Image der Branche, dass auch durch die negative Berichterstattung in den Publikumsmedien resultiere. Die potentiellen Hofnachfolger wanderten deshalb in andere Wirtschaftsbereiche ab.

Wir geben nicht auf. Es geht schließlich um die Existenz von Familien“ - Heinrich Dierkes

„Dennoch geben wir nicht auf. Es geht schließlich um die Existenz von Familien“, versprach Heinrich Dierkes. Dazu erwarte die ISN deutlich mehr Engagement von Seiten der Bundesregierung. „Hier muss gehandelt werden, damit die Schweinehaltung nicht analog zur Textilindustrie aus Deutschland abwandert“, so der ISN-Vorsitzende.

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