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Durch Corona keine Abnehmer für Improvacferkel

Ein Ferkelerzeuger und seine beiden Mäster haben beste Erfahrungen mit der Immunokastration gemacht. Durch die Coronakrise finden sie momentan aber keine Abnehmer für die Improvacferkel.

Lesezeit: 9 Minuten

Ferkelerzeuger Ingo Osterheider aus dem niedersächsischen Wellingholzhausen am Nordhang des Teutoburger Waldes ist eigentlich gut für die Zukunft aufgestellt. Die Ferkel seiner 400 Danzuchtsauen, die er selbst remontiert, gehen fast komplett an drei feste Mäster, mit denen er zum Teil schon seit 20 Jahren zusammenarbeitet. Nur die Binneneber und Brüchlinge mästet er selbst aus. Zudem hat er gemeinsam mit den Mästern bereits im Sommer entschieden, die chirurgische Kastration durch Improvac zu ersetzen.

Jahrelange Partnerschaft

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Die Vorteile der festen Partnerschaft mit den Mästern möchte der 42-Jährige nicht mehr missen. „Ich kann entspannter arbeiten, wenn ich mich darauf verlassen kann, dass die verkaufsreifen Ferkel auch pünktlich den Stall verlassen“, argumentiert Osterheider. Und auch seine Mäster möchten auf die gleichbleibend gute Ferkelqualität und die ausgeglichenen Partien, mit denen sie der Ferkelerzeuger seit Jahren beliefert, nicht mehr verzichten.

„Ich weiß aus mehrjähriger Erfahrung, dass die Ferkel im Maststall meist ohne Probleme durchmarschieren“, lobt Mäster Andreas Bolte-Elbert aus dem nur 17 Kilometer entfernten Belm die gute Ferkelqualität. Bolte-Elbert bewirtschaftet dort einen Betrieb mit 1400 Mastplätzen und 160 ha Ackerbau. Alle drei Wochen bezieht er etwa 250 Ferkel von Osterheider. Den Kontakt hat vor 20 Jahren die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsferkel im Raum Osnabrück (EGF) geknüpft, die auch den Transport und die Abrechnung der Tiere übernimmt.

Auch Thilo Meyer zu Dielingdorf, Ackerbauer (80 ha) und Schweinemäster mit 1300 Plätzen aus dem nahe gelegenen Melle weiß, was er an den Ferkeln von Osterheider hat, von dem er inzwischen seit acht Jahren mit Läufern beliefert wird: „Unser Direktbezug mindert das Seuchenrisiko, und ich muss mich nicht bei jeder Ferkellieferung neu an die richtige Futterkurve herantasten. Die Ferkel funktionieren.“

Regelmäßiger Austausch

Voraussetzung für die stabile Partnerschaft ist unter anderem, dass man sich gegenseitig informiert. So gibt Ingo Osterheider den Mästern z.B. rechtzeitig Bescheid, wenn er den Besamungseber wechselt oder wenn es mal gesundheitliche Probleme bei einigen Ferkeln geben sollte. Dabei kommt ihnen zugute, dass Bolte-Elbert und Osterheider vom gleichen Tierarzt betreut werden.

Andersherum informieren die Mäster ihren Ferkellieferanten auch über auffällige Befunde, z.B. wenn ein Masttier verendet und seziert wird. Der Austausch funktioniert in beide Richtungen. Nur zum dritten Mäster aus dem südoldenburger Raum, der seit drei Jahren die restlichen Ferkel von Osterheider bekommen hat, ist der Kontakt nicht ganz so intensiv.

Für Improvac entschieden

Auch die Frage, welche Kastrationsalternative Ingo Osterheider ab Januar 2021 bei den männlichen Ferkeln anwenden sollte, wurde im Frühjahr 2020 intensiv zwischen Ferkelerzeuger und Mästern diskutiert. „Die Betäubung mit Isofluran schied für mich bereits früh aus, da ich aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nicht lange an einem Fleck stehen kann“, berichtet der Ferkelerzeuger. Zudem will er seinen Mitarbeiter, der ihn beim Kastrieren unterstützt, nicht dem möglicherweise krebserregenden Narkosegas aussetzen.

Auch von der Ebermast war Osterheider aufgrund der eigenen Erfahrungen bei der Restemast nicht überzeugt. „Die Haltung der Tiere ist anspruchsvoll und die Vermarktung des Eberfleisches schwierig. Daher ist die Jungebermast in meinen Augen ein Auslaufmodell“, argumentiert der 42-Jährige.

