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Ferkelvermarktung: David mit Goliath

Mit 55000 Sauen ist die Landwirtschaftliche Ferkelzucht Deutschland (LFD) der größte Sauenhalter hierzulande. Geschäftsführer Jörn F. Göbert bietet Familienbetrieben eine gemeinsame Ferkelvermarktung an. Ziel sind höhere Zuschläge für kleine Sauenhalter.

Lesezeit: 8 Minuten

Vom Saulus zum Paulus?

Ein Kommentar von Marcus Arden:

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Vom Saulus zum Paulus. Diesen Satz sagt man, wenn sich ein Schuft zum guten Menschen wandelt. Nun war und ist Jörn F. Göbert mit Sicherheit kein Schuft, seinen Vorgänger Adriaan Straathof hingegen haben viele in der Veredlungsbranche aber genauso wahrgenommen.

Anders als Straathof ist es Göbert gelungen, dem ehemaligen Straathofkonzern ein positiveres Image zu verpassen. „Bau-Eskapaden“ z.B. gehören der Vergangenheit an, seitdem der LFD-Chef am Ruder sitzt. Zudem sucht er gezielt die Zusammenarbeit mit den Behörden, um Altlasten zu regeln.

Mit seinem Partnerschaftsmodell setzt Göbert nun eine neue Duftmarke, über die manch klein strukturierter Ferkelerzeuger aufgrund des stetig steigenden Marktdrucks ernsthaft nachdenken wird – Vertragsferkelproduktion hin oder her. Was für viele Landwirte zählt, ist einzig und allein die Zukunftssicherung des eigenen Hofes.

Anstatt abzuwarten, bis die Ära der Familienbetriebe zu Ende ist, weil die Politik rumeiert und den Landwirten jedwede Planungssicherheit verweigert, handelt Jörn F. Göbert und gibt die Ein- und Verkaufsvorteile, die die LFD als Großbetrieb unweigerlich genießt, an seine Partner weiter. Hält der LFD-Boss sein Versprechen, handelt er transparent und bleiben die Familienbetriebe Partner auf Augenhöhe, kann das Modell für manchen Familienbetrieb ein Rettungsanker sein.

Hintergrund: Das Interview mit Geschäftsführer Jörn F. Göbert

Göbert: Familienbetrieben mit 250, 300 oder 500 Sauen gelingt es immer seltener, ihre Ferkel zu kostendeckenden Preisen zu verkaufen. Für Verkaufs-partien unter 300 Stück gibt es mittlerweile empfindliche Preisabzüge, und die Macht der Händler wächst stetig. Die Familienbetriebe werden gerade in schwierigen Marktphasen wie jetzt regelrecht abgezockt, obwohl sie tagtäglich eine super Arbeit machen und mit viel Herzblut im Stall arbeiten.

Die LFD hat dank ihrer Betriebsgröße und der eigenen Vermarktungsstrukturen eine erhebliche Marktmacht. Daran wollen wir die Familienbetriebe teilhaben lassen.

Sie handeln sicherlich nicht aus reiner Nächstenliebe. Welche Vorteile verspricht sich die LFD von der Zusammenarbeit?

Göbert: Wir können durch Kooperationen mit Familienbetrieben unsere Marktposition im Ferkelhandel weiter stärken, weil wir das Ferkelangebot weiter bündeln. Zudem müssen wir kein eigenes Geld in neue Ställe und Personal investieren.

Durch weiteres Größenwachstum kommen wir zudem meinem Ziel der vertikalen Integration mit der Schlacht- und Verarbeitungsstufe näher. In der Integration sehe ich die Zukunft der Schweinehaltung in Deutschland, weil dann endlich das wöchentliche Geschacher um den Ferkelpreis entfällt. Die vertikale Integration funktioniert aber nur, wenn wir Landwirte eine starke Position gegenüber unseren Abnehmern einnehmen können. Und das geht nur, wenn wir zusammenarbeiten und nicht mehr als Einzelkämpfer auftreten.

Sehen Sie weitere Vorteile?

