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VDF: Fleischatlas fehlt wissenschaftlicher Anspruch

Dr. Schulze Althoff vom Verband der Fleischwirtschaft (VDF) übt Kritik an dem jüngst veröffentlichten Fleischatlas und bietet bei der nächsten Erstellung seine Mitarbeit an.

Lesezeit: 6 Minuten

Der von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Mitte Januar veröffentlichte „Fleischatlas 2021“ rufe in einigen wesentlichen Punkten Widerspruch hervor. Kritik übt unter anderem der Fachtierarzt für Lebensmittel und Vorstandsmitglied des Verbands der Fleischwirtschaft e.V. (VDF), Dr. Gereon Schulze Althoff. Der wissenschaftliche Anspruch sei in vielen Bereichen nicht erfüllt. „Es handelt sich oftmals um die ständige Wiederholung einer Weltanschauung ohne Einbeziehung von sich verändernden Daten“, so Schulze Althoff. Auch die Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Frank Mitloehner von der Universität Davis in Kalifornien und Prof. Dr. Matthias Upmann von der Technischen Hochschule OWL vertreten in wesentlichen Punkten auf der Basis ihrer Forschungen, andere Meinungen als der Fleischatlas.

Das Vorstandsmitglied im VDF beklagt den pseudowissenschaftlichen Ansatz, der in den "schönen Grafiken" transportiert werde. Der Fachtierarzt sieht vor allem bei den Themen Methan-Ausstoß in der Nutztierhaltung, Antibiotika-Einsatz, Soja in der Fütterung sowie dem Zusammenhang von durch Zoonosen ausgelösten Pandemien und Nutztierhaltung unseriöse Argumentationen der Autoren. Die Experten Mitloehner, Upmann und Schulze Althoff widerlegen folgend sachlich und fachlich Themen im Fleischatlas, der von sich behauptet „Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel“ zu erheben.

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In den folgenden Punkten wiedersprechen die Wissenschaftler dem Fleischatlas:

1. Rinderhaltung ist kein Klimakiller

Professor Mitloehner weist auf den wichtigen Unterschied zwischen Methan aus fossilen Energieträgern und dem von der Kuh ausgestoßenen Methan hin: „Der Kohlenstoff, der in diesem Methan steckt, ist kein neuer Kohlenstoff, den man der Luft hinzufügt, sondern er ist recyceltes CO2“, betont der Agrarwissenschaftler. „Das ist ein riesiger Unterschied zu Kohlenstoff, der beispielsweise beim Fracking freigesetzt wird: Das ist Kohlenstoff, der zuvor hundert Millionen Jahre im Boden war. Deswegen sollte man niemals die Emissionen einer Kuh mit denen eines Autos vergleichen.“ Das sei deswegen sehr wichtig, weil die beiden Gase in dieser Hinsicht sehr unterschiedlich zum Methan sind:

Methan ist ein sogenannter Short-Lived Climate Pollutant. „Es wird nach zehn Jahren zerstört“, erklärt Mitloehner. „Methan wird zum Beispiel von Rindern, Reisfeldern oder von Sümpfen produziert. Es ist ein starkes Treibhausgas, aber es wird im selben Ausmaß zerstört in dem es produziert wird.“ Das bedeutet: Solange nicht mehr Methan in die Atmosphäre abgegeben als wieder zerstört wird, hat das Gas keinen verstärkenden Effekt auf den Klimawandel. Im Gegenteil, bei einem negativen Netto-Wert sei der Effekt sogar klimakühlend. „Der Kohlenstoff, der zum Beispiel von Kühen in Form von Methan ausgestoßen wird, kommt ursprünglich aus der Luft, als CO2“, sagt Mitloehner. „In der Fotosynthese ziehen Pflanzen das CO2 aus der Luft und produzierendaraus Kohlenhydrate, unter anderem Zellulose und Stärke, was chemisch mehr oder weniger das Gleiche ist“, sagt der Experte.

2. Corona ist nicht durch Fleischerzeugung entstanden

„Covid 19 und Zoonosen wie Ebola sind auf den Kontakt zwischen Menschen und exotischen Tieren wie Fledermäusen und Affen auf Wildtiermärkten und nicht auf Kontakt mit Tieren aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung zurückzuführen, sagt Upmann. In Deutschland sind die Hygienestandards beim Erzeugen, Halten, Schlachten und Verarbeiten von Fleisch sehr hoch, was zu einer hohen Lebensmittelsicherheit führe. Zoonosen wie z. B. Trichinen, die vor Jahrzehnten noch verbreitet waren, kämen in Deutschland in der Nutztierhaltung praktisch nicht mehr vor. Der Zusammenhang von Corona und Fleischkonsum erscheine daher konstruiert.

