Die Versorgungslage bei Proteinfuttermitteln ändert sich laufend. Erst jüngst hat Brasilien Sojabohnen aus den USA importieren müssen, weil man selbst zu große Mengen nach China verkauft hat. Wie wirkt sich das auf die Versorgungslage in Europa aus? Welche aktuellen Entwicklungen auf den Märkten für Proteinfuttermittel sind derzeit noch zu beobachten? Wie sehen konkrete Fütterungsempfehlungen und -strategien für 2021 aus? Welche Nachhaltigkeitsstrategien hat die Branche zu bieten?
All diese Themen werden am 27. November 2020 zwischen 8.30 und 17 Uhr beim diesjährigen Oil & Feed Millers Best DigitalDay2020 diskutiert. Corona-bedingt wird die Veranstaltung digital durchgeführt. Zugeschaltet werden Experten aus dem Bereich der Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung. Darüber hinaus geben praktische Landwirte Einblicke in ihre Fütterungsstrategien. top agrar ist exklusiver Medienpartner und sprach im Vorfeld mit den Referenten rund um das Thema Proteinfutter.
Steffen Kemper, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft
Herr Kemper, wie beurteilen Sie die derzeitige globale Versorgungslage bei Proteinfuttermitteln? Und was erwarten Sie im kommenden Jahr?
Kemper:Die globale Versorgungslage mit Proteinfuttermitteln ist gut ausreichend. Der Verbrauch von Ölschroten wie Soja- und Rapsschrot steigt seit Jahren stetig und mitunter deutlich. Das kurbelt die Produktion rund um den Globus an. Mit über 350 Mio. t dürfte die globale Erzeugung von Ölschroten 2020/21 einen neuen Rekord erreichen. Basierend auf dem Trend der vergangen Jahre ist mit weiteren Verbrauchs- und in der Folge Produktionssteigerungen in den kommenden Jahren zu rechnen. Dazu trägt maßgeblich der steigenden Bedarf Chinas für Proteinfuttermittel zur Versorgung seiner expandierenden Viehproduktion bei.
Eugene Philhower, U.S. Soybean Export Council
Brasilien musste zuletzt Sojabohnen aus den USA importieren, weil man selbst zu viel Ware nach China exportiert hat. Welche Folgen hat das für die Preise und in welchem Umfang fallen die USA als Lieferant nach Europa aus?
Philhower:Die USA können den europäischen Markt auch weiterhin in ausreichendem Umfang mit Proteinfuttermitteln versorgen. Wir sind und bleiben ein zuverlässiger Lieferant von hochwertigen Sojabohnen. Seit Oktober 2020 haben wir bereits über 1 Mio. t Sojabohnen in die Europäische Union exportiert. Davon gingen allein über 220.000 t nach Deutschland, ein enormer Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Dass Brasilien und Argentinien zuletzt Sojabohnen aus den USA importiert haben, zeigt mir, wie dynamisch sich die Weltmärkte für Proteinfuttermittel entwickeln. Es zeigt zugleich, dass der faire und offene Handel funktioniert. Käufer suchen immer nach dem niedrigsten Preis. Zu dieser Jahreszeit, in der die US-amerikanische Sojabohnenernte fast abgeschlossen ist, sind wir am wettbewerbsfähigsten.
Dr. Hermann-Josef Baaken, DVT
Europäische Importeure legen beim Sojaanbau immer größeren Wert auf die Einhaltung von Umweltstandards. Wo stehen wir beim Thema entwaldungsfreie Lieferketten?
Baaken: Aktuell liegt der Anteil von nachhaltig produziertem Sojaschrot bei den Mischfutterherstellern bereits bei 60 %. Wir schätzen, dass ein hoher Anteil „entwaldungsfrei“ ist. Die Futtermittelhersteller kaufen zum Beispiel seit 2008 aus der Amazonas-Region gezielt nur noch Soja, wenn keine Waldrodung stattgefunden hat. Und auf europäischer Ebene arbeiten wir aktuell an Leitlinien für Zertifizierungssysteme, um den Anteil mit geringem Entwaldungsrisiko weltweit zu erhöhen und somit durch eine gezielte Einkaufspolitik weitere Waldrodungen zu vermeiden.
Dr. Thomas Schmidt, OVID
Entwaldungsfreie Lieferketten werden angesichts des Klimawandels immer wichtiger. Welche Herausforderungen warten im Hinblick auf eine nachhaltige Nutztierfütterung noch auf uns?
Schmidt: Eine moderne und nachhaltige Nutztierfütterung sollte den Tierhalter dabei unterstützen, heutige und kommende Anforderungen an den Umwelt- und Klimaschutz zu bewältigen, ohne die Wirtschaftlichkeit außer Acht zu lassen. Dazu zählen insbesondere optimierte Futterrationen, die neben der Deckung des Bedarfes an Nährstoffen der Tiere auch dem Klima- und Ressourcenschutz zugutekommen, in dem z.B. Nährstoffüberschüsse und damit verbundene Nährstoffausscheidungen noch besser vermieden werden. Hierbei wird es zukünftig insbesondere darauf ankommen, die Stickstoff- und Phosphorbilanzen im Griff zu haben.