topplus ISN-Schlachthofranking

Tönnies und Westfleisch bleiben Spitzenreiter in der deutschen Schlachtbranche

Der Rückzug von Vion aus dem deutschen Markt hat für markante Verschiebungen in der Schweineschlachtbranche gesorgt. Welche Auswirkungen das hat, zeigt das neue Schlachthofranking der ISN.

Lesezeit: 5 Minuten

Erstmals seit 2016 wurden in Deutschland im vergangenen Jahre wieder mehr Schweine geschlachtet als im Vorjahr: 44,65 Mio. Schlachtungen bedeuten ein Plus von 1,8 %. Zwischen 2016 und 2023 hatte es aber einen massiven Rückgang der Schlachtungen von insgesamt 25,8 % gegeben. Das geht aus dem aktuellen Schlachthofranking 2024 der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschland (ISN) hervor.

Die Folgen des Bestandsabbaus waren auch im Jahr 2024 in der Schlachtbranche deutlich zu spüren und äußerten sich letztlich in diversen Schlachthofschließungen oder -übernahmen. Für einige Regionen mit ohnehin weniger ausgeprägten Strukturen in der Schweineveredlung, wie Brandenburg oder Hessen, bedeutet diese Entwicklung längere Transportwege und führt zu einer weiteren Schwächung der Strukturen.

Nordwesten und Süden stark

Das sieht in den schweinestarken Regionen im Nordwesten und Süden Deutschlands anders aus: In Nordrhein-Westfalen beispielsweise wurden 2024 etwa 16,72 Mio. Schweine geschlachtet (+2,3 % gegenüber 2023). In Niedersachsen blieben die Schlachtungen unverändert bei 13,43 Mio. Schweinen. Beide Bundesländer zusammen kommen auf mehr als zwei Drittel aller Schlachtungen.

Eine zweite Kernregion liegt in Bayern und Baden-Württemberg. Bayern kam auf 3,79 Mio. Schlachtungen (–1,9 %), Baden-Württemberg auf 3,69 Mio. (+2,9 %). Die zunehmende Konzentration auf diese beiden Regionen im Nordwesten und Süden verläuft entsprechend der Entwicklung der Viehbestände, denn dort stehen knapp 80 % der gesamten deutschen Schweine.

Weniger Tiere importiert

Von den oben genannten 44,65 Mio. Schlachtungen in Deutschland stammte der allergrößte Teil (43,3 Mio.) aus deutschen Mastställen. Etwa 1,35 Mio. Schweine wurden aus den umliegenden Ländern zur Schlachtung nach Deutschland importiert. Das waren etwa 9,2 % weniger als im Vorjahr.

Der Großteil der Importe stammte mit rund 940 000 Tieren aus den Niederlanden (–2,0 %) sowie aus Belgien (270 000 Tiere, –28,1 %). Der rückläufige Trend der Schlachtschweineimporte hat sich zudem Anfang 2025 noch deutlich verstärkt.

Vion-Rückzug mit Folgen

Beim Blick auf die Schlachtzahlen der einzelnen Unternehmen werden die Folgen des  Vion-Rückzugs aus dem deutschen Markt Anfang 2024 deutlich. Im Vergleich zum Vorjahres-Schlachthofranking der ISN-Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands gab es einige Veränderungen:

Die Erzeugergemeinschaft (EG) Südbayern übernahm die zwei Vion-­Standorte Landshut und Vilshofen und taucht damit zum ersten Mal in der Rangliste auf. Das Schlachtunternehmen Uhlen kaufte den Vion-Standort in Perleberg, schaffte es allerdings nicht in die Top 10 des Rankings.

In den Vorjahren rangierte Vion auf Platz drei der Schlachter. Durch den Rückzug aus dem deutschen Markt wird der Abstand der beiden führenden Unternehmen Tönnies und Westfleisch zum dritten Platz nun spürbar größer.

Tönnies bleibt Spitzenreiter

Mit deutlichem Abstand an der Spitze bleibt Tönnies. Das Minus von 5,6 % bei den Schweineschlachtungen im Jahr 2024 darf nicht über den weiteren Wachstumskurs des Unternehmens hinwegtäuschen. Temporär wurde der Betrieb an den Standorten in Sögel und Weißenfels im vergangenen Jahr auf eine Schicht pro Tag reduziert, zum Jahreswechsel 2024/25 wurden die Schlachtmengen nach Unternehmensangaben aber wieder hochgefahren. Zudem ist bei der Betrachtung der Zahlen zu beachten, dass der Zukauf und die Weiterverarbeitung von Schweinehälften in diesem Ranking nicht abgebildet werden können.

