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Kategorie Fleisch

Faire Partner: „100 % Regional – Schweinefleisch von Brandenburger Bauern“ gewinnt Preis

Im Projekt „100 % Regional – Schweinefleisch von Brandenburger Bauern“ produziert Ralf Remmert Schweine. Abnehmer sind Vion, die Eberswalder Gruppe und Rewe.

Lesezeit: 7 Minuten

top agrar und Lebensmittel Praxis haben das Siegel "Fairer Partner" in drei Kategorien an Bauern, Hersteller und Händler vergeben, die miteiander fair umgehen. Hier die Gewinner in der Kategorie Fleisch.

Wenn es um die Zukunft der deutschen Schweinehalter geht, hat Landwirt Ralf Remmert eine klare Meinung: „Wir Veredler können beim Rennen um Marktanteile auf dem Weltmarkt nicht mehr mithalten. Durch die wachsenden Anforderungen an unsere Nutztierhaltung sinken unsere Wettbewerbschancen. Wir müssen uns künftig stärker auf den heimischen Markt konzentrieren“, stellt Remmert klar.

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Vier Mann in einem Boot

Für ihn liegt die Zukunft in der regionalen Produktion und Vermarktung von Schweinefleisch. „Regional liegt voll im Trend und bietet Chancen. Allein im Großraum Berlin-Brandenburg, der vor meiner Haustüre liegt, ­leben 6 Mio. Menschen, die jedes Jahr über 200 Mio. kg Schweinefleisch essen“, umreißt Remmert das Potenzial.

Dem Brandenburger Unternehmer ist natürlich bewusst, dass die Bauern regionale Märkte nicht alleine erschließen können. „Regional funktioniert nur, wenn alle Beteiligten der Wertschöpfungskette an einem Strang ziehen“, lässt der Landwirt keinen Zweifel daran, dass die Vor-Ort-Produktion und Vermarktung von Schweinefleisch ein Mannschaftssport ist.

Remmerts Mannschaft besteht aus insgesamt vier Teilen. Neben ihm als Tierhalter sind das Schlachtunternehmen Vion ­mit dem Standort Perleberg, der Fleisch- und Wurstverarbeiter Eberswalder Gruppe sowie der Handelskonzern Rewe-Ost seit dem Jahr 2018 fester Bestandteil des Projektes „100 % Regional – Schweinefleisch von Brandenburger Bauern“.

Insbesonder die Eberswalder Gruppe um Geschäftsführer und Initiator Sebastian Kühn treibt das Projekt voran. Kühn, der die Gesamtverantwortung trägt, betont: „Die Menschen haben Sehnsucht nach regional produziertem Essen. Diesen Wunsch erfüllen wir mit unserem Regionalkonzept sehr gut.“

Gestartet ist die Zusammenarbeit vor vier Jahren mit der Vermarktung von rund 150 Schweinen pro Woche. Mittlerweile sind es wöchentlich knapp 800 Tiere bzw. über 40.000 Stück pro Jahr. „Im nächsten Schritt streben wir 1.000 vermarktete Schweine in der Woche an“, betont Klaus Voigt, Standortleiter von Vion im brandenburgischen Perleberg.

Bei Rewe-Ost hat man vor weiter steigenden Vermarktungszahlen keine Angst. Dort sieht man auch in Zukunft Wachstumspotenzial für regional erzeugte Fleisch- und Wurstprodukte. Stefan Hörning, Vorsitzender der Geschäftsleitung bei Rewe-Ost, berichtet: „Unsere Kunden greifen trotz des etwa 2 € pro kg höheren Verkaufspreises immer häufiger zu den Regionalprodukten. Das Kaufinteresse für hochwertiges Schweinefleisch aus der Region von Tieren, die artgerechter gehalten wurden als andere Schweine, steigt.“

Damit der Absatz weiter floriert, bewirbt die Rewe die Produkte im Supermarkt aktiv. In den Läden sind unter anderem Aufkleber mit dem Hinweis „Regional erzeugt in der Prignitz“ auf den Verpackungen zu finden. Zudem liegen Flyer in den Fleischtheken aus.

Als nächstes sind QR-Codes mit kurzen Videosequenzen aus dem Schweinestall von Ralf Remmert denkbar. „Unser Erfolgsrezept ist, dass sich das Fleisch nicht nur geschmacklich abhebt, sondern das wir die Produktion transparent machen und der Kunde genau weiß, wo und wie es produziert wurde. Und wer einmal gute Erfahrungen beim Kauf und der Zubereitung gemacht hat, greift immer wieder zur gleichen Ware“, schildert Stefan Hörning seine Erfahrungen.

Wirklich für alle fair?

Auch wenn das Projekt „100 % Regional“ gut läuft und die Absatzzahlen kontinuierlich steigen, die Frage ist doch: Ist die Zusammenarbeit für alle Seiten ein Gewinn und geht es fair zu? Ja, sagen alle Beteiligten. Und warum? „Weil wir eine Mannschaft sind und keine Egoisten im Team haben“, bringt es Sebastian Kühn von der Eberswalder Gruppe auf den Punkt.

Schweinehalter Ralf Remmert bestätigt die Aussage seines Geschäftspartners. „Ich arbeite in dem Projekt auf Augenhöhe mit allen Beteiligten zusammen. Wir legen gemeinsam die Anfor­derungen, Rahmenbedingungen, Preise usw. fest.“ Remmert setzt unter anderem GVO-freies Futter ein und verzichtet auf das Kupieren der Ringelschwänze. Der Preisaufschlag liegt bei gut 30 %, abgerechnet wird rein nach Schlachtgewicht. Einen festen Gewichtskorridor gibt es nicht. Das erleichtert ihm die Vermarktung erheblich.