Göbert: Ja. Erstens können wir die stetig steigenden gesetzlichen Anforderungen, die an die Ferkelerzeugung gestellt werden, besser meistern, wenn wir zusammenarbeiten und gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren. Das gilt insbesondere für die Themen Kastration, Kastenstand, Bewegungsbucht usw.

Zweitens bietet das Modell die Chance, dass wir gemeinsam die bäuerlichen Betriebe mit Sauenhaltung erhalten und so den ländlichen Raum stärken. Wir als LFD wollen nicht auf Kosten von Familienbetrieben wachsen, sondern gemeinsam mit ihnen.

Und drittens können wir durch die räumliche Verteilung der Betriebe weiterhin regionale Vermarktungsprogramme entwickeln, die vom Lebensmittelhandel gefordert werden.

Wie sehen Ihre Bedingungen aus?

Göbert: Eine wichtige Voraussetzung ist, dass alle Betriebe den gleichen Genetik- und Gesundheitsstatus erreichen. Nur dann können Tiere aus verschiedenen Betrieben in größeren Partien zu vernünftigen Preisen verkauft werden. Die Sauenhalter müssen in jedem Fall die Genetik der LFD einsetzen, das gilt sowohl für die Sauen als auch für die Endstufe. Interessierte Betriebsleiter müssen vor dem Start ihren Betrieb komplett leer fahren, reinigen und desinfizieren. Die LFD liefert dann zeitnah tragende Jungsauen, sodass der tatsächliche Leerstand auf wenige Wochen begrenzt wird. Die Synchronisation mit den Partnerbetrieben erfolgt zwingend über einen bei der LFD zentral geführten Sauenplaner.

Welche Gesundheitsvorgaben bzw. Mindestforderungen müssen die Ferkel erfüllen?

Göbert: Genau wie in den Standorten der LFD streben wir auch in den Partnerbetrieben einen möglichst hohen Gesundheitsstatus an. Die Ferkel sollen von allen bekannten Erkrankungen, mit Ausnahme von Mykoplasmen, frei sein. Zudem ist die Salmonellen-Bekämpfung ein zentraler Baustein des Gesundheitskonzeptes.

Weil natürlich nicht jeder Betrieb die gleichen Voraussetzungen hat und sich auch das Umfeld unterscheidet, werden wir die tiermedizinischen Maßnahmen einzelbetrieblich individuell mit jedem Betriebsleiter diskutieren und festlegen.

Und was passiert bei einem Krankheitseinbruch?

Göbert: In diesem Fall wird die zentrale Vermarktung so lange gestoppt, bis die Probleme behoben sind. Der finanzielle Preiszuschlag wird für diese Zeit reduziert.

Als Großbetrieb kaufen Sie Produktionsmittel günstiger ein. Gelten Ihre Preise dann auch für die Partnerbetriebe?

Göbert: Wir geben unsere Einkaufsvorteile z.B. beim Futtereinkauf und bei der medizinischen Betreuung eins zu eins an die Familienbetriebe weiter. Auch beim Kauf von Stalleinrichtung und -technik sehe ich Einsparpoten-zial für die Partnerbetriebe.

Können alle Betriebe mitmachen?

Göbert: Grundsätzlich ja. Wir benötigen sicher eine gewisse regionale Einbindung zu unseren Standorten in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Denkbar sind aber auch Insellösungen z.B. in Hessen, Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg mit mehreren benachbarten Partnerbetrieben.

Wie lange muss sich ein Sauenhalter an Sie binden? Und was passiert, wenn der Betriebsleiter wieder aussteigen möchte?

Göbert: Wir geben keine Mindestlaufzeiten vor. Wer für sich keinen Vorteil mehr sieht, kann sofort aussteigen. Er muss dann nur die Genetik zurückgeben und sich am Markt nach neuen Sauen umsehen.

Die Kündigung durch die LFD ist ebenfalls möglich. Sollte der Partnerbetrieb wiederholt Vereinbarungen nicht einhalten, oder z.B. dauerhaft den Gesundheitsstatus verlieren, dann werden die Tiere nicht mehr gemeinsam vermarktet und wir kündigen mit einem Vorlauf von vier Monaten.