Darüber hinaus steht derzeit die Übernahme des ehemaligen Vion-Schlachthofs in Crailsheim durch Tönnies im Raum, wo jährlich etwa 1 Mio. Schweine geschlachtet werden können. Die Übernahme  muss allerdings noch vom Bundeskartellamt genehmigt werden. Das zugehörige Hauptprüfverfahren  wurde bis zum 23. Juni 2025 verlängert.

Bei einer Zustimmung des Bundeskartellamts wird Tönnies als einziges Schlachtunternehmen in weiten Teilen Deutschlands mit bedeutenden Standorten sowohl im Bereich Rind als auch im Bereich Schwein vertreten sein. Der Marktanteil des Unternehmens aus 2024 (29,6 %) könnte daher 2025 größer ausfallen.

Auf dem zweiten Platz der ISN-Rangliste steht weiterhin das Unternehmen Westfleisch. Die Westfalen konnten ihre Schlachtungen um 6,2 % auf 6,9 Mio. Schweine erhöhen und erreichen jetzt 15,5 % Marktanteil.

Platz 3 nimmt nun Danish Crown ein. Nachdem das dänische Unternehmen seine Schlachtungen am Standort in Essen (Oldenburg) im Jahr 2023 drastisch reduziert hatte, wurde die Produktion 2024 wieder deutlich hochgefahren. Unter dem Strich standen am Jahresende dann 2,75 Mio. Schweineschlachtungen bzw. ein Plus von 31,1 %.

Durch die Restschlachtungen zu Jahresbeginn taucht Vion im aktuellen Ranking 2024 mit 2,4 Mio. Schlachtungen noch einmal auf Platz 4 auf, bevor das Unternehmen im kommenden Jahr aus der Liste verschwinden wird.

Platz 5 konnte sich Böseler Goldschmaus sichern. Mit einer Steigerung der Schlachtungen um 7,6 % auf 1,83 Mio. Schweine zogen das Unternehmen an Müller Fleisch vorbei, die auf 1,75 Mio. Schlachtungen (–1,7 %) kamen. Auf den weiteren Plätzen folgen Tummel mit 1,60 Mio. Schlachtungen (+3,2 %) sowie die EG Südbayern mit 1,44 Mio. Schlachtungen.

Den neunten Platz belegt Steine­mann mit 1,18 Mio. Schlachtungen (+1,4 %). Simon-Fleisch konnte mit einem Plus von 3,3 % auf 1,09 Mio. Schweine den Mitbewerber Manten knapp vom zehnten Platz verdrängen, der ein leichtes Minus von 1,6 % auf 1,06 Mio. Schweine verzeichnete.

Deutsche Ferkel gefragt

Bleibt die Frage nach der weiteren Entwicklung. Die jüngsten Viehzählungsergebnisse deuten zumindest für 2025 auf stabile Schlachtzahlen in Deutschland hin. Ob dies jedoch zu einer nachhaltigen Festigung der Strukturen in der Schlachtbranche führt, bleibt laut ISN-Marktanalyst Klaus Kessing fraglich:

Im nachgelagerten Bereich herrscht weiterhin Unruhe. Der Konsolidierungsprozess scheint noch nicht abgeschlossen. Weitere Veränderungen innerhalb der Top 10 sind denkbar. Die Schweineschlachtung konzentriert sich zunehmend auf den Nordwesten Deutschlands sowie auf eine weitere Region im Süden, während strukturschwächere, marktfernere Regionen immer stärker ins Hintertreffen geraten. In den Strategien der Schlachtunternehmen hält die Ausrichtung auf eine gesicherte Rohstoffversorgung an.

Besonders die Herkunft der Ferkel rückt dabei stärker in den Fokus. Deutsche Ferkel sind gefragt – und das schlägt sich mittlerweile auch in einer finanziellen Bevorzugung der Tiere gegenüber Importferkeln aus Dänemark und den Niederlanden nieder.

Spannend dürfte werden, welchen Einfluss die zunehmende Konzentration im Bereich der Schlachtung auf die beiden Marktführer Tönnies und Westfleisch auf die Vermarktungsstrukturen und insbesondere auf die Preisfindung nehmen wird.

 

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