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Ferkel: Lohnt sich der Einstieg in ein Label?

Die neuen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zwingen viele Ferkelerzeuger zum Um- oder Neubau. Lohnt es sich, den Umbau mit einem Einstieg in die Labelproduktion zu verbinden?

Lesezeit: 7 Minuten

Unser Autor: Wilfried Brede, STA-Serviceteam Alsfeld GmbH, Hessen

Seit Frühjahr 2021 ist klar, wie die Vorgaben der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für Sauenhalter aussehen. Ab 2029 gelten neue Anforderungen für das Deckzentrum. 2036 müssen Ferkelerzeuger dann auch den Abferkelstall umgerüstet haben. Wer weiter Ferkel produzieren will, muss in den meisten Fällen die vorhandenen Ställe umbauen bzw. neubauen.

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Für einige Sauenhalter stellt sich die Frage, ob sie gleich einen Schritt weiter gehen und in ein Tierwohl-Label einsteigen sollten. Die Labelauflagen gehen allerdings über die gesetzlichen Vor­gaben hinaus. Reicht der Bonus des Labelprogramms, um die zusätzlichen Baukosten und den höheren Arbeits­aufwand auszugleichen? Wir haben anhand eines Praxisbeispiels nachgerechnet.

Label für Ferkelerzeuger

Bei den meisten staatlichen oder vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) entwickelten Haltungskonzepten steht die Schweinemast im Fokus. Inzwischen gibt es jedoch einzelne Label des LEH, die auch für die Sauenhaltung und die Ferkelaufzucht Haltungsvorgaben formulieren.

Ein Beispiel dafür ist das „Hofglück“-­Programm der Edeka-Südwestfleisch. Dieses Label fordert unter anderem 7,5 m²-große Abferkelbuchten und geht damit deutlich über den künftigen gesetzlichen Standard von 6,5 m² hinaus.

Das Platzangebot im Deck- und Wartebereich muss beim Hofglück-Label mindestens 4 m² betragen. Davon sind wiederum 1,5 m² in einem Auslauf anzusiedeln. Den geforderten planbefestigten Boden müssen Sauenhalter darüber hinaus flächendeckend einstreuen. Im Innenbereich sollen sie dazu vorzugsweise Langstroh nutzen, im Außenbereich ist das Material Pflicht.

In der Ferkelaufzucht sind unter 20 kg 0,35 m² Platz pro Ferkel vorgeschrieben. In der Gewichtsklasse von 20 bis 30 kg müssen den Tieren 0,5 m² zur Verfügung stehen. Ein Auslauf ist in diesem Label nicht verpflichtend.

Die Teilnahme am Hofglück-Programm setzt voraus, dass alle Produktionsstufen die Labelkriterien erfüllen. Hofglück-Mäster dürfen ihre Läufer daher ausschließlich von Ferkelerzeugern beziehen, die ebenfalls die Labelkriterien erfüllen.

Teure Umbaumaßnahmen

Der Ferkelerzeuger in unserem Praxisbeispiel betreibt einen Zuchtsauenstall mit 252 produktiven Sauen. Eine Bestandsreduzierung und damit weniger verkaufte Ferkel sind für ihn aufgrund fester Lieferbeziehungen keine Option.

Für den Ferkelerzeuger stellt sich nun die Frage, ob sich ein Einstieg in das Hofglück-Programm rechnet. Um abschätzen zu können, wie hoch die Tierwohlaufschläge mindestens sein müssten, wurde eine Vollkostenrechnung der Ferkelerzeugung vorgenommen.

Für beide Umbauvarianten „Haltungs-­VO“ und „Label“ wurden dazu die Baukosten nach der DIN 276 ­geschätzt, die im Bauwesen zur Er­mittlung von Projektkosten genutzt wird. Die Ergebnisse dieses Kostenvergleichs sind in Übersicht 1 dargestellt. Grundlage der Kalkulationen waren Material-, Bau- und Lohnkosten aus 2020.

Während in der Variante „Haltungs-VO“ der Umbau des Stalls entsprechend der künftigen gesetzlichen Vorgaben kalkuliert wird, sind in der Variante „Label“ zusätzlich die erhöhten Platzansprüche sowie der Mehraufwand für die Einstreu berücksichtigt, die das Hofglück-Programm fordert.

Um den Platzbedarf im Abferkelstall zu erfüllen, muss der Landwirt ein neues Gebäude, parallel zum vorhandenen Zuchtsauenstall, errichten. In beiden Varianten beträgt die Grundfläche der Abferkelbuchten aufgrund der räumlichen Gegebenheiten im Betrieb 7,6 m². Die ehemaligen Abferkelabteile kann der Ferkelerzeuger damit für die wesentlich höheren Platzansprüche im Deckzentrum und Wartebereich umnutzen. Um die Flächenansprüche bzw. den Auslauf in der Variante „Label“ zu gewährleisten, muss an die Besamungs­abteile bzw. das Wartesauenabteil traufseitig ein entsprechend großer Auslauf angebaut werden.

Aus arbeitswirtschaftlichen Gründen ist außerdem eine automatisierte Einstreuanlage sowie ein Lager für Stroh und Festmist vorgesehen. Während bei der Variante „Haltungs-VO“ im Neubau des Abferkelstalls ein konventionelles Badewannenentmistungssystem eingeplant ist, wurde bei der Variante „Label“ eine Kot-Harntrennung mit Unterflurschieber gewählt.

Den vorhandenen Ferkelaufzuchtstall muss der Betrieb entsprechend der veränderten Platzvorgaben vergrößern. Ein Auslauf für die Ferkel ist in dieser Kalkulation nicht vorgesehen.