3. Sojaeinsatz in der Tierfütterung stark reduziert

Seit 2017 werde in einer Vielzahl der deutschen Schweinemastbetriebe ein tieroptimiertes-, nitrat- und sojareduziertes Fütterungskonzept umgesetzt. Ziel sei es, den Proteingehalt im Schweinefutter deutlich zu senken und damit gleichzeitig die Emissionen zu reduzieren. Die aktuellen Importstatistiken von Soja nach Deutschland zeigen, dass dieses Konzept Erfolg habe. Die Bundesregierung erklärte Ende vergangenen Jahres in einer Antwort auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, der Import an Soja sei in den vergangenen Jahren um mehr als 25 % zurückgegangen. Nach Angaben der Bundesregierung lag die Einfuhr von Sojabohnen und -schrot nach Deutschland bis 2017 noch bei rund sechs Mio. Tonnen pro Jahr.

Jetzt würden nur noch 4,4 Mio. Tonnen Soja importiert und damit mehr als ein Viertel weniger als im Vergleichszeitraum. Zudem werden nicht die Bohnen in der Fütterung verwendet, sondern das bei der Sojaölgewinnung für die Lebensmittelproduktion anfallende Extraktionsschrot. Ein weiterer Schlüssel zur Lösung wäre die Wiederzulassung von tierischem Eiweiß für die Nutztierfütterung, so die Experten. Entsprechende Konzepte würden seit Jahren vorliegen. Es wäre ein großer Beitrag für Umwelt und Naturschutz, wenn der Fleischatlas diese Thematik beleuchten würde, heißt es.

4. Antibiotika-Einsatz in Nutztierhaltung rückläufig

Seit 2012 führe die QS GmbH, die Gesellschaft für sichere Lebensmittel in Deutschland, ein Antibiotika-Monitoring durch, an dem sich 40.000 Schweine- und Rinderhalter sowie 2.600 Tierärzte beteiligen. Zwischen 2014 und 2018 konnte der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung um 253,2 Tonnen reduziert werden. Dies entspreche einer Reduktion von insgesamt 35,7 %. Im Statusbericht 2019 heißt es: Die Wirtschaft im QS-System habe seit dem Start des Antibiotika-Monitorings im Jahr 2012 viel erreicht. Mit der umfassenden Datenübermittlung durch Tierärzte und Tierhalter konnte eine zuverlässige und transparente Datengrundlage für Auswertungen und Verbesserungsmaßnahmen geschaffen werden. Das Antibiotika-Monitoring im QS-System hat dazu beigetragen, die tatsächliche Situation des Antibiotikaeinsatzes in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung darzustellen und auf Betriebsebene transparent zu machen.

Die Weiterentwicklung des Antibiotika-Monitorings im QS-System für die nächsten Jahre beinhaltet u.a. die Prüfung, wie neben den Mastkälber haltenden Betrieben auch die weiteren Rinder haltenden Betriebe in das Monitoring im QS-System aufgenommen werden können. Zukünftig scheint das Potential für weitere Reduzierungen im Vergleich zu den Vorjahren weniger stark ausgeprägt und eine Fokussierung auf die weitere Abnahme der absoluten Antibiotikamengen daher nicht mehr zielführend, denn kranke Tiere müssen im Sinne des Tierschutzes behandelt werden. In den Mittelpunkt rückt die Reduzierung von Resistenzen und die Betrachtung und Verbesserung der Tiergesundheit als Ganzes.

Schulze Althoff bietet Mitarbeit an

Der Fachtierarzt Schulze Althoff fordert eine seriöse und fachlich fundierte Auseinandersetzung zu dem gesellschaftlichen Konfliktthema Fleischkonsum. „Der Fleischatlas beschreibt richtigerweise, dass die Erzeugung tierischer Lebensmittel weltweit auf dem Vormarsch ist. Mit einer Wende-, Verzichts- und Abwicklungsdebatte werden wir in Deutschland weder den Konsum beeinflussen, noch global im Bereich der Tierproduktion als Akteure für die Zukunft gehört werden.“ Deutschland sollte durch kluge Weichenstellungen nun einen Weg für eine kreislauforientierte und gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung finden, die Vorbildcharakter in der Welt habe und den Einfluss auf eine zukunftsfähige Erzeugung tierischer Lebensmittel erhalte und ausbaue.

Denn ohne Tierhaltung gibt es keinen Dünger für Salat und Gemüse.“ – Schulze Althoff

Den Machern des Fleischatlas schlägt Fleischmanager Schulze Althoff vor: „Warum sollen wir die nächste Auflage nicht zusammen machen, um im Konsens die Weiterentwicklung der Tierhaltung zu gestalten.“

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