Wie muss man sich den praktischen Ablauf der Zusammenarbeit vorstellen?

Göbert: Der Partnerbetrieb arbeitet nach der Repopulierung des Bestandes wie gewohnt weiter, nur den Sauenplaner führt die LFD. Dadurch wissen wir, wie viele Ferkel in jeder Vermarktungswoche aus welchem Betrieb zum Verkauf anstehen. Die LFD organisiert die Zusammenstellung größerer Ferkelpartien mit gleichem Gesundheitsstatus und kümmert sich um den Transport der Ferkel zum Mäster sowie die Abrechnung.

Zudem muss der Partnerbetrieb regelmäßig den von der LFD eingesetzten Tierarzt in seine Ställe lassen, damit der Gesundheitsstatus der Herde transparent bleibt und wir im Notfall Probleme frühzeitig erkennen. Die LFD unterstützt die Partner außerdem kontinuierlich beim Futterzukauf, der tierärztlichen Betreuung sowie bei allen Investitions- und Finanzierungsfragen.

Läuft die Abrechnung der Ferkel über ein gemeinsames Konto?

Göbert: Der Partnerbetrieb bleibt wirtschaftlich eigenständig und verkauft seine Ferkel ganz normal an die LFD, die die Tiere dann gemeinsam mit den in den LFD-Ställen produzierten Ferkeln an die Mäster oder Händler vermarktet.

Anders ist das beim Einkauf von Betriebsmitteln oder Futter. Die Partnerbetriebe kaufen diese direkt zu den Preiskonditionen der LFD ein. Der Preisvorteil wird entweder direkt weitergegeben oder über Jahresrückvergütungen.

Was kostet den Familienbetrieb das Partnerschaftsmodell?

Göbert: Nichts, er gewinnt sogar deutlich! Denn der Partnerbetrieb kauft Produktionsmittel günstiger ein und erzielt weiterhin Zuschläge bei der Ferkelvermarktung. Tragen muss er zum Start nur die Kosten der Umstellung auf die neue Genetik.

Die zusätzlichen Erträge aus der zentralen Vermarktung werden zwischen dem Partnerbetrieb und der LFD gleichmäßig aufgeteilt. Die Zuschläge erhält der Betriebsleiter dabei für alle von ihm ins Modell gelieferten Ferkel.

Mit welchen Zuschlägen kann der Familienbetrieb rechnen?

Göbert: Wir erwarten im Schnitt einen Bonus von 6 bis 10 € pro Ferkel, den wir uns teilen. Neben dem rein monetären Vorteil hat der Familien-betrieb die Sicherheit, dass er dank der Großgruppen seine Ferkel auch in schwierigen Marktphasen absetzen kann.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Kann der Familienbetrieb jederzeit ihre Einkaufskonditionen, Boni und Abrechnungen einsehen?

Göbert: Auf jeden Fall, ein Grundpfeiler des Konzeptes ist die offene Kommunikation. Auf Misstrauen kann keine Partnerschaft aufgebaut werden.

Mit wie vielen interessierten Betrieben rechnen Sie?

Göbert: Wir würden uns freuen, wenn sich in Deutschland 30 bis 80 Partnerbetriebe bei uns melden. So können wir die wöchentliche Verkaufsmenge um rund 20000 Ferkel steigern.

Gibt es im Ausland Beispiele, wo das Konzept bereits funktioniert?

Göbert: In vielen Ländern arbeiten die Landwirte bereits wesentlich stärker in Kooperationsmodellen bzw. in Integrationen, zum Beispiel in Spanien oder in Amerika. Von diesen Erfahrungen können wir lernen und profitieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft der deutschen Schweinehaltung in der vertikalen Integration liegt und unser aktuell sehr stark in Segmenten aufgebautes Geschäftsprinzip ein Auslaufmodell ist. Wenn wir Produzenten uns zusammenschließen, können wir in der Kette ein gehöriges Wörtchen mitreden.

Wo können sich interessierte Ferkelerzeuger melden?

Göbert: Alle Infos und die Kontaktdaten stehen auf unserer Homepage unter https://partnerschaft.lfd-holding.com

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