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Kastrationsalternativen

Bürener Schweinetag im Autokino

Beim diesjährigen Bürener Schweinetag drehte sich alles um das Thema Kastrationsalternativen.

Lesezeit: 5 Minuten

Not macht erfinderisch. Das gilt auch für die Veranstalter des Bürener Schweinetages, die ihre Vortragsveranstaltung in diesem Jahr kurzerhand von der Bürener Stadthalle in das Autokino Ahden verlegten. Rund 250 Landwirte, Berater und Firmenvertreter folgten am vergangenen Mittwoch der Einladung der Tierärztlichen Gemeinschaftspraxis Büren auf das Gelände des Flughafens Paderborn-Lippstadt. Sie wurden mit spannenden Vorträgen, kühlen Getränken, Pausensnacks und in der Vortragspause mit einem leckeren Imbiss am Drive-In-Schalter belohnt.

Praktiker berichten über Katrationsalternativen

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In diesem Jahr stand die Veranstaltung ganz im Zeichen der Kastrationsalternativen. Praktiker berichteten über ihre zum Teil mehrjährigen Erfahrungen mit den vier derzeit zugelassen Alternativverfahren Isoflurannarkose, Injektionsnarkose, Mast von Improvac-Ebern und die Ebermast.

Matthäus Nutt, Naturland-Ferkelerzeuger mit 200 Sauen aus Willebadessen im Kreis Höxter, schilderte die Kastration unter Isoflurannarkose. Familie Nutt lässt die männlichen Ferkel bereits seit vier Jahren zur Kastration vom Tierarzt mit Isofluran betäuben. Jetzt hat Matthäus Nutt die Isofluran-Sachkundeschulung auf Haus Düsse besucht, um die Ferkel künftig selbst narkotisieren zu können. Bisher wurden im Betrieb rund 7.000 Ferkel ohne Zwischenfälle kastriert.

Sebastian Schulte-Remmert vom Biohof LebensWert GbR in Lippstadt-Dedinghausen berichtete anschließend über seine mehrjährigen Erfahrungen zur Injektionsnarkose mit Ketamin und Azaperon durch den Tierarzt. Die Sauenherde umfasst 180 Tiere. Kastriert wird alle drei Wochen. Das Verfahren sei einfach, erfordere jedoch eine gute Absimmung mit dem Tierarzt. Alle Arbeitsschritte müssten genau getaktet sein. Zum Narkotisieren und Kastrieren von 24 Würfen benötige das Team aus Tierarzt und zwei Mitarbeitern des Betriebes rund 1,5 Stunden. Von bisher rund 9.000 kastrierten Ferkeln seien bislang erst fünf verendet.

Imunokastration: Handel muss sich öffnen!

Dietrich Pritschau aus Westerade im Landkreis Segeberg stellte die Immunokastrion vor. Pritschau bewirtschaftet zusammen mit zwei weiteren Inhabern und einigen Mitarbeitern einen Betrieb mit 440 Sauen, separater Ferkelaufzucht und 3.500 Mastplätzen im geschlossenen System. Er hat vor anderthalb Jahren entschieden, das Kastrieren einzustellen und ist einer der Initiatoren des Praxisprojektes 100.000 Improvac-Eber.

Die Immunokastration funktioniere zuverlässig, es sei jedoch wichtig, dass sich Ferkelerzeuger und Mäster frühzeitig miteinander abstimmen. Denn ein Teil der Arbeit werde zum Mäster verlagert, und die Impftermine müssten präzise eingehalten werden. Geschlossenen Systemen falle es daher leichter, in die Immunokastration einzusteigen. Ein großer Vorteil sei jedoch, dass man jederzeit in das Verfahren ein- und wieder aussteigen könne – wenn der Abnehmer mitspielt.

Genau hier liege jedoch der Hase im Pfeffer. Das mittelständische Schlachtunternehmen Tummel habe sich als erstes für Improvac-Eber geöffnet. Inzwischen sei auch Tönnies abnahmebereit – allerdings mit 3 ct. Abzug je kg Schlachtgewicht. Und auch die Westfleisch wolle demnächst mit 25.000 Improvac-Ebern starten.

Das größte Hemmnis seien noch immer die Verarbeiter, so Pritschau. Viele würden sich weigern, das Fleisch von Improvac-Ebern abzunehmen. Es werde aus Unwissenheit, oder weil einzelbetrieblich keine Erfahrungen vorliegen, mit Eberfleisch auf eine Stufe gestellt. Dabei ähnele es vom Schlachtkörper und von der Verarbeitungsqualität eher dem Fleisch von weiblichen Mastschweinen.

Eindringlich appellierte Dietrich Pritschau deshalb an die Schlachtunternehmen, die Improvac-Eber nach Standardmaske abzurechnen - ohne Abzüge, denn eine separate Behandlung der Improvac-Schlachtkörper sei nicht erforderlich. Die Immunokastration dürfe nicht kaputtgeredet werden. „Wir kämpfen für alle Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration, denn am Ende dieses Jahres werden wir sie brauchen“, so Pritschau.

Wettbewerbsnachteil für deutsche Ferkelerzeuger

Mandes Verhaagh vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft in Braunschweig beleuchtete am Ende der gelungenen Veranstaltung die Kosten der einzelnen Kastrationsalternativen und die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Ferkelerzeuger. Die Injektionsnarkose sei mit Kosten in Höhe von 5,66 bis 6,70 € je kastriertem Ferkel mit Abstand das teuerste Verfahren und müsse zudem vom Tierarzt durchgeführt werden.

Die meisten Ferkelerzeuger, die weiter kastrieren wollen oder müssen, würden sich daher vermutlich für die Isoflurannarkose entscheiden. Aber auch die Inhalationsnarkose schlage je nach Betriebsgröße mit 1,94 bis 3,02 € pro männlichem Ferkel zu Buche.

Im europäischen Vergleich mit Dänemark und den Niederlanden habe sich der Gesetzgeber in Deutschland für die teuerste Kastrationsalternative entschieden. In Dänemark, wo bereits seit zwei Jahren die Lokalanästhesie durch den Landwirt erlaubt sei, summiere sich der Kostenvorteil inklusive geringerer sonstiger Produktionskosten unter dem Strich auf 207 € pro Sau und Jahr, so Verhaagh. Und in den Niederlanden, wo die CO2-Betäubung erlaubt ist, betrage der Kostenvorteil immerhin 94 €/Sau.

Auch die Mäster müssen sich bewegen

Das werde dazu führen, dass künftig noch mehr Ferkel aus Dänemark und Holland nach Deutschland importiert werden, mahnte Verhaagh. Die einzige Möglichkeit sei, hier mithilfe der Qualitätssicherungssysteme gegenzusteuern. Ferkel, die in deutschen QS-Mastbetrieben aufgestallt werden, müssten zur Auflage bekommen, dass sie nach deutschem Recht mit den hier zugelassenen Narkoseverfahren kastriert wurden.

Die Ebermast und die Immunokastration seien unverzichtbare Ausweichverfahren für die deutschen Ferkelerzeuger. Sie seien die einzigen beiden Kastrationsalternativen, die sich langfristig wirtschaftlich betreiben lassen. Das setze jedoch voraus, dass Jungeber und Immunokastrate fair abgerechnet und von den Schlachtunternehmen finanziell nicht weiter abgestraft würden. Und an die deutschen Mäster appellierte Verhaagh: „Wenn wir die Ferkelerzeugung in Deutschland erhalten wollen, dann müssen sich auch die Mäster bewegen.“

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