„Am schonendsten für die Ferkel ist es, wenn man sie gar nicht mehr chirurgisch kastriert. Und da mir das Tierwohl sehr am Herzen liegt, habe ich meinen Ferkelabnehmern vorgeschlagen, zeitnah in die Immunokastration mit Improvac einzusteigen. Ziel war es, noch rechtzeitig vor dem 1. Januar 2021 Erfahrungen mit der Impfung zu sammeln“, berichtet Ingo Osterheider.

Die Mäster waren anfangs sehr skeptisch. „Wir sahen nicht ein, warum man etwas ändern sollte, was augenscheinlich gut läuft“, erinnert sich Andreas Bolte-Elbert noch genau. Weil sie auf die gute Qualität der Tiere und die gleichmäßigen Partien von Ingo Osterheider aber nicht verzichten wollten, willigten Andreas Bolte-Elbert und Thilo Meyer zu Dielingdorf schließlich ein. Nur der dritte Mäster im Bunde, der die Läufer in einem Pachtstall aufstallen wollte, winkte ab. Begründung: Der Pachtvertrag lasse die Mast von unkastrierten Ebern aufgrund der höheren Geräuschentwicklung nicht zu.

Osterheider war sich jedoch sicher, schnell wieder einen dritten Mäster für die restlichen Ferkel zu finden. „Ich bin deshalb im April 2020 gestartet und hab die Ferkel von drei aufeinanderfolgenden Absetzgruppen mit jeweils 60 Sauen nicht mehr kastriert“, erinnert er sich. Mit Erreichen des Verkaufsgewichts wurden die Ferkel dann von Osterheider nach Geschlecht sortiert und an die beiden langjährigen Mäster ausgeliefert.

Impfkosten zunächst geteilt

Die beiden Mäster entschieden sich, den Impfservice von Zoetis in Anspruch zu nehmen. Das hatte mehrere Gründe: „Erstens garantiert der Impfstoffhersteller, dass alle Immunokastraten, die im Rahmen des abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages geimpft werden, garantiert geruchsfrei sind“, argumentiert Thilo Meyer zu Dielingdorf. „Und zweitens muss ich die Impftermine nicht ständig im Kopf behalten. Gerade im Frühjahr und Herbst, wenn auf dem Acker viel Arbeit ansteht, kann das Impfen schnell mal vergessen werden“, ergänzt Andreas Bolte-Elbert.

Den Impfstoff bezogen die Mäster von ihren Hoftierärzten. Und für den Impfservice berechnete das Unternehmen nach einer dreimonatigen kostenlosen Probephase eine Quartalsgebühr von 200 €, hinzu kommen 60 € Anfahrtspauschale pro Betriebsbesuch und 0,40 € Impfgebühr pro Tier. Alles in allem schlug die Impfung mit rund 4 € je Improvac-Kastrat zu Buche.

Diese Kosten teilten sich Ferkelerzeuger und Mäster in der Probephase jeweils zur Hälfte. Aber es wurde vereinbart, am Jahresende, wenn entsprechende Erfahrungen zur Mast- und Schlachtleistung der Tiere vorliegen, noch einmal neu über die Kostenverteilung nachzudenken.

Die anfänglichen Vorbehalte der beiden Mäster in puncto Improvacimpfung verflogen schnell. Nach der ersten Injektion, die eine Woche nach dem Aufstallen in die Mast erfolgte, wiesen die I-Kastraten ebenso hohe Zunahmen wie unkastrierte Eber auf. Und etwa eine Woche nach der zweiten Impfung, die vier bis sechs Wochen vor dem erwarteten Schlachttermin der ersten Vorläufer erfolgen sollte, waren die I-Kastraten zudem deutlich ruhiger. „Wir konnten kein Aufreiten mehr beobachten, und es gab kaum noch Rangkämpfe oder Beißereien. Die I-Kastraten dachten nur noch ans Fressen“, erinnert sich Mäster Andreas Bolte-Elbert.

Bessere Futterverwertung

„Unter dem Strich war die Futterverwertung etwa 0,2 kg besser als bei den herkömmlichen Kastraten früherer Durchgänge, und die Tiere wiesen knapp 50 g höhere Tageszunahmen auf“, berichtet Thilo Meyer zu Dielingdorf, der inzwischen rund 400 Improvac-Kastraten gemästet hat.