Remmert hat aber noch mehr zu bieten. Er setzt bereits seit längerer Zeit auf Haltungsverfahren, die von der Gesellschaft jetzt immer lautstarker gefordert werden. So säugen die Sauen im Abferkelstall in Gruppen. Bereits nach sieben bis zehn Tagen öffnet er die Ferkelschutzkörbe, sodass alle Sauen sich im mittig gelegenen Aufenthaltsraum frei bewegen können. „Bewegungsbuchten hatte ich schon, bevor diese Vorgabe in der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgeschrieben wurde“, stellt Remmert klar.

Auch beim Thema Emissionsschutz packt der Landwirt an – Nachhaltigkeit ist ihm wichtig. Er hat eine Schweine­toilette erfunden. Jetzt werden Kot und Harn direkt in der Bucht getrennt, weil ein Förderband den Kot direkt aus der Bucht transportiert. Unterdessen sickert der Urin durch das gelochte Band nach unten in den Güllekanal. Durch die frühe Kot-Harn-Trennung entsteht weniger Ammoniak. „Mein Stallkonzept mit dem Fokus auf mehr Tierwohl und Umweltschutz zieht bei unseren Kunden“, bilanziert Remmert zufrieden.

Blick durch die Händlerbrille

Dem Unternehmer liegt noch ein weiterer Aspekt am Herzen: „Wir Bauern dürfen nicht den Fehler machen und an der Stalltüre aufhören zu denken. Wir müssen ganzheitlich denken! Wir müssen zum Beispiel anerkennen, dass die Vermarktung des Schlachtschweine­körpers eine ständige Herausforderung bleibt. Der Absatz der Teilstücke läuft in der Regel. Entscheidend ist, auch für den Rest Vermarktungswege zu finden. In unserem Projekt bieten wir deshalb zusehends Wurstprodukte und SB-Ware an“, beschreibt der Brandenburger Landwirt seine Erfahrungen.

Remmert betont außerdem, dass Projekte wie „100 % Regional“ nicht von heute auf morgen reibungslos laufen. „Man braucht Geduld, zahlreiche Gespräche, gegenseitiges Verständnis, Vertrauen und Ideen“, nennt der Landwirt die aus seiner Sicht wichtigsten Eckpfeiler.

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Urteil der Jury

Tolle Teamleistung

„Das Konzept sticht unter allen Einsendungen heraus, weil es vielen tausend Verbrauchern im Großraum Berlin-Brandenburg die Möglichkeit gibt, Schweinefleisch aus der Region einzukaufen und die Partner fair und auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Das ist eine tolle Teamleistung.“

„Die Initiatoren des Projektes haben neben dem Tierwohl auch die Umwelt im Blick. Das ist wichtig, denn das Thema Nachhaltigkeit in der Fleischproduktion und Fleisch­verarbeitung gewinnt zusehends an Bedeutung.“

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Interview

„Projekt trifft den Nerv der Zeit“

Für Uwe Feiler, Parlamentarischer Staatssekretär im BMEL, hat das Projekt „100 % Regional“ Modellcharakter. Gerade die Nähe zu Ballungszentren bietet Vermarktungschancen für regional hergestellte Waren, betont Feiler im top agrar-Interview.

Herr Feiler, welche Chancen sehen Sie in der Regionalvermarktung?

Feiler: Aus meiner Sicht trifft das Projekt genau den Nerv der Zeit. Denn hier kommen nicht nur die Schweine aus der Region, sondern sie werden hier auch geschlachtet, verarbeitet und vermarktet. Das stärkt die regionale Wertschöpfung.

Solche Projekt haben nur Erfolg, wenn der Verbraucher die Ware auch kauft. Erkennen Sie ein Umdenken?

Feiler: Ja, der Wunsch nach Regiona­lität wird größer. Und seit Beginn der Corona-Pandemie steigt das Interesse. Lebensmittel aus der Region haben an Bedeutung gewonnen, es entsteht ein neues Bewusstsein – auch für die Arbeit derjenigen, die sie produzieren.

Hier der mächtige Lebensmittel­einzelhandel, dort der kleine Bauer. Sind faire Partnerschaften möglich?

Feiler: In der Tat verfügen kleinere ­Erzeuger über eine schwache Marktposition. Häufig bleibt ihnen nichts anderes übrig, als die Vorgaben zu akzeptieren – wollen sie nicht ausgelistet werden. Das wird nun ein Ende haben! Denn wir haben ein Gesetz vorgelegt, mit dem wir Augenhöhe schaffen und die regionale Produktion und den Wettbewerb stärken wollen.

Sehen Sie das Konzept „100 % Regional“ als Blaupause für Nachahmer?

Feiler: Auf jeden Fall. Wenn sich die richtigen Partner finden und an einen Tisch setzen, bieten solche Modelle große Chancen. Insbesondere in Ballungsräumen wie Berlin-Brandenburg, im Rhein-Main-Gebiet oder dem Groß-raum Hamburg, Köln, Düsseldorf oder auch München steigen die Absatzchancen für regional erzeugte Produkte.

Das hört sich fast nach einem ­Selbstläufer an?

Feiler: Es steckt jedenfalls viel ­Potenzial darin, aber auch jede Menge Arbeit. Sowohl der Landwirt als auch die nachgelagerten Verar­beitungsstufen müssen ständig an ihren Vermarktungskonzepten feilen. Wie man es richtig macht, zeigt das von ­Ihnen ausgezeichnete Projekt. 

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