Somit kosten die Umbaumaßnahmen gemäß den Anforderungen der Haltungs-VO insgesamt knapp 870.000 € netto. Die Umbaukosten für den Stall nach „Hofglück“-Vorgaben belaufen sich hingegen auf ca. 1,51 Mio. € netto. Daraus ergeben sich Baukosten in Höhe von ca. 6.000 € je Platz, inkl. der Ferkelaufzucht für die Labelvariante. Enthalten sind dabei sämtliche Rohbauarbeiten, die notwendige Innentechnik sowie die Außenanlagen.

Für den Umbau bzw. Neubau ihrer Ställe können Ferkelerzeuger jedoch eine Förderung in Anspruch nehmen. Bei der investiven Förderung wird zwischen einer Standardförderung in Höhe von 20 % der Investitionssumme und einer Premiumförderung für Tierwohlmaßnahmen von bis zu 40 % unterschieden. Die investive Förderung ist jedoch meist in ihrer Höhe gedeckelt. In den Kalkulationen wurde daher ein maximaler Förderbetrag von 420.000 € unterstellt. Der effektive Förderanteil liegt somit in der Variante „Haltungs-VO“ bei ca. 20 % und in der Labelvariante bei ca. 27,7 %.

Unternehmergewinn sinkt

In Übersicht 2 oben wurden beide Varianten hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit mit der Ist-Situation des Beispielbetriebs verglichen. Die berücksichtigten Basisdaten unterscheiden sich teilweise, z. B. bei den biologischen Leistungen. So wurden bei den Umbauvarianten etwas höhere Saugferkelverluste als in der Ist-Situation veranschlagt.

Auf der Erlösseite hingegen wurde mit gleichen Basisdaten gearbeitet. Die Basisnotierung der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) von 45 € je 25 kg-Ferkel bildet den Durchschnittferkelpreis der letzten zehn Jahre ab. Der Beispielbetrieb nimmt darüber hinaus schon jetzt an der Initiative Tierwohl (ITW) teil und bekommt dafür einen Bonus von 3,57 € pro Ferkel. Die Bonuszahlungen wurden im Beispiel jedoch nur für Qualitätsferkel und nicht für Handelsferkel gezahlt, die z. B. hinsichtlich ihrer Gesundheit nicht den üblichen Normen entsprechen. Im Labelprogramm erhält der Betrieb zusätzlich ein Bonus von 21 € pro Ferkel.

In vielen Vollkostenbetrachtungen wird mit einem Lohnansatz von 15 bis 20 € pro Stunde kalkuliert. Mittlerweile gibt es in der Ferkelerzeugung jedoch erhebliche Probleme, geeignete Fremdarbeitskräfte zu finden. Um dies zu berücksichtigen, wurde in allen Varianten ein erhöhter Lohnansatz von 35 € je Arbeitskraftstunde (AKh) angenommen.

Nicht eingeflossen in die Kalkulation sind eventuelle Mehrkosten für den Einsatz von gentechnikfreiem Soja­schrot. Bei einem Mehrpreis von ca. 30 € je dt ergäbe sich in der Ferkelerzeugung eine zusätzliche Kostensteigerungen von 3,73 € je Ferkel. Durch den Einsatz alternativer Eiweißfuttermittel wie Rapsextraktionsschrot oder Leguminosen lassen sich diese Mehrkosten teilweise ausgleichen.

In der Ist-Situation kann der Landwirt somit bei guten Aufzuchtleistungen und einem Arbeitszeitansatz von 12 AKh pro Sau und Jahr einen jähr­lichen Unternehmergewinn von ca. 32 000 € netto realisieren. In der Variante „Haltungs-­VO“ verschlechtert sich trotz ­einer Investitionsförderung von ca. 173.600 € das Unternehmerergebnis dramatisch. Bei einem zusätzlichen Arbeitsansatz von 1 AKh pro Sau und Jahr sowie den hohen Festkosten ergibt sich ein Unternehmerverlust von ca. 36.400 €. Der Ferkelerzeuger kann solche Verluste nur durch eine effizientere Produktion oder entsprechende Ausgleichszahlungen kompensieren.

In der Variante „Label“ belaufen sich die Vollkosten auf 76,96 € je Ferkel. Hier muss der Landwirt zusätzlich zum ITW-Bonus von 3,57 € einen Bonus von mindestens 21 € durch das Labelprogramm erhalten, um einen Unternehmergewinn von knapp 34.400 € zu realisieren. Dieser wäre dann etwas höher als in der Ist-Situation, also vor dem Neu- bzw. Umbau der Ställe.

Wirtschaftliches Aus?

Unter dem Strich benötigen deutsche Ferkelerzeuger also einen erheblichen Mehrerlös, wenn sie unter den künftigen gesetzlichen Standards oder für spezielle Labelprogramme wirtschaftlich Ferkel produzieren wollen.

Theoretisch bietet das hier betrachtete Labelprogramm auskömmliche Bonuszahlungen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Laufzeiten der Lieferverträge zu den Abschreibungsfristen der Investitionen passen. Ferkelerzeuger erhalten von den Programmen meist Verträge für drei bis fünf Jahre, in seltenen Fällen auch für zehn Jahre. Der Zeitraum für die Abschreibung der teuren Stallgebäude ist aber oft doppelt so lang.

Nicht zu unterschätzen ist auch die zusätzliche Arbeitsbelastung in der Premiumstufe wie die Berechnung unseres Beispielbetriebs zeigt. Hierfür müssen dem Betrieb ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, die sich aber immer schwerer finden lassen.

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