Auch beim Schlachten schnitten die Tiere gut ab. Die I-Kastraten wurden von der Erzeugergemeinschaft für Schlachtvieh im Raum Osnabrück (EGO) vermarktet und nach der normalen Maske abgerechnet. Die Ausschlachtung war zwar etwas schlechter, da die Hoden am Schlachtband noch entfernt wurden. Der Muskelfleischanteil der mit Improvac behandelten männlichen Tiere war jedoch im Schnitt um etwa 1,2% höher als bei herkömmlichen Kastraten.

Auch in puncto Fleischqualität konnte der Mäster eine Veränderung feststellen. „Wir haben aus der letzten Lieferpartie ein Tier zur Hausschlachtung zurückgenommen. Der Kasslerbraten, den wir aus dem Lachs zubereitet haben, war viel saftiger als bei unseren früheren Schweinen. Das lag vermutlich am höheren Anteil intramuskulären Fettes“, ist Meyer zu Dielingdorf überzeugt.

„Unter dem Strich habe ich mit den Improvactieren eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht. Sie waren nicht nur in der Mast- und Schlachtleistung überlegen, sondern auch deutlich ruhiger und räumten am Mastende zügiger die Abteile. Am liebsten würde ich daher nur noch Improvac-Kastraten mästen“, gesteht der 52-Jährige.

Corona lässt Träume platzen

Doch daraus wird erst einmal nichts. Denn kurz nachdem die ersten Eberferkel verkaufsreif waren, kam es zum Corona-Lockdown. Die Mastschweine- und Ferkelpreise gingen in den Keller, und auf dem Spotmarkt ließen sich die unkastrierten Ferkel, die ansonsten der dritte Mäster abgenommen hätte, nur noch schwer vermarkten.

„Wir haben deshalb gemeinsam überlegt, wie wir die Immunokastration beibehalten und trotzdem alle Ferkel an den Mann bringen können“, erinnert sich Ingo Osterheider. So entstand die Idee, die Ferkelpartien nach Geschlecht aufzuteilen. Alle männlichen Ferkel sollten ausschließlich an Andreas Bolte-Elber und Thilo Meyer zu Dielingddorf gehen, dort mit Improvac behandelt und anschließend gemästet werden. Und die weiblichen Tiere wollte man einem dritten, neuen Mäster anbieten.

Doch wieder kastrieren?

„Ein gerechtes Abrechnungsmodell für die Ferkel mit Zuschlägen für die weiblichen und entsprechende Abschläge für die männlichen Mastläufer hätten wir schon gefunden“, ist Ferkelerzeuger Ingo Osterheider überzeugt. Denn inzwischen liegen ja genug Daten zu den Impfkosten sowie zur Mast- und Schlachtleistung der Tiere vor. Da der Ferkelmarkt aufgrund der Corona-bedingt gebremsten Nachfrage jedoch gesättigt war, ließen sich die überschüssigen Ferkel nur mit gehörigen Preisnachlässen verkaufen – sowohl die rein weiblichen Partien als auch die unkastrierten Eberferkel. Das führte dazu, dass das erfolgreiche Ferkelerzeuger-Mäster-Trio seine Improvacpläne erst einmal begraben und die positiven Erfahrungen zu den Akten legen musste. „Nach drei Abferkeldurchgängen bin ich deshalb notgedrungen wieder dazu übergegangen, die Ferkel herkömmlich zu kastrieren.

Wie es nach dem 1. Januar 2021 weitergeht, steht zurzeit noch in den Sternen. „Die Isoflurannarkose kommt für mich nicht in Frage. Und auch die Ebermast steht für uns nicht zur Diskussion, da der Jungebermarkt gesättigt ist. „Bleibt mir als Übergangslösung nur die Injektionsnarkose. Mein Hoftierarzt hat mir bereits signalisiert, dass er im Moment noch freie Kapazitäten hätte, um für mich die Narkose bei den Ferkeln durchzuführen“, beschreibt Ingo Osterheider das Dilemma, in dem er sich derzeit befindet.

Das kann seiner Meinung nach aber nur eine Übergangslösung sein. „Das tierschonendste Verfahren ist und bleibt für mich die Immunokastration. Es entsteht keine Operationswunde, die sich entzünden kann, ich habe weniger Arbeit und die Mäster profitieren von den höheren Zunahmen, der besseren Futterverwertung, dem geringeren Nährstoffanfall in der Gülle und der Ruhe im Stall“, ist Osterheider überzeugt. Deshalb kann er auch nicht verstehen, warum sich Edeka Nord und einige Schlachtunternehmen noch immer vehement wehren, Improvac-Kastraten abzunehmen. „Wenn wir es mit dem Tierschutz wirklich ernst meinen, führt kein Weg an der Immunokastration vorbei!“, ist Osterheider überzeugt.

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