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Ausbeutung

Bundestag übt massive Kritik an Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie

Der Bundestag diskutierte darüber, was bei der Beschäftigung in der Fleischbranche falsch läuft und wie es dazu kommen konnte. Laut Heil haben die Firmen Werkverträge und Leiharbeit missbraucht.

Lesezeit: 4 Minuten

In seltener Einmütigkeit sind die Arbeitsbedingungen in der deutschen Fleischindustrie von Abgeordneten aller Fraktionen im Deutschen Bundestag bei einer Debatte letzte Woche in Berlin kritisiert worden.

Anlass waren Anträge der Fraktionen Die Linke sowie Bündnis 90/Die Grünen zum besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Fleischbranche, die in den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen wurden.

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Neben einem gesetzlichen Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerübernehmerlassungen in den Kernbereichen Schlachten und Verarbeiten will die Linke unter anderem die betriebliche Mitbestimmung gestärkt und eine bundesweite tragfähige Tarifstruktur verwirklicht sehen.

Die Grünen beziehen in ihren Forderungen zum Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten auch die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft ein; das Verbot von Werkverträgen in Kernbereichen der Unternehmenstätigkeit soll laut Antrag auch bei der Saisonarbeit in der Landwirtschaft gelten.

Heil: Firmen müssen verantwortung übernehmen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil machte in der der Debatte unmissverständlich klar, dass er aufgrund von Missbrauch „mit Werkverträgen und Leiharbeitern in der Schlachtbranche Schluss machen und diese verbieten wird“. Die Unternehmen müssten Verantwortung für ihre Beschäftigten übernehmen, die Länder für die Kontrollen.

Er werde im Juli auf Basis des vom Kabinett verabschiedeten Eckpunktepapiers einen Gesetzesentwurf vorlegen. Deutschland solle ein Fleischstandort bleiben, „aber zukünftig mit anständigen Arbeitsbedingungen und Löhnen, mit Standards und Kontrollen in den Unterkünften, mit digitaler Zeiterfassung und mit anständigen Arbeitsverträgen ohne Subunternehmer“, betonte Heil.

Viele Verstöße in Schlachtbetrieben

Nach Angaben von Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann sind im Herbst 2019 bei Kontrollen in den 30 größten Betrieben der Fleischwirtschaft des Landes in 26 Unternehmen zum Teil gravierende Mängel beim Arbeitsschutz festgestellt worden.

Bei kürzlich durch die Corona-Pandemie möglich gewordenen Überprüfungen von Wohnungen der Werksvertragsarbeiter gab es bei 650 Kontrollen 1.863 mittlere bis gravierende Verstöße. Es habe sich mit den Werkverträgen ein „System der organisierten Verantwortungslosigkeit“ entwickelt, das auch jegliche Arbeitnehmermitbestimmung und Tarifverträge vermissen lasse, kritisierte Laumann.

Das Werkvertragsverbot werde viele, aber nicht alle Probleme lösen. Nötig seien auch verbesserte und intensivere Kontrollen. Um dies zu erreichen, kündigte der Landesarbeitsminister an, dass zukünftig in Nordrhein-Westfalen in den großen Schlachthöfen der Arbeitsschutz ständig präsent sein müsse. Wie bei den Veterinären sollten diese permanenten Kontrollen vor Ort nicht durch den Steuerzahler, sondern durch eine Gebührenerhebung bei den Unternehmen finanziert werden.

Dänemark ein Vorbild?

Die Linke Susanne Ferschl nannte als Gegenbeispiel Dänemark, wo es Stundenlöhne von 25 Euro und Arbeitszeiten von täglich 7,5 Stunden bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keine dubiosen Subunternehmen gebe. Leider habe Deutschland mit seinem Lohndumping dort schon viele Arbeitsplätze zerstört.

Der FDP-Abgeordnete Carl-Julius Cronenberg erklärte, dass es angesichts der deutschen EU-Ratspräsidentschaft nicht ins Bild passe, dass hierzulande anscheinend nicht für alle EU-Arbeitnehmer die gleichen Arbeitsschutz- und Sozialstandards gelten würden. Die FDP fordere deshalb einen betrieblichen Arbeitsschutz für alle Mitarbeiter im Betrieb, die Ausweitung der Arbeitsstättenverordnung auf private Sammelunterkünfte, die verpflichtende digitale Zeiterfassung sowie eine „Task Force Fleisch“ zur Koordination auf allen Ebenen.

Werkverträge dürften jedoch nicht auf eine Stufe mit der Arbeitnehmerüberlassung gestellt werden, denn Leiharbeiter profitierten vollumfänglich vom betrieblichen Arbeitsschutz.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Max Straubinger, rief dazu auf, in der emotionalen Debatte um Corona-Fälle in Schlachtbetrieben auch sachlich zu bleiben, denn Ausbrüche gebe es auch anderenorts, beispielsweise in großen Wohnanlagen. Bei Tönnies gebe es nicht nur Werkvertragslösungen, sondern auch viele Festangestellte.

Die Konzentration in der Schlachtbranche liege auch daran, dass kleinere Schlachthöfe in Städten und Kommunen die unzähligen Vorschriften, beispielsweise zur Abwasserbeseitigung, nicht erfüllen könnten.

Auf Nachfrage vermied Straubinger ein klares Ja zum Verbot von Werkverträgen, weil das kein Allheilmittel gegen Verstöße sei. Die Einhaltung von Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen oder anderer Vorschriften könne möglicherweise auch mit einer Generalunternehmerhaftung erreicht werden, erklärte Straubinger.

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